Elbereth Geschrieben 15. April 2005 Geschrieben 15. April 2005 (bearbeitet) Willkommen allerseits, im Rahmen der Diskussionsrunde "Gemeinsam Tolkien lesen" soll in diesem Thread diskutiert werden: The Hobbit - Over Hill and Under Hill (Chapter 4) (W. Scherf: Über den Berg und unter den Berg, W. Krege: Drüber hin und unten durch) Allgemeine Informationen zu der Diskussionsrunde "Gemeinsam Tolkien lesen" sind an dieser Stelle verfügbar: http://www.tolkienforum.de/index.php?showtopic=3995. Dort findet sich auch eine Übersicht, wann welche Diskussionen gestartet werden. Vor einer Teilnahme bitten wir, sich dort über das Prozedere kundig zu machen. Fragen, Anmerkungen und sonstige Off-Topic-Kommentare, die nicht direkt mit dem Thema dieses Threads übereinstimmen, sollen in den folgenden Thread gepostet werden: http://www.tolkienforum.de/index.php?showtopic=3981 An dieser Stelle sei nochmal darauf verwiesen, dass es nach Möglichkeit vermieden werden soll, hier direkt Passagen aus dem Buch zu zitieren. Jeder Teilnehmer hat mindestens eine Ausgabe des Buches zur Hand und kann demnach jederzeit eine entsprechende Textstelle nachschlagen. Daher bitten wir darum, bestimmte Textstellen derart zu umschreiben, dass jeder weiss, welche Stelle gemeint ist. Neue Diskussionsteilnehmer sind jederzeit willkommen! Viel Spaß bei der Diskussion, Elbereth & Hjälte Bearbeitet 15. April 2005 von Hjälte Zitieren
Frodo Geschrieben 15. April 2005 Geschrieben 15. April 2005 Ok, in diesem Kapitel kommen die Steinriesen vor. Eines der merkwürdigsten Wesen im Buch. Tja sie tauchen auf und sind wieder fort aber sonst ??? Wieder ein merkwürdiges Objekt taucht auf "ein Fußball" ??? Aber wenn ein Engländer einen Fußball ins Spiel bringt muss einen das ja auch nicht wundern Gandalf in guter alter AD&D manier plättet erstmal nen paar Orks mit nem Zauberspruch, so ofensichtlich setzt er später aber doch nier wieder "Kampfzauber" ein, nichtmal gegen den Balrog im HdR! Außerdem wird erwähnt, das Orks und Zwerge Büdnisse eingegangen sind!? Zitieren
Elrond Geschrieben 15. April 2005 Geschrieben 15. April 2005 Ok, in diesem Kapitel kommen die Steinriesen vor. Eines der merkwürdigsten Wesen im Buch. Tja sie tauchen auf und sind wieder fort aber sonst ??? Wieder ein merkwürdiges Objekt taucht auf "ein Fußball" ??? Aber wenn ein Engländer einen Fußball ins Spiel bringt muss einen das ja auch nicht wundern Gandalf in guter alter AD&D manier plättet erstmal nen paar Orks mit nem Zauberspruch, so ofensichtlich setzt er später aber doch nier wieder "Kampfzauber" ein, nichtmal gegen den Balrog im HdR! Außerdem wird erwähnt, das Orks und Zwerge Büdnisse eingegangen sind!? <{POST_SNAPBACK}> Ich mag mich Erinnern, dass während des Letzten Bündnis Zwerge auch auf Seite Saurons kämpfen, also mit den Orks zusammen. Steht jedenfalls im Sil. Als die orks die Gemeindschaft überfallen habne, wurden ja alle durchsucht, und alle Abgenommen, auch die Schwerter, aber mir ist aufgefallen, dass Stich nicht erwähnt wird. Weder, dass es abgenommen wurde, oder dass es Frodo zurück bekommen hat. Also, was ist mit Stich passiert? Zitieren
Cadrach Geschrieben 15. April 2005 Geschrieben 15. April 2005 Damit Bandobras schön mitdiskutieren kann, wende ich mich erst einmal der Übersetzung zu: Over hill and under hill - so die Überschrift des Kapitels - klingt auf den ersten Blick, als wäre sie etwas langatmig formuliert. Warum hat Tolkien diesen Abschnitt nicht einfach mit "Over and under hill" übersetzt? Schließlich sollten Überschriften möglichst kurz sein, um gleich zu Beginn zu fesseln. Durch dieses theoretisch überflüssige Wort stutzig gemacht, habe ich mal im Wörterbuch nachgeguckt und siehe da: es gibt eine englische Redewendung: 'to be over the hill' Das heißt soviel wie 'die besten Jahre hinter sich haben' Nun, ich weiß nicht, ob Tolkien beim Schreiben diesen Hintergedanken hatte, doch ich finde, dass diese Doppeldeutigkeit in direktem Bezug zum Kapitel-Inhalt steht. Deshalb finde ich beide Übersetzungen eher schlecht, aber kann man das Ganze überhaupt besser aus dem Englischen übertragen? Wie kann man im Deutschen diese oder eine ähnliche, andere Doppeldeutigkeit in die Überschrift einbauen? So, Bandobras dann mach ma! Zitieren
Bandobras Tuk Geschrieben 16. April 2005 Geschrieben 16. April 2005 @Frodo Das mit dem football ist mindestens so ärgerlich wie das 'post office', das noch folgt... Vielleicht findet sich ja eines Tages ein Tolkien-Erbe, der (ganz im Sinne seines Ahnen) eine Hobbit-Version redigiert, die diese Dinge eliminiert, man kann ja mal hoffen. @Elrond Deine Frage wird im nächsten Kapitel beantwortet: " Still at the moment he felt very crushed. But in slapping all his pockets and feeling all round himself for matches his hand came on the hilt of his little sword - the little dagger that he got from the trolls, and that he had quite forgotten; nor do the goblins seem to have noticed it, as he wore it inside his breeches. " @Cadrach Ich glaube nicht, dass Du das irgendwie böse meinst. (Ich auch nicht, bei eventuellem Missverstehen bin ich gern bereit, das per PM zu klären ) Zitieren
Elrond Geschrieben 17. April 2005 Geschrieben 17. April 2005 @Bandobras Tuk: Ich weiß, dass Bilbo sein Schwert noch hat,aber besprechen wir hier nicht das 5. Kapitel. Die meisten Fragen,die hier gestellt werden, werden letztendlich später im Buch aufgelöst. Ich finde, wir sollten nicht immer gleich über Kapitel reden, die noch nicht dran sind. Aber dann stellt sich ja immernoch die Frage, warum haben die Orks es nicht gefunden? Immerhin kam es den Hobbit wie ein Kurzschwert vor, und die sind länger als ein paar Centimeter Zitieren
Cadrach Geschrieben 17. April 2005 Geschrieben 17. April 2005 Ich glaube nicht, dass Du das irgendwie böse meinst. Mein ich auch nicht. ich denke nur, dass du hier im forum derjenige bist, der am besten übersetzen kann (das ist aber nur so eine vermutung) Aber dann stellt sich ja immernoch die Frage, warum haben die Orks es nicht gefunden? Ich denke, dass Bilbo den Orks als eher unbedeutend und schwach vorkam. Deshalb haben sie ihn nicht durchsucht. Zitieren
Bandobras Tuk Geschrieben 17. April 2005 Geschrieben 17. April 2005 @Elrond Nur kürzest: Wenn eine Frage in einem Kapitel aufgeworfen wird, und in einem anderen beantwortet, wäre es reichlich verkrampft, die Antwort nicht in diesem Thread zu posten. In Diskussionen entstehen nun mal Wechselbezüge mit allem Möglichen, auch viel weiter Entferntes wurde hier schon des öfteren und völlig zu recht angesprochen, wie das Silmarillion, Der Herr der Ringe, Tolkien... @Elrond/Cadrach Im Übrigen bin ich der Ansicht, zum Wahren des topics gibt es MODS, die, wenn die Sache wirklich längerfristig am Thema vorbeischrammt, völlig zu recht eingreifen müssen, damit der Thread insgesamt nicht zu unübersichtlich wird. USER sollten diskutieren, und sich nicht dauernd gegenseitig zuwerfen, doch beim topic zu bleiben, da vergeht einem ja der ganze Spass an der Sache... @Elrond Deine Frage WIRD am Ende der Textstelle beantwortet, deswegen habe ich die gepostet, und nicht um zu wiederholen, was Du eh schon wusstest: "nor do the goblins seem to have noticed it, as he wore it inside his breeches" Zitieren
André Geschrieben 18. April 2005 Geschrieben 18. April 2005 (bearbeitet) Ok, in diesem Kapitel kommen die Steinriesen vor. Eines der merkwürdigsten Wesen im Buch. Tja sie tauchen auf und sind wieder fort aber sonst ???Hmm, die Steinriesen... Die tauchen ja nur während des Gewitters auf und Bilbo sieht sie ja auch nur, wenn er heimlich unter seiner Decke vorlugt und gerade ein Blitz durch den Himmel zuckt. Ich könnte mir schon vorstellen, dass da gar keine Riesen waren, sondern nur etwas, was so aussah. Wie es halt so im Gewitter ist, wenn plötzlich ein Blitz auftaucht und man für einen Sekundenbruchteil einen dunklen Schatten sieht... Andererseits hören die anderen ja auch das Gelächter der Riesen... also liege ich vermutlich falsch. Außerdem wird erwähnt, das Orks und Zwerge Büdnisse eingegangen sind!?Ja, aber es ist ja auch die Rede von "verschlagenen Zwergen", die solche Bündnisse eingegangen sind. - In der Höhle: Alle schlafen ein, niemand denkt daran, eine Wache aufzustellen, obwohl man draussen die Riesen vermutet und obwohl sich die Zwerge doch eigentlich aufs Wandern durch gefährliche Gegenden verstehen sollten. Ist mir ein Rätsel, warum niemand auf die Idee kam, jemanden zu einer Nachtwache zu bestellen. Ich finde, wir sollten nicht immer gleich über Kapitel reden, die noch nicht dran sind.Wenn - wie hier - aber in einem späteren Kapitel Antworten auf Fragen zu dem aktuellen Kapitel gegeben werden, ist es doch durchaus legitim, diese Informationen nicht vorzuenthalten. Damit bleibt es doch auch immer noch eine Diskussion zu diesem Kapitel. Im Übrigen ist das doch auch ein Diskussionsansatz: Warum wird die Antwort erst später gegeben usw... Bearbeitet 19. April 2005 von Hjälte Zitieren
Cadrach Geschrieben 18. April 2005 Geschrieben 18. April 2005 Andererseits hören die anderen ja auch das Gelächter der Riesen... also liege ich vermutlich falsch. Nein, wahrscheinlich liegst du vollkommen richtig. Das Gelächter könnte ganz einfach Donnergrollen sein. Eine andere Möglichkeit beruht wieder mal auf der Theorie, dass das Buch von Bilbo geschrieben wurde: Er wollte sich dann einfach dafür rechtfertigen, dass er so große Angst hatte. Zitieren
André Geschrieben 18. April 2005 Geschrieben 18. April 2005 Naja, aber Thorin und Gandalf scheinen das ja auch so gehört zu haben. Und sonst ist es in solchen "Männerrunden" ja eher so, dass keiner seine Angst den anderen gegenüber eingestehen will... Obwohl... *überleg* Das könnte es natürlich sein: In einer echten "Männerrunde" sind ja bekanntlich nur harte Kerle *g* Nun zieht das Gewitter auf, alle fürchten sich vor Gewitter, aber niemand traut sich, das zuzugeben. Da rutscht Bilbo so ein "Ich glaub, da in der Ferne sind Riesen" raus und dann ist natürlich klar was passiert: Thorin hat wahrscheinlich gesagt: "Wegen dem kleinen Gewitter hier können wir ruhig bleiben, das haut einen echten Zwerg nicht um. Aber wo Bilbo die gefährlichen Riesen erwähnt, sollten wir lieber auf Nummer sicher gehen und ne Höhle suchen." Und Gandalf: "Richtig. Wenn der kleine Bilbo sich so sehr vor den Riesen fürchtet, sollten wir weiterziehen. Natürlich nicht meinetwegen..." :-O Zitieren
Pegasus Geschrieben 18. März 2008 Geschrieben 18. März 2008 (bearbeitet) Mich begeistern die mit Felsbrocken spielenden Steinriesen. Dass sie keine weitere Erwähnung finden, stört mich nicht. Die häufigen Hinweise auf ein baldiges Unglück zu Beginn des Kapitels hingegen strapazieren meine Nerven schon etwas. Hält Tolkien damit das Interesse jüngerer Leser wach? Eine Frage zur Übersetzung von Walter Scherf: Als die Orks auftauchen heißt es: ... noch ehe einer Rocks und Blocks sagen konnte. Wie lautet diese Stelle im Original und wie in der Übersetzung von Wolfgang Krege? Hätte man sie nicht freier mit „Stein und Bein“ übersetzen können? Das wäre ebenso kurz und den meisten jüngeren Lesern bestimmt vertrauter. edit: Außerdem bliebe auch so der Reim erhalten. Insgesamt ein sehr stimmungsvolles, dunkles Kapitel, dessen Ende geschickt formuliert ist und wie so oft Lust auf mehr macht. Bearbeitet 18. März 2008 von Pegasus Zitieren
André Geschrieben 18. März 2008 Geschrieben 18. März 2008 Krege habe ich gerade nicht zur Hand. Bei Tolkien steht: Out jumped the goblins, big goblins, great ugly-looking goblins, lots of goblins, before you could say rocks and blocks. Die Übersetzung von Scherf klingt tatsächlich etwas ungewohnt. Bzw. es ist ja eigentlich nichtmal übersetzt. Weiß zufällig jemand, ob "rocks and blocks" im englischen eine Redewendung ist? Weil das ja auch kursiv gechrieben ist. Wenig später steht dann ja auch noch der Satz: ... and they were all grabbed and carried through the crack, before you could say tinder and flint. Wie ist denn das "tinder and flint" übersetzt? Zitieren
Pegasus Geschrieben 18. März 2008 Geschrieben 18. März 2008 Vielen Dank für die Antwort. Ich finde die Nicht-Übersetzung auch seltsam. Zumal "tinder and flint" von Walter Scherf durchaus passend mit "Zunder und Flint" übersetzt wurde. Zitieren
Fangli Geschrieben 26. März 2008 Geschrieben 26. März 2008 Die fehlende Übersetzung von "Rocks und Blocks" finde ich auch ein wenig merkwürdig. Noch seltsamer kam es mir allerdings vor, dass der große Ork und auch die anderen Orks die Schwerter Orkrist und Glamdring erkennen. Der Fall von Gondolin liegt schon so lange zurück, dass wohl kein einfacher Ork aus dem Nebelgebirge sich auch nur daran erinnern könnte, geschweige denn, dass er ein Schwert wiedererkennen würde, dass aus dieser Zeit stammt. Aber wahrscheinlich war die große Zeitspanne zwischen diesen Ereignissen damals selbst Tolkien noch nicht bewusst. Was die Steinriesen angeht, so sehe ich sie auch als Metapher für ein Gewitter, ihr Gelächter für Donnergrollen und das Werfen der Steine könnte man auch einfach als einen Bergrutsch/ Steinschläge interpretieren. Evtl. löste sich durch den Regen eine Gerölllawine und donnerte ins Tal. Aus Angst, einer solchen Lawine in ihrem spärlichen Unterschlupf schutzlos ausgeliefert zu sein, suchen sie sich dann eine Höhle, in der sie vor Steinschlägen etc. geschützt sind. Das erwähnte Bündnis der Zwerge mit den Orks erinnert mich auch ein wenig an die alte Fassung des Falls von Doriath im Buch der verschollenen Geschichten. Dort wird Doriath von Orks und Zwergentruppen gemeinsam angegriffen. Später im Silmarillion finden aber Orks bei diesem Angriff keine Erwähnung mehr. Zitieren
Elda Geschrieben 16. August 2008 Geschrieben 16. August 2008 Wieso will hier eigentlich niemand die Steinriesen wahrhaben? Es gibt doch auch Trolle. Es gibt doch auch Ents. Es gibt doch alles Mögliche in Mittelerde. Was ist an Steinriesen falsch? Immerhin handelt es sich beim Hobbit immer noch um ein Kinderbuch, wenn auch in einer überarbeiteten Form. Da kommen nunmal Phantasiefiguren vor, zu denen Riesen meiner Meinung nach eindeutig zählen. Ich für meinen Teil halte die Riesen für echt, und nicht für Einbildung eines ängstlichen Hobbits. Sonst könnten wir an einer ganzen Menge in dem Buch zweifeln. Ein Drache der einen Schatz bewacht? Sicher, dass es keine fette Ratte war? Gruß Eldanor Zitieren
Meriadoc Brandybuck Geschrieben 18. November 2022 Geschrieben 18. November 2022 Hallo meine Lieben, wie besprochen eröffne ich diese Runde zu unserem Projekt "Gemeinsam Tolkien Lesen - Der Hobbit". In diesem Thema besprechen wir das vierte Kapitel des Hobbits: "Über den Berg und unter den Berg / Drüber hin und unten durch / Over Hill and Under Hill" Viel Spaß bei der Diskussion 1 1 Zitieren
Bibo Geschrieben 16. Dezember 2022 Geschrieben 16. Dezember 2022 Eine trostlose Szenerie bietet sich zu Anfang. Schlechte Wegverhältnisse, Kälte und Wind, unheimliche Echos und Steinschlaggefahr lassen unseren Hobbit mal wieder wehmütig an seine eigene bequeme Hobbithöhle tief im Westen denken. Man befindet sich eben, wie schon mehrfach betont wurde, „in der Wildnis“ bzw. „over the Edge of the Wild“, also außerhalb der Zivilisation, wo alle möglichen gefährlichen und unheimlichen Dinge passieren können. Außerdem hat man es mit einer quasi personifizierten Natur zu tun, die manchmal einen eigenen Willen hat: „the silence seemed to dislike being broken“, die Stille mag es also nicht, wenn man sie unterbricht – außer durch unheimliche Geräusche. Eine solche personifizierte Natur – hier nur ein Stilmittel – kommt bei Tolkien immer wieder mal vor: So gibt zum Beispiel der Alte Wald der Hobbits eine Richtung vor, in die sie eigentlich gar nicht laufen wollen, und der Berg Caradhras wehrt sich mit Schneegestöber gegen seine Überquerung („Caradhras had defeated them.“). Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Formulierung, man befinde sich in einer Gegend, „where no king ruled“. Ich gehe nicht davon aus, dass man aus dieser kurzen Bemerkung im Gegenschluss folgern kann, dass man sich bisher im Territorium einer Monarchie aufgehalten hat, denn welche sollte das gewesen sein? Der „Hobbit“ enthält keine Hinweise auf irgendwelche menschlichen Staatsgebilde westlich der Nebelberge. Könige werden nur bei Elben und Zwergen erwähnt, Menschen sehen wir nur Seestadt, was wohl einen Stadtstaat darstellt (wie auch Thal vor seiner Zerstörung), aber nicht zum Territorium irgendeines anderen Staates gehört. „Where no king ruled“ meint wohl eher, dass man sich in einer gesetzlosen, unzivilisierten Gegend befindet. Die Idee des Königtums ist ja auch in den Sprichwörterschatz der Hobbits eingegangen in der Redensart „when the King comes back“ (LotR Appendix A III), wobei da die Idee des Königreichs als der „guten alten Zeit“ im Hintergrund steht. Und dann kommt – der Gewittersturm. Geradezu eine Gewitterschlacht, so wird es beschrieben. Und dann noch die Steinriesen mit ihren beängstigenden Wurfspielen. Über die Steinriesen haben sich schon Generationen von Diskussionsteilnehmern im Internet den Kopf zerbrochen. Sie kommen nur an dieser Stelle vor und werden sowohl im Hobbit als auch in anderen Werken Tolkiens nicht erwähnt. Vielleicht sind sie auch Personifizierungen der Natur, so wie die Stille, die keine Geräusche mag. Der Sturm erinnert mich ein wenig an eine Sturmschilderung in der „Unendlichen Geschichte“, wo es heißt, dass die vier Windriesen gegeneinander kämpfen. Man findet Schutz in einer Höhle. Leider handelt es sich um den Eingang eines ausgedehnten Orkhöhlensystems. Natürlich werden sie auch gleich von Orks empfangen, hier mit dem damals noch von Tolkien favorisierten Begriff „Goblins“ benannt. Stellt man sich Orks oft als ziemlich dumpfe Brutalos vor, so sieht man hier, dass es nicht ganz so ist: Musik und Dichtung beherrschen die Orks durchaus, was sich an dem Orklied zeigt. Es wird ausdrücklich beschrieben, dass sie mit ihrem Fußstampfen den Rhythmus halten. Zugegeben, es handelt sich nicht gerade um ein feinfühliges Kunstlied wie von Schumann oder Schubert, aber es ist immerhin eine kulturelle Leistung, die über bloße Erteilung und Weitergabe von Befehlen hinausgeht. Im Anschluss wird erklärt, dass die Orks auch technisch durchaus auf der Höhe der Zeit sind und ziemlich gut im Bauen von Höhen und Herstellen von Waffen und Werkzeugen sind. Und nun wird’s richtiggehend politisch: Tolkien packt seine Kapitalismus- und Industrialisierungskritik aus und setzt die Orks mit den Erfindern moderner Maschinen und Massenvernichtungswaffen – die hier gerade zu in einem Atemzug genannt werden – gleich. „It is not unlikely that they invented some of the machines that have since troubled the world, especially the ingenious devices for killing large numbers of people at once, for wheels and engines and explosions always delighted them, and also not working with their own hands more than they could help“. Man kann es geradezu als Rundumschlag gegen Kapitalisten und Kriegstreiber verstehen. Inwieweit Tolkien hier wirklich pazifistisch oder antikapitalistisch-progressiv denkt, oder ob es sich hierbei vielmehr und einen zutiefst konservativen oder gar reaktionären Wesenszug handelt, der sich eine Rückkehr in das „Merrie Olde England“ des 18. Jahrhunderts wünscht, kann diskutiert werden. Zurück zu den Orks. Nicht nur beherrschen sie Musik, Lyrik und technische Fähigkeiten – sie verfügen auch über erstaunliche Geschichtskenntnisse. Denn warum sonst erkennen die Orks sofort die Schwerter Orcrist und Glamdring? Diese sind schon mehrere Jahrtausende alt. Seit unzähligen Generationen hat sie kein Sterblicher zu Gesicht bekommen. Vielleicht waren die Schwerter mit der Zeit zu „ikonischen“ Gegenständen des kollektiven Gedächtnisses geworden wie vielleicht in unserer Zeit die „legendäre“ Kalaschnikow: Auch Menschen, die noch nie eine Feuerwaffe in der Hand gehabt haben, kennen den Namen. Und, übrigens, obwohl es eher zu Kapitel 3 gehört: Trotz ihres Alters sind die Schwerter in einem guten, gebrauchsfähigen Zustand. Weiß das zufällig jemand, sind sie aus Mithril hergestellt? Mithril hat ja erstaunliche chemische Eigenschaften. Es ist sehr hart, aber leicht, dafür muss es auch ein extrem schlecht reagierendes Edelmetall sein, sonst wäre ein jahrtausendealtes Schwert nicht so gut erhalten und gebrauchsfähig. Es ist ja in Deutschland oder Österreich kein Problem, ein archäologisches Museum zu finden, in dem römische Waffen ausgestellt werden. Diese sind „nur“ ca. 2000 Jahre alt und trotzdem nie im Leben in einem so guten Zustand, dass man da heute noch einen Zweikampf mit schlagen könnte. Ein Indiz für die erstaunlichen chemischen Eigenschaften des Mithrils. Zum Schluss noch die Textilindustrie der Orks: Sie stellen „soft shoes“ her, mit deren Hilfe man fast geräuschlos durch Höhlen rennen kann! Das ist doch nun wirklich etwas. Zwerge und Orks liefern sich eine Verfolgungsjagd in den Höhlen. Mal sind die einen schneller, mal die anderen. Wie es ausgeht, bleibt dem nächsten Kapitel überlassen. Das Kapitel endet mit einem Cliffhanger: Bilbo fällt, schlägt mit dem Kopf auf und wird offenbar bewusstlos. Der Leser ahnt: Nun ist er zum ersten Mal wirklich auf sich allein gestellt. Näheres erfahren wir aber erst im nächsten Kapitel, welches vermutlich zu den Lieblingslesestücken der meisten Tolkienfreunde gehören dürfte. 1 Zitieren
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