Und mich erschreckt es oft, wie verallgemeinernd ihr Alten seid...
Ich weiß nicht, wie viel du von jungen Referendaren mitbekommen hast und davon, was an Seminaren im Moment für eine Art Unterricht gelehrt wird, aber mit konservativ hat das nicht zu tun. Wenn du unter konservativ verstehst, dass ich möchte, dass in meinem Unterricht Ruhe herrscht, damit alle die Möglichkeit haben, etwas zu lernen und wenn du unter konservativ verstehst, dass ich möchte, dass mich Schüler genauso respektieren wie ich sie und wenn du unter konservativ verstehst, dass ich ab und zu Erziehungsaufgaben übernehme, die die Eltern zu Hause leider nicht mehr erldigen (wie zum Beispiel für die Organisation und Pflege der eigenen Sachen zu sorgen), dann bin ich wohl tatsächlich konservativ.
Was genau soll ich denn hinterfragen? Die Methoden, die wir beigebracht bekommen finde ich teilweise echt super und gern führe ich offene Arbeitsformen im Unterricht durch, aber was genau soll ich denn hinterfragen, wenn ich in eine Klasse mit 32 Schülern gesteckt werde in einem Klassenzimmer, in dem ich es kaum schaffe, die Tafel aufzuklappen ohne sie einem Schüler an die Rübe zu hauen? Die Geldverteilung des Staates? Die hinterfrage ich schon lange, interessiert keinen.
Und ja, in einem Punkt mag ich vielleicht tatsächlich konservativ sein: ich halte nicht viel von verhätschelnder Kuschelpädagogik wie Anas sie auch genannt hat. Das hat nix mit Unmenschlichkeit oder Härte zu tun, es hat damit zu tun, dass man in einer Gesellschaft nicht einfach tun und lassen kann, was man will ohne Rücksicht auf andere zu nehmen. Man muss sich an gewisse Regeln halten und werden diese nicht befolgt, ist es in Ordnung, dann muss derjenige aber eben die Konsequenzen tragen. Wozu erziehe ich Kinder denn, wenn sie tun und lassen können, was sie wollen?
Hab mich darüber schon öfter mit meiner Schwiegermutter in spe ausgetauscht, die Erzieherin gewesen ist und unglaubliche Sachen erlebt hat. Sie meinte, sie hätte Erzieherinnen erlebt, die hätten erstmal 10min darüber diskutiert, wie nun vorzugehen ist ohne den Kindern zu schaden oder sie zu beeinflussen, als sich die beiden mit Spielzeugen fast die Schädel eingeschlagen haben. Entschuldigung, aber irgendwo muss die Toleranz einfach mal aufhören. Auf das natürlichste der Welt, den beiden Kindern die Spielzeuge wegzunehmen, scheint unter den heutigen Pädagogiktheoretikern keiner mehr zu kommen.
Kinder sind wertvoll und verdienen Respekt, trotzdem haben sie einfach noch nicht die Lebenserfahrung der Erwachsenen und sollten/können in manchen Dingen einfach nicht gleich behandelt werden. Wenn ich anfange, mit einem 8. Klässler darüber zu diskutieren, warum er niemandem Sachen wegzunehmen hat, dann stimmt einfach irgendwas nicht...er ist noch nicht so selbstreflektiert um das zu begreifen, also muss er lernen: gewisses Handeln = gewisse Konsequenz, im Bestfall positive Verstärkung, im anderen leider nicht.
Ich möchte dich also bitten, "die Jungen" hier und generell nicht so anzugreifen, wir (in diesem Fall ich und die Refkollegen) geben uns eine wahnsinnige Mühe, um Schülern gerecht zu werden und nicht wenige machen sich regelrecht kaputt, mit konservativem Tun hat das absolut nichts zu tun. Und dass du wohl nie Unterricht von Jungen gesehen hast, der über die Erziehung für den Kapitalismus hinausgeht, finde ich für dich sehr schade.
Ja, das ist schon heftig. Hab ich auch erst im Studium erfahren, wie absolut unterschiedlich die Schulabschlüsse doch eigentlich sind. Nicht unbedingt immer besser oder schlechter, aber eben anders und dann isses im Studium total schwer, auf denselben Nenner zu kommen.