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  1. Als ich vor 34 Jahren das Silmarillion als erstes Tolkienbuch gelesen hatte, so war es nicht der eigentliche literarische Text der mich faszinierte, der war anfangs eher verwirrend. Aber dies Buch hat mich zum Staunen gebracht, wie wenige vorher oder auch nachher. Zum Staunen über ein eigenes Universum mit all seiner unerschöpflichen Fülle, die sich in diesen kurzen Texten andeuteten. Aus diesen 'Fragmenten' wurde jedoch für mich deutlich, dass Tolkien eben kein widerspruchsfreies Universum geschaffen hat (schaffen wollte?). In all den Wandlungen, die sich dann aus den später veröffentlichten Entwürfen, Textfragmenten und Variationen zu einem Thema aus den UT, den BoLT und den HoME ergeben, zeigt sich für mich die fortwährende Auseinandersetzung Tolkiens mit seinem eigenen (unvollständigen?) Werk. So wie wir aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse unsere Welt stets neu definieren - und dabei vielleicht den einen oder anderen liebgewonnenen Mythos (wie dem von der Erde als Scheibe) aufgeben müssen, weil er widerlegt wurde - so hat auch Tolkien seine Mythologie immer wieder in Frage gestellt. Wir haben es hier eben nicht mit einem abgeschlossenen Werk, einem in sich geschlossenen Kosmos, zu tun, sondern mit Fragmenten. Daher müssen wir akzeptieren, das es in Tolkiens Denk- und Entwicklungsprozess auch Dinge und Überlegungen gegeben hat, die im Widerspruch zu den eigenen Erwartungen und Vorstellungen von Arda stehen, ja auch in sich widersprüchlich sind. Das macht für mich viel vom Reiz von Tolkiens Welt aus. Jeder kann sich natürlich seine eigene Sichtweise auf das Werk Tolkiens suchen, sollte diese aber nicht zum Dogma stilisieren. So wie Tolkien sein Werk anlegt hat, waren die Elben eben nicht nur "gut und würdevoll" sondern auch zerrissen zwischen den von Eru gegebenen Eigenschaften und ihrem Freiheitsdrang, dem Brudermord, dem Hass auf Morgoth, der Gier nach den Silmarili und ... und ... und. So wie sich das Bild der Elben im Laufe der Historie von Mittelerde gewandelt hat, so haben sich auch die einzelnen Elben im Laufe der Zeitalter gewandelt und hatten dadurch die Möglichkeit zu ihren ursprünglichen 'Anlagen' zurückzukehren. An der Figur von Galadriel könnte man diese Wandlungen exemplarisch darstellen. Tolkien hat sein Werk, seine Mythologie also durchaus als 'Entwicklungsroman' angelegt. So wie sich die Gestalt von Mittelerde (und ganz Arda), die Persönlichkeit der Elben und Menschen im Laufe der Entwicklung verändert hat, so könnte sich auch die Mythologie selber im Laufe der Zeitalter wandeln. Als es den 'geraden Weg' in den Westen gab, bestand für die Elben keine Notwendigkeit, sich über die Gestalt von Arda Gedanken zu machen um Mythos und Wirklichkeit in Übereistimmung zu bringen. Nachdem der 'gerade Weg' jedoch krumm geworden - und nur noch für wenige zu finden - war, bestand durchaus auch für die Elben aber besonders für die Menschen die Notwendigkeit, sich mit dem Mythos und den 'realen' Gegebenheiten in Mitelerde auseinanderzusetzen. Für mich wäre es daher nicht auszuschließen, dass die elbischen und menschlichen Gelehrten auch zu einem heliozentrischen Ardabild hätten kommen können. Die kategorische Ablehnung dieser im Werk von Tolkien angelegten - und im Ansatz ja begonnenen aber dann nicht weiter verfolgten -Möglichkeit ist jedenfalls aus meiner Sicht falsch. Wir müssen uns mit den bekannten Texten Tolkiens auseinandersetzen, nicht mit den Vorstellungen die wir vom Sinn der Texte haben. Welche Überraschungen sich in der Zukunft noch ergeben mögen, kann keiner von uns absehen; denn keiner von uns weiss, ob Christopher Tolkien wirklich alles was es gibt/gab bereits in den HoME veröffentlicht hat. Wir können mit unseren (vielleicht unvollständigen) Kenntnissen der tolkienschen Mytho- und Kosmologie noch viele Überaschungen erleben, wenn wir unseren Geist offen für neues Gedankengut halten und nicht durch vorgefasste Vorstellung wie Arda und seine Bewohner zu seine haben einengen. Lassen wir uns das Staunen über Tolkiens Werk nicht nehmen. Kein Hochnerd, auch kein Tolkienfan(atiker) sondern nur ein geneigter Leser
    1 Punkt
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