Genau das ist ja der springende Punkt, aus elbischer Sicht. Das unsterbliche Geschlecht, das sein Glück allein in den Unsterblichen Landen finden kann, hat in der Rebellion gegen die Valar das Exil in den Sterblichen Landen gewählt, um dort ihr eigenes Ding zu machen. Doch naturgemäß verzweifelt es langsam aber sicher an der unaufhaltsamen Veränderung und Sterblichkeit Mittelerdes. Deshalb haben sich die Elben kleine Enklaven geschaffen, in denen sie quasi die Zeit anhalten und die Vergänglichkeit und Veränderung aufhalten können, in denen alles schön und makellos erscheint: Bruchtal und Lórien. Sie wissen genau, dass dies eine Art Verzweiflungstat ist, dass sie einen Kampf kämpfen, den sie schon verloren haben, dass sie irgendwann der Tatsache ins Auge sehen müssen, dass sie einfach nicht nach Mittelerde gehören. Und da der konservatorische Zauber ihrer Enklaven einzig auf den Ringen der Macht basiert, wissen sie auch genau: Sobald der Eine Ring wieder auftaucht, ist ihr Schicksal besiegelt. Denn Sauron würde ihre Enklaven überrennen, würde er den Ring wieder erlangen; würde der Ring jedoch vernichtet, bräche der ganze Zauber ihrer Reiche in sich zusammen und ihnen bliebe nur noch der Weg nach Westen.
Es gibt jedoch noch eine Möglichkeit: Würden Elrond oder Galadriel des Einen Ringes habhaft werden, könnten sie selbst die Macht übernehmen - das einzig denkbare Szenario, um ihre selbst geschaffene Welt zu retten. Umso höher ist Galadriels Zurückweisung des Einen Rings zu bewerten: denn mit dieser Zurückweisung besiegelt sie das Schicksal der Elben in Mittelerde, opfert ihre gesamte Welt dem Wohle Mittelerdes und akzeptiert ihr persönliches Scheitern in Mittelerde, indem sie zurück in den Westen geht, in die Unsterblichen Lande, wo sie und ihr Volk hingehören.