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  1. „Aber was spricht dagegen, einfach anzunehmen, der Professor war so prüde, dass er das Thema unterdrückte, ohne sich was dabei zu denken?“ Vermutlich liegt Makalaure mit seiner intuïtiven Annahme eines Konflikts gar nicht so daneben. Tatsächlich sträubt sich etwas in mir dagegen, die asexuëlle Darstellung des Zusammenlebens in Mittelerde durch religiöse Prüderie Tolkiens zu erklären. Wie bereits beschrieben, halte ich das sexuëlle Vakuum in Tolkiens Werk für „ein bewußt eingesetztes Stilmittel, das konstituïerend ist für den poëtischen Charakter des Werks“. Die Marginalität der Libido ist in meinen Augen kein Zufall. Tolkien hat hier nicht etwa Dinge stillschweigend unter den Tisch fallen lassen, sondern etwas erfunden, das uns genauso seltsam und märchenhaft vorkommen sollte wie unsichtbar machende Ringe und unsterbliche Elben: Ein triebfreies Zusammenleben. Dahinter steht für mich die Bevorzugung einer ästhetische Überzeugung, die nur die wenigsten Hoch-Nerds mit mir zu teilen bereit sind: Sex stört die Poësie. Natürlich läßt sich Sex literarisch durchaus anspruchsvoll und sinnlich beschreiben. Das zu bestreiten wäre albern. Gleichzeitig aber verrät der Geschlechtsakt alle Geheimnisse und ist damit der ewige Gegenspieler der Sehnsucht. Und gerade von der Unerfüllbarkeit der Wünsche lebt alle Poësie. Was Tolkien seiner Mittelerde meiner Meinung nach ersparen wollte, ist die sexuëlle „Beschaffungsökonomie“, die jeden noch so romantischen Stoff hoffnungslos banalisiert. Tolkien wußte, daß das Profane dem poëtischen Charakter seines Werkes gefährlich werden konnte und verzichtete daher auf alles, was sich nicht würdevoll inszenieren ließ. Aus demselben Grund wissen wir auch beispielsweise nicht, ob in Rivendell Klopapier verwendet wurde und so leidenschaftlich sich Hobbits auch mit Nahrungsmitteln und Mahlzeiten beschäftigen mögen – so selten sieht man bei Tolkien mal einen Elben etwas zu sich nehmen (außer Wein natürlich). Aber was spricht dagegen, einfach anzunehmen, daß die Fabelwesen Mittelerdes nicht alle biologischen Notwendigkeiten unseres Alltags kennen?
    1 Punkt
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