Die drei großen Geschlechter der Elben sind eigentlich drei Familiën von Künstlern: Die Dichter, die Handwerker und die Sänger. Wie aber will man bemessen, welche Kunst die mächtigste ist?
Ich bin mir sicher, daß Ingwës Volk dem Professor besonders am Herzen gelegen ist. Nicht umsonst hat er den Vanyar denselben Beruf gegeben, den er selbst ausgeübt hat: Den des Dichters.
So wenig er über das „schöne Geschlecht“ schrieb, so wenig Zweifel ließ Tolkien auch an seinem überlegenem Status: Ingwë, vermutlich der älteste der Elben (sofern identisch mit Imin), galt zu allen Zeiten als Hoher König aller Eldar. Und das obwohl – bzw. vermutlich gerade weil – seine Königswürde stellenweise von seiner tiefen Ergebenheit gegenüber Manwë und Varda in Frage gestellt werden könnte.
Bei Tolkien aber ist wahre Größe und wahre Macht immer demütig. Das sehen wir auch bei Gandalf, Aragorn und selbst Manwë.
Tatsächlich läßt sich eine Hierarchie der Elbenvölker durch ihre Beziehung und Nähe zum Segensreich und seiner Bewohner aufstellen. Je mehr ein Geschlecht mit den Valar zu tun hat, desto größer sein Einfluß. So profitierte das Sindarreich Doriath immens von seiner Königin Melian, die einen Abglanz Amans in Graumantels dunklen Sternenwald brachte.
Es war keine fixe Idee Manwës die Eladlië nach Valinor zu holen. Die Elben sind dafür prädestiniert, bei den Göttern zu leben. Erst ihre Gegenwart bringt die Geisteskräfte der Elben zu ihrer vollen Entfaltung. Und genau die sind letztendlich der Schlüssel zur Antwort auf die Frage des „Noumenorer-Königs“.
Der Fëa-Hröa Theorie (Geist-Körper Dualismus) Tolkiens folgend, wirkt sich die geistige Stärke eines Elben in starkem Maße auf seine körperlichen Fähigkeiten aus. Die Macht eines Elben leitet sich daher von der Geisteskraft ab, mit der er den eigenen Körper kontrolliert. Legolas´ akrobatische Surfaktionen im Film sind daher weniger absurd und übertrieben, als man annehmen könnte. Die Eldar konnten das.
Im direkten Vergleich mit den heroïschen Taten der Noldor läßt sich sagen, daß den Vanyar an der Seite der Maiar im Krieg des Zorns immerhin ein militärischer Erfolg gelingt, der den Noldor Jahrhundertelang versagt blieb.
Und darin zeigt sich wieder: Die Feder ist eben mächtiger, als das Schwert.