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In diesem Beitrag spoilere ich die ersten drei Staffeln und Bücher (gehe bei diesen nicht über den Stand der dritten Staffel hinaus, spreche aber Dinge an, die nur in den Büchern vorkommen), Informationen zur vierten Staffel setze ich in Spoilertags. Ich habe zuerst Staffel 1 und 2 gesehen, von denen ich unglaublich begeistert war, bevor ich alle 5 Bücher gelesen habe. Dann habe ich sehnsüchtig auf die dritte Staffel gewartet, welche die erste werden sollte, bei der ich direkt beim ersten Sehen den Serien/Buch-Vergleich ziehen konnte. Und mir fielen die meisten Änderungen gleich ins Auge, nahm sie meistens aber gelassen hin, auch wenn sich hier und da bereits Unmut bei mir breit machte. Noch war ich aber auf der Seite der Serienliebhaber und habe Änderungen oftmals auf das Medium geschoben. Nach der dritten Staffel habe ich mich monatelang sehr intensiv mit den Büchern auseinandergesetzt, einzelne Stellen zehnmal gelesen und so gut wie jede ernsthafte Theorie in mich aufgesaugt. Ich habe bei jedem Reread weitere Feinheiten und Details entdeckt und Zusammenhänge verstanden. Und bin immer weiter auf Abstand zur Serie gegangen. Staffel 4 habe ich etwas skeptisch entgegengeblickt, da sich hier endgültig entscheiden würde, wohin die Reise geht. Und nach den ersten 5 Episoden muss ich für mich persönlich endgültig sagen: Diese Serie ist A Song of Ice and Fire nicht würdig. Noch habe ich für mich nicht entschieden, welche Konsequenzen ich daraus ziehen werde, da ich wegen dieser Erkenntnis grundsätzlich nicht die Wände hochlaufe. Problematisch wird es für mich allerdings dann, wenn die Serie schon zum jetzigen Zeitpunkt anfängt, die Bücher zu spoilern, und einen ersten Vorgeschmack scheinen wir ja bereits in der vierten Episode bekommen zu haben. Ich werde im Folgenden versuchen, meine Meinung darzulegen. Game of Thrones basiert ausdrücklich auf der Buchreihe A Song of Ice and Fire. Das kann man der Eröffnungsfrequenz deutlich entnehmen, außerdem haben sich die beiden Macher David Benioff und David Weiss dazu bekannt, die Verfilmung so nah wie möglich am Buch halten zu wollen, da sie nach eigener Aussage GRRM und seinem Werk großen Respekt zollen würden. An diesem Anspruch müssen sie sich nun meiner Meinung nach auch messen lassen. Leider wurde direkt in der ersten Staffel damit begonnen, Teile der Vorlage zu ignorieren. Es handelte sich oft um kleinere Änderungen, sodass diese im Einzelnen gar nicht so sehr ins Gewicht fielen und bei den meisten unter dem Eindruck dieser völlig neuartigen Show oder der Freude über eine Visualisierung ihrer Lieblingsgeschichte begraben wurden. Allerdings kommt man bei genauer Analyse der Charaktere und Handlungsorte nicht darüber hinaus, dass aus den verschiedensten Gründen (Budget, Screentime, anderes Medium,...) eine ganze Menge verändert worden ist. Besonders irritierend finde ich im Nachhinein die Szenen, bei denen eine Buchszene nicht weggelassen oder etwas verändert, sondern um 180° ins Gegenteil verkehrt wurde. Beispiele dafür sind Catelyn in der ersten Episode, als sie dagegen ist, dass Ned nach King's Landing geht, während sie im Buch dafür ist. Oder als Ned in Episode 3 in King's Landing ankommt und eine Sitzung des Small Councils einberufen wurde. Während er in der Serie den Herold, der ihn fragt, ob er nicht etwas Passenderes anziehen wolle, mit einem eiskalten Blick begegnet, wünscht er im Buch von sich aus einen kurzen Aufschub, damit er seine staubigen Sachen gegen etwas Passendes wechseln kann. Zwei kleine Beispiele, bei denen wohl so einige jetzt die Augenbrauen hochziehen und sagen: "Ja meine Güte, was soll's?" Ich werde allerdings aufzeigen, dass diese beiden Szenen symptomatisch für die Charakterzeichnung in Game of Thrones sind. Ein weiteres Beispiel für die Darstellung des Gegenteil beim ersten Sex von Drogo und Daenerys. Während sie im Buch einverstanden ist und "ja" sagt, ist es in der Serie eine Vergewaltigung. Erfreulich, dass Daenerys das aber kein bisschen stört (Nebenbei bemerkt: was hat das denn bitte für eine Außenwirkung?). Dann die Änderungen beim Alter: Das Alter der Kinder wurde jeweils um ein paar Jahre angehoben, bei Jon, Robb und Daenerys einfach mal um fast 10 Jahre. War es grundsätzlich richtig, das Alter der Kinder anzuheben, stimmen vor allem bei den Erwachsenen die Relationen hinten und vorne nicht mehr. Im Buch sind Ned (35), Catelyn (34), Jaime (32), Cersei (32) und Robert (35) mit sehr wenigen Jahren Unterschied eine Altersklasse, Tyrion (24) ist da noch einmal ein gutes Stück jünger. In der Serie wirkt Ned Ende 40, Robert ebenfalls, während Jaime und Cersei Mitte 30 zu sein scheinen. Obwohl Tyrion der jüngere Bruder der beiden sein soll, wirkt er für mich älter. Und Catelyn ist extrem auf angehende Großmutter gecastet, während sie sich im Buch durchaus vorstellen kann, ein weiteres Kind zu gebären. Winterfell wird dunkel, ungemütlich und recht klein dargestellt, ganz im Gegensatz zur riesigen einladenden und fortschrittlichen Festung aus den Büchern inklusive Wintergarten mit Glasdach und Heizungssystem über Heißwasserquellen. Die Starks sind keine furchtbar nette Familie, wo Papa Stark und Mama Stark abends angekleidet im Bett sitzen und herzhaft Witze über den korpulenten König machen. Die Starks sind DAS Adelsgeschlecht des Nordens, und sie sind hart wie die nördliche Welt selber. Ned wirkt für Außenstehende wie das personifizierte Eis, selbst seine Frau hat Jahre gebraucht, um zu erkennen, was unter der Schale liegt. Die Klamotten der Starks sehen aus, als ob die sich zwei Kartoffelsäcke zusammengenäht hätten, während sie im Buch meistens Seide tragen. Bei Massenszenen versagt die Serie völlig. Ein paar Reiter sollen eine riesige dothrakische Armee von 40000 Mann darstellen und das gewaltige Turnier der Hand, bei dem King's Landing wegen eines Massenanlaufs aus allen Nähten platzt, sieht aus wie ein drittklassiger Mittelaltermarkt. Tyrion darf es sich erlauben, zum königlichen Festessen zu spät zu kommen und Cersei benimmt sich auf eine Weise, bei der man ihr eine runterhauen sollte. Und Sansa gleich mit, weil sie später trotzdem glaubt, die Frau wäre nett. Ach ja, und Jaime und Ned haben es offenbar nötig, alle paar Meter ihren Schwanz zu vergleichen. Absolut unpassend für beide Charaktere. Genauso unpassend wie ein Jaime, der sich mit Neds Bastard unterhält. Weiterhin wurde LF von einem gefährlichen Mann mit ungewissen Motiven zu einem Erklärbär erster Klasse, der zwei Prostituierten sein Innerstes offen legt und mit Varys immer mal wieder Pläne austauscht. Besonders nett auch die Szene, als er Sansa auf dem Turnier von dem gefährlichen Geheimnis um Sandor Cleganes Brandverletzung erzählt und sie darauf hinweist, es niemals irgendjemandem zu sagen, und um sie herum lauschen fünf Leute andächtig seinen Worten. Weiterhin wurde keinerlei Wert auf das Aussehen der Charaktere gelegt. Dass Peter Dinklage nicht hässlich ist, kann man erst einmal so stehen lassen, aber wo sind seine weißblonden Haare und seine ungleichen Augen? Wo sind die grünen Augen der Lannisters und vor allem später bei Jaime die blonden Haare? Wo die lilanen Augen bei Daenerys und die silbergoldenen (nicht weißblonden) Haare? Wo die rötlichen Haare von Robb, Bran und Rickon, wo die dunkelbraunen Haare von Jon und die grauen Augen der Starks im Allgemeinen? Ich kann verstehen, dass Talent vor Aussehen geht, aber mit Färben, Perücken und Linsen hätte man so einiges hinbekommen und auch die Buchleser erfreuen können, zumal die Merkmale den Wiederkennungswert steigern und bisweilen auch für die Geschichte relevant sind. Staffel 2 hat vor allem bei drei/vier Handlungssträngen unglaublich viel verändert. Daenerys in Qarth. Robb und Talisa. Arya und Tywin. Jon nördlich der Mauer. Da Daenerys in A Clash of Kings ganze 5 Kapitel von 69 hatte, verstehe ich natürlich, dass man ihr mehr Screentime geben und ihre Geschichte ausbauen wollte. Leider entsteht hier ein Logikloch (so muss sie sich zuerst vor den neuen Herrschern in Acht nehmen, marschiert dann aber ungestört ins Schlafgemach von Xaro Xhoan Daxos). Im Haus der Unsterblichen ersetzt man die bildgewaltigen und teilweise sehr aufschlussreichen Visionen in erster Linie durch eine Szene, mit der man Jason Momoa (Khal Drogo) eine kurze Rückkehr ermöglicht. Was teilweise sogar verständlich ist, da man ansonsten teilweise zu viel gespoilert hätte, aber die Szene mit Drogo ist absolut belanglos und kitschig. Jon verbringt den größten Teil der zweiten Hälfte von ACOK mit dem Expeditionscorps um Halfhand, die Dialoge zwischen den beiden gehen unter die Haut. In der Serie ist Qhorin Halfhand nur eine Randnotiz, Jon verbringt dafür mehr Zeit mit Ygritte. Arya ist im Buch ebenfalls in Harrenhal, allerdings nicht bei Tywin, sondern bei Roose Bolton, welcher nicht wie in der Serie bei Robb ist, sondern eine eigene Armee befehligt und Harrenhal schon früher in Besitz nimmt. Hier wollte man Charles Dance' Rolle ausbauen. Was D&D aber am meisten vorgehalten wurde, war die Veränderung von Robbs Handlungsstrang. Hier wurde so gut wie alles geändert, was man ändern konnte. Dazu aber später mehr. Die Serie entfernt sich also weiter von der Vorlage. Und fährt damit auch in Staffel 3 fort, von Staffel 4 ganz zu schweigen. Spontan fallen mir etliche Unterschiede ein. Nun mag mancher sagen: "Man muss der Serie ihren Spielraum lassen". Und da stimme ich sogar zu. Man kann ein Buch nicht eins zu eins verfilmen. Ja, man kann auch ASOIAF nicht exakt buchgetreu verfilmen. Zu viele Charaktere, zu viele Handlungsstränge, zu ausufernder historischer Hintergrund. Man muss Änderungen vornehmen. Doch habe ich an Änderungen vor allem zwei Ansprüche: Sie sollen weiterhin dem Geist der Buchvorlage entsprechen und außerdem in sich logisch sein. Und hier versagt die Serie meiner Meinung nach. Die beiden Hauptbestandteile von ASOIAF sind die sehr interessante Charakterzeichnung (fast jeder Charakter hat seine Schattenseiten, es wird einem nicht vorgeschrieben, wen man wie zu bewerten hat) und das vergleichsweise geringe Vorkommen von Klischees. Und auch wenn jemandem völlig gleichgültig ist, dass es eine Buchvorlage gibt oder er das zu 100% trennen kann, kann man meiner Meinung nach sagen: Je weiter sich die Serie von der Buchvorlage entfernt, desto schwächer wird sie in der Regel. Schauen wir uns mal die Charakterzeichnung und dazugehörigen Handlungsstränge im Vergleich an: Ned Stark: In der Serie läuft er rum wie ein einfacher Bauer und erinnert vom Erscheinungsbild stark an den Boromir aus den LOTR-Filmen. Durch sein einfaches Erscheinungsbild erweckt er gleich die Sympathien der Zuschauer. Ebenso durch das vertrauliche Getue mit seiner Ehefrau. Er ist aber kein einfacher Bauer oder kleiner widerspenstiger Lord, was die Etiquette angeht. Er ist der Lord von Winterfell, Nachfahre eines 8000 Jahre alten Herrschergeschlechts und einer der mächtigsten Lords von Westeros. Während die Serie ihn einfach als guten Mann hinstellt, gibt es in den Büchern einen Grund für seine Prinzipien, die er nicht aus heiterem Himmel empfangen hat. Und zwar besitzt er seine Prinzipien, weil er sich eben zum Adel bekennt. Er bekennt sich zu seiner Stellung und mit der damit einhergehenden Verantwortung für seine Umwelt. Und deshalb ist die weiter oben benannte Szene bei seiner Ankunft in King's Landing auch so wichtig. Ein Adeliger, der sich einen Dreck um seine adelige Abstammung schert, bei einem Krug Bier lustig wird und einfach qua Geburt moralische Vorstellungen hat, ist für mich ein Klischee. Catelyn Stark: Sie ist in der Serie das typische Heimchen am Herd, das einfach nur will, dass es der Familie gut geht. Doch in den Büchern ist sie der politische Kopf der Familie und durchaus machtbewusst. So will sie Ned dazu bewegen, nach King's Landing zu gehen und der Verlobung von Joffrey und Sansa zuzustimmen, weil ihr die Vorstellung gefällt, ihre Familie in einer solchen Machtposition zu wissen. In der Serie will sie einfach nur, dass alle da bleiben, wo sie sind. Und auch ihr politisches Gespür blitzt nur hier und da mal auf. Außerdem ist sie attraktiv in den Büchern, während sie in der Serie darauf in keiner Weise ausgelegt worden ist. Die trauernde Hausfrau ohne Sexappeal ist ebenfalls eine klischeebeladene Rolle. Sansa Stark: In den Büchern wurde sie von der Außenwelt weitestgehend abgeschirmt und auf ihre Rolle als Lady vorbereitet. Deshalb wächst sie in der Vorstellung von edlen Prinzen und tapferen Rittern auf. Als sie Joffrey begegnet, sieht sie in ihm die Erfüllung ihrer persönlichen Märchengeschichte, von der sie sich auch nicht abbringen lassen will. In der Serie wirkt sie machtgieriger ("Ich will ihn heiraten und seine Königin werden, das ist alles, was ich immer wollte"), da ihr Hintergrund eher schwach erläutert wird. Zusätzlich hängt man ihr die klischeehaften Züge einer pubertierenden Jugendlichen an, wenn sie der Septa über den Mund fährt oder Ned wegen der Puppe brüsk abweist. Viele werfen ihr zudem vor, dass sie sich gegenüber Tyrion ungerecht verhält. Und da muss ich in der Serie sogar zustimmen. Finde es auch etwas zweifelhaft, dass sie Tyrion erst ihr Seelenleben präsentiert und ihm dann implizit vermittelt, dass er die Klappe halten soll. Aber wie auch immer, innerhalb der Serie im Großen und Ganzen dennoch logisch. Robb Stark: In ihm lebt Ned Stark in den Büchern weiter. Er würde niemals auf die Idee kommen, 2000 Männer in den sicheren Tod zu schicken. Ab der zweiten Staffel wurde sein Charakter allerdings völlig verhunzt, was mich im Nachhinein besonders getroffen hat, da er einer meiner Lieblingscharaktere in den Büchern war. Während er im Buch als militärisches Genie von sich reden macht und in mehreren Schlachten siegreich vom Feld geht, wird das in der Serie auf eine einzige Schlacht reduziert. Stattdessen sitzt er ab der zweiten Hälfte nur noch rum und beschäftigt sich mit Talisa, dem Serienhassprodukt Nr. 1. Ihr Charakter ersetzt den der Jeyne Westerling, Tochter eines uralten Adelsgeschlechts aus den Westerlands, deren Burg Robb erobert und dabei von einem Pfeil verwundet wird. Sie pflegt ihn daraufhin auf Geheiß ihrer Mutter. Physisch und psychisch angeschlagen (er erfährt von der vermeintlichen Ermordung Rickons und Brans), lässt er sich von ihr "trösten". Da das für das junge Mädchen eine Entehrung darstellt, übernimmt Robb die Verantwortung für sein Handeln und heiratet sie am nächsten Tag. Er weiß, was das für ihn politisch bedeutet, kann aber einfach nicht anders. Darin besteht die Tragik seines Charakters. Nun zur Serie: Dort gibt es stattdessen Talisa, welche einem schlechten Disneyfilm entsprungen sein könnte. Eine hübsche, junge Frau hochadeliger Herkunft von einem anderen Kontinent. In ihrer Heimatstadt werden Sklaven gehalten, doch nachdem ihr Bruder von einem gerettet wurde, beschloss sie, ab sofort auf den Schlachtfeldern der Welt verwundete Soldaten zu verarzten. Glücklicherweise wurde sie offenbar noch nie vergewaltigt. Nun lernt sie also den jungen König kennen und erkennt sofort seine Kurzsichtigkeit ("Ihr führt einen Krieg und habt euch keine Gedanken um die Zeit danach gemacht?"), außerdem ist sie unglaublich emanzipiert. Anschließende Liebesgeschichte natürlich inklusive. Der Charakter trieft nur so vor Klischees und Kitsch, dass es für mich nur schwer zu ertragen war. Etwas derartiges wäre GRRM nicht einmal im sturzbesoffenen Zustand eingefallen. Bezeichnend auch ein Interview, in dem GRRM sich diplomatisch, aber recht deutlich von der Umsetzung dieses Handlungsstranges distanziert. Robb liebt Talisa, Talisa liebt Robb, sie haben Sex, sie heiraten. Robb wird hier einfach nur als ignoranter, liebestoller Vollidiot dargestellt. Es gab überhaupt keinen Grund, sie vor der Beendigung des Krieges zu heiraten. Wenn wir schon bei Robb sind, gleich auch etwas zur Logik seines Handlungsstranges in strategischer Hinsicht. Er kommt von Norden und schlägt Jaime bei Riverrun (Staffel 1) und dringt in den Westen ein, wo er ebenfalls eine Schlacht schlägt (Staffel 2). Dann kehrt er zurück und zieht mehr oder weniger an Riverrun vorbei nach Harrenhal, von wo aus er kurze Zeit später wieder nach Riverrun zu einer Beerdigung zieht, um nach der Hochzeit bei den Twins (nördlich von Riverrun) das Ziel anzugreifen, welches er in Staffel 2 nicht einmal mit Freys und Karstarks angreifen wollte: Casterly Rock. Eine fast uneinnehmbare Burg, welche er eine Staffel lang mit voller Mannstärke mehr oder weniger vor der Nase hatte, wird von ihm mit geringerer Truppenstärke im Zuge eines Geistesblitzes als neues Angriffsziel deklariert und das militärische Genie Robb Stark damit endgültig ad absurdum geführt. Karstark richtet er in der Serie ebenfalls uneinsichtig und ignorant hin, während er im Buch wiederum weiß, was das für ihn bedeutet, aber wieder kann er das politisch Notwendige nicht über das moralisch Richtige stellen. Darüber hinaus ist Robb in der Serie arrogant gegenüber Catelyn, Edmure und den Freys, von seiner Ehre und seiner Erziehung durch Ned bleibt letzten Endes nicht mehr viel übrig. Ist er im Buch von Beginn an von Verrat umgeben (Bolton befehligt im Buch eine eigene Armee und richtet noch viel mehr Schaden an) und scheitert an der politischen Realität, scheitert er in der Serie in erster Linie an sich selber. Sein Ende mag ihn bei vielen wieder in den Kreis der Sympathieträger gerückt haben, bei mir war das nicht der Fall. Am Ende bleibt ein Handlungsstrang mit Klischees, Kitsch und Logiklöchern plus ein hinsichtlich der Buchvorlage zu 100% zerstörter Charakter. Noch kurz etwas zur Inszenierung der Red Wedding: Für viele Wissende und vor allem Unwissende zweifellos schockierend, ist mir in erster Linie das verschenkte Potenzial aufgefallen. Mehrfach wird die Spannung rausgenommen, manche Szenen wirken hektisch und dadurch unfreiwillig komisch (wenn Bolton auftaucht und Robb den Gnadenstoß gibt, merkt man, dass er jetzt schnell wieder zur Seite treten muss, um den Blick auf Robb freizugeben, ähnlich bei dem Frey, der Catelyn tötet). Natürlich dennoch eine grandiose schauspielerische Leistung von Michelle Fairley. Jaime: Hier wurden vor allem zwei entscheidende Szenen eingefügt. Zum einen das Gespräch mit Tywin, zum anderen der Fluchtversuch auf Kosten seines Cousins. Fange ich mit letzterem an. In meinen Augen unpassend, dass Jaime einen Verwandten für einen völlig dilettantischen Fluchtversuch tötet. Das hätte er mit Sicherheit anders planen können. Aber lassen wir die Buchvorlage weg. Dann kommen wir nämlich zu dem Gespräch mit Tywin. Dort fragt ihn dieser: "Wieso ist Ned Stark noch am Leben?" Und Jaime antwortet: "Es wäre nicht sauber gewesen." Dabei hatte er einen guten Grund, nämlich die Sicherheit des von Catelyn Stark gefangengenommenen Tyrion. Für ihn war es aber offensichtlich das wichtige Argument, dass es nicht sauber gewesen wäre. Hinsichtlich des Mordversuchs an Bran und des späteren Mords an seinem Cousin ein Logikloch, was seinen Charakter betrifft. Dass er jedes Mal die Begegnung mit Ned Stark sucht und sogar Jon Snow seine Aufmerksamkeit zuwendet, ist ebenfalls eine Serienerfindung, die nicht zum Buchcharakter passt, aber wohl noch ohne Logikloch in der Serie verwendet werden kann. In Staffel 4 kommt es zu einer der Szenen, die die meiste negative Kritik hervorgerufen hat. Jon: Sein Charakter war wesentlich impulsiver und aufbrausender im Buch, was hinsichtlich des monotonen Gesichtsausdrucks von Kit Harington eine willkommene Abwechselung wäre. Hier ist es aber weniger der Charakter, der es hinsichtlich der Bücher schlechter macht, sondern drei Handlungsstränge in Staffel 2, 3 und 4. Staffel 2: Jon schließt sich Qhorin Halfhands kleinem Kommando an und nimmt Ygritte gefangen. Während sie in der Serie entkommt und er wie ein Idiot hinterherläuft, lässt er sie im Buch frei und kehrt zu Halfhands Trupp zurück. Sie werden entdeckt und gejagt. Während dieser Jagd teilen sich die Mitglieder immer weiter auf, bis nur noch Jon und Qhorin übrig bleiben. Von Beginn an sind die Dialoge stark, es geht vor allem um menschliche Aufopferung für eine Sache, ohne aber ins Pathetische abzudriften. Das Verhältnis Jon-Qhorin wird ausgebaut und das Fundament für den Höhepunkt gesetzt: Jon tötet Qhorin auf dessen Befehl hin. In der Serie verbringt Jon die Zeit stattdessen mit Ygritte, läuft orientierungslos durch die Eiswüste und lässt sich mehrfach austricksen. Der Dialog geht zu 20% um den Konflikt Menschen der Sieben Königslande/Nachtwache gegen Wildlinge und zu 80% um sexuelle Anspielungen. Staffel 3: Jon ist bei den Wildlinge. Doch während er sich im Buch phasenweise wirklich etwas in der Liebesbeziehung zu Ygritte verliert und die Fronten für ihn leicht verschwimmen, kommt in der Serie nicht der leiseste Verdacht auf, dass er der Nachtwache irgendwie untreu werden könnte. Es ist eher überraschend, dass außer Orell keiner merkt, wie wenig Mühe sich Jon überhaupt gibt. Anstatt sich also auf die aus Jons Zwist resultierende Spannung zu konzentrieren, gibt man einer wieder mal klischeehaften Eifersuchtsgeschichte mindestens genauso viel Screentime. Einmal mehr vergeudetes Potenzial. Staffel 4: An dieser Stelle auch noch gleich ein Wort zum Handlungsstrang der Nachtwache, an dem Jon nicht beteiligt ist. Am Ende von Staffel 2 gibt es einen Gänsehaut verursachenden Cliffhanger mit der anrückenden Armee aus Weißen Wanderern und Untoten, welcher in Staffel 3 brachial schlecht aufgelöst wird. Ist es für viele nach der Eingangsfrequenz generell unklar, dass überhaupt eine für die Nachtwache vernichtende Schlacht stattgefunden hat, kommt auf dem Rückweg, auf dem man die gleichen 50 Nasen wie auf dem Hinweg sieht, bei mir nicht einmal ansatzweise rüber, welcher Bedrohung die Überlebenden und die Sieben Königreiche ausgesetzt sind. Tyrion: Mein Lieblingsbeispiel, wie man aus einem grauen Charakter einen blütenweißen macht. Im Buch moralisch durchaus zweifelhaft, ist er in der Serie einfach ein armer kleiner Zwerg, der von allen gehasst wird, obwohl er nur das Gute will. Ich nenne nur einmal ein paar Beispiele, die ihn im Buch zu einem grauen und damit auch realistischeren Charakter machen. Er hat auf Geheiß seines Vaters seine Jugendliebe vergewaltigt. Hier wird er oft in Schutz genommen, dass er ja gezwungen worden sei. Allerdings kann man dem Text deutlich entnehmen, dass er selber wollte. In einer Szene tritt ihm Shae zu nahe, er schlägt sie. Sein Vater hat ihm ja verboten, Shae mit nach King's Landing zu nehmen. Dort bringt er sie zuerst in einem Bordell unter, allerdings trifft dort ein Sänger auf sie und erkennt, was es mit ihr auf sich hat. Als der Sänger Anstalten macht, Tyrion damit zu erpressen, beauftragt dieser Bronn, den Sänger zu töten und in den Suppenküchen des Armenviertels verarbeiten zu lassen. Als King's Landing sich auf den Angriff durch Stannis im zweiten Buch vorbereitet, schickt Cersei ihren zweitgeborenen Sohn Tommen mit Wachen und Gefolge zu einer Festung, damit er im Falle einer Niederlage nicht Stannis in die Hände fällt. Tyrion lässt Tommens Trupp abfangen, um ihn unter seinen Einfluss zu bekommen. Ziel ist es, Macht über Cersei zu bekommen. Auch wenn man durch seine Gedanken erfährt, dass er Tommen nie etwas antun würde, droht er Cersei, dass er Tommen das Gleiche antun würde, was sie einer Prostituierten antut, die sie fälschlicherweise für Tyrions Geliebte hält und deshalb gefangen genommen hat. Was bei seiner Familie einen fatalen Eindruck hinterlässt und für durchaus gerechtfertigte Ablehnung bei eben dieser sorgt (Tywin: "Du stellst eine Hure über deine eigene Familie?"). Weiterhin ist das Verhältnis zu seinem Vater im Buch vielschichtiger, da er im Buch wesentlich fordernder und unverschämter ihm gegenüber auftritt und in Teilen sogar ein Tywin in Kleinformat ist, wenn auch meistens noch mit einem Rest moralischer Tugend und Mitgefühl. Zusätzlich bekommt man in der Serie dann noch von Charakteren wie Margaery oder Varys vorgesetzt, wie gutaussehend oder fähig er doch ist. Ist Tyrion im Buch als vielschichtiger Charakter konzipiert, den man mögen kann, lässt einem die Serie mit einer recht eindimensionalen Charakterzeichnung in dieser Hinsicht eigentlich gar keine Wahl. Nebenbei bemerkt haben sich die Macher mit dem Shae-Handlungsstrang keinen Gefallen getan. Im Buch von ihrer Seite aus eine reine Geschäftsbeziehung (während er eben das nicht wirklich wahrhaben will), bekommen wir in der Serie ein recht nervige Liebesbeziehung vorgesetzt, in denen sich manche Szenen beliebig austauschen lassen, weil der Inhalt nahezu identisch ist. Oberyn: Nun mag mancher sagen, dass ich mich an Kleinigkeiten aufhänge. Das mag in Teilen stimmen. Doch zum einen sind es eben oft subtile Kleinigkeiten, die ASOIAF ausmachen, und zum anderen summieren sich diese "Kleinigkeiten" irgendwann auch mal. Ich will natürlich nicht verschweigen, dass es auch Charaktere gibt, die ich im Großen und Ganzen für gelungen oder in Ausnahmefällen sogar für besser als in der Vorlage selber halte (schließe mich da beispielsweise GRRMs Meinung zu Osha an). Doch auf jede Sache, die ich für gelungen halte, kommen eben wieder eine Menge Dinge, die ich für für nicht oder weniger gelungen halte. Die erstellte Aufzählung sollte nur einmal einen Eindruck vermitteln. Noch etwas Grundsätzliches zu der Serie: Vor allem der ersten Staffel merkt man das eingeschränkte Budget an, aber auch später geraten Szenen, in denen man eigentlich viele Menschen sehen soll, eher klein. Genauso lässt man die ein oder andere Schlacht aus. Das ist etwas, was ich grundsätzlich sogar verzeihen kann. Es ist trotz allem immer noch nur eine Fernsehserie. Ebenso ist ASOIAF in erster Linie nicht über gewaltige Schlachten definiert, sondern über menschliches Handeln und die Interaktion von Charakteren. Doch anstatt in der Serie komplexe Charaktere und Beziehungsgeflechte zu konstruieren (oder einfach nur aus den Büchern zu übernehmen), werden die meisten Charaktere systematisch vereinfacht und zumeist mit Klischees besetzt. Charakterentwicklung wird oft unterlassen oder gar ad absurdum geführt, was von vielen darauf zurückgeführt wird, dass man so wenig Sendezeit hat. Ist in meinen Augen aber einfach nur eine Frage von Prioritäten, schließlich bekommt man auch genügend (für die Handlung recht irrelevante) Sexszenen. Welche es natürlich auch öfter mal in den Büchern gibt. Es ist aber durchaus ein Unterschied, ob ich auf 20 von 1000 Seiten Sexszenen dargestellt bekomme oder in 40 von nicht einmal 600 kostbaren Minuten. Was die Mitwirkung von GRRM anbelangt, auf welche immer wieder verwiesen wird: Fakt ist: GRRM schreibt ein Drehbuch pro Folge. GRRM weist Benioff und Weiss darauf hin, wenn etwas Probleme bereiten kann. GRRM hätte in seinen Büchern im Nachhinein das Alter der Charaktere etwas angehoben. GRRM findet den Charakter der Osha in der Serie als so gut, dass es die einzige Sache sein wird, bei der er sich zukünftig bewusst der Serie annähern wird. Nun aber ein paar weitere Fakten: GRRM hat sämtliche Rechte abgetreten, nach seiner eigenen Aussage könnten die Macher UFOs durchs Bild jagen. GRRM war nicht zufrieden mit dem Talisa-Handlungsstrang und konnte nur durchsetzen, dass zumindest der Name geändert wird, wenn die Figur schon nichts mit der Vorlage zu tun hat. GRRM hat bei einigen Charakteren darauf hingewiesen, dass sie zukünftig noch eine Rolle zu spielen haben, dennoch wurden sie entweder vorzeitig getötet oder so rausgeschrieben, dass es kein Zurück gibt. GRRM hat bei der ein oder anderen Szene gesagt, dass diese nicht mit ihm abgesprochen gewesen sei, oder ohne weitere Meinungsäußerung (welche hinsichtlich der Serie sowieso recht spärlich sind - das mantrartige "Benioff und Weiss machen einen guten Job" mal nicht eingerechnet) auf den Butterflyeffect verwiesen. Alles in allem manifestiert sich der Eindruck, dass sein Einfluss weit überbewertet und sein Name von Benioff und Weiss benutzt wird, um Buchleser an die Serie zu binden, getreu dem Motto: Schaut her, sogar der Autor der Buchvorlage arbeitet an dem Projekt mit. Deshalb insgesamt mein Fazit zur Serie: Sie ist als Adaption misslungen, als Serie losgelöst von den Büchern immerhin ganz unterhaltsam, wenn auch zunehmend mit inhaltlichen Schwächen. Weiterhin ist sie bei genauem Hinsehen nicht so gut wie sie beworben wird, im Vergleich zu dem, was sonst so im Fernsehen läuft, natürlich bemerkenswert. Allerdings muss man sagen, dass es da keinen Konsens bei den Buchlesern gibt, was das anbelangt. Immerhin halte ich es aber für auffällig, dass nach den letzten Folgen bei erstaunlich vielen die "Serie ist Serie, Buch ist Buch"-Mentalität einen Riss bekommen hat und zumindest partiell auf Abstand gegangen wird. Ich habe grundsätzlich überhaupt kein Problem, wenn jemand die Serie zu 100% mag, fange aber dann an, dagegen zu argumentieren, wenn jemand meint, dass die Serie inhaltlich eigentlich genau wie die Bücher ist oder gar genauso gut. Dabei mag ich aber festhalten, dass ich weder über "Änderungen heule" noch ein "Hater" bin. Auch ich bin nur ein ganz normaler Leser/Gucker mit einer eigenen Meinung.1 Punkt
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