Ich will dich nicht missionieren, das solltest du langsam wissen. Ich denke hingegen, dass man über religiöse Texte auch dann sprechen kann, wenn man deren religiöse Grundlage selbst nicht teilt. Mein Anliegen war es, auf den Bruch hin, den du mit deinem Ansatz im Gedicht verortest und der dir wohl die Lust am Ganzen nimmt (wie du schreibst) auszuführen, dass es eine Perspektive gibt, aus der es keinen Bruch gibt, sondern einen durchaus nachvollziebaren Aufbau.
Mit Mission hat das überhaupt nichts zu tun, auch wenn ich denke, dass dieses Gedicht das eines religiösen Autoren ist und dass sich hier zeigt, dass der Autor feste Vorbedingungen hat auf denen er steht. Der Anspruch, jedes literarische Werk müsse weltanschaulich neutral sein, ist in sich auch schon Ideologie und ich glaube auch nicht, dass du das wirklich so siehst - so etwas kann es letztlich nicht geben, denn Menschen und all ihre Werke sind subjektiv und auch die Wissenschaft ist dem unterworfen.
Ob einem der katholische Schlüssel nun zum Verständnis hilft oder nicht, ist die eine Frage. Zu behaupten, der Autor hätte diesen nicht im Sinn, eine andere. Ihn zu disqualifizieren falls es so ist, finde ich ungerecht, vor allem da er mitnichten einfach nur religiöse Phrasen drischt. Ich habe gar nichts dagegen, wenn man mir schlüssig zeigt, wie das Gedicht aus z.B. buddhistischer oder atheistischer Perspektive aufgefasst werden kann, allerdings scheint das ja nicht so ohne weiteres zu gehen.
Nun wie auch immer. Mir würde es gefallen, wenn wir uns weiterhin keine gegenseitigen Missionsabsichten unterstellen und wir dennoch beide frei über das sprechen können, was uns betrifft: du, dass der Autor (salopp gesagt) sein Handwerk nicht versteht (und auch warum) und ich, dass mir der Text etwas sagt und vor allem einmal gesagt hat, was mir bis heute viel bedeutet.