Die letzten Wochen aber insbesondere die letzten Tage haben allen aus der Gruppe viel abverlangt. Die ständige Kälte, der Schlafmangel, die weiten Strecken, die sie gehen und reiten mussten und dabei immer sparsam auf ihre Vorräte achten. Der Kampf mit den Orks, die toten Wölfe, all die Gefahren des Gebirges stecken allen noch in den Knochen. Sie sind erschöpft, müde und ausgelaugt, dennoch können sie sich keine lange Rast gönnen und müssen immer auf der Hut sein. Dann tauchen auch noch mitten im Nirgendwo plötzlich ein Fremder auf und kaum haben sie Zeit sich mit all den Fragen zur Sicherheit zu beschäftigen. Nur die wenigsten sind es gewohnt so lange auf jegliche Bequemlichkeit verzichten zu müssen und körperlich so viel zu leisten. Nala lässt es sich nicht anmerken, doch hat sie viele ihrer Energiereserven aufgebraucht und ist dünn unter den vielen Schichten Kleidung geworden. Die Gruppe und Waenhils Fürsorge richten sie dennoch jeden Morgen auf und lassen sie immer weiter machen, auch wenn sie manchmal das Gefühl hat mit dem Rest nicht mehr mithalten zu können.
Und inmitten dieser schweren Zeit zeigt sich auf einmal der sonst so besonnene und verlässliche Gror von einer Seite, die Nala erschüttert und ihr zu einem gewissen Grad auch Angst macht. Sie hat wie immer zu vorschnell geantwortet und den anderen aus der Gruppe kaum Zeit gegeben ebenfalls zu reagieren und merkt nun wie ihr die ganze Situation zu entgleiten droht. Die ruhigen Worte Waenhils, im versöhnlichen Ton gesprochen, scheinen das Gegenteil bei Gror zu bewirken und mit Schaudern, sieht sie wie er sich von der Gruppe anwendet.
„Gror!“ ruft sie laut aus und ihre kleinen Hände sind zu Fäusten geballt. „Was ist in dich gefahren? Du verhältst dich als wärest du von einem bösen Geist besessen. All die schlimmen Vorwürfe die du uns machst, doch als Otbert kam, was hast du getan? Nichts! Als der Fremde kam, was hast du getan? Nichts! Und als Otbert wieder aufbrach, was hast du da getan? Nichts! Und nun willst du das gleiche noch einmal tun: nichts! Du willst weggehen und unsere Gruppe einfach auf einem Berg mitten im Winter alleine lassen. Ich kann einfach nicht glauben, dass du das tun willst! Du hast immer zu uns gehalten, wir haben als Gruppe alle Gefahren gemeistert und Hindernisse überwunden und nun willst du uns den Rücken zukehren!“ Nala ist während sie redet viel emotionaler geworden als sie eigentlich wollte und rennt nun einfach zu Gror, um ihn noch vor seinem Reittier abzufangen. Ihre Gestalt wirkt in sich zusammengesunken, die Schultern hängen kraftlos herab und ihre Finger zittern sacht. Sie weiß sie kann ihn nicht aufhalten, wenn er wirklich gehen will, doch sie möchte ihn nicht verlieren. Er ist ein guter Reisegefährte, seine Erfahrung und sein Wissen bringen der Gruppe großen Nutzen und seine Axt hat schon viele Feinde niedergestreckt. Doch mehr als das erinnert sich Nala an die guten Zeiten ihrer Reise, als er in den ruhigen Abendstunden angefangen hat ihr Ratschläge zu geben und ihr Dinge beizubringen, die viele Männer einer Frau nicht zeigen würden. Selbst in den Momenten, wenn sie nur schweigend gemeinsam am Feuer saßen, hat er immer eine unerschütterliche Ruhe ausgestrahlt, die die junge Frau nicht missen will. „Du kannst nicht gehen…du hast mir doch versprochen mir den Umgang mit einem Dolch beizubringen!“ sagt sie leise, nur für ihn bestimmt und Tränen stehen in ihren Augen als sie ihn bittend ansieht.