Ein -ist ist meistens der Anhänger eines -ismus.
Der Konstruktivismus, eng verwandt mit Relativismus, Postmodernismus und der Dekonstruktion (so widersprüchlich das klingt) bezieht sich auf eine Weltanschauung, nach der alle menschliche Wahrnehmung durch kulturelle Prägung bedingt ist. Gesellschaften erarbeiten sich im sozialen Diskurs über Generationen hinweg einen Katalog von Regeln und Werten, halten diesen dann aber gerne für die natürlich gegebene Ordnung. Da die Völker der Erde die verschiedensten Wertsysteme konstruïeren, erkennt der Konstruktivismus keine Universaliën an. Jede Kultur und eigentlich jeder Mensch hat eine eigene Wahrheit. In diesem Axiom, das Axiome generell verneinen möchte, liegt dann auch der innere Widerspruch des K.
Tolkien war praktizierender Katholik. Er hat in vielen seiner Briefe deutlich gemacht, daß Gott und die Auferstehung Jesu für ihn absolute Realität sind. Diese Haltung ist nur schwer mit dem Konstruktivismus vereinbar.
Bauleiter, Architekten und Ingenieure konstruïeren ihr ganzes Berufsleben lang, sind deswegen aber noch lange keine Konstruktivisten. Ebenso machen seine erfundenen Sprachen Tolkien vielleicht zum Konstrukteur, aber nicht zum Konstruktivisten. Es geht hier nicht um die Tätigkeit, sondern um das Bekenntnis zur Theorie.
„Aber ist das denn nicht normal, daß der der Leser aus den Infos im Text beim Lesen in seinem Kopf Bilder konstruïert, eine Vorstellung entwickelt von Welt und Personen?“
Das impliziert, daß die konstruktivistische Denkweise unnormal ist. Tatsächlich scheint es so zu sein, daß uns konstruktivistische Prozesse im Bereich von Kunst und Phantasie viel plausibler oder natürlicher (sic!) erscheinen, als auf anderen Gebieten.
Interessant ist die Bemerkung außerdem, da der Radikale Konstruktivismus nicht nur allgemeingültige Deutungen der Phänomene, sondern darüber hinaus auch die Universalität der Phänomene als physikalische Reize verneint. Übertragen auf die konstruktivistische Mode der Literaturwissenschaft hieße das, daß ein radikal konstruktivistischer Literaturwissenschaftler davon ausgehen müßte, daß in jedem einzelnen Exemplar eines Werkes ein anderer Text steht.
Aber Alsa hat schon Recht: Interessant ist das für Konstruktivismus und Literaturwissenschaft – nicht unbedingt für unsere Diskussion.