Wie ermüdend. Das hatten wir doch alles schon.
Die christliche Religion hat in Europa Sexualität zu keiner Zeit geleugnet: Sie hat Keuschheit gefeiërt und damit Sexualität zum zentralen Thema gemacht. Am Titel „Jungfrau Maria“ sehen wir sehr schön, daß Sexualität sogar in der Anrede der Göttlichen sichtbar sein darf.
Die negative Thematisierung von Sexualität fehlt aber bei Tolkien genauso wie die positive. Anders als im irdischen Mittelalter kann man sich in Tolkiens Welt nicht durch Keuschheit profilieren. Nirgendwo im Legendarium fällt eine Person durch den Verzicht auf Sex positiv auf. In unserer Welt wurde man dafür ganz gerne mal heiliggesprochen.
Darum hat man in diesem Thread Wolfgang Krege beigepflichtet, der in seinem umstrittenen Handbuch der Weisen behauptet, daß Trieb bei den Elben keine Rolle spielt. Falls es Sex in Mittelerde gibt, ist er weitgehend amoralisch, wie der Metabolismus oder der Geruchsinn. Er birgt keinerlei Versuchung oder Kontrollverlust und hat daher keine narrative Bedeutung. Abstinenz ist in Mittelerde so egal wie lange die Luft anhalten können in unserer Welt.
Tatsächlich kann man Elben nicht vergewaltigen. Höchstens ihre Leichen. In „Laws and Customs among the Eldar“ berichtet Tolkien, daß sich im hypothetischen Fall von nicht einvernehmlichen Sex der Geist vom Körper trennt.
Alle anderen Beispiele, die Aredheldaedraugh hier aufzählt, lassen sich auch im August 2019 immer noch problemlos durch andere psychologische Motive erklären. Ist doch klar, daß alle scharf auf Tinúviël sind: Das Mädchen ist Erbin des wichtigsten Eldar-Reiches ihrer Generation. Dasselbe gilt für Idril.
Machtgier ist ein zentrales Motiv bei Tolkien. Macht erklärt fast alles in Eä. Daneben gibt es Stolz, Rache, Narzißmus, Verlustängste, Liebe, etc.
Wirklich niemand in Mittelerde braucht Sex. Auch wir Interpreten nicht.