Ich selber komme von der Literaturwissenschaft her.
Was bedeutet, dass ich Tolkien im Prinzip wie jeden anderen literarischen Schriftsteller untersuche.
Da gibt es natürlich auch verschiedene Methoden, und ich habe mich selber da auch entwickelt.
Die eine Methode, die ich als Basis aber immer noch benutze, ist die werkimmanente. Sie untersucht die Struktur des Werkes.
Dann gibt es die rezeptionsästhetische Methode, die ich in meinem Beispiel vom "Du kannst hier nicht vorbei" benutzt habe.
Die Hauptaussage der Rezeptionsästhetik ist:
ein literarisch wertvolles Werk ist vielschichtig, und jede Generation entdeckt neue Schichten.
Je länger das Werk interessant bleibt und immer wieder Neues entdecken lässt, desto qualitativer sei es.
Es gibt ein Bonmot, das ungefähr so lautet: je näher dran ein Autor an seiner politischen Situation ist und darüber schreibt, desto schneller veraltet er.
Daraus kann man als Umkehrschluss sagen:
Je vielschichtiger ein Autor von Anfang an sein Werk anlegt, desto länger kann er - auch viele Jahrhunderte lang - aktuell bleiben. Weil eben jede Generation eine andere Komponente für sich selber aktualisieren kann.
Das von Dir oben erwähnte Buch kenne ich zwar nicht, aber ich kenne einige Autoren davon und habe anderes von ihnen gelesen. Vielleicht werde ich es mal kaufen, damit ich Bescheid weiß.
Als Weltenbauer sehe ich Tolkien übrigens nicht. Jeder literarische Schriftsteller baut sich seine literarische Welt - egal, ob es eine phantastische oder schein-realistische ist.