Ich wollte noch kurz auf das oben Zitierte eingehen:
Deine Methode, den Buchtext gründlich - und so objektiv wie möglich - zu analysieren, empfinde ich als Segen. Nur so können wir Tolkien gerecht zu werden suchen. Das führt zwar zu etwas längeren Beiträgen, aber langweilig sind die nicht - und wer sich wirklich für eine faire Einschätzung Tolkiens interessiert, wird das auch gerne lesen.
Bei der Auswertung des Analysierten werden wir hier Beteiligten möglicherweise hie und da unterschiedlicher Meinung sein.
Um das Lesen zu erleichtern, sollten wir vielleicht immer mal wieder ein zusammenfassendes Zwischenfazit einfügen und dieses irgendwie drucktecnisch von dem Normaltext abheben.
Jetzt zu Deinem Text von heute:
Wir haben ja immer das Problem, dass - erzähltechnisch gesehen - solche Schilderungen von fiktiven Augenzeugen oder Chronisten gemacht wurden, also wenig bis gar nichts über Tolkiens Rassismus aussagen.
Allerdings gibt es dann doch einen Weg - meine ich herausgefunden zu haben -, um Tolkiens Intention herauszufinden:
indem man die story selber ins Auge fasst. Vor allem, wie der Autor - in dem Fall also wirklich Tolkien - die Personen oder Völker enden lässt, und wer eventuell daran die Schuld trägt.
So ist mir in den letzten Tagen wirklich erstmalig ganz klar geworden, dass in der story selber an dem unseligen Ende der Numenorer Eru schuld ist. Dass Tolkien die Figur so gebaut hat, dass nur er dafür verantwortlich sein kann:
Eru hat Personen, die sich im Kampf gegen Orks etc. stark eingesetzt haben, ausgewählt, ihnen ein langes Leben beschert - mehrere hundert Jahre konnten sie alt werden - und ihnen einen hohen Körperwuchs geschenkt:
also er hat in deren Gene eingegriffen und sie von den Genen anderer Menschen abgehoben.
Ergebnis: Diese genenmäßig so umgepolten Menschen wollten nun nicht nur ein paar hundert Jahre alt werden, sondern überhaupt nicht mehr sterben. Sie bestürmten mit Waffengewalt Aman, um Eru die Unsterblichkeit abzutrotzen.
Daraufhin vernichtet Eru diese Menschen und ihren Wohnort, die er extra für sie geschaffen hat (Numenor).
Eru also hat einen grundlegenden Fehler gemacht, indem er eine neue Rasse mit bisher unbekannten Genen erschuf und nicht bedachte, was daraus folgen konnte.
Diesen Fehler hat Tolkien selber in seine Geschichte eingebaut. Dieser Gott der Elben ist also fehlerhaft, und er spielt danach in Mittelerde quasi keine Rolle mehr, er versteckt sich.
Was kann uns das sagen?
Die story selber erzählt uns, dass Gandalf - ein Maia, quasi ein Untergott - und Ulmo - ebenfalls ein Untergott, wenn auch mächtiger als Gandalf -. die Initiative ergreifen und Melkor und Sauron - beide auch von Eru erschaffen - zusammen mit Mittelerdebewohnern bekämpfen.
An ihrer Seite sind auch Galadriel etc., die aber irgendwann - inklusive Gandalf - Mittelerde verlassen und die Bevölkerung Mittelerdes sich selber überlassen.
Was aber übrig bleibt, ist die Idee, aus eigener Kraft das Destruktive in sich selber zu überwinden.
Sam schafft das. Er, den Elrond bei der Auswahl der Gefährten ursprünglich übersehen hat, überwindet in sich selber Machtgelüste, Frodo nimmt nie wieder eine Waffe in die Hand. Merry und Pippin schleppen aus Bruchtal uralte Chroniken ins Auenland, sodass man in der dort neuerbauten Bibliothek studieren kann, welche Fehler in der Vergangenheit gemacht wurden.
Das ist - meines Erachtens - Tolkiens Beitrag dazu, wie in der Nach-Rassismus-Zeit seiner eigenen Welt ein Neuanfang gemacht werden kann.