Ich möchte jetzt dann doch auf das, was Du hier angedeutet hast - "vom Klang her" - noch ein wenig vertiefen, bevor ich auf die Briefe eingehe. Denn -Tolkien schreibt in English and Welsh so einiges dazu. Und das scheint mir insgesamt für sein Werk aufschlussreich.
'vom Klang her' - das nennt Tolkien in dem Essay des Öfteren "ästhetisch" oder sogar "Kunst". ->
Auf Seite 190 befindet sich ein ganzer Absatz, den ich in diesem Zusammenhang zentral finde, der aber für mich zu lang zum Abtippen ist.
Darum greife ich das - für mich - Wesentliche auf Deutsch heraus:
Das Basisvergnügen an den phonetischen Elementen einer Sprache - also an den Lauten -, an dem Stil ihrer Struktur und, in einer höheren Dimension, die Assoziaton dieser Wortformen an Bedeutungen sei von fundamentaler Bedeutung.
Das sei nicht dasselbe wie das analytische Verstehen einer Struktur. Es sei einfacher, tiefer gewurzelt und dennoch unmittelbarer als das Vergnügen an dichterischer Literatur.
Auch wenn es mit den Elementen von Versen verbunden sein mag - es bedarf keiner Poeten, außer den namenlosen Künstlern, die die Sprache komponiert/hergestellt haben.
Auf Seite 192 erwähnt er das Finnische, das ihn von allen ihm bekannten Sprachen fast am meisten überwältigt hat.
Ich möchte da mal ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung bringen:
Es gibt im Finnischen das Wort "illalla". Es ist von "ilta" - der Abend - abgeleitet und heißt "am Abend".
Im Finnischen werden zwei "ll" wirklich wie zwei ll ausgesprochen - nicht wie bei unserem "Keller", wo das zweifache ll nur das davorstehende "e" verändert, ansonsten aber wie ein einziges l ausgesprochen wird.
Im Finnischen aber bleibt die Zunge, wenn sie für das Aussprechen des ll am Gaumen angelangt ist, da für zwei ll stehen - und gleich danach dann noch einmal, weil "Illalla" ja zweimal das Doppe-ll hat.
Ich habe das auf einer finnischen Bühne oft gehört, war oft in dieser Vorstellung. Und habe mich immer auf dieses illalla gefreut: es klang rhythmisiert und fast gesungen.
Möglicherweise meint Tolkien das, wenn er die Komposition von Lauten quasi als Produkt eines Künstlers wahrnimmt.
Im Deutschen ist mir dergleichen, bis auf eine Ausnahme, nie begegnet.
Begegnet ist mir das nur bei dem Wort "Gneis". Da war ich noch sehr jung, und ich habe das Wort oft ausgesprochen, weil es für mich irgendeinen Zauber hatte. Vielleicht auch, weil das Deutsche die Kombination von g und n hintereinander normal gar nicht hat.
Vorgestern habe ich irgendwo bei Tolkien gelesen - und ich finde es zum Kuckuck nicht wieder -, dass jede Sprache, außer als Kommunikation zu dienen, eben auch als ästhetisches Gebilde im Hintergrund steht.
Und es sei wichtig, dass man diesen ästhetischen Hintergrund ebenfalls erfasse.
Ich hab mal in einer Jugendherberge stundenlang an einem Tisch gesessen, wo nur Holländisch gesprochen wurde. Verstehen konnte ich fast nichts. Aber von dem Duktus dieser Sprache war ich wie gebannt - ob Tolkien so etwas meinte?