Dass Tauriel als neuer Charakter eingeführt, "dazu erfunden" wurde, stimmt natürlich. Aber so etwas muss ja keineswegs ein Fehler sein. Ein Film erzählt seine Geschichte nun einmal mit anderen Mitteln als ein Buch, selbst dann wenn es eine Buchverfilmung ist, da kann es schon sinnvoll und manchmal sogar notwendig sein zusätzliche Charaktere einzuführen.
Dass hier bewusst ein weiblicher Charakter neu eingefügt wurde, damit das junge weibliche Publikum mehr Identifikationsmöglichkeiten hat, das kann durchaus auch zutreffen. Tauriel als "Quotenfrau" also. Aber auch das muss ja nun nicht unbedingt gegen sie sprechen, auch aus dieser Situation heraus kann man eine gelungene Figur erfinden.
Für die Handlung hat Tauriel keine grundlegende Bedeutung, naheliegenderweise, als dazu erfundene Figur. Trotzdem hatte ich beim ersten Sehen zunächst den Eindruck dass die Rolle Sinn macht. Die "Hobbit"-Filme stellen die Elben ja sowieso ausführlicher und differenzierter dar als das Buch, allein schon dadurch dass der Weiße Rat und Galadriel mit einbezogen werden. Wir begegnen hier, anders als im Buch, sehr unterschiedlichen Elben-Charakteren, und da bringt Tauriel eine weitere Variante mit ins Spiel. Sie wirkt zunächst einmal für eine Elbin relativ jung und relativ emotional, und sie zeigt Interesse für das was jenseits ihrer abgeschlossenen elbischen Welt vorgeht. Sie ist besorgt wegen der mächtiger werdenden dunklen Kreaturen im Wald. Und das ist eine wirklich schöne Szene: sie redet mit dem gefangenen Kili, sie versucht sich ein Bild von diesem Wesen aus einer völlig anderen Kultur zu machen.
Bis dahin dachte ich noch, das ist eine gute Erfindung, die Rolle funktioniert. Aber danach geht es für meine Begriffe leider immer mehr bergab. Ganz schlimm fand ich es dann zum ersten Mal in der Heilungsszene. Auch ganz abgesehen davon dass in Tolkiens Texten Athelas ein vollkommen unbedeutendes Kraut ist es sei denn der rechtmäßige König von Gondor wendet es an (daran wird Aragorn im Buch "Herr der Ringe" erkannt!): Ich fand dieses Leuchten und Singen schlicht lächerlich. Und von da an kommt natürlich auch das ins Spiel was viele Fans befürchtet haben. Wir kriegen eine Liebesgeschichte serviert. Nun wäre natürlich auch das machbar gewesen, eine Elben-Zwerg-Liebesgeschichte wäre sicherlich ein interessantes Thema. Aber um so etwas überzeugend hinzukriegen würde es viel mehr Zeit brauchen, und die Zeit dafür war natürlich nicht vorhanden weil es in diesem Film nun einmal um völlig andere Themen geht. Das Ergebnis ist dann leider dass zum Beispiel der Abschiedsdialog am Seeufer sich anhört wie leicht missglückte Fanfiction. Und was danach noch kommt wirkt auf mich leider auch nicht anders. Subjektiv, natürlich, aber ich kann mit der Entwicklung der Rolle gerade im letzten Film leider überhaupt nichts anfangen.