Ich stimme dir zu, dass es heutzutage leichter ist, in einer Blase aus gleicher Meinung zu leben.
Dieses Phänomen der Zunahme von Verschwörungstheoretiker, Flacherdlern, Echsenmenschen-Gläubigen, Chemtrailern und Esoterikern hat meines Erachtens aber weniger mit Meinung, sondern mehr mit Glauben zu tun. Dazu kommt ein tiefes Bedürfnis einer Gruppe anzugehören, die "auserwählt" ist, die alles durchschaut und "aufgewacht" ist, besser informiert und erleuchteter als die tumbe Restmenschheit.
Früher, also vor ein paar hundert Jahren, wurde dieses Bedürfnis von der Kirche aufgefangen. Man war auserwählt, vom ewigen Leben zu kosten. Man durchschaute die Ursachen von Katastrophen (weil Gottes Strafe) und man konnte auf diese Ereignisse sogar adäquat reagieren, also handeln statt passiv alles hinzunehmen (man betete und büßte). Man war besser als die Heiden und Ketzer und Hexen und Sünder.
Jetzt hat die Kirche ihre Anziehungskraft verloren und man sucht sich eine neue Gruppe mit deren erleuchteten Mitgliedern man sich zusammen schließen kann. Ich habe mal eine Studie gelesen im Studium (Leider kann mich nicht mehr erinnern, welche das war, sorry) in der man untersucht hatte, ob ein Hineinrutschen in eine rechtsradikale oder radikalmuslimische Gruppe von der politischen Gesinnung abhängig ist. Und man fand heraus, dass es relativ wenig mit der politischen Einstellung zu tun hat. Die meisten Menschen/Jugendlichen, die in diese kreise gerieten, waren verunsichert, haltlos, einsam und ausgeschlossen. Die Gruppe gab ihnen Halt und erst nach und nach rutschten sie auch mit ihrer Gesinnung in die vorgegebenen Bahnen um dazuzugehören, bis sie irgendwann tatsächlich davon überzeugt waren.