"Ich glaube das war lang genug" find' ich gut. Lange Beiträge sind doch toll, auf die lässt sich viel besser antworten als auf einen einzelnen Satz. Aber, trotzdem und ganz ehrlich: ich habe auch nicht den ganzen Thread gelesen, obwohl ich seit ich hier bin doch sogar eine ganze Menge drin geschrieben habe.
Und eins stimmt ja auf alle Fälle: in Tolkiens Welt gibt es etwas, was in der realen Welt nicht existiert. In der realen Welt sind die Menschen die einzige hochintelligente Art. In Tolkiens Welt gibt es auch andere Arten mit vergleichbarer Intelligenz: Elben, Zwerge, Hobbits und so weiter, und die unterscheiden sich doch schon recht deutlich voneinander, Das ist eine Situation die man eben mit unserer Realität nicht wirklich vergleichen kann.
Und noch eins stimmt auf alle Fälle: wenn sich da irgendeine Romanfigur in irgendeinem Zusammenhang rassistisch äußert, dann kann das auch einfach der Charakterisierung dieser Romanfigur dienen und muss keineswegs die Meinung des Autors wiedergeben.
Außerdem ist "Rassismus" ja ohnehin ein schwieriger Begriff. Denn der bedeutet ja zweierlei. Erst einmal gibt es diesen unübersehbaren Geradeaus-Rassismus: Wir sind aber besser als die da draußen, von überlegener Intelligenz, von besserem Charakter, von reinerem Blut, oder was auch immer. Der ist deutlich sichtbar, den nicht wahrzunehmen erfordert schon eine gewisse Anstrengung. Und dann gibt es eine Art von Rassismus, die viel verbreiteter ist und viel unauffälliger. Manchmal wird das als "struktureller Rassismus" bezeichnet. Da geht es einfach darum dass man bestimmten Gruppen bestimmte Eigenschaften zuordnet, die nicht einmal schlecht sein müssen: die sind alle so temperamentvoll, die sind gute Seefahrer, die sind viel spontaner als wir, was auch immer. Und genau da wird es kritisch. Denn erstens sind "die da" nicht alle gleich. Und zweitens entstehen in diesem Zusammenhang die meisten von denjenigen Äußerungen die dann als beleidigend empfunden werden obwohl sie wahrscheinlich gar nicht so gemeint waren. "Deine Hautfarbe spielt doch keine Rolle wenn du bei der Polizei arbeiten willst", das stimmt natürlich im Prinzip; aber dass man diese Tatsache überhaupt ausdrücklich erwähnt besagt ja schon dass man da eben doch ein Problem wahrnimmt, und deshalb kann ein solcher gut gemeinter Satz für Betroffene durchaus eine Kränkung darstellen. Leute die selbst niemals von Ausgrenzung in irgendeiner Form betroffen waren sind oft erstaunlich fantasielos darin wie ihre Äußerungen auf Betroffene wirken können.
Also, war Tolkien rassistisch? Im Sinne dessen was ich da eben "Geradeaus-Rassismus" genannt habe mit Sicherheit nicht. Aber diese Tendenz bestimmten Völkern und dann sogar noch bestimmten Familien charakteristische Eigenschaften zuzuschreiben, die ist schon recht deutlich vorhanden (wobei du natürlich recht hast dass bei den Familien auch Vorbilder und Erziehung eine Rolle spielen könnten). Das sind allerdings Anschauungen die für die Zeit in der Tolkien schrieb ja durchaus noch typisch und gewissermaßen normal waren. Und Tolkien war sicherlich kein Typ der den Normen seiner Zeit sonderlich kritisch gegenüberstand. Und so sehr mich auch seine perfekt konstruierte Welt beeindruckt: die Weltanschauung dahinter stört mich schon ein bisschen.