Das Thema "Mithril" ist auch interessant. In den bisherigen Folgen ist das nicht - wie in der Vorlage - "einfach" nur ein Metall mit besonderen Eigenschaften (v.a. sehr leicht und gleichzeitig hart und widerstandsfähig und entwickelt nicht wie normales Silber eine Patina), In der Serie werden hierzu noch mystische Eigenschaften addiert, welche das Schwinden der Elben aufhalten können. Damit dies funktioniert, wird noch die legendäre Geschichte mit dem Elbenkrieger, Silmaril-Licht und Balrog erfunden. Letzteres (also das Hinzufügen eigener Ideen) ist angesichts des sehr groben Rahmens der Vorlage natürlich notwendig, nur stellt man sich die Frage, wozu diese konkrete Entscheidung?
Mit dem bisherigen Kenntnisstand (d.h. der ersten Staffel) ist es klar, da hier nur das Mithril die Kraft/Macht hat, das Schwinden der Elben aufzuhalten. Hieraus ergibt sich die Motivation Gil-galads (zusammen mit Celebrimbor), den ahnungslosen Elrond zu benutzen um von den Zwergen das benötigte Mithril zu bekommen. Im Grunde also eine Manipulationsgeschichte, die Gil-galad und Celebrimbor erst zugeben, als dieser Plan A fast gescheitert ist.
In der Vorlage sind die Dinge - natürlich(?) - komplett andersherum: Weil sich herumgesprochen hat, daß in Khazad-dûm Mithril gefunden wurde, siedeln sich einige Noldor aus Lindon (inkl. der Elbenschmiede) überhaupt erst in Eregion (was in der Nähe der Zwergenstadt liegt) an und begründen eine enge Freundschaft mit Durins Volk. Mithril ist hier ein begehrter Werkstoff, den die Zwerge - wahrscheinlich zu einem für sie selber sehr guten Preis - liefern und so Celebrimbor & Co ein einzigartiges Rohmaterial für Metallarbeiten aller Art zur Verfügung steht. Außer den bereits oben genannten hervorstechenden Eigenschaften hat Mithril aber nichts besonderes an sich.
Warum die Entscheidung zur Veränderung in der Serie getroffen wurde, wissen wir alle nicht und können nur mehr oder minder gut mutmaßen. Im Serienkanon kann diese Neuschöpfung hilfreich sein, da es die Zusammenhänge vereinfacht, dem Mithril noch einen Bedeutungsgewinn gibt, eine Begründung für dessen Besonderheit liefert und der bereits angesprochenen Zeitkompression entgegenkommt (Eregion wurde im Original Jahrhunderte vor dem Erscheinen Annatars gegründet). Es fügt noch ein bisschen Extra-Drama hinzu, auch wenn m.E. hier etwas sehr dick aufgetragen wird: Jahrhunderte haben die Elben offenbar ohne weiteres in Mittelerde gelebt - on-Screen sind keinerlei Probleme mit Schwinden erkennbar - und jetzt muss ganz plötzlich innerhalb weniger Monate die Rettung in Form eines Mithrilgegenstandes (oder mehrer) her, weil es sonst um die Elben geschehen sei. Da dies alles nur erzählt - aber nirgends gezeigt - wird, wirkt es m.E. doch ziemlich aufgesetzt um hier eine besondere Bedrohung und Motivation aufzubauen. Aufgrund des Fehlens sichtbarer Effekte verpufft das Ganze für mich als ziemlich konstruiert und unglaubwürdig (d.h. schlechtes Drehbuch).