Tolwen Geschrieben 3. Mai 2015 Geschrieben 3. Mai 2015 (bearbeitet) Ich habe da mal eine Frage an die Sindarin-Spezialisten hinsichtlich einer Wortbedeutung. Es geht um Rhovanion, jene geographische Großregion im Nordosten der LotR-Karte, in deren Norden u.a. auch Thal und Erebor liegen.Im Hobbit wird dies ja mit Wilderland (sowohl englisch als auch deutsch) übersetzt und auf der Karte auch so verzeichnet. Die Frage ist jetzt nur, in welchem Sinne dieses "wild" zu verstehen ist. Man kann es ja als "leer, unbewohnt, Wildnis/Natur" interpretieren oder als "unzivilisiert, barbarisch (im Ur-Sinne; s.u.)".Ich habe bereits bei Hiswelókë nachgeschaut, und dort auch keine echte Klarheit (für mich als Nicht-Linguisten) gefunden. Dort finden sich die Sindarinwörter “awarth” (abandonment=unbewohnt sein),”eglan” (forsaken=verlassen sein) or “lost” (empty=leer). Zusätzlich gibt es noch den Eintrag "rhavan" (wild man=wilder Mensch). Letzterer scheint mir den gleichen Wortstamm wie Rhovanion zu enthalten und damit eher in Richtung Rhovanion=Land der wilden Menschen zu gehen. Dies würde aus Sicht des - hypothetisch gondorischen - Kartographen im LotR auch nachvollziehbar sein, da dies die Region der unzivilisierten (aus Sicht der Númenorer) Menschen ist, die nicht Teil des númenorischen Kulturkreises sind. Die realweltliche Analogie wäre die Verwendung des Begriffes "Barbar" (nach Wikipedia bárbaros: wörtlich: Stammler, Stotterer; jemand der nicht griechisch und somit unverständlich spricht), was eben ein Sammelbegriff der antiken Griechen für alle Nicht-Griechen war.Allerdings listet Hiswelókë auch "rhovanion" (wilderness=Wildnis), was ja eher der Bedeutung von leer/unbewohnt nahekommt.Ich bräuchte also eine fundierte Einschätzung, wie die Übersetzung von "wild" in Wilderland/Rhovanion angesichts der linguistischen Analyse am besten zu verstehen ist.EDIT: Ich habe noch etwas gefunden, was aus Parma Eldalamberon #17 stammen soll (habe ich nicht selber). Hier wird auch auf "rhaw" verwiesen. [(PE17 Sindarin Corpus) PE17:78] < S-RAB wild, in the senses 'not tamed, domesticated'; hence often 'fierce, savage, hostile (to Elves and Men)' < RAB astray, wa. Dieses "ungezähmt" und daraus resultierend "wild, primitiv, feindlich gegenüber Elben und (Freien?) Menschen" würde ja auch eher in Richtung der "Barbaren" und wilden Menschen gehen.GrüßeTolwen Bearbeitet 3. Mai 2015 von Tolwen Zitieren
Avor Geschrieben 11. Mai 2015 Geschrieben 11. Mai 2015 (bearbeitet) Du hast die Grundlagen ja selber schon gefunden.Hinzufügen sollte man noch dass das Suffix -ion hier nicht wirklich etwas mit Personen zu tun haben dürfte. Hat also nichts mit der Wurzel YON- aus den Etymologies zu tun. Tolkien verwendet es auch andernorts, um Landstriche zu benennen. (Thargelion, Dorwinion, etc.)Es handelt sich also um ein "wildes", rauhes, nicht kultiviertes Land. Ein Bezug zu eventuellen Bewohnern lässt sich aus etymologischer Sicht nicht erschließen. Bearbeitet 11. Mai 2015 von Avor Zitieren
Tolwen Geschrieben 16. Mai 2015 Autor Geschrieben 16. Mai 2015 (bearbeitet) Du hast die Grundlagen ja selber schon gefunden.Hinzufügen sollte man noch dass das Suffix -ion hier nicht wirklich etwas mit Personen zu tun haben dürfte. Hat also nichts mit der Wurzel YON- aus den Etymologies zu tun. Tolkien verwendet es auch andernorts, um Landstriche zu benennen. (Thargelion, Dorwinion, etc.)Es handelt sich also um ein "wildes", rauhes, nicht kultiviertes Land. Ein Bezug zu eventuellen Bewohnern lässt sich aus etymologischer Sicht nicht erschließen.Hhmm. Da hilft mir die Etymologie dann leidre auch nicht wirklich weiter. Denn das "rauhe, wilde Land" kann in der Bedeutung ja sowas wie "ursprüngliche Wildnis" (=unbewohnt) oder aber auch im Sinne von "rauhe unkultivierte Sitten" (=gefährlich gegenüber Menschen/Elben) sein.Angesichts der Quelle aus PE17 und "rhavan" (wilder Mensch") (von Hisweloke) würde ich insgesamt eher zu den wilden/barbarischen Menschen/Land tendieren als zu der unbewohnten "wilden" Wildnis. Dies würde ich u.a. zusätzlich auch damit begründen, daß die Wörter, die den unbewohnten, leeren Charakter präziser beschreiben (lost, awarth; s.o.) einen gänzlich anderen Wortstamm haben. Oder würde man die nicht in einem beschreibenden geographischen Zusammenhang verwenden?Na ja, womit würden uns denn sonst hier vergnügen wenn es klare und unmißverständliche Antworten gäbe... GrüßeTolwen Bearbeitet 16. Mai 2015 von Tolwen Zitieren
Avor Geschrieben 17. Mai 2015 Geschrieben 17. Mai 2015 Nein, ich denke, dass man hier eher direkt von der Wurzel ausgehen sollte.Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Rhonavnion in irgendeiner Weise von rhavan abgeleitet sein könnte. Vielmehr stammen beide Wörter von der gemeinsamen Wurzel S-RAB- 'not domesticated', 'wild' ab, die in dem Eintrag oben aus der PE17 genannt wird. Die Wortbestandteile von Rhovanion sind also wörtlich 'ungezähmt + Landstrich/Gegend'. Und wir sprechen ja auch im Deutschen von "ungezähmter" Natur, wenn es um Nicht-Kulturlandschaft oder eben Wildnis (sic!) geht.Auch Wildnis kann "lebensfeindlich", "wild" und "ungezähmt" gegenüber Menschen (und Elben ) sein, in Tolkiens Erklärung zur Wurzel ist deshalb auch nicht die Rede von Personen, sondern von der Natur selbst. Aber natürlich können sich auch Menschen so verhalten, deshalb auch das Wort rhavan. Zitieren
Tolwen Geschrieben 17. Mai 2015 Autor Geschrieben 17. Mai 2015 Vielen Dank für diesen Hinweis Avor. Damit bliebe noch eine weitergehende Frage, doch die ist wohl nicht linguistisch zu klären.Wann genau wurde dieser Begriff geprägt? Dies betrifft sowohl die innerweltliche Begriffsbildung (also wann hat der hypothetische Kartograph oder sonstige Person(en) diesen Begriff geprägt?) als auch die "externe" Sicht: Wo taucht dieser Begriff erstmals in Tolkiens Werk auf?Letzteres kann ja wie so häufig ein Artefakt sein: Er hat den Landstrich im Hobbit eben Wilderland genannt, und musste dies später halt später auch in die HdR-Logik einbauen und damit umgehen. Ersteres stellt die Frage nach dem Bennener. Streng genommen nennt er ja nur den nordwestlichen Teil (auf der Hobbit-Karte zu sehen) so....Ich reite da so darauf herum, weil in Tolkiens Geschichten diese Region ja alles andere als unbewohnt war (zumindest im 3. ZA): Erst gab es hier Angriffe durch Ostlinge, dann haben die Nordmenschen (Vorfahren der Rohirrim) hier lange gelebt und geherrscht, später dann noch zusätzlich zahlreiche weitere Ostlinge (Wagenfahrer, Balchoth). Wie kommt man dann darauf, daß dieses Land wild und ungezähmt (=unbewohnte Natur) sei? Aber das verlässt dann wirklich die linguistischen Kreise...GrüßeTolwen Zitieren
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