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FanFiction: Ithilien Suicide


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Geschrieben

Titel: Ithilien Suicide

Personen: Boromir, Faramir und eine Überraschung

Disclaimer: Weder Boromir noch Faramir gehören mir (leider). Auch Denethor, Mittelerde und Ithilien gehören Tolkien :anbet:

Ich verdiene kein Geld, damit dass ich des schreibe. Alles nur zum Spass.

Ein langer Tag ging zu Ende. Boromir war regelrecht ausgebrannt. Er hätte nie gedacht, dass die Arbeit seines Bruders so anstrengend war. Waldläufer in Ithilien zu sein war keine leichte Aufgabe. Immer wachsam sein, ein falscher Schritt konnte fatale Folgen haben. Doch in Faramirs Händen war das Waldland an der Ostgrenze Gondors sicher aufgehoben. Eigentlich verdiente der jüngere Sohn den Respekt seines Vaters. Auch Boromir wusste das, alle wussten es. Nur Denethor selbst konnte das nicht einsehen. Der Gondorianer seufzte.

Er war nach Ithilien gekommen, um einmal den Zwist mit seinem Vater zu vergessen. Doch selbst hier holte ihn dieser alberne Konflikt ein.

Er hoffte wenigsten nicht davon zu träumen. Manchmal war er in seinem Zimmer in Minas Tirith mitten in der Nacht schweißgebadet aufgewacht, verwirrt von den Bildern in seinem Kopf. Zu seinem Glück fiel er, kurz nachdem er sich auf sein spartanisches Feldbett gelegt hatte, in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Am nächsten Morgen wurde Boromir etwas unsanft von seinem Bruder geweckt.

„Hey, aufwachen du Schlafmütze!“ hörte er Faramir wie aus weiter Ferne rufen. Erst als er einen Schwall Wasser ins Gesicht bekam, wurde er vollends munter. Ein bisschen wütend auf seinen kleinen Bruder blickte Boromir nach oben. Da stand Faramir, schon komplett in seiner Waldläuferkluft.

„Wie schaffst du es jeden Morgen so gut gelaunt zu sein?“ fragte ihn Boromir mit noch kratziger Stimme. Faramir hob die Schultern. „Keine Ahnung. Gewöhnung.“ mutmaßte er.

„Jetzt steh auf und mach dich fertig. Ich will dir etwas zeigen.“

Trotz seiner Müdigkeit gelang es Boromir sich innerhalb von kürzester Zeit bereit zum Aufbruch zu machen. Die beiden Brüder verließen nur mit ihren Dolchen bewaffnet den Henneth Annun und liefen eine Weile schweigend durch den Wald. In der Nacht hatte es geregnet und die frische Morgenluft belebte Boromirs Geist und schärfte seine Sinne. Er glaubte das Geheimnis der Waldläufer entdeckt zu haben. Nicht das jahrelange Training oder die Veranlagung war es, die sie so stark machten, der Wald selbst schien die Quelle der Energie zu sein. Man musste nur wissen wie man sie nutzte.

Nach einer halben Stunde Fußmarsch erreichten Faramir und Boromir eine kleine Lichtung.

„Wir sind da.“ verkündete der Jüngere. Boromir schaute verwirrt drein. An der Lichtung war nichts besonderes. Sie hatte einen Durchmesser von rund 10 Metern, war mit Gras und Moos bewachsen. An der Nordseite lag ein Findling. Und davor...

Ja, das war eindeutig ein kleines Lager, obwohl es eher wie eine Kuhle aussah.

„Wer hat da geschlafen?“ Boromir war misstrauisch geworden.

„Ich weiß es nicht. Gestern abend fiel mir der Rauch auf, der aus dieser Richtung kam. Ich fragte herum, aber keiner meiner Waldläufer ist momentan allein unterwegs. Ich werde mir das wohl genauer ansehen müssen.“ Und damit begann er den Boden nach Spuren und anderen Zeichen abzusuchen. Boromir, der kein so guter Fährtenleser war, ging hinüber zu der Kuhle. Ja, das Gras war eindeutig zerdrückt, Da hatte der Fremde gelegen. Aber außer dem Lager und den Resten des Feuers war nichts zu entdecken. Boromir war trotzdem fasziniert von dieser ‚Arbeit’. Vielleicht war der Fremde ein Diener des Feindes in geheimer Mission. Oder etwas vollkommen anderes. Doch trotz der nicht zu leugnenden Anziehungskraft des Waldläufertums bevorzugte Boromir den offenen Kampf. Denn darin war er einer der besten. Ein guter Stratege und Heerführer. Das wusste er. Und manchmal zeigte er es nur allzu offen.

Boromir drehte sich zu seinem Bruder um, der gerade damit fertig war die Spuren auf der Lichtung zu deuten.

„Etwas herausgefunden?“

„Die Abdrücke sind nicht sehr tief und haben das Gras nur wenig zerdrückt. Ich schätze unser Eindringling ist ein Haradhrim.“

„Ein Haradhrim?“ Boromir war entsetzt. Er hatte geahnt, dass ein Diener des Bösen hier herumschlich. Doch ein Südländer? „Was macht der denn hier?“

„Ich habe keine Ahnung.“ entgegnete Faramir. „Vermutlich ist er auf irgendeiner Mission.“

Eindringlich sah er seinen Bruder an.

„Aber es weiß doch niemand, dass ich hier bin oder?“ Boromir war verunsichert. Er bereute es schon fast nach Ithilien gekommen zu sein. Doch Faramir lenkte ihn ab. Er winkte ihn an den Rand der Lichtung: “Sieh dir das an! Unser südländischer Freund war etwas unvorsichtig. Er hat einen Zweig abgeknickt und jetzt wissen wir, dass er nach Norden weitergezogen ist.“

So wanderten die Brüder stundenlang weiter. Von Zeit zu Zeit hielt Faramir inne und betrachtete einige Spuren im Waldboden oder weitere abgeknickte Zweige.

Boromir fühlte sich ein wenig fehl am Platz und verlor langsam das Interesse an der Verfolgungsjagd. Vielleicht war das Waldläufertum doch nichts für ihn. Er begann von Zeit zu Zeit innezuhalten, allerdings fiel das nicht auf, da Faramir oft anhielt um Spuren zu untersuchen.

Trotzdem kam er schneller voran als sein älterer Bruder. Als der Abstand zwischen den beiden auf 20 Meter gewachsen war, wollte Boromir wieder aufschließen um Faramir nicht unnötig zu beunruhigen. Doch plötzlich sprang aus einem Baum eine kleine, maskierte, in rot, schwarz und dreckiges Gold gewandete Gestalt auf den großen Gondorianer zu. Eindeutig ein Haradhrim. Der Südländer traf mit seinen Füssen Boromirs Brust und das mit solcher Wucht, dass der erprobte Krieger nach hinten fiel. Er konnte gerade noch erschrocken aufschreien, als der Haradhrim um seinen eigenen Sturz abzumildern noch einmal von Boromirs Brust absprang und sich hinter ihm geschickt abrollte. Der Südländer drehte sich blitzschnell um und zückte noch während der Bewegung einen Dolch mit gewellter Klinge. Er wollte gerade zustechen, als Faramir, der den Schrei seines Bruders gehört hatte, herbeieilte. Er wurde von dem Haradhrim mit einem Tritt ins Gesicht empfangen. Der Waldläufer war jedoch schnell genug um den Fuß des Angreifers festzuhalten. Doch dieser drückte sich mit seinem anderen Bein vom Boden ab und traf mit seinem ledernen Schuh genau auf Faramirs linke Wange. Der Waldläufer ging zu Boden. Mittlerweile war Boromir wieder zu Kräften gekommen und er zückte ebenfalls seinen Dolch. Zuerst warf der Gondorianer seine Waffe. Das Wurfgeschoss hätte den Kopf des Haradhrim getroffen, doch der beugte seinen Oberkörper nach hinten, so dass der Dolch mit einem hässlichen Geräusch in den Baum hinter Faramir einschlug. Jetzt zielte der Südländer. Und er traf. Zwar nicht Boromirs Kopf, aber der Dolch hinterließ eine üble Wunde in Boromirs Oberarm. Doch er gab noch nicht auf. Auch Faramir wollte wieder angreifen. Der Haradhrim sah sich in die Enge getrieben. Nach einem kurzen Blick nach oben sprang er und hielt sich an dem Ast fest, von dem er sich zuvor auf Boromir gestürzt hatte. Der Südländer spreizte die Beine zum Spagat um beide Köpfe zu erwischen. Wieder traf der Tritt Faramir. Doch der Bruder des Waldläufers hielt den anderen Fuß des Haradhrim fest umklammert. Verzweifelt versuchte dieser sich loszureißen, doch Boromir war zwar nicht so geschickt, aber stärker als der Südländer.

Der Haradhrim wandte wieder eine List an. Er schwang den anderen Fuß zu dem Gondorianer hinüber und trat ihm zwischen die Beine. Boromir krümmte sich vor Schmerzen. Dadurch ließ er natürlich den Fuß des Südländers los. Der Haradhrim sprang wieder auf Boromirs Brust, doch diesmal begann er ihn zu würgen, da der Dolch irgendwo im Unterholz lag. Der starke Gondorianer war am Ende. Dieser kleine Haradhrim hatte es geschafft ihn zu besiegen und würde ihn jetzt töten. Was für ein Abschied. Lieber wäre er in einer Schlacht gestorben, im Kampf für sein Volk. Doch jetzt lag er hier, in Ithilien, weit weg von seinen geliebten Kriegern und wurde von einem Attentäter erwürgt. Langsam schwanden ihm die Sinne

Sein Leben zog an seinen Augen vorbei. Er sah seine Mutter, seinen Vater, seinen Bruder. Sein Bruder! Ein letzter Hoffnungschimmer war noch in seiner Reichweite.

„Faramir!“ Boromir konnte nur noch röcheln, so sehr hatte ihm der Haradhrim schon zugesetzt. Der Gerufene hob den malträtierten Kopf. Als er seinen Bruder erblickte, kehrte die Kraft in seinen Körper zurück. Die pochenden Schmerzen hinter seinen Schläfen spürte er nicht mehr. Jetzt musste sein Bruder gerettet werden. Faramir sprang auf, hechtete nach vorne und zog den Haradhrim an den Füssen von Boromir herunter. Der Gerettete rieb sich am Hals und stand auf. Während der Bewegung nach oben ergriff er die Hände des Südländers und hob ihn mit der Hilfe seines Bruders hoch wie eine Jagdbeute. Doch diese Trophäe wollte sich nicht mit ihrer Niederlage zufrieden geben. Der Haradhrim zappelte und wehrte sich gegen die Hände, die ihn festhielten. Doch die zwei Männer waren stärker als der Haradhrim.

Jetzt, da er die Macht hatte, packte Boromir die kalte Wut. Er würde diesem Südländer zeigen. was es hieß sich mit dem Sohn des Truchsessen von Gondor anzulegen. Voller Zorn trat er gegen den Kopf des Haradhrim, der erschreckt aufstöhnte und dann ohnmächtig wurde. Gerade wollte Boromir dem Bewusstlosen seinen Fuss in den Bauch stossen, als Faramir ihn anfuhr:“Was soll denn das?“

Boromir blickte seinen Bruder verwundert an. Er erlebte es selten, dass seine Handlungsweise in Frage gestellt wurde. Leider hatte er keine Begründung für seinen Wutanfall. Etwas betreten wie ein Kind, das erwischt wird, wenn es etwas verbotenes tut, sah er zu Boden. Unwillig schüttelte er den Kopf und schaute dann zu seinem Bruder.

„Nichts.“ Nach kurzem Schweigen fuhr er fort,“Wir sollten nicht hier bleiben. Hast du eine Idee, wo wir hingehen könnten?“

Faramir sah sich um und dann zum Himmel.

„Er wird dunkel.“stellte er fest.“Um zum Henneth Annun zurückzukehren ist es zu spät. Doch wenn ich mich recht entsinne, ist hier in der Nähe ein verlassenes Versteck der Waldläufer. Soweit ich weiss, hat der Feind es noch nicht entdeckt. Dort könnten wir die Nacht verbringen. Lass uns jetzt erstmal den Haradhrim fesseln., damit wir ihn nicht tragen müssen.“

Faramir löste die kleinen Beutel von dem Lederriemen, der um seinen Oberkörper gewickelt war. Damit fesselte er die Hände des Südlings um dann seinen Gürtel in der von ihm dafür vorgesehenen Schlaufe zu befestigen. So konnte er den Haradhrim einfach hinter sich herziehen. So machten sich die zwei Brüder mit ihrem Gefangenem auf den Weg zum Versteck. Plötzlich hielt Faramir vor einem kleinen Teich mit glasklarem Wasser an. Boromir fühlte sich zum wiederholten Male an diesem seltsamen Tag, als wäre er ein dummes Schulkind, das die einfachsten Ausführungen seines Lehrers nicht versteht. Er wollte Faramir geraden fragen, warum sie hier warteten, als dieser ihm das Ende des Gürtels in die Hand drückte und in den See sprang. Boromir erschrack fürchterlich. Nur seinem kleinen Bruder gelang es immer wieder ihn zu schocken.Vermutlich waren alle Waldläufer so. Mit Interesse beobachtete er wie Faramir auf eine bestimmte Stelle zuzutauchen schien. Dort tastete er den Boden ab und zog etwas beiseite. Dadurch tat sich im am Grund des Teiches eine Öffnung auf, durch die Faramir schwamm und im Dunkeln verschwand. Boromir wusste was zu tun war und sprang, immernoch mit dem Gürtel in der Hand, seinem Buder hinterher. Der Haradhrim hatte das nicht vorausgesehen und wurde ruckartig hinerhergezogen. Mit seinem Gefangenem im Schlepptau schwamm nun auch Boromir durch die Öffnnung, die Faramir von innen wieder verschloss. Dann tauchten die drei auf und atmeten erstmal tief durch. Sie waren in einem unterirdischem See. Gleich ihnen gegenüber befand sich eine Treppe, die aus dem Wasser auf einen Steinvorsprung führte, der sich über die ganze Länge des Sees erstreckte. Mit langsamen Bewegungen, da das Wasser eiskalt war, schwam der seltsame Trupp hinüber. Zitternd stiegen die drei aus dem See.

„Jetzt schnell. Beeilen wir uns, damit wir gleich ein Feuer entzünden können.“ forderte Faramir seinen Bruder auf. Der folgte ihm ohne Zögern und schleifte den Haradhrim, der in seinen vielen, mit Wasser vollgesogenen Gewandschichten nur langsam voran kam, hinter sich her. Nach kurzem Sprint hatten sie eine Tür im Stein erreicht. Die Angeln waren schon ziemlich verrostet und beim Öffnen quietschte sie bedrohlich, doch zum Glück hielt sie der Belastung stand. Dahinter befand sich ein grosser, leerer Raum an dessen Ende sich eine grosse Feuerstelle befand. Faramir begann sofort nach Holz zu suchen und fand es in einem Verschlag. Damit gelang es ihm schnell ein Feuer zu entfachen. Er und Boromir zogen sich bis auf ihre Hosen aus und legten die anderen Sachen zum Trocknen auf den Boden um das Feuer. Dann wandten sie sich dem Haradhrim zu, der in seinen immernoch klatschnassen Sachen entsetzlich fror. Faramir, der ein gutes Herz hatte, wollte dem Haradhrim aus seinem Gewand helfen, doch der sah ihn mit seinen kholumrandeten,dunklen Augen furchterfüllt an.

„Geh weg!“ rief er ihm in Westron zu. Faramir vermutete, dass der Südländer dachte, er wöllte ihn foltern oder dergleichen. Also versuchte er ihn zu beruhigen.

„Nicht aufregen, ich will dir nur helfen. Du musst doch fürchterlich frieren. Komm, zieh deine Sachen aus und lass sie trocknen.“ schlug der Waldläufer vor.

„Nein!“ Der Schrei des Haradhrim klang seltsam hoch und schrill. Faramir seufzte:“ Komm schon, wenn du dein nasses Gewand anbehälst, erkältest du dich. Wenn du stirbst nützt das weder uns noch dir.“

„Wieso sollte es euch nicht nützen, wenn ich sterbe?“ fragte der Südländer misstrauisch.

Jetzt mischte sich Boromir ein: „Komm schon, kleiner Bruder, du merkst doch, der will nicht. Lass uns jetzt mit dem Verhör anfangen.“

„Aber ich habe keine Lust darauf mit einem hustenden Südländer zu Verhandeln.“ protestierte Faramir. Boromir gab nach: „Dann machen wir es so: Ich halte ihn fest und du ziehts ihn aus. In Ordnung?“

Durch diesen unbedachten Vorschlag Boromirs geriet der Haradhrim erst recht in Panik. Erschreckt sprang er auf und wollte zur Tür rennen, doch Faramir hielt ihn fest. „Wir werden dir nichts tun.“ versprach er dem erregten Südländer.“Solange du kooperierst. Lege wenigstens ein paar von deinen Kleidungstücken ab.“

Durch Faramirs sanfte Worte beruhigt, fügte sich der Haradhrim und schälte sich aus einigen seiner Schichten. Die Maskierung behielt er bei.

So konnte das Verhör beginnen.

Boromir hatte einen Tisch und drei Stühle gefunden. Nun sassen an der einen Seite er und Faramir, ihnen gegenüber der Haradhrim.

Der Waldläufer blickte den Deliquenten streng an. Dann begann er zu sprechen: „Ich hoffe du bist dir im klaren darüber, wie verfahren deine Situation ist. Du befindest dich im Niemandsland, einem Kriegsgebiet. Du hast versucht meinen Bruder und zukünftigen Truchsess von Gondor zu ermorden. Dir droht der Tod. Doch trotzdem will ich dir die Chance geben, die Situation aus deiner Sicht zu erläutern. Sprich.“

Boromir schnaubte verächtlich. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten sie den Haradhrim mit einem Stein an den Füssen in den See geworfen. Das Gerede war ihm zuwider. Sie würden den Südländer doch sowieso töten, warum also noch lange herumdiskutieren? Faramir sah das ganz anders. Er wollte wissen, was den Haradhrim hier her gebracht hatte und warum er alleine unterwegs war. Deswegen lauschte er voller Spannung, als der Südländer zögernd zu sprechen begann: „Wir lebten in einer kleinen Hafenstadt an der Mündung des Harnen. Des öfteren legten die Kosaren in unserem Hafen an und verkauften einige ihrer Beutestücke. Das war der Grund, aus dem uns der Truchsess von Gondor ein paar Schiffe vorbeischickte, die unsere Stadt plünderten und niederbrannten. Die Männer töteten sie und die Frauen...“ die Stimme des Südländers versagte. Erinnerungen überfluteten seinen Geist. Er konnte nur noch flüstern.

„Feuer, überall Feuer. Die Schreie der Sterbenden. Die Krieger, die sich an der Panik der Menschen ergötzten. Ist eure Heimatstadt jemals derartig überfallen worden? Würdet ihr die Schuldigen nicht auch hassen? Sie töten wollen? Ich weiss, ihr kämpft jeden Tag um Osgiliath, doch als die Stadt zerstört wurde, ward ihr noch nicht einmal geboren. Ihr kämpft nur für ein Symbol. Ich kämpfe für mein Herz. Ihr glaubt ihr seid im Recht, wenn ihr immer wieder die kleinen Städte der Haradhrim an der Küste überfallt. Wir sind schliesslich die treuesten Anhänger des dunklen Herrschers. Ihr wisst gar nicht wie falsch ihr damit liegt. Was glaubt ihr, warum sich junge Männer dafür entscheiden in den Krieg zu ziehen, der sie ihr Leben kosten wird? Habt ihr jemals darüber nachgedacht, wie verlockend es für arme Fischer ist in das Heer des dunklen Herrschers aufgenommen zu werden? Das ist die einzige Perspektive für uns. Und wenn ihr euer Leben in Armut verbracht hättet und man euch Lügen von Reichtum und Glück erzählen würde, was glaubt ihr, was ihr tun würdet? Würdet ihr so wie jetzt über den Dingen stehen und mit fester Überzeugung sagen: ‚Nein, wir werden dem dunklen Herrscher auf keinen Fall dienen. Er ist böse und unter seiner Herrschaft werden alle leiden’? Zumindest hat Sauron noch keines unserer Dörfer überfallen oder eine unserer Handelskarwanen ausgeraubt.

Nun, wie schon gesagt. Eure Krieger brannten meine Stadt nieder. Damals war ich noch ein Kind, doch die Bilder brannten sich in mein Gedächtnis. Jede Nacht sehe ich immer wieder wie sie meine Mutter schänden.“

Die Augen des Haradhrim füllten sich mit Tränen und auch Faramir fühlte, wie die Trauer in ihm hochstieg. Selbst Boromir schien gerührt zu sein und der spöttische Ausdruck war längst aus seinem Gesicht gewichen.

„Ich konnte mich verstecken und fliehen.“ fuhr der Südländer fort. „Als ich älter wurde, liess ich mich in den Kampfeskünsten ausbilden. Bald konnte mein Meister mir nichts mehr beibringen und ich beschloss, dass es Zeit war meine Rache auszuführen. Durch das Belauschen von Fischern am Anduin fand ich bald heraus, wer den Überfall zu verantworten hatte und wo dieser am verletztbarsten war. Einige Jahre vergingen in denen ich immer wieder einzeln umherstreifende Soldaten oder auch Bauern oder Fischer umbrachte, die das Pech hatten mich zu entdecken oder mir im Weg zu sein. Ich schlug mich bis zur geteilten Stadt durch, wo ich mich herumschlich und bald erfuhr, dass der zukünftige Truchsess dort weilte. Doch leider waren in Osgiliath immer zu viele Soldaten um Boromir herum, sodass ich eine günstige Gelegenheit abwarten musste. Ich beobachtetet wie ihr zusammen nach Ithilien gingt und ich folgte euch. Dann legte ich die Spuren vom Lagerplatz in den Wald hinein. Mir war klar, dass Boromir die Verfolgungsjagd schnell langweilen würde und folgte euch unbemerkt in den Bäumen. Dann war meine Gelegenheit da und ich nutze sie. Natürlich nicht gut genug, ansonsten wäre ich nicht hier.“

Er lächelte gequält. Das sahen die beiden anderen natürlich nicht, da der Haradhrim noch immer maskiert war.

„Jetzt da ihr meine Geschichte kennt, könnt ihr mich töten. Ich habe meine Mutter nicht rächen können, habe versagt. Keiner wird fragen: Wie hiess sie? Woher kam sie? Welche Lügen haben sie dazu gebracht hier her zu kommen? Ob sie wirklich böse im Herzen war.

Ich werde einfach nur zu den gefallenen Feinden zählen. Krieg macht Leichen aus uns allen.“ Die letzten Worte brannten sich für ewig in Faramirs Erinnerung. Tränen füllten seine grau blauen Augen und rannen ihm die Wangen hinunter. Boromir war jedoch misstrauisch geworden:“Sie?“

Der Haradhrim sah erschrocken auf. „Habe ich ‚sie’ gesagt?“ Boromir nickte. Der Südländer stöhnte auf. „Jetzt bin ich wirklich verloren.“ stellte sie ohne eine Gefühlsregung fest. Durch diese neue Wendung war auch Faramir wieder geistig voll anwesend.

„Was hat das zu bedeuten?“ fragte er unsicher, ahnend, was kommen würde. Der vermeintliche Haradhrim setzte erneut zum Sprechen an: „Ich will gar nicht erst versuchen es zu leugnen. Dein Bruder war zu aufmerksam und ich habe zu unbedacht geredet. Es stimmt, ich bin eine Frau.“ Mit diesen Worten demaskierte sie sich und die beiden Brüder konnten deutlich erkennen, dass sie eine webliche Haradhrim vor sich hatten. Sie hatte das schwarze Haar und die sanft goldbraune Hautfarbe ihres Volkes. Ihre dunklen Augen glänzten feucht, der schwarze Kajal war von Wasser und Tränen verwischt. Faramir starrte sie sprachlos an. Ihre Schönheit hatte ihn in ihren Bann geschlagen. Er hatte von der Anmut der Frauen der Haradhrim gehört, aber bis jetzt hatte er noch nie eine gesehen. Auch Boromir war fasziniert, jedoch nicht ganz so verzaubert wie sein kleiner Bruder. In ihm regte sich Verlangen, Faramir hingegen blickte tiefer in das verwundete Herz der Südländerin. Durch die Tatsache, dass sie eine Frau war, nahm ihr Schicksal in seinen Augen an Tragik zu. Sie schien das zu spüren und begann nun von neuem zu sprechen: „Ich bitte, nein, ich flehe euch an: Bestraft mich wie einen Mann. Vergesst, was ich euch offenbarte und urteilt dementsprechend.“

Faramir sah gequält zu seinem Bruder. Er konnte nicht vergessen, sich nicht verzeihen. Noch nie zuvor hatte er die Sache durch die Augen des Feindes betrachtet. Was sich ihm hier eröffnete war schrecklich, Zum allerersten Mal wurde im vollends klar, welche katastrophalen Auswirkungen dieser Krieg für alle menschlichen Beteiligten hatte.

„Sauron bringt Übel über uns alle. Er hat euch betrogen und er bedroht uns. Wir sollten nicht gegeneinander, sondern miteinander kämpfen. Wärst du bereit dazu?“

„Auch ich kann nicht vergessen, aber ich kann euch vergeben, doch an eurer Seite zu kämpfen, wäre zu viel verlangt. Die Vergangenheit würde mich einholen. Sie würde mich einholen, was auch immer ich täte. Das ist mir gerade klar gewordeen. Ich kann die Vergangenheit nicht ändern, indem ich mich an euch räche. Das würde nur zu noch mehr Leid führen. Ich weiss, was es heisst einen geliebten Menschen zu verlieren. Jetzt kann ich das keinem anderen mehr antun. Durch das Gespräch mit euch bin ich endlich zur Vernunft gekommen und mir ist klar geworden, dass ich niemanden mehr töten kann. Alles was ich will ist vergessen, ein neues Leben beginnen. Aber es geht einafch nicht.“ Die letzten Worte schluchzte sie und brach weinend zusammen. Faramir hastete zu der jungen Frau herüber und nahm sie tröstend in die Arme. Sanft strich er ihr über die weichen Haare. Die Südländerin klammerte sich an die Schultern des jungen Waldläuferns und begann jetzt hemmungslos zu schluchzen. Als sie alle ihre Tränen vergossen hatte, rollte sie sich zusammen und legte ihren Kopf auf Faramirs Schoss. Schon nach kurzer Zeit schlief sie ein.

Sie erwachte auf einem Feldbett, das notdürftig mit alten, verfilzten Fellen gepolstert war. Etwas zermürbt vom unruhigen Schlaf hob sie zuerst die Beine aus dem Bett. Überrascht stellte die Haradhrim fest, dass sie bedeutend weniger als am Vorabend trug. Genauergesagt nur noch ihr Untergewand. Doch von der Verwirrung liess sie sich nicht lange zurückhalten und stand vollends auf. Sie betrat den grossen Raum, in dem immernoch der Tisch stand. Aus einem anderen Raum hörte sie Schnarchgeräusche und folgte ihnen. Dort lagen tiefschlafend die beiden Brüder auf weit aus weniger komfortablen Lagern, als ihrem Feldbett. Sie kniete sich neben Faramir nieder und küsste ihn sacht auf die Stirn. Wenn ihre Vergangenheit nicht wäre, hätte sie mit diesem Mann sehr glücklich werden können. Wieder begannen Tränen ihre Wangen hinunterzurinnen. Schnell und leise verliess sie den Raum um die beiden nicht zu wecken. Schweren Herzens und mit tränennassem Gesicht ging sie zurück zu dem unterirdischen See und stellte sich an dessen Rand. Unten im Wasser konnte sie ihr Spiegelbild sehen. In ihr stieg eine Wut gegen sich selbst auf. Sie hasste sich wegen ihre Dummheit, so viele Unschuldige getötet zu haben, sie hasste sich dafür, dass sie nicht ihre Vergangenheit überwinden und mit Faramir zusammensein konnte. Die Südländerin hob einen Stein auf und warf ihn zornig ins Wasser um ihre Reflektion zu treffen. Sie konnte nach dem, was sie getan und erlebt hatte, nicht weiterleben ohne sich jeden Tag aufs neue Vorwürfe zu machen. Wenigstens würde sie sich dort um nichts mehr Gedanken machen müssen, die Vergangenheit, das Dorf, der Überfall, ihre Mutter, die Bauern, Faramir. Alle würden dort nicht mehr existieren. An diesen Gedanken klammerte sie sich um durchzuhalten Schluchzend sank sie auf die Knie und liess sich nach vorne in das kalte, befreiende Nass fallen. Verklärt lächelnd sank sie auf den Grund und die Last in ihrem Herzen wog so schwer, dass sie am Boden liegen blieb.

Ende

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