Grischnách Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 Hier noch ein Brief von Tolkien an eine Leserin: Die Númenórer von Gondor waren stolz, eigenwillig und archaisch, am besten in (sagen wir) ägyptische Bezügen vorzustellen. In vieler Hinsicht ähnelten sie den >>Ägyptern<< -in der Liebe zum Gigantischen und Massiven und der Macht, es aufzubauen. Und in ihrem starken Interesse an Vorfahren und Grabgewölben. (Aber natürlich nicht in der >>Theologie<<: In dieser Hinsicht waren sie hebräisch, sogar noch puritanischer - aber dies auszuführen, würde zu lange dauern: man müßte erklären, warum es praktisch keine erkennbare <<Religion<<* oder auch nur religiöse Handlungen, Orte oder Zeremonien unter den >>guten<< oder Sauron feindlichen Völkern im >Herr der Ringe< gibt.) Tolkien vergleicht Gondor in diesem Fall mit Völkern, die weit vor dem Mittelalter existierten. Allerdings mehr im "geistlichen" Sinne, als in Waffentechnik oder dem Entwicklungsstand. Hätte er sich nur die Zeit genommen, die sache mit den Religionen genauer zu beschreiben. :-( Zitieren
Gast Órin Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 (bearbeitet) @Inken - ich glaube eine weitere Diskussion an dem Punkt ist sinnlos. Du bist der Ansicht, dass ich deinen Post nicht verstehe. Ich bin der Ansicht, dass du meinen unbedingt komplett falsch verstehen willst. Im Zweifel prallen hier einfach wieder 2 unterschiedliche Ansichten aufeinander. Und das herrliche bei TolkienZitaten ist, dass er dermaßen viele gemacht hat, die man üfr unterschiedliche Zwecke nutzen kann *G* »Mittelerde ist unsere Welt«, schrieb er {Tolkien}, mit dem Zusatz: »Ich habe (natürlich) die Handlung in eine rein imaginäre (wenn auch nicht ganz unmögliche) Periode des Altertums gerückt, in der die Kontinente eine andere Form hatten.«In der Tolkien-Biographie (Klett-Cotta/Ullstein; 1983) von Humphrey Carpenter Seite 111 "Der Herr der Ringe ist natürlich ein von Grund auf religiöses und katholisches Werk; unbewußtermaßen zuerst, aber bewußt im Rückblick. Deshalb habe ich auch so gut wie nichts hineingebracht, oder vielmehr alles weggelassen, was auf irgendetwas wie 'Religion' hinweisen könnte, auf Kulte oder Bräuche in der imaginären Welt. Denn das religiöse Element ist in die Geschichte und ihre Symbolik eingelassen." (Brief Nr. 142) - das Zitat bring ich einfach immer mal wieder gerne *G* Aaaaber für mich als Abschluss nochma aufzugreifen Das, was du da schreibst, stammt aber nicht von Tolkien. Tolkien hat weder Fantasy geschrieben noch solchen Blödsinn, den du da schilderst. Höhö..okay... was HAT er denn dann geschrieben : Deiner Aussage nach nichts geschichtliches, keine Mythologie und jetzt noch nicht mal Fantasy? Gilt er denn umsonst als der Begründer der Fantasyliteratur? WAS ist es denn deiner Ansicht nach? Und doch - er hat von schwarz gekleideten Nazgul auf Flügeltieren geschrieben, von einem König der vorher zerloddert durch die Gegend gestreift ist und im Endeffek eine Ex-Elbe geschwängert hat und Zauberer die quer durch die Lande reisen. Bearbeitet 29. Juni 2005 von Órin Zitieren
LúthienTinúviel Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 (bearbeitet) Höhö..okay... was HAT er denn dann geschrieben : Deiner Aussage nach nichts geschichtliches, keine Mythologie und jetzt noch nicht mal Fantasy? Gilt er denn umsonst als der Begründer der Fantasyliteratur? WAS ist es denn deiner Ansicht nach? <{POST_SNAPBACK}> Nur, um hier mal die Begrifflichkeiten zu klären, mit denen hier auf bedenkliche Weise operiert wird*malGermanistinraushängenlass*: Kennzeichen Die Fantasy zeichnet sich durch Elemente aus, die über die Wirklichkeit der Welt hinausgehen. Oft werden Elemente oder Motive aus alten Mythen, Volksmärchen oder Sagen übernommen. Gestalten sind etwa Zwerge, Zauberer, Trolle aber auch andere, frei erfundene Wesen, die meistens in einer ebenfalls erfundenen Welt leben. Im Gegensatz zur Science Fiction, die ebenfalls mit "nicht realen" Elementen operiert, gehören Zauberei und Magie zum typischen Standardrepertoire der Fantasy. Daneben werden auch Geschichten, in denen Tieren menschliche Eigenschaften (Sprache, Kultur) gegeben sind, als Fantasy verstanden. [bearbeiten] Typische Stilelemente High Fantasy: Neben dem Auftreten von Magie und mythologischen Wesen gibt es typische Elemente der Handlung. Dazu gehören an das Mittelalter angelehnte Gesellschaftstrukturen und oft auch an das Mittelalter angelehnte Wirtschaftsstrukturen. Eine klassische Handlungsstruktur ist die Quest Und jetzt mal direkt zu Órins Aussage,, dass Tolkien als DER Begründer gilt: Fantasy Dichtung besteht eigentlich schon seit Jahrtausenden, nur nannte man das früher anders. Allerdings wurden diesen Sagen und Epen, wie man sie auch durchaus noch bezeichnen kann , nur ein anderer, moderner Name gegeben(so, wie bei Nordic Walking z.B.- früher nannte man es schlicht Wandern*GG*). Das eigentliche Genre besteht erst seit dem 19. Jahrhundert- siehe da, Tolkien war also nicht der Begründer oder der 'Godfather of Fantasy' um es mal provokant auszudrücken. Allerdings gilt er als "Begründer der modernen Fantasyliteratur", das können wir ihm zugestehen. Ein berühmtes Beispiel für das mit als erstes bekanntes Stück Fantasyliteratur ist Homers Ilias. Allerdings traut man sich da nicht es anders als Epos zu titulieren. Die Frage, ob der HdR ein klassisches Epos ist, ist schwer zu klären. Unter konzeptionell schriftlichen Kriterien ja, und konzeptionell mündlichen nein. Egal, das führt nun wirklich zu weit. Soviel mal zur Fantasyliteratur. Übrigens, beachtet hier noch irgendjemand das Thema des Topics? :kratz: Bearbeitet 29. Juni 2005 von LúthienTinúviel Zitieren
Cadrach Geschrieben 29. Juni 2005 Autor Geschrieben 29. Juni 2005 Aber deshalb hat er doch nicht das Mittelalter imitieren wollen. Damit haut man Tolkien nun wirklich eine Ohrfeige. Er hat überhaupt nichts imitieren wollen. Das hat hier auch bs jetzt noch niemand behauptet. Es ging lediglich darum, dass Tolkien teilweise vom Mittelalter inspiriert wurde. Übrigens, beachtet hier noch irgendjemand das Thema des Topics? Ich denk' mal, eher nich... aber das ist ja eigentlich auch egal - schließlich ist das Thema hier doch auch ganz interessant und zum Ausgangsthema gibt es nichts mehr zu sagen. Zitieren
Gast Inken Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 @ Orin: Ich vermute, dass wir unterschiedliche Gesichtspunkte haben. Missverstanden haben wir uns eventuell nicht. Ich war heute morgen insgesamt ein bisschen schlechter Laune und hab darum vielleicht etwas schärfer geschrieben, als ich wollte. Falls das der Fall war: verzeih. Mein Temperament geht schon mal mit mir durch. Aber es tut mir regelmäßig hinterher leid. Was das Zitieren betrifft, da hast du Recht. Das sehe ich genauso. Man kann sich andauernd Zitate um die Ohren hauen und kommt doch nicht weiter. Denn Tolkien hat sich da auch keinesfalls festlgelegt - und auch wenn. Deshalb ist es wirklich das Beste, man untersucht sein Werk und nicht seine Zitate. Höhö..okay... was HAT er denn dann geschrieben : Deiner Aussage nach nichts geschichtliches, keine Mythologie und jetzt noch nicht mal Fantasy? Gilt er denn umsonst als der Begründer der Fantasyliteratur? WAS ist es denn deiner Ansicht nach? Eine Mythologie hat er geschrieben. Bzw. eine Geschichte von Wesen, die eine Tradition von Mythen hatten. Geschichtliches hat er insofern geschrieben, als er ja eine Pseudohistorie aufgebaut hat. Nur hat er keine Realhistorie geschrieben. Sind wir uns insoweit einig? Was die Fantasy betrifft: er mag der Begründer der Fantasy sein - aber dafür kann er ja nichts. Das Genre Fantasy ist ja erst nach dem HdR entstanden, und Tolkien hat den HdR nicht geschrieben, um ein Vorbild für zukünftige Fantasy-Romane zu sein. Insofern kann man nicht sagen, dass Tolkien Fantasy geschrieben hat, weil Leute danach welche geschrieben haben. Verstehst du, was ich meine? Und doch - er hat von schwarz gekleideten Nazgul auf Flügeltieren geschrieben, von einem König der vorher zerloddert durch die Gegend gestreift ist und im Endeffek eine Ex-Elbe geschwängert hat und Zauberer die quer durch die Lande reisen. <{POST_SNAPBACK}> Okay - darin habe ich Tolkien nicht wiedererkannt. Dein ursprünglicher Satz: "Schon gar nicht, wenn in dem Land Zauberer durch die Gegend rennen, Flügeltiere schwarze Bettlaken durch die Gegend tragen und dreckige Könige spitzöhrige Lichtwesen schwängern." hielt ich für eine Zusammenfassung irgend eines mir unbekannten Fantasy-Werkes. Deine Frage, welchem Genre Tolkiens Werk für mich zugehört, ist schwer zu beantworten. Der gesamte Silmarillion-Komplex ist - trotz Unfertigkeit - letztlich ein Epos. Ein sehr modernes Epos zwar, vielleicht eine Erneuerung, aber vielleicht trifft es das. "Hobbit" und "HdR" sind vielleicht phantastische Abenteuerromane. So wie auch "Gullivers Reisen" (obwohl ich den gar nicht mehr im Kopf hab). "Fantasy" ist das alles nicht für mich. Nur, um hier mal die Begrifflichkeiten zu klären, mit denen hier auf bedenkliche Weise operiert wird*malGermanistinraushängenlass*: Die von dir zitierte wikipedia-Definition ist ja keine allgemiengültige. Es gibt sehr viele unterschiedliche Definitionen. Die wikipedia-Definition ist für mich deshalb bedenklich, weil sie nachträglich alles, was seit 4000 Jahren bestimmte Kriterien erfüllt, als Fantasy bezeichnet. Halmut Pesch, der ja als einziger in Deutschland ein Buch über Fantasy geschrieben hat, grenzt ganz klar ab: Fantasy kann nur das sein, was sich selber als solches bezeichntet. Sie existiert erst seit den fünfziger-sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Was davor war, waren stets andere Genres. Und verstanden sich auch als andere. Tolkien verstand sich ebenfalls anders. Aber das muss natürlich nicht für einen jeden gelten. Für mich gilt das. Ich sehe Tollkien in einer ganz anderen Tradition als die heutige Fantasy. @ Luthien: Ich sehe wie du eine starke Gemeinsamkeit zwischen den Werken der alten Epen vor Christus und dem Silmarillion-Komplex - aber mir widerstrebt es zutiefst, Homer als Fantasy zu bezeichnen und damit mit so manchen Machwerken der Fantasy-Welle in einen Topf zu werfen. Warum müssen wir das tun? Um diese Fantasy-Werke künstlich in die Tradition von Homer zu stellen? Dort gehören sie nicht hinein. Die Zauberer und Trolle sind nur äußerliche Beiwerke und rechtfertigen nicht die Traditionslinie zu Homer oder auch nur zu Tolkien. Da muss mehr dazu kommen. Die Frage, on der HdR ein klassisches Epos ist, ist schwer zu klären. Unter konzeptionell schriftlichen Kriterien ja, und konzeptionell mündlichen nein. Egal, das führt nun wirklich zu weit. Das würde mich interessieren, wenn du das ausführen würdest. Aber das Genre-Problem ist jetzt tatsächlich nicht mehr als topic erkennbar Übrigens, beachtet hier noch irgendjemand das Thema des Topics? <{POST_SNAPBACK}> Doch, ich schon Ich sehe meine ganzen Kommentare als weitschweifigen Exkurs, um zu zeigen, dass das Thema Schwule nie und nimmer ein Thema von Tolkien sein konnte. Und deshalb auch nicht existierte. :D Zitieren
Lothion Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 Meine Meinung: Tolkien hat eine ganz andere Welt erschaffen, die dem Mittelalter sehr ähnlich ist! @Inken: du sagst, dass diese Sagen eine viel längere Zeitspanne haben. Aber du musst auch berücksichtigen, dass Mittelerde nicht unsere Welt ist.Das soll heissen: Wenn es Mittelerde gäbe, wäre sie wahrscheindlich jetzt immer noch in der selben "Epoche" wie zur Zeit des Ringkrieges! Das Problem, dass wir hier haben: Mittelerde gibt es nicht! (vielleicht ) Zitieren
Eldhwen Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 (bearbeitet) Ich stimme Lu zu - vor allem ihrer Definition über Fantasy und dass Tolkien als Begründer der modernen Fantasy-literatur gilt - ich meine, wer schreibt schon ein Buch, weil er meint, "Ok, ich gründe jetzt ein neues Genre, dafür schreibe ich das und das und das *werkel*" Ja wohl eher die wenigsten... Außerdem... hmm.. ich weiß nicht, aber wenn du in der Schule mal aufgepasst hättest (ja, ich weiß, die Schule bringt einem alles nur falsch bei...) hättest du mitbekommen, dass Lu's Definition von Fantasy stimmt und dass auch der Hobbit, HdR und das Sil als Fantasy gelten (obwohl ich mir beim Sil nicht soo sicher bin..) Außerdem - wer nicht drüber nachdenkt, kann den Satz "wenn in dem Land Zauberer durch die Gegend rennen, Flügeltiere schwarze Bettlaken durch die Gegend tragen und dreckige Könige spitzöhrige Lichtwesen schwängern." natürlich nicht verstehen... bei mir hats n paar Sekunden gedauert, aber ich bin schon noch dahinter gekommen... :L Bearbeitet 29. Juni 2005 von Eldhwen Zitieren
LúthienTinúviel Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 Für mich klingt diese Definition auch richtig, wobei ich dir zustimme: Es gibt immer Tausende von Definitionen, man muss dann prüfen, beurteilen und für sich selbst entscheiden. (Hallo aufklärerisches Gedankengut) Außerdem hab ich selbst Homers Ilias nicht direkt als Fantasy bezeichnet- das will ich auch gar nicht. Heldenepos reicht mir da völlig. Um mal ein besseres Beispiel zu wählen: Das Nibelungenlied. Davon mal abgesehen halte ich es auch nicht für sinnvoll, Homer und Tolkien zu vergleichen. Falls das so rüberkam...das war so nicht intendiert. Um mal beim konzeptionell Schriftlichem etc. zu bleiben( und hierbei zitiere ich lediglich aus meinem "Was ist Schriftlichkeit bzw. was ist Mündlichkeit" Seminar): Ich wähle erneut das Nibelungenlied als Beispiel. Es wurde ja zunächst tradiert, d.h. ausschließlich mündlich überliefert, und das in Reimpaarversen, damit die Menschen es besser auswendig lernen konnten. Also war es fürs Mündliche konzipiert. Allerdings wurde es wie wir wissen irgendwann aufgeschrieben, um es für die Nachwelt zu konservieren. So wurde es verschriftlicht, nun ist es für uns schriftlich. Aber ist es deswegen direkt konzeptionell schritflich? Eigentlich ja nicht. Und genau das ist die schwierige Sache bei dieser Diskussion, denn sobald wir einen Text vorliegen haben, ist er für mich persönlich nicht mehr mündlich. Allerdings war das ja anders zu Beginn der Literatur. Im Seminar wurde behauptet, dass Epen konzeptionell zur Tradierung mündlich waren. HdR ist für mich absolut schriftlich, denn wie will man das auswendig komplett vortragen? Mal ganz abgesehen davon, dass es Prosa ist. Dennoch würde ich sagen, dass es unter dem Kriterium der Heroen ein Epos ist, also um mal auf der inhaltlichen Ebene zu diskutieren. Und jetzt Inken, was denkst du: Ist HdR ein Epos oder nicht? Was schriftlich und was mündlich ist, verwirrt mich eh seit Semesterbeginn, denn Dramen sind auch konzeptionell schriftlich, zumindest die Klassischen, obwohl sie zur Aufführung geschrieben wurden. Nun ja...da steif mal einer hinter. Und Inken? So sehr widersprechen wir uns alle eigentlich gar nicht, oder? Zitieren
Gast Inken Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 (bearbeitet) Davon mal abgesehen halte ich es auch nicht für sinnvoll, Homer und Tolkien zu vergleichen. Falls das so rüberkam...das war so nicht intendiert. Gut. - Aber weil es so schwieirg ist, Tolkiens Werk genremäßig einzuordnen, würde es mit schon nützen, die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede zu beschreiben. Wobei ich jetzt aber wirklich nicht den HdR meine, sondern die gesamte Mythologie. Um mal beim konzeptionell Schriftlichem etc. zu bleiben( und hierbei zitiere ich lediglich aus meinem "Was ist Schriftlichkeit bzw. was ist Mündlichkeit" Seminar): Ich wähle erneut das Nibelungenlied als Beispiel. Es wurde ja zunächst tradiert, d.h. ausschließlich mündlich überliefert, und das in Reimpaarversen, damit die Menschen es besser auswendig lernen konnten. Also war es fürs Mündliche konzipiert. Allerdings wurde es wie wir wissen irgendwann aufgeschrieben, um es für die Nachwelt zu konservieren. So wurde es verschriftlicht, nun ist es für uns schriftlich. Aber ist es deswegen direkt konzeptionell schritflich? Eigentlich ja nicht. Und genau das ist die schwierige Sache bei dieser Diskussion, denn sobald wir einen Text vorliegen haben, ist er für mich persönlich nicht mehr mündlich. Allerdings war das ja anders zu Beginn der Literatur. Im Seminar wurde behauptet, dass Epen konzeptionell zur Tradierung mündlich waren. Ich verstehe. Kennst du zufällig das Buch von Verlyn Flieger, Interrupted Music? Da wird genau dieses Problem von Mündlichkeit und Schriftlichkeit bei Tolkien behandelt. Flieger behauptet, dass Tolkien diese Phase der mündlichen Überlieferung nachgebildet hat in seinem Werk: die gesamten Sagen um Eru, den Ainur und dem Erwachen von Lebewesen auf Mittelerde seien zunächst nur mündlich überliefert worden. Dann wurden sie aufgeschrieben - von bestimmten Personen. Sie sind - nach deiner Unterscheidung - innerhalb der Fiktion konzeptionell mündlich. Die mündliche Überlieferung - aber innerhalb seiner Fiktion - ist für Tolkien das A&O. Deshalb stellt er ja auch gerne unterschiedliche Traditionen einer Geschichte gegenüber. Und arbeitet selber andauernd neue Varianten aus. Aber was die "echten" Epen und auch Sagen und Märchen betrifft: von den Gebrüdern Grimm wissen wir, dass sie die mündlich erzählten Märchen eingreifend literarisch fixiert haben. Sie sind literarische Bearbeitungen. Und das sind auch die Homer-Geschichten. Sie sind nicht für den Hörer, sondern für den Leser geschrieben. Soviel ich weiß. Beim "Beowuwlf" aber bin ich mir nicht so sicher. Er ist teilweise ungenießbar, wenn man sich nicht klar macht, dass da immer Zuhörer vorausgesetzt werden, die die ganzen stories schon kennen und sie nur noch mal schön ausgeschmückt hören wollen. Aber genau diese Sache hat Tolkien nachgeahmt im HdR. Er bezieht sich immer wieder mal auf alte Geschichten, wo der Leser nur stutzen kann - denn er kennt sie nicht. Aber der Erzähler tut so, als ob das jeder wissen müsse. Nur: was im Beowulf echt ist, ist bei Tolkien imitiert. HdR ist für mich absolut schriftlich, denn wie will man das auswendig komplett vortragen? Mal ganz abgesehen davon, dass es Prosa ist. Ich sehe es wie du. Es war von Tolkien nicht so konzipiert, dass es mündlich vorgetragen werden sollte. Der Erzähler im HdR bezieht sich auf schriftlich fixierte Dokumete (und zitiert daraus konkret in den Anhängen). Diese Dokumete - aus denen der Erzähler quasi den HdR gebraut hat -, sind von den einzelnen Individuen (Merry, Sam, Gimli etc) tagebuchartig erstellt worden. Der Erzähler des HdR ist ein Archiv-Leser. Er hat in den Archiven des Auenlandes und in dem von Gondor gelesen. Eventuell kannte er auch noch andere. Aus allen diesen hat er die Geschichte des Riingkrieges, wie wir sie im HdR vorfinden, in persönlicher Weise nacherzählt. Dennoch würde ich sagen, dass es unter dem Kriterium der Heroen ein Epos ist, also um mal auf der inhaltlichen Ebene zu diskutieren. Und jetzt Inken, was denkst du: Ist HdR ein Epos oder nicht? Es gibt sehr gute Gründe dafür, es als ein modernes Epos zu bezeichnen und auch andere, es nichtt so zu sehen. Zu ersterem hat mir Verlyn Flieger verholfen, obwohl gerade sie den HdR nicht als Epos bezeichnet. Aber sie hat eine wichtige Unterscheidung gemacht: Es gibt zwei Formen des Romans oder der Literatur: entweder steht im Mittelpunkt der Held oder die Helden. Oder er steht im Mittelpunkt das Schicksal der Welt. Das sich durch die Helden hindurch verwirklicht. Obwohl ich mich noch nicht ausreichend genug mit dem Epos beschäftigt habe, habe ich das soweit mitbekommen: das Epos befasst sich mit dem Schicksal der Welt. Wenn wir uns den HdR ansehen, dann geht es nicht im geringsten um die Frodo-Figur - wie sie geworden ist, was sie ist, welche seelischen Probleme er erlitten hat usw. - es geht um ihn nur insofern, als er Ringträger ist und das Schicksal der Welt weiterzudrehen hat. So gesehen wäre der HdR zwar kein ganzes Epos - aber ein Teil des Epos, das Tolkien geschrieben hat. Alle Gestalten, die er erfunden hat, hat er niicht um ihrer selbst willen geschrieben, sondern: sie drehen das Rad des Schicksals weiter. Dass Tolkien diese Figuren dennoch nicht als reine Pappfiguren gestaltet hat, sondern als lebendige und große Individuen - das macht Tolkiens Größe aus. Das sucht seinesgleichen. Mit alldem wollte ich auch erläutern, dass der Threadtitel die Frage falsch stellt. Tolkeins Werk schildert die Figuren nur insoweit, als sie Träger des Schicksals sind. Und sofern sie das sind, sind sie auf diese Aufgabe konzentriert. Was schriftlich und was mündlich ist, verwirrt mich eh seit Semesterbeginn, denn Dramen sind auch konzeptionell schriftlich, zumindest die Klassischen, obwohl sie zur Aufführung geschrieben wurden. Nun ja...da steif mal einer hinter. Sie sind meist nicht zur Aufführung geschrieben. Jedenfalls nicht direkt auf die Bühne zugeschrieben. Die Shakespeare-Dramen ja, die von Goethe nicht. - Deine Fragestellung ist interessant. Die habe ich mir noch nie gestellt. Wie kommst du eigentlich darauf? Bearbeitet 29. Juni 2005 von Inken Zitieren
LúthienTinúviel Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 Welche Fragestellung meinst du nun genau? Zu deinem letzten Punkt direkt mal: Hehe, Goethe war ja auch eher ein Sonderfall. Allerdings kann ich da sofort mit Schiller argumentieren, der seine Dramen sogar auf die Schauspieler zugeschnitten hat bzw. bei dem Verfassen hatte er sofort die Wunsch-Schauspieler vor Augen. Er ist ein wahrer Theaterdichter, sagte er auch von sich selbst(überdies war Shakespeare eine seiner Leitfiguren ). Klar, nun könnte man z.B. noch mit Büchners Woyzeck für eine notwendige Mündlichkeit argumentieren, aber das ist dann sowas von der Höhepunkt von Off-Topic. Mit alldem wollte ich auch erläutern, dass der Threadtitel die Frage falsch stellt. Tolkeins Werk schildert die Figuren nur insoweit, als sie Träger des Schicksals sind. Und sofern sie das sind, sind sie auf diese Aufgabe konzentriert. Sehe ich ganz genauso, ebenso wie das Übrige deines Beitrags. :-) Zitieren
Gast Inken Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 Außerdem... hmm.. ich weiß nicht, aber wenn du in der Schule mal aufgepasst hättest (ja, ich weiß, die Schule bringt einem alles nur falsch bei...) hättest du mitbekommen, dass Lu's Definition von Fantasy stimmt und dass auch der Hobbit, HdR und das Sil als Fantasy gelten (obwohl ich mir beim Sil nicht soo sicher bin..) *schmunzel* - als ich zur Schule ging, da gab es überhaupt noch kieine Fantasy Aber in der Grundschule habe ich gelernt: Traue nie dem, was auf dem Papier steht. Benutze immer deinen eigenen Kopf. Also: Es ist immer sinnvoll, Definitionen anzuzweifeln. Glaubst du im Ernst, dass deine Lehrer, die dir das beigebracht hatten, den Durchblick hatten? Die haben das auch irgendwie bei wikipedia oder so gelesen. Außerdem - wer nicht drüber nachdenkt, kann den Satz "wenn in dem Land Zauberer durch die Gegend rennen, Flügeltiere schwarze Bettlaken durch die Gegend tragen und dreckige Könige spitzöhrige Lichtwesen schwängern." natürlich nicht verstehen... bei mir hats n paar Sekunden gedauert, aber ich bin schon noch dahinter gekommen... <{POST_SNAPBACK}> Der Punkt ist: wenn man gewoht ist, Tolkien als Fantasy zu lesen, dann kann man das erkennen. Aber ich habe ihn noch nie so gelesen. Es tut mir leid. Zitieren
Gast Inken Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 Welche Fragestellung meinst du nun genau? Ob etwas als mündlich oder schriftlich konzipert wurde. Zitieren
Elinweth Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 Oh nein. Ich kenne das Genre der Fantasy nicht - aber Tolkien jedenfalls wurde nicht davon geprägt. Weiß auch gar nicht, ob im Mittellater überhaupt irgenwelche Mythen entstanden sind. Denke ener nicht. <{POST_SNAPBACK}> Ohdoch, es gab im Mittelalter schon Fantasy - nicht unter dem Namen - und auch in anderer Form, aber erfunden hat Tolkien das Genre nicht, da es schon viele Jahrhunderte Älter ist. http://de.wikipedia.org/wiki/Edda http://de.wikipedia.org/wiki/Beowulf http://de.wikipedia.org/wiki/Nibelungensage http://de.wikipedia.org/wiki/Erlk%C3%B6nig_%28Ballade%29 So gesehen findet man viele Elemente wie Elben / Elfen, Drachen, Götter, Unterwelt schon viel früber. Da kommt, dass ja schon in der Antike vergleichbare Literatur verfasst wurde, z.B. über Odyseus Zitieren
LúthienTinúviel Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 Nichts für ungut, Elinweth, aber über Wikipedias Definitionsvorschläge sind wir doch längst hinaus bzw. haben sie besprochen . Klar kannst du dem zustimmen, allerdings kann man ja auch widersprechen. Ich sehe das ja auch so, dass es damals vergleichbare Elemente gab, die man heute als Fantasy-Elemente bezeichnen würde, dennoch muss man sich einer Meinung ja nicht anschließen(wie bereits schonmal erwähnt wurde). :-) Zitieren
Elinweth Geschrieben 29. Juni 2005 Geschrieben 29. Juni 2005 (bearbeitet) Die Frage war ja, ob im Mittelalter schon Mythen existiert haben und die Antwort darauf ist klar: ja, die gab es schon. Jede grössere Bibliothek hat da mittelalterliche Werke nun verfügbar. Grade die germanische Mythologie ist ja auch mit Tolkiens Welt ziemlich stark überschneidend, aber auch zu anderen Teilen wieder unterschiedlich. Interessant ist auch, wie andere Schriftsteller ihre Werke erschuffen, Shakespeare der mit seinen Königsdramen ein positives Bild der englichen Monarchie erzeugte, hatte ja auch nur ein Geschichtsbuch, welches ihm Fakten lieferte und er dachte sich dann die Handlung aus, wie er sie sich vorstellte - Fantasie im purem Sinn. Bearbeitet 30. Juni 2005 von Elinweth Zitieren
Gast Inken Geschrieben 30. Juni 2005 Geschrieben 30. Juni 2005 @ Elinwerth Was hältst du davon, wenn wir das Genre-Problem auslagern und in einem Extra-Thread diskutieen? Das können wir mit allen Trickkünsten nicht mehr mit dem Thread-Thema unter einen Hut kriegen Ich glaube , ich habe auf die Schnelle kapiert, was du unter "Fantasie" verstehst. Aber das ist nicht dasselbe wie das Genre "Fantasy". Wär aber schön, wenn wir das auf die Reihe kriegen würden. - Hast du Lust, einen neuen Thread aufzumachen? Jetzt aber, liebe Freunde und Freundinnen: GUTE NACHT! Inken Zitieren
Bandobras Tuk Geschrieben 4. Juli 2005 Geschrieben 4. Juli 2005 Das ist aber höchst traurig. Zum ersten Mal schaue ich hier rein, und muss feststellen, dass eine wirklich mal hochinteressante Diskussion komplett an mir vorbeigerauscht ist, weil sie vollkommen OT war... Also, ich bin ja eher ein Freund von lockerer Handhabung diesbezgl., aber wenns derart ausschweift, hätte ruhig mal jemand einen Thread aufmachen können. Nun kann ich meinen Senf gar nicht mehr dazugeben! :heul: Zitieren
Gast Inken Geschrieben 4. Juli 2005 Geschrieben 4. Juli 2005 Das ist aber höchst traurig. Zum ersten Mal schaue ich hier rein, und muss feststellen, dass eine wirklich mal hochinteressante Diskussion komplett an mir vorbeigerauscht ist, weil sie vollkommen OT war... Also, ich bin ja eher ein Freund von lockerer Handhabung diesbezgl., aber wenns derart ausschweift, hätte ruhig mal jemand einen Thread aufmachen können. Nun kann ich meinen Senf gar nicht mehr dazugeben! <{POST_SNAPBACK}> In einem anderen Forum machem wir das in solchen Fällen so, dass wir den Thread ab da, wo er abgewichen ist, in einen neuen Thread kopieren und die kopierten Beiträge in dem alten Thread löschen. Ginge das hier auch? Vorschlag: Titel des neuen Threads: "Zu welchem Genre gehört das literarische Werk Tolkiens?" - Schnitt vor dem Satz: "Das Genre der Fantasy wurde vor allem durch die Mythen und Legenden des Mittelalters geprägt." im Beitrag vom Cadrach 28.Jun 2005, 22:24 Uhr Zitieren
Eleanor Geschrieben 9. August 2005 Geschrieben 9. August 2005 nein, in anderen threads macht mans so, dass man die "nicht-dazugehörigen-beiträge" löscht! seltsam, dass man das hier nicht gemacht hat!! naja, ich will jetzt was zum thema sagen. also, naja, ich würde sagen, dass es bei dhdr keine homosexuellen gibt obwohl ich sagen muss, dass die idee ganz witzig ist! schaut mal hier rein ---> http://oblonline.de/tagebuecher/tagebuecherindex.php Zitieren
Gast Radagast der Braune Geschrieben 31. August 2005 Geschrieben 31. August 2005 @Frodo Entschuldige, aber die Lembas-macht-schwul-Variante überzeugt mich niht!Erstens bin ich absoluter Elbenfan, zweitens hatte Feanor ja auch sieben Söhne in nicht zu langer Zeit, was ich ihm nicht verübeln kann, so eine schöne Elbenfrau wär doch wirklich nicht schlecht... Aber die Elben können ja auch nicht beliebig viele Kinder bekommen, schließlich stehen ja immer nur die Elben zur Verfügung, die demletzt getötet wurden, und selbst wenn die Elben wenig von geschlechtlicher Liebe Halten... Zitieren
A_Brandybuck Geschrieben 1. September 2005 Geschrieben 1. September 2005 Nein, es stehen mehr Elben zur Verfügung als die die in Mandos Hallen warten. Ich habe leider die Textstelle aus HoME nicht bei mir, welche das belegt. Aber für jeden neuen Elben (außer den "Reinkarnierten")gibt es eine neue fea und Reinkarnation passiert nicht mehr so oft, wie Tolkien anfangs gedacht hatte. Steht soweit ich mich erinnern kann in "Laws and Customs among the Eldar". Zitieren
Ainu Geschrieben 11. September 2005 Geschrieben 11. September 2005 Ich hatte das anders verstanden. Ich dachte auch, dass die Gesamtzahl der Elben begrenzt sei. Steht das nicht so oder so ähnlich im Silmarillion? :kratz: Zitieren
Gast Radagast der Braune Geschrieben 7. Oktober 2005 Geschrieben 7. Oktober 2005 Schwulität oder Sex kommt in Mittelerde sicher ähnlich vor wie bei den Menschen hier, Tolkien hatte aber viel besseres zu tun als zu beschreiben, wie Aragorn geil wird und Arwen vögelt Zitieren
Gast Radagast der Braune Geschrieben 7. Oktober 2005 Geschrieben 7. Oktober 2005 @cadrach Ach, da fallen mir schon ein paar ein: Legolas (schlagt mich ruhig, ihr Legolas-Fans), Frodo & Sam (zumindest im Film) und eigentlich die gesamte Elben-Sippschaft *gg* Für ein paar Fall habe ich sogar Beweisfotos - Folgt einfach diesem Link hier Ich denke, das reicht ja schon als Antwort auf die Frage. Wie kann man solche Bilder auf einer Tolkien-Site auch nur erwähnen? :grummel: Zitieren
Leithian Geschrieben 26. Oktober 2005 Geschrieben 26. Oktober 2005 okay, das passt jetzt sicher gar nicht zum thema, aber warum is noch nie jemand auf den gedanken gekommen, dass es auch lesben in mittelerde geben könnte? ich mein; diese ganzen rückschlüsse auf schwulitäten lassen sich nur ziehen, weil in tolkiens büchern mehr männer als frauen vorkommen (und das is jetzt ´n harter fakt! :ks: ). gut, nehmt mich nicht allzu ernst, aber mir fällt bei hdr immer wieder auf, dass die frauen einfach zu kurz kommen und die männer daher gleich schwul genannt werden... wie auch immer: weil´s im hdr zu wenig vorkommende frauen gibt (wo sind die entfrauen hin??? und so) kann ich mir schon vorstellen, dass die charactere durchdrehen und das nächstbeste ( =männer ) nehmen.... wie schon gesagt, nehmt mcih heut am besten gar nicht ernst!! Gruß, Leithian Zitieren
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