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FanFiction: Der Stein des Magiers


Empfohlene Beiträge

Geschrieben (bearbeitet)

Moin Moin!

Ich möchte euch den Anfang meiner Geschichte posten.

Sie ist noch ohne Titel :kratz: ohne Ende :kratz: aber dafür mit Rechtschreibfehlern :schaem: - letzteres bitte ich zu entschuldigen.

Ich freue mich über jeden der antwortet, ob negativ oder positiv, schreibt einfach, was euch dazu einfällt.

Also jetzt gehts los:

Seit Tagen war Mira nun schon auf der Flucht. Der Wald durch den sie seit Anbeginn ihrer Flucht lief, schien sie zu erdrücken. Zweige schlugen nach ihr, zerrissen ihre Kleidung und hinterließen blutige Kratzer auf ihrer Haut. Die meisten Verletzungen, waren nur oberflächlicher Natur, bis auf einen tiefen Schnitt über ihrer rechten Schulter. Viel mehr war es die Erschöpfung, die an ihr zerrte und ein schnelles Vorankommen fast unmöglich machte. Seit Tagen hatte sie nicht mehr richtig geschlafen und gegessen. Außerdem hatte sie das Gefühl im Kreis zu laufen. Durch das dichte Blätterdach über ihrem Kopf fiel nur selten Tageslicht und jeder Baum sah wie der andere aus. Dieser Wald war Jahre lang ihre Heimat gewesen, sie hatte ihn noch nie verlassen, wusste nur von den Erzählungen der Älteren, dass jenseits seiner Grenzen noch eine andere Welt lag. Nun war dieser Wald ihr Feind. Einzig und allein der Wille zu überleben gab ihr die Kraft weiter zu laufen.

Ihre Hand umklammerte den kleinen Anhänger, der um ihren Hals hing, das letzte was ihr als Erinnerung an ihre Familie noch geblieben war. Sie konnte sich noch daran erinnern, wie ihr Vater ihn ihr geschenkt hatte, ein Erbstück, dass schon viele Generationen in ihrer Familie war. Er glich einem kleinen Stern, er war blau und wenn man ihn ins Licht hielt, dann schimmerte er wie ein Regenbogen.

Fast hatte sie die Hoffnung schon aufgegeben jemals einen Ausweg aus diesem Wald zu finden, als die Bäume vor ihr plötzlich auseinanderbrachen und den Blick auf eine weite Graslandschaft preisgaben. Mira merkte es nicht einmal. Wie in Trance setzte sie einen Fuß vor den anderen, erst als sie ins Leere trat und langsam nach vorne zu kippen begann, erwachte sie und stieß einen erschrockenen Schrei aus. Kraftlos versuchte sie ihr Gleichgewicht wieder zu finden, stolperte und stürzte einen flachen Abhang hinunter, der sich plötzlich vor ihr aufgetan hatte. Als die Welt aufgehörte Purzelbäume zu schlagen fand sie sich nach Luft ringend, erschöpft und verletzt wie sie war, mehrere Meter vom Rand des Waldes liegend wieder. Im ersten Moment fehlte ihr sogar die Kraft sich wieder in die Höhe zu stemmen, so dass sie mehrere Anläufe brauchte, bis sie zitternd wieder auf ihren zwei Beinen stand und sich verängstigt umsah. Hinter ihr lag der Waldrand, düster wie eine Mauer. Vor ihr lag eine weite Graslandschaft, auf der nur vereinzelte Büsche und Bäume wuchsen. Grelles Sonnenlicht blendete sie und trieb ihr Tränen in die Augen. Ihr Herz schlug rasend schnell, noch nie war sie so weit von ihrer Heimat entfernt gewesen. Das alles hier war ihr vollkommen unbekannt und mit einem Mal fühlte sie sich schutzlos und ausgeliefert. Ihr erster Reflex war es, einfach umzukehren und zurück in den Wald zu laufen, aber ein weit größerer Teil ihres Verstandes, der noch nicht vor Angst und Erschöpfung vernebelt war, sagte ihr, dass sie nicht mehr zurück konnte.

Wie von selbst setzten sich ihre nackte, zerschnittenen Füße wieder in Bewegung, fort vom Wald. Immer wieder stolperte sie über Unebenheiten, fiel auf die Knie und taumelte nur noch halb bei Bewusstein weiter. Schließlich fand sie sich selbst am Boden liegend wieder, ohne dass sie es selbst gemerkt hatte, war sie gefallen. Am Ende ihrer Kräfte hob sie noch einmal den Kopf und erstarrte, als ihr verschwommener Blick auf eine rasch näherkommende Staubwolke am Horizont fiel. Dieser Anblick gab ihr noch einmal die Kraft sich auf Hände und Knie zu erheben und hinter einem nahe gelegenen Busch Deckung zu suchen. Mit klopfenden Herzen wartete sie ab und sah der Staubwolke entgegen. Ein Wagen näherte sich ihr, fluchend rieb sich Mira über ihre Augen, ein Schleier aus Müdigkeit hatte sich vor ihren Blick gelegt, so das sie kaum noch sehen konnte. Immer wieder verschwamm die Welt vor ihren Augen und wollte auseinander fließen. Erst als der Wagen nur noch wenige Meter von ihrem Versteck entfernt war, erkannte Mira, dass es ein Einspänner war, auf dessen Kutschbock zwei Gestalten saßen. Ein Mann Mitte dreißig und ein junges Mädchen, wahrscheinlich Händler oder Bauern, keine wirkliche Gefahr. Der Wagen hatte frisches Heu geladen, entweder hatten sie es gerade geerntet, oder sie waren unterwegs um es zu verkaufen. Wie auch immer, dies war ihre Chance. Sie konnte sich im Heu verstecken und wenn sie Glück hatte, fuhr der Wagen in die nächste Siedlung, wo sie Hilfe finden würde. Sie wartete, bis der Wagen ihr Versteck passiert hatte, sprang hinter dem Busch hervor, und zog sich mit letzter Kraft auf die Ladefläche des fahrenden Wagens. Ihre rechte Schulter schmerzte, die Wunde brach auf und begann wieder zu bluten, aber sie hatte es geschafft, niemand schien Notiz von ihr zu nehmen. Unendliche Erleichterung breitete sich in ihr aus. Erschöpft sank sie in das Heu und schlief ein, noch bevor sie einen weiteren Gedanken fassen konnte.

Miras angespannte Sinne arbeiteten trotz ihrer Schwäche mit gewohnter Präzision. Als sie erwachte lag sie immer noch im Heu, doch etwas hatte sich geändert. Der Wagen war deutlich langsamer geworden. Sie konnte noch nicht lange geschlafen haben, denn der Stand der Sonne hatte sich kaum geändert. Im Stillen verfluchte sie sich, dass sie überhaupt geschlafen hatte, solche Unaufmerksamkeiten konnte sie sich nicht leisten, nicht in ihrer momentanen Situation.

Diese beiden Menschen, stellten zwar keine große Gefahr dar, aber das hieß noch lange nicht, dass sie ihre Freunde waren.

Vorsichtig linste sie über den Rand der Ladefläche und fuhr erschrocken zusammen, als ihr Blick auf die beiden Hütten fiel, denen sie sich näherten. Mira wusste von der Eigenart der Menschen in Häusern aus Holz und Stein zu wohnen, die Alten ihres Volkes hatten es ihr erzählt, aber gesehen hatte sie solche Gebäude noch nie, denn ihr Volk pflegte im Freien zu übernachten. Im Winter auch in Höhlen, aber nicht in solchen quadratischen, riesigen Kästen.

Angestrengt dachte Mira nach. Wenn sie auf dem Wagen blieb, würde man sie entdecken. Abzuspringen war auch keine Lösung, weil es nirgendwo eine sichere Deckung gab, das Risiko gesehen zu werden war einfach zu groß. Nein, es musste einen anderen Ausweg geben. Wenn sie sich nun unter dem Wagen verstecken konnte? Vorsichtig robbte Mira ans Ende der Ladefläche und warf einen Blick unter den Wagen und tatsächlich, dort gab es genug Möglichkeiten sich festzuhalten. Mit steifen Bewegungen gelang es ihr sich von der Ladefläche zu hangeln ohne ihren Halt loszulassen und herunterzufallen. Mit unendlich langsamen und mühevollen Bewegungen schaffte sie es schließlich unter den Wagen zu gelangen und sich einen halbwegs festen und sichern Halt an einem dünnen Balken zu suchen. Ihre Schulter schmerzte unerträglich. Ihre Muskeln verkrampften sich, sie bezweifelte das sie diese Stellung noch lange halten konnte, aber das musste sie wahrscheinlich auch gar nicht. Der Wagen bog nach rechts ab und blieb stehen. Sie hörte wie das Mädchen vom Wagen sprang und ein paar Schritte lief, dann gab es ein knarrendes Geräusch und der Wagen setzte sich wieder in Bewegung. Sie fuhren in eine halbdunkle, etwas muffig Hütte. Wahrscheinlich diente sie als ein Lager. Die Luft war stickig und unerträglich warm, überall lag getrocknetes Heu. Nun sprang auch der Mann von dem Kutschbock herunter. Mira konnte nur seine Beine sehen, er ging nach vorne zum Pferd und machte es los. Das Mädchen kam und führte das Pferd aus der Hütte, dann beobachtete sie wie der Mann um den Wagen herum ging und auf die Ladefläche stieg. Mira betete, das er bald verschwinden würde, denn lange konnte sie diese Stellung nicht mehr durchhalten.

Sie konnte das Zittern spüren, das durch den Wagen ging, als der Mann das Heu von der Ladefläche herunter warf, doch dann verharrte er plötzlich, Mira konnte spüren wie er sich in die Hocke sinken ließ. Erschrocken hielt sie die Luft an. Der Mann richtete sich wieder auf, ging an den Rand der Ladefläche und sprang mit einem Satz herunter. Seine Schritte hatten sich verändert, sie waren immer noch sehr kraftvoll, aber irgendwie waren sie steifer geworden. Mit Entsetzen sah Mira wie er zu dem offnen Tor hinüber ging und es von innen schloss, dann drehte er sich herum und warf einen langen Blick in die Scheune.

„Ich weiß das du hier bist“, sagte er. „Ich habe das Blut gesehen.“

Miras Herz blieb stehen. Verdammt, darauf hatte sie nicht geachtet.

„Ich bin nicht dein Feind, wenn du verletzt bist, kann ich dir helfen.“ Versuchte der Mann ihr Vertrauen zu gewinnen, aber Mira rührte sich immer noch nicht.

„Komm schon ich weiß das du hier bist, du kannst dich nicht ewig versteckt halten!“

Der Mann entfernte sich wieder von der Tür und ging einige Schritte durch den Raum.

Rasend schnell schätzte Mira ihre Chancen ein, an dem Mann vorbei ins Freie zu gelangen, verwarf diesen Gedanken aber schnell wieder. Ihre Muskeln waren inzwischen völlig verkrampft. Und selbst wenn sie es schaffte an dem Mann vorbei zu sprinten und auch noch das Tor aufzustoßen, wohin sollte sie rennen. Sie konnte nur hier hängen bleiben und hoffen, dass der Mann sie nicht fand und verschwinden würde.

Aber Miras Hoffnung ging nicht in Erfüllung, der Mann ging wieder zurück zum Wagen, verweilte einen Augenblick und beugte sich herunter um unter den Wagen zu blicken.

Blitzschnell ließ Mira ihren Halt los und trat gleichzeitig mit voller Wucht nach den Kniekehlen des Mannes. Mit einem erschrocknen Keuchen knickte dieser ein, und kämpfte Sekunden um sein Gleichgewicht. Mira nutzte diese Chance, rollte blitzschnell unter dem Wagen hervor, sprang in die Höhe, und wäre beinahe wieder gestürzt als sich ihre Muskeln schmerzhaft zusammenzogen. Der Mann hatte inzwischen sein Gleichgewicht wiedergefunden und hob beruhigend beide Hände in die Luft. „Ganz ruhig, ich habe nicht vor dir irgendetwas anzutun.“ Er machte Anstallten auf sie zu zugehen, doch Mira zog blitzschnell ihren Dolch aus dem Gürtel und streckte ihn dem Mann drohend entgegen. „Keinen Schritt weiter!“ Ihre Stimme war kaum noch mehr als ein heiseres Krächzen, ihre Kehle war trocken und brannte höllisch.

Der Mann blieb tatsächlich stehen. „Ich bin nicht dein Feind“, sagte er mit geduldiger Stimme und deutete auf ihren Dolch. „Leg das weg, bitte. Dir wird nichts geschehen.“

Ein kleiner Teil ihres Verstandes glaubte dem Mann, aber der weitaus größere Teil sagte ihr, dass sie niemanden trauen konnte, immerhin waren es Menschen.

Gehetzt blickte sie sich um und ging langsam, ohne den Mann aus den Augen zu lassen und mit drohend erhobenen Dolch zum Tor. Mit einer verzweifelten Kraftanstrengung stieß sie das Tor rücklings auf, der Mann bewegte sich keinen Zentimeter. „Ich will ihnen nichts tun, aber wenn sie mir folgen töte ich sie“, sagte Mira mit rauer Stimme.

Der Mann schüttelte nur den Kopf. Sein Blick fiel auf einen Punkt über Miras rechter Schulter.

„Weg von dem Tor!“

Vielleicht war es der Ausdruck in seinen Augen, vielleicht aber auch der befehlende Ton seiner Stimme, der sie sofort reagieren ließ. Ohne nachzudenken sprang sie zur Seite, stolperte und stürzte der Länge nach auf den sandigen Boden. Der Dolch wurde ihr aus der Hand geprellt, und schlitterte einige Meter weit davon. Sie kroch ihm nach, doch kurz bevor ihre Hand den Griff erreichte, war der Mann neben ihr und kickte ihn mit einem Fußtritt beiseite. Unsanft packte er sie am Arm und riss sie in die Höhe. Ihre verletzte Schulter sandte wütenden Schmerzenswellen aus, aber Mira ignorierte sie und versuchte sich loszureißen.

Der Mann schien ihre Gegenwehr gar nicht zu bemerken und zerrte sie rücksichtslos hinter sich her, in den hintersten Winkel der Hütte, wo er sich nach einem eisernen Riegel im Boden bückte und eine Luke öffnete, die unter dem Stroh verborgen lag. Ausgetretene Stufen führten nach unten in die Dunkelheit.

„Los runter da!“

Mira schüttelte entsetzt den Kopf und versuchte zurück zu weichen, doch der Mann hielt sie mit eisernem Griff fest. „Du musst mir vertrauen. Wenn dir dein Leben lieb ist, geh da runter und verhalte dich still, egal was passiert.“

Mira gehorchte. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie den Stufen hinab in die Dunkelheit folgte, und hätte beinahe laut aufgeschrieen, als sich die Luke über ihrem Kopf wieder schloss und vollkommene Finsternis die einhüllte. Ihr Herz schlug, als wolle es jeden Augenblick durch ihre Rippen brechen. Ihre Knie zitterten, als sie der Treppe weiter nach unten folgte. Ihre Hand fuhr scharrend über die raue Wand. Die Treppe war nicht sehr lang, höchstens ein Dutzend Stufen. Sie wusste nicht, warum sie dem Menschen vertraute, wahrscheinlich weil sie es einfach nur wollte. Nicht nur ihr Körper war erschöpft, auch ihr Wille begann zu zerbrechen. In der Dunkelheit drohten sie Bilder zu übermannen, die sie beinahe in den Wahnsinn trieben. Keuchend sank sie gegen die Wand und rutschte daran zu Boden. Ihre Hand zitterte, als sie sie mit der Handfläche nach oben ausstreckte.

„Licht,“ flüsterte sie mit rauer Stimme. Sie wusste, das es ihr verboten war ohne Lehrer Magie auszuüben, aber das war ihr momentan vollkommen gleichgültig.

Ein sanftes Flackern erhellte ihre Hand und erlosch fast sofort wieder, aber es genügte, um ihr zu zeigen, dass sie sich in einem kleinen höchstens zwei mal zwei Meter messenden Raum befand, in dem haufenweise Säcke standen.

Fröstelnd umschlang sie ihre Knie und schloss die Augen. Über ihrem Kopf hörte sie scharrende Geräusche, als ob jemand etwas schweres über den Boden zog, aber da war noch ein anderes Geräusch, es hörte sich an, wie Donner, der auf sie zurollte, oder wie mehrere Pferdehufe, die im Galopp den Boden aufrissen. Sie hörte die Schritte des Mannes über sich, die sich langsam von der Bodenluke entfernten. Der Donner verstummte.

„Ich hatte dich nicht so früh zurück erwartet, Maarten. Deine Ware ist noch nicht eingetroffen,“ hörte sie die ruhige Stimme des Mannes.

„Keine Sorge, Hedn. Ich bin nicht deswegen gekommen,“ antwortete eine fremde, tiefere Stimme. „Ich verfolge schon seit Tagen die Spuren einer Entflohenen. Sie hat einen meiner Männer getötet.“

„Und was sucht ihr dann hier?“

„Wir haben ihre Spur kurz nach dem Waldrand verloren. Wie ich sehe, habt ihr gerade Heu eingefahren, ist euch auf dem Weg hierher etwas aufgefallen?“

Irgendwie brachte es der Fremde fertig jedes Wort, wie eine Drohung klingen zu lassen. Schwere, metallisch klingende Schritte näherte sich ihrem Versteck und verharrten kurz vor der Luke. Mira hielt die Luft an, sie wagte nicht zu atmen. Ihr Herz schlug so laut, dass es noch fünf Kilometer weiter zu hören sein musste.

„Nein, nichts. Das heißt doch,“ Miras Herz schien einen Herzschlag auszusetzen, „unten am Fluss haben wir eine noch frische Feuerstelle gesehen, aber das könnten genauso gut Jäger oder Zigeuner gewesen sein.“

„Wie auch immer, wir werden der Sache nachgehen.“ Die Schritte entfernten sich wieder von der Luke und verharrte noch einmal. „Weißt du Hedn, dieser Sommer ist recht trocken, es würde ein einziger Funke genügen um dich zu ruinieren und wer weiß, im Feuer sind schon viele Menschen umgekommen.“

„Was soll das Maarten?!“ fragte der Mann mit einem wütenden Unterton in der sonst so ruhigen Stimme. „Du drohst mir? War ich dir nicht immer Loyal, Freund? Oder Denkst du ich verstecke deine kleine Entflohene in meinem Vorratskeller?“

„Pass auf, Hedn. Du hast Recht, wir waren Freunde und ich habe nie an deiner Loyalität zu mir gezweifelt, aber die Zeiten ändern sich.“

Mira konnte das metallische Klirren seiner Rüstung hören, als sich der Mann wieder auf sein Pferd hievte.

„In vier Tagen werde ich wiederkommen, um die Ware zu überprüfen, bis dahin halte deine Augen offen.“

Nachdem der Fremde wieder verschwunden war, dauerte es lange, bis die Luke über ihrem Kopf geöffnet wurde und der Mann neben ihr niederkniete.

„Kannst du laufen?“ fragte er mit besorgter Stimme und musterte sie ernst.

Mira nickte und versuchte sich in die Höhe zu stemmen, schaffte es aber erst als der Mann ihr half.

„Ich glaube den kann ich dir jetzt wiedergeben,“ sagte der Mann und hielt ihr den Dolch mit dem Griff voran entgegen. Sie nahm ihn wortlos an sich und steckte ihn wieder in ihren Gürtel. „Warum haben sie mir geholfen?“ fragte sie mit rauer Stimme, ihr Hals war ausgedörrt und das Reden tat ihr weh.

„Später,“ wich der Mann ihr aus. „Zuerst einmal werden wir dich versorgen, und dann schläfst mindestens 36 Stunden durch. Komm wir gehen ins Haus.“Mira war viel zu müde um zu widersprechen. Auf halben Weg versagte ihre Kräfte endgültig, so dass der Mann sie wie ein kleines Kind auf die Arme nahm und in das Haus trug. Sie konnte sich kaum noch an die nächsten Tage und Nächte erinnern die folgten. Später erfuhr sie, dass sie annähernd 24 Stunden im Fieber dagelegen hatte. Alpträume, in denen sie von schwarzen Schatten gejagt wurde, plagten sie. Sie redete mit ihrem Vater, der gar nicht da war und schreckte mehrere Male schreiend und um sich schlagend auf. Sie sah ihr Dorf brennen, der Geruch von Rauch und Blut lag in der Luft, überall rannten Kinder, Frauen und Männer durcheinander. Sie sah einen Menschen bei dem Lager ihrer Eltern, sein Schwert war rot vor Blut, neben ihm lagen zwei zusammengekrümmte Gestalten. In den Augen des Mannes las sie puren Hass, sie wollte schreien, aber sie konnte es nicht. Die Bilder verschwammen, was folgte war ein tiefer traumloser Schlaf, aus dem sie erst am Morgen des dritten Tages erwachte.

Eine Hand rüttelte sie ins Bewusstsein zurück. Verschwommen sah sie ein fremdes Gesicht über sich. Im ersten Moment war sie vollkommen orientierungslos, dann erinnerte sie sich wieder und fuhr mit einem erschrockenen Schrei in die Höhe. Sofort wurde ihr schwindlich und die Hand, die sie zuvor gerüttelte hatte, drückte sie nun mit sanfter Gewalt in die Kissen zurück.

„Ganz ruhig, es ist alles in Ordnung. Wie fühlst du dich?“

Mira blinzelte die grauen Schleier, die sich vor ihren Blick gelegt hatten fort und versuchte erneut sich aufzusetzen, diesmal hielt der Mann sie nicht zurück.

„Ich weiß nicht,“ antwortete sie ehrlich. „Wie lange habe ich geschlafen?“

„Fast drei Tage. Denkst du, dass du aufstehen kannst?“

Mira nickte und schwang die Beine aus dem Bett. Der Mann streckte ihr seine Hand entgegen, aber sie ignorierte sie und stand aus eigener Kraft auf. Sofort wurde ihr wieder schwindlich, so dass sie sich am Bettpfosten festhalten musste. Erstaunt stellte sie fest, das sie vollständig angezogen war, allerdings trug sie nicht ihre Sachen sondern steckte in einem mit Rüschen besetzen Kleid, dass ihr etwas zu groß war. Ihre Füße steckten in hellblauen Sandalen. Erschrocken glitten ihre Hände nach oben an ihren Hals, die Kette mit dem Stein war noch da.

„Was soll das, wo sind meine Sachen?“

Der Mann schüttelte nur den Kopf und griff nach ihrem Ellenbogen, um sie zu stützen.

„Ich erkläre es dir, aber erst wirst du etwas essen, du musst wieder zu Kräften kommen.“

Mira widersprach nicht und ließ sich, obwohl es ihr unangenehm war, von dem Mann gestützt aus dem Zimmer führen. Ein angenehmer Geruch stieg ihr in die Nase, als sie den Raum betraten, der wohl als Kochstelle diente. Ihr Magen knurrte hörbar. Eine etwas dickliche Frau stand über die Feuerstelle gebeugt, und nahm gerade einen Topf vom Feuer.

Sie hob den Kopf und lächelte freundlich. „Schön, dass du endlich wach bist. Setz dich, du musst ja halb verhungert sein.“

Der Mann – Hedn, verbesserte sie sich in Gedanken, bot ihr einen Stuhl an und sie setzte sich zögernd. Die Frau reichte ihr eine Schüssel mit einer wohlriechenden Flüssigkeit.

„Iss, aber nicht zu schnell, dein Magen muss sich erst wieder an feste Nahrung gewöhnen,“ ermahnte sie die Frau, als Mira nach dem Löffel griff, der neben ihr lag. Die ersten Löffel entfachten ihren Hunger nur noch, so dass sie alle Warnungen in den Wind schlug und den Inhalt der Schüssel in wenigen Minuten hinunterschlang. Ihr Magen begann sofort zu rebellieren und zog sich schmerzhaft zusammen, aber ihr Hunger war größer. Erst nach der zweiten Portion schob sie die Schüssel von sich. Sie war noch lange nicht satt, aber langsam wurde ihr übel.

„Danke.“

Hedn und seine Frau hatten die ganze Zeit still gewartet, und ihr zugesehen. Unruhig rutschte Mira auf ihrem Stuhl hin und her. Sie wusste was nun kommen würde und sie hatte Angst davor.

„Ich möchte euch danken,“ begann sie vorsichtig. „Ohne euch wäre ich verloren gewesen. Ich schulde euch etwas“

Hedn nickte. „Das sehen ich auch so. Ich möchte, dass du uns erzählst, was passiert ist. Beginne mit deinem Name und ende an der Stelle, an der du mich angegriffen hast.“

Mira zuckte bei seinen Worten schuldbewusst zusammen.

„Mein Name ist Mira Lara UnTa. Ich wurde vor 16 Jahren in den Wäldern des Urgal geboren. Mein Vater ist der zweite Jäger Jutan UnTa und meine Mutter ist die Heilerin Yvon UnTa. Mein Volk sind die Eloi, wir sind das erste Volk. Wir sind weder Krieger, noch mischen wir uns in die Belange anderer ein.“ Sie holte Luft und fuhr mit leicht zitternder Stimme fort. „Vor etwa acht Tagen wurden wir angegriffen, es waren Menschen und andere Wesen in schwarzen Rüstungen. Sie fielen über uns her, viele von ihnen bezahlten dafür mit ihrem Leben, aber letztendlich waren sie es, die am Ende den Sieg davon trugen. Sie zündeten unsere Lager an, töteten die Kinder und Frauen. Sie haben alle getötet.“

Ihre Stimme erstarb, als die Bilder erneut über ihr Bewusstsein herfielen. Es dauerte lange, bis sie die Kraft fand weiter zu sprechen.

„Ich war auf der Jagd, doch mein Beutel war leer, als ich an diesem Tag nach Hause kam. Ich hätte etwas spüren müssen, der Wald war düster, kein Tier ließ sich blicken. Ich hätte es einfach spüren müssen,“ wiederholte sie und ballte ihre Hände zu Fäusten, so dass sich ihre Fingernägel schmerzhaft ins Fleisch trieben, doch der Schmerz war angenehm real. Sie schüttelte den Kopf.

„Ich sah einen Mann, er tötete meine Eltern und starrte mich an, so als ob ich die nächste wäre. Ich hasste ihn. Ich wollte ihn nicht nur verletzen, als ich ihn angriff, ich wollte ihn töten. Er verbrannte in den Flammen, die sie gelegt hatten. Danach weiß ich nichts mehr. Sie müssen mich für tot gehalten haben, denn als ich wieder zu mir kam war es Nacht, um mich herum war der Tod, nichts atmete mehr, selbst das Feuer war niedergebrannt. Ich beerdigte meine Eltern, ich wollte auch den anderen die letzte Ehre erweisen, aber es waren so viele, und ich war allein und hatte Angst, die Krieger würden zurück kehren. Ich rannte davon. Den Rest kennen sie.“

Hedn’s Frau sprang auf, umrundete den Tisch und schloss Mira in die Arme. „Du armes Kind.“

Die Berührung war Mira unangenehm, aber sie widerstand dem Impuls zurück zu zucken. Hedn’s Frau schien dies zu spüren und ließ sie wieder los.

Hedn selbst sah sie mit einem undefinierbaren Blick in den Augen an. Er schüttelte den Kopf und stand auf. „Ich hätte es wissen müssen. Seit dem Tag, an dem er mir von euch erzählt hat, aber das er zu so etwas fähig wäre, mein Gott.“

Mira sah in irritiert an. „Was bedeutet das?“

Im ersten Moment, glaubte sie nicht das Hedn antworten würde. Unruhig ging er auf und ab, den Blick zu Boden gerichtet. Dann blieb er plötzlich stehen und sah sie an. „Was sagst du ist euer Volk?“

„Wir sind die Eloi.“

„Nein, dass meine ich nicht, du hast etwas von dem ersten Volk gesagt, was meinst du damit?“

„Als diese Welt noch jung war, waren die Eloi das erste Volk. Wir wurden zahlreicher mit der Zeit, einige von uns zogen sich in die Berge zurück, andere in die Tiefebenen. Wir passten uns an. Und mit den Jahrhunderten wurde aus uns das, was ihr heute Elben, Zwerge, Menschen oder auch Trolle nennt. Nur wenige von uns existieren noch im ursprünglichen Sinne, tief in den Wäldern dieser Welt,“ gab sie die Worte wieder, die sie vor langer Zeit von den Alten ihres Volkes gelernt hatte, damit sie niemals vergaß, wer sie war.

„Wer hat dir das erzählt?“ fragte Hedn mit einem leicht amüsierten Ausdruck in den Augen.

„Unsere Ältesten, sie gaben dieses Wissen von Generation zu Generation weiter.“

Hedn schüttelte den Kopf. „Das ist Unsinn, ihr seid nicht das erste Volk.“ Er lachte. „Vielleicht konnten sich einige von euch nicht damit abfinden woher sie kamen, und haben sich diesen Quatsch zusammen gereimt, aber glaub mir, ihr ward niemals das erste Volk, wenn man euch überhaupt als ‚Volk’ bezeichnen kann.“

Etwas an dem Ton wie Hedn diese Worte aussprach gefiel Mira nicht. Wütend sprang sie auf und schlug mit der geballten Faust auf den Tisch. „Wer bist du, dass du so über mich und die meinen redest? Warum bezeichnest du mich als Lügner?“

„Ich bezeichne dich nicht als Lügner, aber das, was man dir erzählt hat ist falsch.“ Er zuckte mit den Schultern. „Im gewissen Sinne haben deine Ältesten sogar Recht, ihr seid verwandt mit fast allen Völkern dieser Welt, aber euer Ursprung ist ein anderer.“

Mira wollte erneut auffahren, aber Hedn machte eine besänftigende Geste. „Ich erzähle es dir, wenn du mir nichts glaubst, dann ist es deine Sache, aber du musste den Grund erfahren, warum ihr angegriffen wurdet. Wir haben nicht mehr viel Zeit, also lass mich sprechen.“

Mit vor der Brust verschränkten Armen ließ sie sich wieder auf den Stuhl sinken, und sah Hedn auffordernd an.

„Schon seit Hunderten von Jahren,“ begann er, „tobt ein Krieg, zwischen Elben, Menschen und Zwergen, den Hauptvölkern dieser Welt. Auch die Wilden, Trolle, Sumpfwesen, und wie sie alle heißen, kämpften, aber sie waren zu schwach und ohne Anführer, als dass sie uns gefährlich werden konnten. In dieser Zeit wurden Kinder des Krieges geboren. Kinder die weder Mensch, Elb noch Zwerg waren, sonder Halblinge, wie wir sie nannten. Sie wurden von niemandem geduldet, manche wurden getötet andere einfach ausgesetzt. Es kam vor, dass Frauen ihre Kinder versteckten, oder mit ihnen in die Wälder flohen, aus Angst sie könnten ihnen genommen werden. Es heißt, dass tief in den Wäldern ein Siedlung wäre, in denen die Halblinge zusammen lebten, aber das waren Gerüchte.

Auch ich kämpfte in der Armee des Königs, zusammen mit meinem besten Freund. Während dieser Zeit habe ich viele sterben sehen, zu viele. Mein Freund war ein Späher, seine Aufgabe war es den Feind auszuspionieren und uns über seine nächsten Schritte zu informieren, aber eines Tages verschwand er einfach. Kurz darauf wurde eines unserer geheimen Waffenlager von den Elben angegriffen. Wir erlitten schwere Verluste. Es gab Unruhen und es hieß, mein Freund hätte uns verraten, er wäre desertiert. Ich konnte es nicht glauben und versuchte die anderen von seiner Unschuld zu überzeugen, aber ich war nur eine einzelne Stimme gegen Tausende. Irgendwelche Verrückten ermordeten seine Frau und seinen Sohn, aus Hass.“ Er ballte die Faust und in seiner Stimme schwang nur noch schwer unterdrückter Zorn mit. „Kurz darauf kehrte mein Freund zurück, halb tot. Die Wilden hatten ihn auf einer seiner Patrouillen überfallen und er war nur knapp mit dem Leben davon gekommen. Er hatte den Elben nichts verraten. Ich versteckte ihn, da ich wusste, dass man ihm kein Wort glauben würde. Als ich ihm erzählte, was mit seiner Familie geschehen war, wurde er fast verrückt. Tagelang sprach er kein Wort. Er verschwand, spurlos. Kurz darauf wurde ich in einer Schlacht verwundet und kehrte nach Hause zurück. Monate vergingen, bis mein Freund plötzlich vor meiner Tür stand und mich um einen Gefallen bat.“

„Warum erzählt ihr mir das alles?“ fragte Mira verwirrt.

„Mein Freund heißt Maarten, er ist der jenige, der euer Dorf überfiel.“

Mira starrte Hedn einige Augenblicke fassungslos an. „Aber warum?“ ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Warum?“ wiederholte sie. Sie kannte die Wahrheit. Tief in sich wusste sie, warum ihr Volk sterben musste, aber sie wollte es nicht wahrhaben, denn dass würde bedeuten, dass sie die Schuld an allem trug. Es drufte nicht wahr sein, musste eine andere Erklärung geben.

Hedn zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht genau. Maarten ist nicht mehr der Mann, den ich einst kannte. Nachdem er verschwunden war, ging er zu den Wilden, ich weiß nicht wie er es geschafft hat, aber er ist ihr Anführer, sogar Menschen stehen in seinem Dienst. Er führt Krieg, gegen uns, gegen die Elben und Zwerge, gegen diejenigen, die ihm alles nahmen, was ihm lieb und teuer war. Er sagt er wolle uns Frieden bringen. Vielleicht hat er durch die Wilden von euch erfahren. Trolle und Gnome haben ihre Augen überall. Er hat euch angegriffen, aus Angst ihr könntet euch auf die Seite der Gegner stellen.“

„Das ist doch Wahnsinn!“ begehrte Mira auf, sie konnte es nicht glauben, aber sie wollte es zugleich. „Wir hätten uns niemals in euren Krieg eingemischt, und selbst wenn, wir waren nur Hundert. Ein Tropfen im Ozean.“

„Aber ihr Besitzt etwas, dass Maarten gefährlich werden könnte, du hast es selbst gesagt.

Er verbrannte in den Flammen, die sie gelegt hatten,“ zitierte er sie. „Magie. Nicht einmal Elben könnten ihre Gegner Kraft ihres Willens verbrennen.“

Entsetzt schüttelte Mira den Kopf. „Aber ich will niemanden töten! Nie wieder!“

Hedn sah sie ernst an. „Du hast es einmal getan, und du würdest es wieder tun, glaub mir. Ein Mensch der hasst, ist zu allem fähig.“

„Ich bin kein Mensch,“ flüsterte Mira und barg ihren Kopf in den Händen. Sie war müde und fühlte sich auf eine beängstigende Weise leer und ausgelaugt. Dieses Mal war sie Hedn's Frau dankbar, als diese sie sanft in die Arme nahm und ihr über das Haar strich.

„Es ist genug, Hedn. Sie ist noch lange nicht wieder gesund, lass sie ausruhen.“

„Du weißt, dass das nicht geht, Fjella. Maarten wird morgen in aller frühe hier sein, um seine Ware abzuholen, bis dahin, muss sie verschwunden sein.“

„Ihr schickt mich fort? Aber wohin soll ich gehen? Ich habe doch niemanden mehr.“ Sie war den Tränen nahe und konnte sich nur noch mit aller Kraft beherrschen.

Hedn's Stimme wurde eine Spur wärmer als er antwortete,

„Ich habe nicht mein Leben riskiert, nur um dich ins Verderben laufen zu lassen,“ erklärte er sanft. „Mein Sohn wird dich nach Kartuum bringen. Wir haben dort Verwandte und der Hohe Rat muss erfahren, was passiert ist. Ich kann euch nur ein Pferd geben, da Maarten sonst Verdacht schöpfen könnte. Ich erzähle ihm, dass mein Sohn einige Erledigungen für mich abzuwickeln hat. Bei Sonnenaufgang werdet ihr aufbrechen, bis dahin kannst du dich noch etwas ausruhen. Es wird eine lange Reise, und du brauchst deine Kräfte. Fjella, wird dafür Sorge tragen, dass man dich nicht sofort erkennt.“

Obwohl sie so müde war, wie noch nie zuvor in ihrem Leben, lag sie noch lange Zeit wach. Zu viele Gedanken wirbelten in ihrem Kopf durcheinander. Das Wissen in ihr ließ ihr keine Ruhe, aber die verschloss sich noch immer davor. Schließlich fiel sie aber doch in einen unruhigen Schlummer. Sie wurde noch vor Sonnenaufgang geweckt, und hatte das Gefühl kaum mehr als wenige Minuten geschlafen zu haben, dabei mussten mehrere Stunden vergangen sein. Hedn's Frau, Fjella färbte ihr die hellen, schon fast weißen Haare mit einer übel riechenden Flüssigkeit schwarz.

„Keine Sorge, mit der Zeit wäscht es sich raus,“ sagte sie beruhigend, als sie Miras entsetzten Gesichtsausdruck bemerkte. Als wäre sie sich nicht schon dämlich genug in dem hellblauen Kleid vorgekommen, band man ihr nun auch noch ein weißes Tuch um die Stirn, um ihre spitzen Ohren zu verbergen. Als sie schließlich fertig waren und auf den Hof hinaus traten, überzogen bereits die ersten Sonnenstrahlen den Horizont. Hedn befestigte gerade den Sattel und sah auf, als sie durch die Tür traten. Neben ihm stand ein Junge, kaum älter als sie. Er war groß, mindestens einen Kopf größer als sie, hatte strohblondes Haar und musterte sie mit einem seltsamen Gesichtsausdruck.

„Ja, das wird gehen,“ nickte Hedn. „Du bist zwar etwas zu klein geraten für dein Alter und siehst etwas blass um die Nasenspitze aus, aber jedenfalls hast du die menschlichen Gesichtszüge geerbt, solange du das Tuch nicht abnimmst, wird niemand erkennen wer du wirklich bist. Das hier ist übrigens mein Sohn, Chris. Er wird dich sicher nach Kartuum bringen.“

Mira nickte ihm kurz zu und zwang ein Lächeln auf ihre Züge. „Hallo, Chris.“

„Hallo,“ erwiderte er kühl und schwang sich, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen auf das stämmig aussehende Pferd.

Hedn packte sie, trotz ihrer Proteste, kurzerhand um die Taille und hob sie hinter Chris in den Sattel.

„Pass gut auf ihn auf, dass er mir heil wieder zurück kommt,“ sagte er lächelnd und zwinkerte ihr zu. Mira verstand nicht ganz, wie man in dieser Situation Scherze machen konnte, aber wahrscheinlich würde sie die Menschen nie ganz verstehen.

„Das werde ich, sie haben mein Wort darauf,“ antwortete sie mit einiger Verspätung.

Hedn nickte, ein ernster Ausdruck legte sich auf sein Gesicht, er sah beinahe so aus, als würde er jeden Augenblick in Tränen ausbrechen. Noch bevor Mira ein weiteres Wort sagen konnte, versetzte Hedn dem Pferd mit der flachen Hand einen Hieb auf die Hinterbeine, so dass Mira sich erschrocken an Chris festklammern musste, um nicht abgeworfen zu werden, als der Gaul mit einem lauten Wiehern lossprengte.

Bearbeitet von Lifthrasil
  • 3 Monate später...
Geschrieben

Wow, die Geschichte ist ja wirklich fantastisch!!!!

Ich schreibe auch selber gerne (lange) Geschichten.

Aber die ist ja echt super!!!

Mir gefällt vorallem Mira sehr gut und ihr Karakter.

Sie ist nicht wild wie ein Tier, aber auch nicht zahm wie ein Mensch.

Sehr schöne Geschichte!!!

Geschrieben

Mir gefällt die Geschichte auch super gut, ich freue mich hscn auf die Fortsetzung, aber ich habe nicht so ganz begriffen, was Mira jetzt eigentlich ist....

Gast Lifthrasil
Geschrieben

Hallooo!

Erstmal danke für eure Antworten!!

Dachte schon ich bekomme keine mehr.

Was Mira nun ist, bleibt ein bisschen verwaschen. Von Sicht der Menschen her halt ein Mischmasch, dass aus den Kriegen entstanden ist, also praktisch ein "Halb"ling aus Menschen, Elfen und Zwergen... oder was sonst noch so dazwischen war :-)

Aus der Sicht ihres "Volkes" das sich halt zurückgezogen in den Wäldern weiterentwickelt hat, sind sie das erste Volk, das die Welt beherrscht hat und praktisch noch das Überbleibsel aus dieser Zeit. Von diesem Volk haben sich dann Menschen, Elben und Zwerge etc. abgespalten. Außerdem haben sie damals noch magische Kräfte gehabt, die aber über die Zeit größten Teils verloren gingen.

Wer nun recht hat... wer weiß das schon :kratz: ... Ich weiß es! Aber das verrate ich natürlich nicht :bengel:

Ich stelle die Fortsetzung später online, sobald mein Computer wieder funktioniert :heul: Der is kapputt :heul:

Hoffentlich gefällt euch die Fortsetzung auch.

Herzliche Grüße

Carola

Geschrieben

Die Geschichte ist wirlich super!

Es ist dir ziehmlich gelungen die Personen real rüberzubringen.

Man kann sie in die Geschichte richtig vertiefen.

Hoffe auf eine baldige Fortsetzung :-O

  • 3 Wochen später...
Gast Lifthrasil
Geschrieben

Huhu!

Mein PC ist immer noch kapputt :heul: deswegen nur ein kleiner Teil der Fortsetzung... nicht wundern: das sind zwei Geschichten die erst parallel und später zusammenlaufen.

Los gehts - Ort: Hier Zeit: jetzt ...und entschuldigt die häufige Benutzung des Wortes "Sch..."

Begegnungen

Es war der 99. Geburtstag seiner Großmutter. Die ganze Familie war gekommen, und das waren nicht gerade wenige, denn seine Großmutter hatte drei Töchter und zwei Söhne, die Kinder hatten, und einige hatten davon wiederum Kinder. Alles in allem, in dem kleinen Haus am Rande der Stadt herrschte ein heilloses durcheinander. Während die Kleinen aufgedreht umherrannten versuchten die älteren hektisch Ordnung in das Chaos zu bringen, ausgenommen Onkel Bob, der ruhig in seinem Sessel saß und Zigarre rauchte. Ab und zu gab er einen hilfreichen Kommentar ab, wie z.B.: „Nun mal ganz ruhig mit den jungen Pferden“ oder „Nun setzt euch doch erst mal, wird schon werden“.

Justus begnügte sich damit neben seiner Großmutter auf dem Sofa zu sitzen und zu beobachten, wie das Gesicht seiner Mutter von Sekunde zu Sekunde roter wurde, soweit er es beurteilen konnte, fehlte nur noch ein Tropfen um das Fass zum überlaufen zu bringen, und Onkel Bob tat sein bestes dieser Tropfen zu sein. Justus wusste inzwischen nur zu gut, dass man während dieser Zeit, seiner Mutter am besten aus dem Weg ging und keinen Laut von sich gab, am besten wurde man Unsichtbar.

Seine Großmutter tat ihm Leid. Sie sah unendlich klein aus, wie sie neben ihm auf dem Sofa saß und aus großen Augen das hektische Treiben beobachtete. Seit den letzten Jahren war sie immer ruhiger geworden und manchmal gab es Momente, in denen sie nicht mehr ganz bei Verstand war, aber wer konnte ihr das verübeln. Sie war nicht mehr die jüngste und manchmal schüttelte sie stumm den Kopf und vermutete ruhig, der Tod habe sie einfach vergessen.

Justus spürte wie sie nach seiner Hand griff und sie drückte. Ihre Haut fühlte sich rau an und kalt. Er sah auf und begegnete ihren braunen, fast schwarzen Augen die ihn liebevoll ansahen. Ihr Gesicht sah alt und müde aus. Ihre Haut war bleich und tiefe Falten hatten sich um ihre Augen und Mundwinkel eingegraben. Ihr langes weißes Haar trug sie zu einem Zopf geflochten, der ihr über die rechte Schulter hing. Er konnte sich noch daran erinnern, wie er damals, als er noch klein war, stundenlang auf ihrem Schoß gesessen hatte. Sie hatten niemals viele Worte gebraucht, um sich zu verstehen.

Justus war der einzige aus der Familie, der keine Geschwister hatte. Sein Vater war kurz nach seiner Geburt gestorben und seine Mutter hatte nicht wieder geheiratet. Als er 2 Jahre alt gewesen war, starb sein Großvater und Großmutter zog zu ihnen, weil sie die einzigen gewesen waren die genug Platz hatten, außerdem konnte sie so auf ihn aufpassen, während seine Mutter arbeiten ging. Inzwischen war er jedoch neunzehn Jahre alt, und nun war es eher umgekehrt, dass er auf seine Großmutter aufpasste.

„Justus! Verdammt, ich rede mit dir!“ riss ihn die aufgebrachte Stimme seiner Mutter je aus seinen Gedanken.

„Entschuldige, was hast du gesagt?“

Seine Mutter atmete tief ein, sichtlich darum kämpfend nicht ihre Beherrschung zu verlieren, während sie Onkel Bob, der den gesamten Raum mit seiner Zigarre verpestete, einen genervten Seitenblick zuwarf.

„Geh bitte in den Supermarkt und hol Cola und etwas Knabberkram, ich habe es heute morgen vergessen. Hier nimm das Geld.“

„Kann ich deinen Wagen nehmen?“ fragte Justus hoffnungsvoll und stopfte den 10 Euro Schein in die Hosentasche seiner ausgewaschenen Jeans. Er hatte vor einer Woche seine Führerscheinprüfung bestanden, konnte sich aber kein Auto von seinem Taschengeld leisten, so dass er jede Gelegenheit nutze, mit dem Auto seiner Mutter zu fahren.

„Kommt nicht in Frage, das ist vollkommen zugeparkt, nimm dein Fahrrad!“

„Aber ...“ begann Justus sichtlich enttäuscht, wurde jedoch sofort wieder unterbrochen.

„Jetzt mach schon! Der Supermarkt ist nur 3 Kilometer von hier! Du kannst auch ruhig mal was tun, ich räum dir immer alles hinterher, aber sobald du mal was für mich machen sollst, dann ist das gleich ein Weltuntergang!“ fauchte sie ihn wütend an.

Das was Justus die ganze Zeit über befürchtet hatte, war eingetreten. Er war zu dem sprichwörtlichen Tropfen geworden, der das Fass zum überlaufen gebracht hatte.

Hastig trollte er sich, bevor seiner Mutter noch mehr einfiel, was sie ihm an den Kopf werfen konnte. Ohne ein weiteres Wort flüchtete nach draußen. Die Sonne begann schon unterzugehen und tauchte die Welt in ein warmes Licht. Es war Spätsommern und angenehm warm. Seufzend sah er sein Fahrrad an, er hatte es zu seinem 16. Geburtstag bekommen, ein edles Rennrad, allerdings wäre ihm ein Rennauto jetzt wesentlich angenehmer gewesen. Nun hatte er endlich seinen Führerschein, und konnte doch nicht fahren.

Ergeben schwang er sich auf das Rad und schlängelte sich durch die parkenden Autos. Sie wohnten in einer ruhigen Wohngegend, auf dessen Hauptstraße zu dieser abendlichen Zeit kaum noch Autos fuhren.

Justus warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr und erschrak. Der Supermarkt schloss schon in 15 Minuten, er musste sich beeilen wenn er rechtzeitig da sein wollte, um auch noch Cola und Chips einzukaufen.

Tief über den Lenker gebeugt radelte er los, und schaffte es tatsächlich 5 Minuten vor Ladenschluss. Hastig schloss er sein Rad ab. Als er durch die Eingangstor lief, warf ihm die Kassiererin einen ungeduldigen Blick zu. „Wir schließen in fünf Minuten!“

Justus nickte, außer Atem. „Ich weiß. Es dauert nicht lange, wirklich.“

Seine Mutter hatte ihm nicht gesagt wie viel Cola und Chips sie brauchten, so dass er etwas unschlüssig vor dem Regal stand. Schließlich zuckte er mit den Schultern, nahm sich drei Cola Flaschen, zwei Tüten Chips und eine Dose Erdnüsse und schaffte es irgendwie alles sicher zur Kasse zu balancieren.

Während er versuchte sein Fahrrad möglichst ausgeglichen zu beladen, gingen hinter ihm im Laden alle Lichter aus, und die Rollläden wurden heruntergelassen. Seit dem Einbruch vor einem Jahr, was das Geschäft sicherer als Fort Knox. Es waren erst fünfzehn Minuten vergangen, aber es war bereits deutlich dunkler und auch kühler geworden, so das er bereute keine Jacke mitgenommen zu haben.

Obwohl er genau wusste, dass seine Mutter ihn schnell zurück erwartete, ließ er sich Zeit und fuhr gemütliche Schlangenlinien auf der verkehrsruhigen Straße. Er hatte wenig Lust all zu schnell in die angespannte Atmosphäre zurück zu kehren, auch wenn ihm das womöglich eine weitere Standpauke einbrachte.

Als er an dem Spielplatz vorbeifuhr hörte er plötzlich einen leisen Schrei. Unsicher stoppte er und sah sich um, konnte jedoch keine Menschenseele entdeckten. Der Schrei wiederholte sich, diesmal war Justus sich sicher, dass er vom Spielplatz kam. Er konnte sich jedoch nur schwer vorstellen, dass jetzt noch Kinder dort spielten. Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend lenkte er sein Fahrrad auf die kleine Seitenstraße auf den Spielplatz zu. Im ersten Moment konnte er nichts erkennen, doch dann fiel ihm eine kleine Gestalt auf, die neben den Schaukeln hockte.

„Hey, du!“ rief er, stieg von seinem Fahrrad und lehnte es gegen den Holzzaun, der den Spielplatz einrahmte. „Was machst du noch hier? Wo sind deine Eltern?“

Die Gestalt hob den Kopf, und Justus wich erschrocken einen Schritt zurück.

Das bleiche Gesicht einer jungen Frau sah ihm entgegen. Sie blutete aus einer tiefen Platzwunde über der Stirn. Als sie ihn sah weiteten sich ihre Augen, schwankend stand sie auf, machte einen Schritt auf ihn zu und stürzte mit weit ausgestreckten Armen zu Boden.

„Oh mein Gott!“ flüsterte er und war mit ein paar schnellen Schritten neben ihr. Vorsichtig drehte er sie herum und erschrak, als er sah in welch schlimmen zustand sich die Frau befand. Ihr Kleid hing in fetzen, und als Justus seine Hand unter ihrem Rücken hervorzog war sie voller Blut. Ihre Gesichtszüge, waren vor Schmerzen verzerrt und obwohl sie sehr jung aussah, war es ihm unmöglich zu schätzen wie alt sie war.

„Oh, scheiße!“ keuchte er. „Oh man, bleiben sie ganz ruhig, ich hole Hilfe!“

Er wollte aufstehen, doch im gleichen Augenblick öffnete die Frau ihre Augen und hielt ihn am Arm zurück. „Geh nicht.“

„Aber sie brauchen Hilfe!“ antwortete Justus.

Die Frau schüttelte schwach den Kopf. „Dafür ist es zu spät. Hier nimm es und pass gut darauf auf.“ Sie griff nach seiner Hand und legte ihm etwas Kaltes hinein, dann schloss sie seine Finger zu einer Faust. „Versprich mir, dass du darauf aufpasst!“ keuchte sie mit weit aufgerissenen Augen.

Justus nickte. „Ja, natürlich, ich verspreche es.“

Ihre Gesichtszüge entspannten sich, sie lächelte. Justus konnte sehen, wie das Leben aus ihr wich, bis ihre Augen schließlich blicklos gen Himmel sahen, es ging unheimlich schnell.

Schockiert starrte er auf die leblose Gestalt in seinen Armen. Seine Hand zitterte, als er nach ihrem Handgelenk griff und verzweifelt nach einem Lebenszeichen suchte, es gab keines und eine Lidschlag später, gab es auch keine Frau mehr.

Wie elektrisiert sprang er in die Höhe und starrte auf den aufgewühlten Sand zu seinen Füßen, aber er blieb leer, die Frau war verschwunden, von einer Sekunde auf die andere. Nur das Blut an seiner Kleidung und an seinen Händen zeugte noch von ihrer Existenz.

Mit wild klopfendem Herzen hob er seine zur Faust geballten Hand und öffnete sie vorsichtig. Beinahe hätte er laut aufgelacht, als er sah, was darunter zum Vorschein kam. Auf seiner Handfläche lag eine kleine, scharfkantige, blaue Glasscherbe.

  • 2 Monate später...
Geschrieben

Also den 1. Teil der Geschichte finde ich richtig gut.Sehr schön und spannend geschrieben :-)

deswegen nur ein kleiner Teil der Fortsetzung... nicht wundern: das sind zwei Geschichten die erst parallel und später zusammenlaufen.

Wie die 2. Geschichte mit der 1. zusammenlaufen und auch zusammenpassen soll kann ich mir nun gar nicht vorstellen,aber ich lass mich gern überraschen.

Wann gehts denn weiter?

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