sam Geschrieben 15. März 2007 Geschrieben 15. März 2007 hallo ihr lieben, ich mache dieses jahr mein abitur und mein mündliches prüfungsfach ist deutsch. mein dazu gewähltes thema ist "Fantasy: wiedergeburt und erfolg mittlealterlicher sagengestalten?!?" ich lese selber viel fantasy, hätte aber noch ein paar fragen, deren antworten ich ausgewertet in mein projekt mit einbringen möchte und es wäre super, wenn ihr mir dabei helfen könntet 1. warum lest ihr so gerne Fantasyromane? 2. worin liegt eurer meinung nach der aktuelle boom der fantasyliteratur begründet? 3. was haltet ihr von der theorie des eskapismus in bezug auf fantasy? auch alle weiterführenden anmerkungen werden gerne zur kenntnis genommen, bin für alles dankbar lieben gruß, sam Zitieren
Gast celu Geschrieben 16. März 2007 Geschrieben 16. März 2007 Hallo Sam, ich komme mal gleich zur Sache: 1. Fantasy lese ich gerne, weil neugierug bin. In einer Fantasie-Welt ist alles möglich und man weiß nie, was passiert! Außerdem habe ich mittelalterliche Szenarien gern. Epische Schlachten und geheimnisvolle Orte. Das alles bietet vor allem diese Literatur. 2. Fantasy hat schon immer geboomt. Selbst im Mittelalter haben die Leute sich gerne von König Artus erzählen lassen. Zur Zeit tragen aber auch die Filme (Herr der Ringe, Eragon, etc.) dazu bei, dass Leute sich für Fantasy interessieren, die sonst vielleicht nicht in die Bücher gucken würden. Dass all das "in Mode" ist hat bestimmt noch mehr Gründe, aber alle paar Jahre wechselt das ohnehin. Kann man kaum vorher sagen. 3. Klar, Fantasy ist auf jeden Fall ein guter Eskapismus. Das gilt doch für jede Fiktion. In Tolkiens Mittelerde findet man beispielsweise sogar eine Antwort auf religiöse Fragen, wenn man lange genug sucht. Die Frage ist, ob einem das bewusst ist. Falls ja, wird man sich wohl nicht heilos in Fantasien verlieren. Hoffe, ich konnte dir ein Stück weiterhelfen. Es ist gar nicht so leicht die Fragen zu beantworten, wenn ich einmal genau darüber nachdenke... Zitieren
André Geschrieben 16. März 2007 Geschrieben 16. März 2007 (bearbeitet) 2. Fantasy hat schon immer geboomt. Selbst im Mittelalter haben die Leute sich gerne von König Artus erzählen lassen.Willst Du damit andeuten, die Artus-Sage sei eine Geschichte, die man als Fantasy-Geschichte bezeichnen würde? 3. Klar, Fantasy ist auf jeden Fall ein guter Eskapismus. Das gilt doch für jede Fiktion. Ich bin mir nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe. Aber ich kann beispielsweise einen fiktionalen Roman lesen, ohne dass ich mich in die Welt des Romans flüchte und im realen Leben nichts mehr zustande bekomme. In Tolkiens Mittelerde findet man beispielsweise sogar eine Antwort auf religiöse Fragen, wenn man lange genug sucht. Die Frage ist, ob einem das bewusst ist. Falls ja, wird man sich wohl nicht heilos in Fantasien verlieren. Das verstehe ich auch nicht. Wenn ich also in einem Buch wie 'Herr der Ringe' Antworten auf religiöse Fragen finde, dann leide ich nicht an Realitätsflucht und einseitiger Betrachtungsweise? Ich würde doch fast sagen, dass das genau andersherum ist Oder ist mein Verständnis von Eskapismus falsch? Bearbeitet 16. März 2007 von Hjälte Zitieren
Sissi Geschrieben 16. März 2007 Geschrieben 16. März 2007 Hallo sam! Dann will ich doch auch mal hierzu meine Meinung schreiben: zu Punkt 1: In einer Fantasywelt gibt es eigentlich keine Grenzen. Die Charaktere können zaubern, fliegen...eigentlich alles was wir auch gerne machen würden. Und es gibt immer wieder Überraschungen, da wir ja an die Naturgesetze unsere Welt gewöhnt sind, wenn auf einmal ein fantastisches Element auftaucht. Dies macht Fantasyromane auch so unvorhersehbar, eben fantastisch. zu 2: Also ob nun die Artus Sage als Fantasy betrachtet werden kann ist fraglich, da sie ja eigentlich zu den Sagen gehört und auf wahren Begebenheiten basiert. Ohne Frage kommen hier aber natürlich auch fantastische Elemente vor, die wie schon gesagt schon immer sehr gerne gehört wurden. Fantasy an sich ist also kein momentaner Trend. Nur heute heißt es nunmal Fantasy! Ich denke der "aktuelle Boom" betrifft eine bestimmte Altersgruppe. Die jüngeren Leser wurden durch Kinofilme wie HdR lediglich auf schon bestehende Fantasy Literatur aufmerksam. zu 3: Sich in andere Realitäten zu flüchten betrifft wohl wie schon erwähnt nicht nur Fantasy-Literatur. Allerdings bietet sie aber auch ganz neue Möglichkeiten, was besonders zu einer gedanklichen Flucht in diese fantastischen Welten verleitet. Ich denke auch hier trifft das eher auf die Jugendlichen zu, welchen sich in dieser Welt zurechtzufinden noch schwer fällt. Ansonsten noch viel Erfolg im Abi! Zitieren
Gast celu Geschrieben 16. März 2007 Geschrieben 16. März 2007 Also natürlich ist der Stoff der Artussage größtenteils erfunden. Es gibt mystische Zauberorte (keltische Feenwelt, etc.) also ist es doch auch Fantasy. Klare Sache! Natürlich kann man fiktionale Texte auch ohne Realitätsflucht zu betreiben lesen. Was ich meinte ist, dass sie sich aber auch gut zum Eskapismus eignen! Das Silmarillion bietet doch genausoviel Theologie wie die Bibel, oder? Ganz nüchtern betrachtet. Wer also will, der könnte davon eine Art Religion ableiten, nicht dass das gerechtfertigt oder vernünftig wäre, aber es geht. Zitieren
Gast Wando Geschrieben 16. März 2007 Geschrieben 16. März 2007 Hallo Sam! hallo ihr lieben, ich mache dieses jahr mein abitur und mein mündliches prüfungsfach ist deutsch. mein dazu gewähltes thema ist "Fantasy: wiedergeburt und erfolg mittlealterlicher sagengestalten?!?" Bevor ich die Fragen zumindest teilweise zu beantworten suche: Es ist umstritten, was zur "Fantasy" gehört, und ich stehe auf der Seite von Helmut Pesch: "Fantasy" gibt es praktisch erst ab den Sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts.* Also erst, seit es diesen Begriff gibt. Der Überbegriff davon wird oft mit "Phantastik" bezeichnet, in dem auch die alten Märchen und Sagen, viele antike und mittelalterliche Epen gehören. Diese Phantastik ist nicht erst jetzt mit der sogenannten Fantasy wiedergeboren worden, sondern ist ungebrochen seit dem Mittelalter weitergeführt worden - sowohl auf der reinen Unterhaltungsschiene als auch in der sogenannten höheren Literatur. Bei letzterer allerdings nur sehr mager (Ausnahme ist die literarische Romantik). Die Fantasy ist nach dieser Einteilung ein Unterbegriff der Phantastik und ist eine Sondererscheinung des 20./21. Jahrhunderts. Tolkien zähle ich nicht zur Fantasy, auch Harry Potter nicht, ebenso nicht die Romane von Michael Ende. Sie alle lassen sich auch nicht dadurch beschreiben, dass mittelalterliche Sagenfiguren wiederbelebt wurden. *Falls nötig, gebe ich noch die Quelle an. 2. worin liegt eurer meinung nach der aktuelle boom der fantasyliteratur begründet? Meiner Meinung nach hat das zwei Gründe (die unterschiedlich gewichtet sind bei jedem): a. Tatsächlich Eskapismus - in dem Sinn, als man sich in eine verlogene Welt flüchten will, die ersatzweise Probleme löst, ohne dass sie dem lesenden Menschen wirklich helfen b. (Falls es Werke von der Art Autoren sind, die ich eben nannte und keine billige Unterhaltungsliteratur): Die Leser finden, bei wirklicher Auseinandersetzung, dort das, was in realistischen Werken so oft fehlt: die Begegnung mit der menschlichen Psyche, die in Form von mythischen Bildern geschildert wird. Oder anders ausgedrückt: die Begegnung mit einer Welt jenseits der Sinne, die nichtsdestotrotz Realität besitzt. 3. was haltet ihr von der theorie des eskapismus in bezug auf fantasy? Habe ich schon unter 2. mit abgehandelt. Viel Erfolg! Wando Zitieren
Sissi Geschrieben 16. März 2007 Geschrieben 16. März 2007 Tolkien zähle ich nicht zur Fantasy, auch Harry Potter nicht, ebenso nicht die Romane von Michael Ende. Ähm, und wo würdest du die dann einordnen? In Belletristik? Und kannst du auch näher erörtern warum nicht in Fantasy? Definiere Fantasy... Zitieren
Gast Wando Geschrieben 16. März 2007 Geschrieben 16. März 2007 Ähm, und wo würdest du die dann einordnen? In Belletristik? Und kannst du auch näher erörtern warum nicht in Fantasy? Definiere Fantasy... Muss ich denn alles einordnen? Begründet habe ich es doch in meinem Beitrag. Defintiionen kann ich nicht aus dem Ärmel schütteln. Hilft Dir zwar nichts, aber Tolkien wird von Tolkienkennern allgemein nicht mehr zur Fantasy gezählt. Die ist, wie gesagt, erst in den Sechziger Jahren entstanden. Tolkienn schrieb ab 1916. Was Tolkien schrieb, waren Kunstsagen. Die stehen in der Tradition der literarischen Romantik. Das alles ist keine Fantasy. Zitieren
Sissi Geschrieben 16. März 2007 Geschrieben 16. März 2007 Tja, dann ist mir wohl nicht zu helfen... ;-) Zitieren
Gast Wando Geschrieben 16. März 2007 Geschrieben 16. März 2007 Tja, dann ist mir wohl nicht zu helfen... Jedenfalls nicht in diesem Thread. Das wäre ohnehin offtopic. Auch kann man ja selber sich Fantasy-Definitionen raussuchen. Ich habe das seinerzeit auch gemacht und habe viel Interessantes gefunden. Zitieren
sam Geschrieben 19. März 2007 Autor Geschrieben 19. März 2007 vielen lieben dank für eure antworten, die helfen mir schon einmal sehr! allerdings finde ich es noch etwas schwierig, die direkte beziehnung zwischen mittelalterlichen sagen und ihren figuren und eben diesen in der modernen fantasy herzustellen. hat sie ihre bedeutung stark gewandelt? lieben gruß, sam Zitieren
Sissi Geschrieben 19. März 2007 Geschrieben 19. März 2007 Also zumindest die Rolle der weiblichen Protagnisten hat sich schon mal geändert. Während sie früher z.B. in mittelalterlichen Sagen im Hintergrund warteten bis ihr Mann, Vater, Bruder etc. den Drachen erlegt haben sind sie heute durchaus auch ein aktiver Part der Fantasyliteratur. Oder hat da jemand ein Gegenbeispiel? Gibt es eine mittelalterliche Sage mit einer Heldin? Zitieren
Mandos Geschrieben 19. März 2007 Geschrieben 19. März 2007 Oder hat da jemand ein Gegenbeispiel? Gibt es eine mittelalterliche Sage mit einer Heldin? Da fällt mir spontan Königin Brunhild aus dem Nibelungenlied / der Nibelungensage ein. Sie ist sicherlich nicht die zentrale Heldenfigur der Sage schlechthin, aber sie ist ohne Frage ein aktiver und wichtiger Part der Handlung und zählt für mich auch zu den dortigen Heldengestalten. Zitieren
Torshavn Geschrieben 20. März 2007 Geschrieben 20. März 2007 (bearbeitet) Da fällt mir spontan Königin Brunhild aus dem Nibelungenlied / der Nibelungensage ein. Sie ist sicherlich nicht die zentrale Heldenfigur der Sage schlechthin, aber sie ist ohne Frage ein aktiver und wichtiger Part der Handlung und zählt für mich auch zu den dortigen Heldengestalten. Damit könnte man auch den Bogen in die gegenwärtige Fantasy machen. Es gibt, ähnlich wie bei Marion Zimmer Bradleys Nebel von Avalon, eine moderne Nacherzählung von Diana L. Paxson des Nibelungenliedes aus der Perspektive der Frauen: Die Töchter der Nibelungen. Erschienen ist das Buch 1993 im Original, 1995 in deutscher Übersetzung. Der Roman läßt sich ganz wunderbar lesen; eröffnet durch den weiblichen Blickwinkel neue Zusammenhänge. 1. warum lest ihr so gerne Fantasyromane? Zum Einen macht es mir großen Spaß Fantasy zu lesen. Zum Anderen tut es oftmals sehr gut, sich die wesentlichen Dinge in unserer von Grautönen dominierten Welt wieder vor Augen zu führen. Und da hilft Fantasy als Archetypenliteratur ( Gut / Böse ) ungemein. 2. worin liegt eurer meinung nach der aktuelle boom der fantasyliteratur begründet? Oberflächlich gesehen, denke ich, spielt der Weltfluchtgedanke eine große Rolle beim aktuellen Fantasyboom, der durch Filme wie Der Herr der Ringe oder Harry Potter noch geschürt wurde. Spricht man aber einmal mit Fantasy- Freunden, kommt schnell heraus, das noch mehr dahinter steckt: Das Leben in unserer Welt wird immer schneller, globaler. Werte wie Freundschaft, Liebe, Mut, Ehre usw. gehen im Alltäglichen immer mehr verloren. Egoismus und Kälte treten an ihre Stelle. Den meisten fehlen aber diese Werte. Die Fantasy erhebt sie zu Idealen; macht sie so wieder erleb- und erfahrbar. 3. was haltet ihr von der theorie des eskapismus in bezug auf fantasy? Die Weltflucht, der Eskapismus wird der Fantasy immer wieder zum Vorwurf gemacht, meiner Meinung nach, um sie abzuwerten, ihre Leser zu disqualifizieren. Ich halte es hier eher mit Ende und Tolkien. Beide halten die andere Welt ( die Phantasie ) für lebenswichtig. Michael Ende hat einmal gesagt, das der Mensch in beiden Welten, in Phantasie und Realität, zu hause sein sollte, um ein erfülltes Leben zu haben. Tolkien spricht von einer Ahnung von der Herrlichkeit Gottes, seines ursprünglichen Weltentwurfes, die man in der anderen Welt erfahren kann. Ich denke ab und zu sollte man unsere Realität verlassen, um mit neuem, wachen Blick zurückzukehren. Beste Grüße Torshavn Bearbeitet 20. März 2007 von Torshavn Zitieren
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