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Genus Verbi in Tolkiens Sprachen?


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Geschrieben

Hallo Leute! Ich bin auf der Suche nach Informationen über die Genus Verbi die Tolkien in seinen selbsterschaffenen Sprachen verwendet. Für alle, die sich nicht mehr an ihre Schulzeit zurückerinnern: Genus Verbi ist die Unterscheidung zwischen Aktiv (ich esse), Passiv (ich werde gegessen) und eventuellen anderen (zB. Medium im Altgriechisch: Ich esse (für mich /mich selbst) )

Wisst ihr etwas über die GV die Tolkien verwendet? Welche gibt es bei ihm? Hat er eventuell sogar welche dazuerfunden, die bisher nicht bekannt waren?

Vielen Danke für die Antworten im Vorraus,

Eldanor

Geschrieben

also, ich weiß, dass es im Sindarin eben Aktiv und Passiv gibt (wobei es beim Passiv nicht so sicher ist, wie es gebildet wird)

Zählt zu Genus Verbi auch z.B. Formen wie "essend sein"?

Geschrieben

Ich glaube, dass die Passivformen im Quenya nicht so ganz eindeutig festgelegt sind, man muss das Passiv dann anders ausdrücken, z.B. "Der Brief ist geschrieben" anstatt "Der Brief ist geschrieben worden" oder "jemand singt ein Lied" anstelle von "ein Lied ist gesungen worden".

So habe ich das zumindest bis jetzt mitbekommen, ich erzähle hier jetzt keinen Unsinn...

Zählt zu Genus Verbi auch z.B. Formen wie "essend sein"?

Das wäre ja ein Partizip. "Essend" wäre dann das PPA und "gegessen" das PPP (was ja dann in gewisser Weise Passiv ist ;-) )

Geschrieben (bearbeitet)

Das PPP ist auch schon die einzige Form in Sindarin, die wir für einen passivischen Kontext mit Regelmäßigkeit belegt haben. Wir wissen, dass es möglich ist, es wie im Deutsche teilweise in adjektivischer Funktion einem Substantiv beizuordnen, ja sogar es zu substantivieren ( Haudh-en-Ndengin = der Hügel der Erschlagenen).

Aber damit erschöpft sich unsere genaue Kenntnis seines Gebrauchs auch schon.

Da wir außer der Form no = es sei - keine weiteren Formen eines Hilfsverbs attestiert haben, das man eventuell nach dem Vorbild des Englischen oder Deutschen mit einem PPP kombinieren könnten um damit eine Zeitstufe in Aktiv oder Passiv zu bilden, können wir nichts darüber sagen.

Mehr oder weniger gut attestiert haben wir für Sindarin die Zeitstufen Präsens, Imperfekt und Futur I im Aktiv Indikativ - und selbst da fehlen uns einzelne Personenformen - in der Regel werden Konjugationstabellen erstellt, indem die fehlenden Formen so gut es geht rekonstruiert werden. Außerdem kennen wir neben Grundform, Infinitiv (ist in Sindarin nicht dasselbe) und dem Imperativ die Partizipien: Part. Präsens Aktiv, Part. Perfekt Aktiv und das PPP.

Es gibt eine Theorie, dass passivische Konstruktionen mithilfe aktivischer Formeln ausgedrückt werden könnten. Diese Annahme stützt sich auf einen Satz aus dem sogenannten King´s Letter:

...aníra tirad i Cherdir Perhael i sennui Pantahel estathar aen =...er wünscht den Meister Halbweis zu sehen, den sie stattdessen (möglicherweise) Ganzweis nennen werden (/sollten).

Tolkien übersetzt es mit : who ought to be called = der genannt werden sollte.

Dabei ist aber die Bedeutung der beiden Partikel sennui und vorallem von aen ziemlich umstritten. Wir wissen nicht genau, was aen tatsächlich bedeutet und wie man es im Zweifelsfall auf andere Sätze anwenden könnte. Wir können uns nur an Wahrscheinlichkeiten orientieren.

Tolkien kombiniert hier die 3. Person Plural im Futur I Aktiv mit den Partikeln, um einen passivischen Sinn zu erzeugen. Es fehlt uns aber eine genaue Erklärung dazu. Wir können nur spekulieren. Und natürlich wissen wir auch nicht, ob sich das auch auf die anderen Personenformen anwenden ließe.

Definitiv fest steht, dass wir bislang keine Informationen zu anderen Zeitstufen wie Perfekt, Plusquamperfekt oder Futur II haben - über ein mögliches Aorist wird spekuliert, ohne dass jemals genügend begründete und vorallem verwertbare Informationen vorgestellt wurden.

Auch die Konjunktive bleiben abgesehen vom Optativ ( in der Form mit no, die eigentlich eher ein Imperativ ist) und der (spekulativen) Bildung mit dem erwähnten "Möglichkeitspartikel" aen außerhalb unserer wirklichen Reichweite.

Bearbeitet von Avor
Geschrieben

Das war ausgesprochen ausführlich Avor, vielen Dank auch. Leider frage ich mich grade herzlich wenig nach den Tempora :-O

Geschrieben

Leider frage ich mich grade herzlich wenig nach den Tempora

Um nicht womöglich deine und meine Zeit mit letztlich unerwünschten Informationen zu vergeuden, möchte ich dir bzgl. Passiv im Quenya nur mitteilen, dass es im Internet gute Zusammenfassungen der Grammatik des Quenya gibt, wo du dann nachschauen kannst.

Geschrieben (bearbeitet)

Wenn unterschiedliche Temporalstufen belegt sind, andere aber wieder nicht, könnte das schon Auswirkungen auf unser Wissen bezüglich der Genera Verbi haben. (Es könnte ja z.B. eine einzelne Zeitstufe auch für das Passiv belegt sein. Ist aber leider nicht der Fall.))

Unser Problem ist aber, dass wir praktisch keine belegten Beispiele für Passiv in Sindarin haben. (Ausnahmen s.o.) Und darüber hinaus noch nicht mal alle Zeitstufen (und davon nur den Indikativ) im Aktiv. Auch das ist eine wichtige Information über das Phänomen Aktiv als Genus Verbi in Sindarin.

Bearbeitet von Avor
Geschrieben

Okay stimmt, von dieser Seite betrachtet hast du Recht. Schande über mein Haupt :-O

Das heißt also, bei Tolkien gibt es nur Aktiv und einen Passiv, der nicht als Form belegt ist, aber durch Umschreibungen vorkommt. Habe ich das so weit richtig verstanden? Und gibt es noch andere GVs?

Geschrieben

Das heißt also, bei Tolkien gibt es nur Aktiv und einen Passiv, der nicht als Form belegt ist, aber durch Umschreibungen vorkommt. Habe ich das so weit richtig verstanden? Und gibt es noch andere GVs?

Kommt alles ganz darauf, wann. Frühes Qenya (20er Jahre) hatte zwischenzeitlich das Modell aktiv/passiv/reflexiv, z.B.:

tul- "bringen, kommen"

tulin / tulir / tule "(ich) komme" (aktiv)

tulilmo / tulille / tulilta "(ich) werde gebracht" (passiv)

tulinko / tulikse / tulikta "(ich) bringe mich, komme an" (reflexiv).

Das ist jewels mask./fem./neutr. (PE14:28-30). Als Zeiten hatte man Präsens, Futur, Imperfekt und Aorist; und als Numera Singular, Plural und Dual.

Wie man sieht, war das ein recht komplexes System, was auch noch ständig geändert wurde. Späteres Quenya kennt auf jeden Fall kein Geschlecht, vermutlich auch keine reflexive Formen (stattdessen gibt es Reflexivpronomen imne, imni 'myself', inte 'themselves' etc.).

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