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Leaf by Niggle


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Hallo allerseits!

im Rahmen der Diskussionsrunde "Gemeinsam Tolkien lesen" soll in diesem Thread die Geschichte "Leaf by Niggle" (dt. Blatt von Tüftler) diskutiert werden.

1945 war die Ersterscheinung der Geschichte in "The Dublin Review".

In Deutschland wurde es erstmals 1975 herausgegeben, übersetzt von Margaret Carroux.

Für diejenigen, die sich diese Geschichte erst noch beschaffen müssen: Hier eine kleine Info über die Bücher in denen sich die Geschichte finden lässt: ;-)

Englisch:

- Tree and Leaf

- The Tolkien Reader

- Tales from the Perilious Realm

Deutsch:

- Fabelhafte Geschichten

- Baum und Blatt

- Das Tolkien Lesebuch

Inhaltsangabe:

Der Maler Niggle malt viel lieber Blätter als ganze Bäume und liebt es sie detailreich auszugestalten. Umso länger dauert es, als er schließlich anfängt das Bild eines großen Baumes zu malen. Nach und nach arbeitet er seine anderen Werke mit in dieses große Bild mit hinein und vergisst ber dieser Arbeit alles andere.

Unterbewusst wusste Niggle schon immer, dass er einmal eine große Reise antreten muss, doch als diese Vorhersehung schließlich eintrifft, ist er trotzdem überrscht und entsetzt, dass er sein großes Bild nicht vollenden kann.

Er landet in einer Institution, in der er arbeiten muss und schließlich wird er als Gärtner in einem Wald eingesetzt. Mit Erstaunen erkennt er, dass dieser Wald die real gewordenen Vollendung seines Bildes ist...

Die verschiedenen kontroversen Interpretationsansätze zu diesem Buch haben schon oft interessante Diskussionen herbeigeführt. In diesem Sinne: Ich bin gespannt auf eure Beiträge! :-)

Neue Diskussionsteilnehmer sind auch jederzeit willkommen!

Geschrieben

Mae Govannen,

dann will ich die Diskussion mal eröffnen.

Für mich stellt sich vor allem die Frage zum Kontext des Werkes in der Biografie von Tolkien.

Er muss das Werk ja während des II. Weltkrieges geschrieben haben. Vielleicht auch unter dem Eindruck, dass sein eigenes Werk - der HdR und das Sil - unvollendet bleibt.

Was meint ihr, hat Tolkien sich selbst in der Person von Niggle dargestellt?

Ich hätte aber auch noch ein paar eher praktische Fragen:

Ich habe nur den deutschen Text aus den "Fabelhaften Geschichten", da wird Niggle mit 'Tüftler' übersetzt. Gibt es andere Übersetzungen?

Wie heißt Paris im Originaltext, oder wurde dieser Name direkt übertragen?

Eriol

Geschrieben

Hallo,

Ich habe nur den deutschen Text aus den "Fabelhaften Geschichten", da wird Niggle mit 'Tüftler' übersetzt. Gibt es andere Übersetzungen?

Du meinst andere deutsche Übersetzungen? Ne, es gibt nur diese eine Übersetzung ins deutsche (jedenfalls, was offizielle Übersetzungen anbelangt) von Margaret Carroux.

Wie heißt Paris im Originaltext, oder wurde dieser Name direkt übertragen?

Parish, also mit 'h' hinten dran heißt es im Original.

Geschrieben

Er muss das Werk ja während des II. Weltkrieges geschrieben haben.

Tolkien hat sehr widersprüchliche Angaben gemacht. Meines Wissens gibt es vier Angaben:

1938/39 (in der Einleitung zu Tree and Leaf von 1964)

1942 (in einer Postkarte von 1943)

1939 (in Brief 241 von 1962)

1943 (in Brief 98 von 1945).

Und stets erinnert sich Tolkien auch an bestimmte Details - die aber eben nicht alle gleichzeitig stimmen können.

Vielleicht auch unter dem Eindruck, dass sein eigenes Werk - der HdR und das Sil - unvollendet bleibt.

Da wurde viel herumspekuliert bislang (in der Forschung). Jeder meinte, er wisse, unter welchem Eindruck Tolkien die Geschichte geschrieben hat.

Wenn 1938 stimmt - denn Tolkien behauptet in der Einleitung zu Tree and Leaf, die Erzählung sei in der gleichen Zeit wie On Fairy Stories entstanden -, dann gab es da weder einen Weltkrieg noch hatte er den HdR richtig begonnen. Es war also kein Anlass, um die Fertigstellung zu bangen.

In dieser Einleitung begründet er, dass der HdR neue Aufgaben an ihn gestellt habe: nämlich das Wesen der Faerie zu ergründen. Zumindest das Them von On Fairy Stories ist das ja. Aber das Wesen von Leaf by Niggle?

Was meint ihr, hat Tolkien sich selbst in der Person von Niggle dargestellt?

1939 jedenfalls war Tolkien bereits ein außerordentlich erfolgreicher Autor, Niggle war es nicht eine Sekunde. Niggle hatte nicht einen einzigen Freund, mit dem er über seine Kunst reden konnte; alle lachten ihn nur aus oder verachteten ihn. Tolkien hingegen hatte stets einen festen Freundeskreis, in dem seine eigenen Produktionen diskutiert wurden; er hatte viele, die ihn immer ermutigten. Niggle war nicht einmal verheiratet, sodass niemand ihm die Hausarbeit abnahm. Tolkien hingegen war vollkommen befreit von Hausarbeit, nehme ich mal an - er wurde immer zum fertigen Mittagstisch gerufen.

Ich habe nur den deutschen Text aus den "Fabelhaften Geschichten", da wird Niggle mit 'Tüftler' übersetzt. Gibt es andere Übersetzungen?

Wie heißt Paris im Originaltext, oder wurde dieser Name direkt übertragen?

Dieter Paetzold hält die Übersetzung "Tüftler" für falsch, die von "Paris" hingegen katastrophal. Statt "Tüftler" schlägt er "Pedant" vor.

Geschrieben

Irgendwie komme ich mit dem zitieren nicht richtig klar, ich versuche aber dennoch mal meine Gedanken in den Zusammenhang zu stellen.

Wenn wir annehmen, das 1938/39 richtig ist, so könnte es sein, dass Tolkien sich durch die Forderung seines Verlegers den Hobbit fortzusetzen, an seiner eigentlichen Arbeit am Silmarillion gehindert sieht.

Ich denke, der Schluss Niggle ist nicht verheiratet und hat keine Freunde, daher nicht Tolkien, ist vielleicht etwas zu kurz gegriffen.

Für mich könnten diese ganzen 'Pflichten', die Niggle erledigen muss, für all das tägliche 'Klein Klein' - für Vorlesungen, Korrekturen, das gesellschaftliche Leben usw. - stehen, die Tolkien von der Arbeit am Silmarillion abhalten.

Ich habe neben den 'Verschollenen Geschichten' und den 'Nachrichten aus Mittelerde' im englischen Original nur den LotR gelesen. Mir fehlt daher das Wissen aus den HoME. Aber allein schon die drei o.g. Bücher lassen erahnen, wie 'pedantisch' Tolkien gearbeitet hat. Wie oft hat er an einer Stelle Namen und Bezüge geändert und dann begonnen, ganze Geschichtszyklen neu zu ordnen und umzuschreiben. Das hat schon zu einem gewissen Teil die Züge von Niggle - eines Tüftlers, der auf jedes einzelne Detail eines Blattes so viel Wert legt, dass sein Gesamtwerk nicht fertig wird.

Für mich als einen einfachen "geneigten Leser", der die ganzen literaturhistorischen Hintergründe nicht kennt, drängen sich die Paralelle zwischen Niggle und Tolkien in der ersten Hälfte der Geschichte ganz einfach auf.

Um so verwirrender wird dann für mich der zweite Teil. Diesen weiss ich einfach nicht richtig einzuordnen.

Wünscht sich Tolkien, dass ihm jemand hilft, zielgerichterter zu arbeiten?

Erkennt er seine eigene Pedanterie als ein Hindernis auf dem Weg zum 'großen Ganzen', zu dem Baum?

Wie gesagt ist Tree and Leaf für mich das unverständlichste, verwirrenste Werk und ich würde mir wünschen, dass ich hier in dieser Diskussion vielleicht ein paar Hinweise bekomme, die mir helfen es für mich zu entschlüsseln.

Grüße

Eriol

Geschrieben (bearbeitet)

Wenn wir annehmen, das 1938/39 richtig ist, so könnte es sein, dass Tolkien sich durch die Forderung seines Verlegers den Hobbit fortzusetzen, an seiner eigentlichen Arbeit am Silmarillion gehindert sieht.

Ich stelle mal eine Gegenfrage: Aus welchen Gründen, glaubst Du, schreiben Dichter ihre Werke?

Aus welchen Motiven heraus ist die Odyssee geschrieben worden? Der Faust?

Meinst Du, es müssen unbedingt persönliche Alltagsschwierigkeiten sein, die Dichter an den Schreibtisch treiben, und die er mit seinem Werk abreagieren will? Und wenn man diese Alltagsschwierigkeiten gefunden hat, dann ist man dem Sinn des Werkes auf der Spur?

Ich denke, der Schluss Niggle ist nicht verheiratet und hat keine Freunde, daher nicht Tolkien, ist vielleicht etwas zu kurz gegriffen.

Es ist sehr zentral für die Geschichte, dass Niggle nicht einen einzigen Freund hat, mit dem er über seine Kunst reden kann. Lies mal die Stelle nach, wo Niggle sich tief wünscht, dass ihm mal jemand die Hand auf die Schulter legt und sagt: "Schön, was du machst. Mach weiter so."

Diese Figur hat Tolkien geschaffen. Wie also kann das ein Selbstportrait sein? Und warum überhaupt sollte Tolkien ein Selbstportrait schaffen, er, der immer wieder sagt, man solle sich selber nicht so wichtig nehmen?

Und warum wird Tolkien nicht zugetraut, dass er ein Problem schildern kann, dass gar nicht er selber hat, sondern die Gesellschaft hat? Glaubst Du, dass Tolkien ein so schlechter Dichter war, dass er nur über sich selber schreiben kann?

Für mich könnten diese ganzen 'Pflichten', die Niggle erledigen muss, für all das tägliche 'Klein Klein' - für Vorlesungen, Korrekturen, das gesellschaftliche Leben usw. - stehen, die Tolkien von der Arbeit am Silmarillion abhalten.

Könnte, könnte auch nicht. Ich verstehe Tolkien insgesamt so, dass er nicht sein Privatleben mit seinen Geschichten aufarbeitet, sondern seiner Zeit, seiner Gesellschaft einen Spiegel vorhält.

Ob aber das eine oder das andere, kann erst die Analyse der Geschichte ergeben. Vorher schon den Filter über eine Geschichte legen, ist bei literarischen Werken immer schlecht. Weil man dann halt nur das drin lesen will, was man schon vorher entschieden hat. Man entscheidet sich also, dass Niggle=Tolkien - nur, weil ein paar Ähnlichkeiten da zu sein scheinen - und schon übersieht man alles, was dagegen sprechen könnte.

Ich empfehle, erst mal die Erzählung Abschnitt für Abschnitt zu besprechen oder die einzelnen Charaktere in ihrer Enwicklung zu verfolgen. Dann stehen die Untersuchungsergebnisse nämlich am Ende und nicht schon am Anfang.

Ich habe neben den 'Verschollenen Geschichten' und den 'Nachrichten aus Mittelerde' im englischen Original nur den LotR gelesen. Mir fehlt daher das Wissen aus den HoME. Aber allein schon die drei o.g. Bücher lassen erahnen, wie 'pedantisch' Tolkien gearbeitet hat. Wie oft hat er an einer Stelle Namen und Bezüge geändert und dann begonnen, ganze Geschichtszyklen neu zu ordnen und umzuschreiben. Das hat schon zu einem gewissen Teil die Züge von Niggle - eines Tüftlers, der auf jedes einzelne Detail eines Blattes so viel Wert legt, dass sein Gesamtwerk nicht fertig wird.

Das steht aber so nicht in der Geschichte. Ganz im Gegenteil wird dargestellt, wie meditativ er ein Blatt zeichnet, wie er das Sonenlicht auf ihm einzufangen sucht. Immerhin hält jemand ja gerade dieses eine Blatt für hohe Kunst. Dass das Ganze nicht fertig wird, liegt daran, dass er zu viele Verpflichtungen hat, die ihm keiner abnimmt. Er muss für den Nachbarn mitsorgen, der Nachbar aber kümmert sich nicht um ihn. Für mich ist das der Punkt. Künstlersein ist nicht wie am Fließband arbeiten. Man kann nicht auf Sirenenalarm anfangen und auf Sirenenalarm aufhören. Diese Dinge leben in einem, wachsen, und wenn man ständig abgelenkt wird, wird aus dem Werk nichts. Frag mal irgend einen Künstler. Es gibt genau aus diesem Grund viele gescheiterte Künstler, weil sie keine Familie haben, die die Alltagslast von ihnen fernhalten.

Das ist für mich der eine Punkt, und der andere ist die absolut fehlende Akzeptanz seitens der Gesellschaft. Es wird mit der Polizei gedroht, weil er seinen Rasen nicht gemäht hat. Niemand unterstützt ihn seelisch. Das hält auch der robusteste nicht aus.

Tolkien hat in diesem Niggle ein Extrem geschaffen, eine Figur wie bei Beckett oder Brecht. Es sind moderne isolierte Figuren, ohne richtigen Namen, mehr Prototypen, die einen bestimmten Gesichtspunkt unserer Gesellschaft spiegeln. Tolkien mag eine solche Existenz in sich gespürt haben. Einen Grundkonflikt, der in unserer Gesellschaft vorhanden ist. Er mag ihn in Krisensituationen auch besonders stark empfunden haben. Aber da diese Erzählung ja mehr ein Traum war als eine ausgefeilte Geschichte - Tolkien erzählt mehrmals, dass sie nach dem Aufwachen fix und fertig in seinem Kopf war, und dass er nur ein paar Stunden brauchte, um sie aufzuschreiben, und daran auch nichts mehr korrigieren musste wie sonst -, denke ich eher, dass diese Erzählung überhaupt nicht auf einem konkreten Anlass beruhte, sondern auf einer lang gewachsenen Erkenntnis, die sich ihm dann plötzlich als fertige Geschichte präsentierte.

Für mich als einen einfachen "geneigten Leser", der die ganzen literaturhistorischen Hintergründe nicht kennt, drängen sich die Paralelle zwischen Niggle und Tolkien in der ersten Hälfte der Geschichte ganz einfach auf.

Es ist ja nur gut, wenn man diese Hintergründe nicht kennt. Aber es bist im Moment ja Du, der meint Tolkien zu kennen und aufgrund dieses Wissens die Geschichte deuten zu können.

Es ist immer besser, unvoreingenommen heranzugehen. Vielleicht schaffst Du es ja noch, diese Fixierung auf eine Idee los zu werden?

Um so verwirrender wird dann für mich der zweite Teil. Diesen weiss ich einfach nicht richtig einzuordnen.

Wünscht sich Tolkien, dass ihm jemand hilft, zielgerichterter zu arbeiten?

Erkennt er seine eigene Pedanterie als ein Hindernis auf dem Weg zum 'großen Ganzen', zu dem Baum?

Wenn man davon ausgeht, dass Literatur dem Autor dazu dient, seine Alltagsprobleme zu formulieren, dann wird der zweite Teil wohl auch so gesehen, dass Niggle nur einen Managerkurs machen muss, und schon ist alles wieder gut. Dass Du das nicht so siehst, sondern Fragezeichen hast, ist ein gutes Zeichen, finde ich.

Wie gesagt ist Tree and Leaf für mich das unverständlichste, verwirrenste Werk und ich würde mir wünschen, dass ich hier in dieser Diskussion vielleicht ein paar Hinweise bekomme, die mir helfen es für mich zu entschlüsseln.

Das klingt doch gut.

Bearbeitet von Wando
Geschrieben

Hallo Wando,

manchmal ist es doch schon hilfreich, etwas mehr über die Entstehungsgeschichte eines Werkes zu kennen. Das Tolkien diese Geschichte an einem Stück geschrieben hat, als 'Protokoll' eines Traums, wußte ich z.B. bisher nicht. Das ist ein für mich neuer Aspekt, den ich in meiner Betrachtung berücksichtigen muss.

Ich bin weit entfernt davon, Tolkien zu kennen. Dazu fehlt mir das Hintergrundwissen, über das Du z.B. verfügst.

Wie gesagt, ich bin ein 'geneigter Leser', dem die Literatur von Tolkien gefällt weil sie meine Phantasie anregt. Ich bin vor fast 30 Jahren an einem Ostermontag mehr durch Zufall in die Welt des Silmarillion eingetaucht und bewege mich immer noch gern in Tolkiens Geschichten.

Nun, was die Situation von Künstlern anbelangt, so hast Du sicherlich nicht ganz unrecht. Aber gesellschaftliche Akzeptanz bzw. Nichtakzeptanz gibt es natürlich auch in anderen Bereichen. Wenn Du nicht gerade einen der hippen In-Jobs hast sondern einen ganz normalen vielleicht sogar 'altmodischen' Beruf wie Müller (oder wie das in unserem Berufsbildungneudeutsch so schön heißt: Verfahrenstechniker für Getreideverarbeitung <gräßliches Wort für solch einen alten und wichtigen Beruf>) dann erwartet jeder eigentlich auch nur, dass Du Deine Aufgabe erledigst und ansonsten 'funktionierst'. Anerkennung von 'außen' wirst Du dafür in der Regel nicht ernten.

Leider ist innerhalb der 'Kunst' aber das Verständnis für die jeweils andere Kunstrichtung auch nicht sehr ausgeprägt. Vor einigen Jahren reiste ich nach Weimar und traf im Zugabteil einen Schriftsteller. Der Name ist mir wieder entfallen, irgendwo habe ich einen kleinen Gedichtband von ihm stehen. Der Mann konnte sich nicht vorstellen, dass man aus einem anderen Grund, als die Stadt der Dichter und Denker Goethe und Schiller zu besuchen, nach Weimar fährt. Das es dort das Bauhaus gab, Künstler wie Johannes Itten, Oskar Schlemmer, Wassily Kandinski, Marcel Breuer oder Laszlo Moholy-Nagy - ganz zu schweigen von Walter Groupius - gewirkt und gearbeitet haben, war in seinen Augen nebensächlich. All das mußte aus seiner Sicht doch verblassen vor dem Glanz der klassischen Dichtung.

Aber zurück zum Thema. Du hast wahrscheinlich recht, wenn wir die Geschichte Abschnittweise besprechen. Da Tolkien sie nicht in Kapitel eingeteilt hat, wo sollen wir die erste Trennlinie ziehen?

Ich habe meine eigenen Eindrücke zu der Geschichte geschildert und hinterfragt, denn ich bin mit dieser Deutung unzufrieden. Auch deshalb habe ich eine Diskussion über das Werk angeregt.

Wer macht den nächten Aufschlag?

Eriol

Geschrieben

Ich hab mal ein paar Fragen gesammelt, die als Einstieg in eine Diskussion gedacht sind:

1. Wer kennt Leaf byNiggle/Blatt von Tüftler schon?

2. Wer möchte die Geschichte in der nächsten Zeit lesen, um diesem Thread besser folgen zu können?

3. Wie hat Euch die Geschichte gefallen?

4. Was ist daran für Euch ganz untypisch für Tolkien, was typisch?

5. Welche Figuren sind Euch sympathisch, welche unsympathisch?

6. Was interessiert Euch an dieser Geschichte?

7. Was kann man sonst dazu bemerken?

Geschrieben

Ich habe die Geschichte vor ein paar Jahren gelesen und kann mich kaum noch daran erinnern... Werde mich daher nochmal am Wochenende mit ihr befassen, damit ich mich hier evtl. beteiligen kann. Der Anfang gefällt mir bis jetzt schonmal gut. Ich habe die Ausgabe aus dem "Tolkien-Lesebuch". Der Text interessiert mich sehr, da ich bisher noch nichts von Tolkien kenne, das sich nicht mit Mittelerde befasst.

Liebe Grüße,

Lavanwen

Geschrieben

Diese Figur hat Tolkien geschaffen. Wie also kann das ein Selbstportrait sein? Und warum überhaupt sollte Tolkien ein Selbstportrait schaffen, er, der immer wieder sagt, man solle sich selber nicht so wichtig nehmen?

Ich könnte mir vorstellen, dass Niggle mehr allgemein für den Beruf des "Künstlers" steht (ohne das jetzt zu sehr pauschalisieren zu wollen). Damit wäre beides enthalten: Tolkien selbst als Schriftsteller und gleichzeitig eine Spiegelung der Gesellschaft, die mit Kunst nicht mehr viel anfangen kann und sie nicht mehr würdigt. :kratz:

Um so verwirrender wird dann für mich der zweite Teil. Diesen weiss ich einfach nicht richtig einzuordnen.

Wünscht sich Tolkien, dass ihm jemand hilft, zielgerichterter zu arbeiten?

Erkennt er seine eigene Pedanterie als ein Hindernis auf dem Weg zum 'großen Ganzen', zu dem Baum?

Für mich spricht aus diesem Teil vor allem die Angst "unnütz" zu sein. Bzw. wird vielleicht das Künstlerdasein von anderen vielleicht manchmal als überflüssig empfunden? Schließlich muss NIggle in der "Institution" vor allem handwerkliche Arbeit verrichten um "kuriert" zu werden...

Welche Figuren sind Euch sympathisch, welche unsympathisch?

In diesem Hinblick finde ich die Person des Parish interessant. Am Anfang der Geschichte war mir dieser Charakter sehr unsympatisch. Zum Ende hin wandelt sich dieser IEndruck bei mir sehr. Geht es anderen vielleicht genauso? Und wenn ja, was war wohl die Intention?

Aber zurück zum Thema. Du hast wahrscheinlich recht, wenn wir die Geschichte Abschnittweise besprechen. Da Tolkien sie nicht in Kapitel eingeteilt hat, wo sollen wir die erste Trennlinie ziehen?

Da die geschichte nicht allzu lang ist, habe ich absichtlich nur einen Thread eröffnet, aber ich habe mich mal daran versucht ein grobe "Struktur" anzufertigen. Ihr könnt gerne drüber herfallen ;-)

Abschnitt 1: "There was once a little man called Niggle..." bis "The picture would have to stop just growing and get finished."

Abschnitt 2: "One day, Niggle stood a little way off.." bis "time now to do more than hint at what he wanted."

Abschnitt 3: "There was a knock on the door..." bis "but he had not the energy."

Abschnitt 4: "Next day he felt a good deal better. " bis "The train ran almost at once into a dark tunnel."

------------------------

Abschnitt 5: "Niggle woke up in a very large, dim railway station" bis "by some odd medical standard of their own."

Abschnitt 6: "At any rate, poor Niggle got no pleasure out of life" bis "Tomorrow, if you like."

Abschnitt 7: "Niggle woke up to find" bis "Niggle looked up, and fell off his bicycle."

------------------------

Abschnitt 8: "Before him stood the Tree, his Tree" bis "Before him stood the Tree, his Tree"

Abschnitt 9: ""Of course!" he said. "What I need is Parish" bis "only those can say who have climbed them."

Abschnitt 10: ""I think he was a silly little man," said Councillor Tompkins" bis Ende

Geschrieben

Diese Figur hat Tolkien geschaffen. Wie also kann das ein Selbstportrait sein? Und warum überhaupt sollte Tolkien ein Selbstportrait schaffen, er, der immer wieder sagt, man solle sich selber nicht so wichtig nehmen?

Ich könnte mir vorstellen, dass Niggle mehr allgemein für den Beruf des "Künstlers" steht (ohne das jetzt zu sehr pauschalisieren zu wollen). Damit wäre beides enthalten: Tolkien selbst als Schriftsteller und gleichzeitig eine Spiegelung der Gesellschaft, die mit Kunst nicht mehr viel anfangen kann und sie nicht mehr würdigt. :kratz:

In der hier geschilderten Welt kann die Gesellschaft ja nicht mal mehr nicht mehr viel anfangen damit, sondern sie hat die Kunst offenbar gänzlich ausgemerzt. Erinnert mich an "Fahrenheit 451", wo es verboten ist, Bücher zu besitzen und die Feuerwehr anrückt, wo noch Bücher sind, um diese anzufackeln. Insofern sehe ich beide Werke als eine Art "Groteske", keine realistische Beschreibung.

Geschrieben

Mae Govannen,

melde mich nach kurzer Auszeit zurück.

Wer ist mir Sympatisch / Unsympatisch?

Schwierig zu sagen. Sympatisch ist mir Stimme Zwei und Müller, Unsympatisch Stadtrat Schulze, Meier, vielleicht Parish's Frau (die immer ihren Mann vorschickt, aber nicht selbst gegenüber Tüftler auftritt). Bei der Stimme Eins bin ich unendschieden, genau so wie bei Parish.

Mir geht es wie Alatariel, zu Anfang ist Parish mir sehr unsympatisch, ich weiss nur nicht, ob sich das wirklich wandelt im Laufe der Geschichte.

Wando, ich glaube schon, dass es dort - wo immer das ist - Kunst gibt.

"Natürlich kann Malen nützlich sein," sagte Schulze. "Aber mit seinem Malen konnte man nichts anfangen. Es gibt haufenweise Möglichkeiten für kühne junge Männer, die sich nicht vor neuen Ideen und neuen Methoden fürchten. ..."

Das deutet für mich schon darauf hin, dass es 'moderne Kunst' gibt. Wenn man das Werk also als Kunst- bzw. Gesellschaftskritik ansehen möchte, das eher als Kritik an der ungebremsten Modernitätsgläubigkeit. Ich glaube nicht, dass Tolkien so weit gehen wollte wie Ray Bradbury.

Aber zum ersten Abschnitt:

Für mich ist unklar, was mit der langen Reise gemeint ist, die Tüftler antreten muss. Müssen auch alle Anderen diese Reise antreten? Zumindest Parish ist Tüftler ja gefolgt und wohl auch noch viele Andere. Wer sucht sie aus, gibt es jemanden, der nicht reisen muss?

Der Baum steht für mich für ein 'großes Werk', das doch eigentlich jeder in seiner Art gern vollbringen möchte.

Hat es etwas zu bedeuten, dass da, wo das Bild im Schuppen steht, früher Kartoffeln gezogen wurden?

Wie gesagt, die Geschichte ist für mich voller Rätsel und das ist für mich das Tolkien untypische an der Geschichte. Ist sie in der realen Welt angesiedelt - einiges spricht dafür (Stadtrat, Staatspension, Garten, Kartoffeln, die Eisenbahn) - oder eine Fiktion.

So das war mal ein Anfang.

Eriol

Geschrieben

Ui, ich habe Eriols post übersehen. Ich antworte ein andermal darauf.

@ Alatariel: Könntest Du Deine Überblicksliste noch auf Deutsch bringen und außerdem für jeden Abschnitt eine Überschrift finden? Dann ist das besser diskutierbar.

Geschrieben (bearbeitet)

Mae Govannen Freunde,

ich verabschiede mich für die nächsten 3 1/2 Wochen, ich werde auf Reisen gehen.

Es geht nach Süden in die Berge und an einen See. Die Gegend könnte von Tolkien sein und wer einmal im 'Schachenschloss' war, weiss das mein Namensvetter auf dem bayrischen Königsthron vielleicht doch nicht ganz, aber eben doch ein bischen verrrückt war.

Ich werde mir vorstellen, das der Baum vor unserer Ferienwohnung der BAUM ist, das es der SEE sei und das es die BERGE sind, die vor unserer Haustür liegen.

Das ist die Faszination, die für mich Tolkiens Werk ausmacht. Mit etwas Phantasie bringt es mich nach Mittelerge oder eben in Tüftlers Paris.

Grüße

Eriol

Bearbeitet von Eriol
Geschrieben

@ Alatariel: Könntest Du Deine Überblicksliste noch auf Deutsch bringen und außerdem für jeden Abschnitt eine Überschrift finden? Dann ist das besser diskutierbar.

Leider besitze ich die Geschichte nur auf Englisch, mit den deutschen Entsprechungen der Zitate kann cih also leider nciht dienen, vllt. hat das jemand anderes gerade parat?

Ich kann aber auf jeden Fall einmal versuchen Überschriften zu den Abschnitten zu finden, gute Idee, Wando!

Erster Teil: Niggle zu Hause

Abschnitt 1: Der Maler Niggle

Abschnitt 2: Die Fertigstellung des großen Bildes verzögert sich durch viele Unterbrechungen

Abschnitt 3: Parish braucht Hilfe

Abschnitt 4: Die Reise beginnt

------------------------

Zweiter Teil: Niggle in der "Institution"

Abschnitt 5: Niggle im "Krankenhaus"

Abschnitt 6: Harte Arbeit und ein Urteil

Abschnitt 7: Niggle darf gehen

------------------------

Dritter Teil: Niggle und seine Landschaft

Abschnitt 8: Der Baum

Abschnitt 9: Niggle trifft Parish und sie arbeiten zusammen an "Niggle´s Land"

Abschnitt 10: Ist Malerei nützlich?

  • 2 Jahre später...
Geschrieben

Mae Govannen Freunde,

sollen wir die Diskussion wieder aufnehmen oder schließen wir diesen Thread endgültig?

Ich habe das Thema seinerzeit angestoßen, weil das Werk für mich 'unverständlich' war und das ist es immer noch.

Leider hat Wando sich verabschiedet und auch ich hatte/habe wenig zeit mich intensiv mit englischen Texten zu Tree and Leaf auseinanderzusetzen. Vor allem fehlt mir der Zugang zu diesen Texten.

Ich bin jetzt für ein paar tage zum Skilaufen, werde das Buch aber während der Busfahrt lesen.

  • 3 Jahre später...
Geschrieben

Falls irgendjemand Interesse daran hat, diese Diskussion fortzuführen, würde ich mich wahnsinnig freuen.

Geschrieben (bearbeitet)

Recht nette Geschichte. :L

Wenn Du darüber sprechen möchtest, würde ich vorschlagen, dass Du irgendwie beginnst. Mir fällt jetzt kein Einstieg ein.

Oder willst Du im Rahmen eines GTLs drüber sprechen?

Bearbeitet von seregthaur
Geschrieben

Wir sind hier bereits in einem GTL, der bereits eine angefangene Diskussion aufzuweisen hat. Daran würde ich anschließen - wenn sich noch ein paar Interessenten finden.

Geschrieben

Mit GTL wollte ich Diskussionsabschnitte implizieren. Dafür ist die Geschichte aber wohl zu kurz, oder?

Geschrieben (bearbeitet)

Hallo zusammen!

 

Ich bin leider momentan recht eingespannt und kann daher nichts versprechen. Ich wuerde mich wie vor einer Weile bereits angekuendigt auch erst einmal um Beowulf kuemmern und dort die letzten Abschnitte 'nachholen' und dann wuerde ich eigentlich gerne die GTL Sigurd und Gudrun Diskussion weiterfuehren (selbstverstanedlich nur wenn sich weiterhin interessierte Diskussionteilnehmer finden).
Insgesamt spricht aber nichts dagegen, hier Fragen zu stellen oder Themen zu diskutieren. Alle GTL Diskussionen bleiben ja absichtlich auch nach Abschluss der 'offiziellen' Diskussion offen, so dass jeder zu jeder Zeit hinzustossen kann. Feste Diskussionstermine sind lediglich dazu da die Diskussion anzukurberln und sollen ausserdem eine Art 'Lesehilfe' sein.

Falls hier nun aktuelles Interesse besteht, bin ich gerne dazu bereit zu moderieren und eine Struktur vorzugeben/gemeinsam auszudiskutieren. Wie Berenfox schon sagte, ist dies der eigentliche Diskussionsthread - wir haben uns damals aufgrund der Kuerze des Werks gegen mehrere Unterthreads entschieden. Allerdings finde man auf der ersten Seite zwei Beitraege von mir, die die Geschichte in (hoffentlich?) halbwegs sinnvolle Abschnitte gliedert:

Abschnitt 1: "There was once a little man called Niggle..." bis "The picture would have to stop just growing and get finished."
Abschnitt 2: "One day, Niggle stood a little way off.." bis "time now to do more than hint at what he wanted."
Abschnitt 3: "There was a knock on the door..." bis "but he had not the energy."
Abschnitt 4: "Next day he felt a good deal better. " bis "The train ran almost at once into a dark tunnel."
------------------------
Abschnitt 5: "Niggle woke up in a very large, dim railway station" bis "by some odd medical standard of their own."
Abschnitt 6: "At any rate, poor Niggle got no pleasure out of life" bis "Tomorrow, if you like."
Abschnitt 7: "Niggle woke up to find" bis "Niggle looked up, and fell off his bicycle."
------------------------
Abschnitt 8: "Before him stood the Tree, his Tree" bis "Before him stood the Tree, his Tree"
Abschnitt 9: ""Of course!" he said. "What I need is Parish" bis "only those can say who have climbed them."
Abschnitt 10: ""I think he was a silly little man," said Councillor Tompkins" bis Ende

 

Deutsche Ueberschriften (Alternativvorschlaege sind willkommen!):
Erster Teil: Niggle zu Hause
Abschnitt 1: Der Maler Niggle
Abschnitt 2: Die Fertigstellung des großen Bildes verzögert sich durch viele Unterbrechungen
Abschnitt 3: Parish braucht Hilfe
Abschnitt 4: Die Reise beginnt
------------------------
Zweiter Teil: Niggle in der "Institution"
Abschnitt 5: Niggle im "Krankenhaus"
Abschnitt 6: Harte Arbeit und ein Urteil
Abschnitt 7: Niggle darf gehen
------------------------
Dritter Teil: Niggle und seine Landschaft
Abschnitt 8: Der Baum
Abschnitt 9: Niggle trifft Parish und sie arbeiten zusammen an "Niggle´s Land"
Abschnitt 10: Ist Malerei nützlich?
 

Damals (Mann, 6 Jahre ist das schon her? :( ) war also angedacht diese Abschnitte nacheinander innerhalb dieses Threads zu diskutieren. Allerdings haben wir nun schon mehr 'Orga-Beitraege' als eigentliche Diskussion, so dass ich das - sollte die Diskussion tatsaechlich weitergefuehrt werden - ausgliedern wuerde. Vorschlaege fuer eine andere Strukturierung sind auch willkommen. :-)
 

Bearbeitet von Alatariel
Geschrieben

Danke, Ala, genau diese Einteilung hätte ich auch weitergeführt.

 

Allerdings sollte man mangels Beteiligung und aus Zeitgründen tatsächlich einen GTL nach dem anderen angehen und nicht mehrere parallel. Sowohl am "Beowulf" als auch an "Sigurd" habe ich nämlich auch Interesse.

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