Quintus Geschrieben 17. Februar 2009 Geschrieben 17. Februar 2009 Ich habe gestern einige deutsch überstetzte Gedichte und Lieder aus die Gefährten mit den Englischen verglichen. Dabei fielen mir teils extreme Differenzen auf, insbesondere bei Gil-Galad. Ich frage mich nun ob man das nicht besser machen hätte können. Oder ob nicht sogar wir (die Fans) es besser könnten. Wäre es eigentlich erlaubt, eine Webseite mit alternativen Übersetzungen der Herr-der-Ringe-Gedichte zu ertsellen? Und wie seht ihr das? Ist euch lieber ein wunderschön übersetztes Gedicht zu haben, bei dem gerade mal das Thema und ein paar einzelne Wörter 100% korrekt übersetzt wurden, oder eine nicht ganz so schöne Übersetzung, die näher am Original ist? MfG Quintus Zitieren
André Geschrieben 17. Februar 2009 Geschrieben 17. Februar 2009 Gedichtübersetzungen sind natürlich immer so eine Sache. Für die Geschichte selbst ist wohl am interessantesten, dass der Sinn oder Inhalt eines Gedichts/Liedes halbwegs erhalten bleibt. Dass man dann, wenn es sich auch noch reimen und ein Versmaß haben soll, nicht zu 100% genau die Wortentsprechungen im Deutschen benutzen kann, liegt vermutlich auf der Hand. Welche Differenzen sind Dir denn als so besonders extrem aufgefallen? Wäre es eigentlich erlaubt, eine Webseite mit alternativen Übersetzungen der Herr-der-Ringe-Gedichte zu ertsellen? Ich denke nicht. Letztendlich könnte Dir wahrscheinlich nur HarperCollins eine entsprechende Genehmigung erteilen, bzw. Klett-Cotta als Inhaber der Rechte für deutsche Übersetzungen. Falls Du Dein Vorhaben ernst meinst, solltest Du das auf jeden Fall vorher mit denen klären, um nicht hinterher eine böse Überraschung zu erleben. Aussichten auf Erfolg sehe ich da aber eigentlich kaum ;-) Zitieren
Quintus Geschrieben 17. Februar 2009 Autor Geschrieben 17. Februar 2009 (bearbeitet) Gedichtübersetzungen sind natürlich immer so eine Sache. Für die Geschichte selbst ist wohl am interessantesten, dass der Sinn oder Inhalt eines Gedichts/Liedes halbwegs erhalten bleibt. Dass man dann, wenn es sich auch noch reimen soll, nicht zu 100% genau die Wortentsprechungen im Deutschen benutzen kann, liegt vermutlich auf der Hand. Welche Differenzen sind Dir denn als so besonders extrem aufgefallen? Naja das stimmt schon, aber ich finde es ist schon ein Unterschied, ob die Harfner traurig singen oder ob die Harfen im Liede klagen, finde ich. Oder der Sterne tausendfaches Bild ist auch etwas sehr aus der Luft gegriffen. Und ob sein Reich ohne Joch zwischen Berg und Meer lag, ähh naja woher wissen wir das? Wie wäre es mit: Gil-Galad war ein Elbenherr, die Harfner singen trauernd doch zu Recht: Zwischen Berg und Meer sein Reiche, das letzte noch, das frei und gerecht. Sein Schwert war lang, die Lanze kühn. Sein scheinender Helm war schon von Weitem gesehen. Die weiten Stern' am Himmelszelt, spiegelte sein silbern Schild. Die letzte Strophe passt wie sie ist. Das ist beim besten Willen keine schöne Übersetzung, aber mMn näher beim Original und vielleicht wäre mir auch etwas besseres eingefallen, wenn ich mir länger Zeit genommen hätte als 5 Minuten Nun ja ich würde schon ein wenig meiner Zeit opfern, um einige der Gedichte neu zu übersetzen. Ich setze hier jetzt einfach mal ganz dreist einen Link und frage mich anschließend, ob der Inhaber der Seite die Rechte hatte. http://private.freepage.de/cgi-bin/feets/f...d/poems_d_1.htm Bearbeitet 17. Februar 2009 von Quintus Zitieren
Tomtom Geschrieben 17. Februar 2009 Geschrieben 17. Februar 2009 Klett-Cotta besitzt niemals die Rechte zu allen (auch bisher nicht existenten) deutschen Übersetzungen von Tolkiens Gedichten und Liedern. Klett-Cotta hat gewisse Übersetzungen gekauft, die ihnen gehören, aber das Copyright des Originaltextes bestimmt, ob man das ganze in eigener Form neu übersetzen darf. Bin ich fast bereit zu wetten. Aber nur fast. Zitieren
Avor Geschrieben 17. Februar 2009 Geschrieben 17. Februar 2009 (bearbeitet) Wie wäre es mit: Gil-Galad war ein Elbenherr, die Harfner singen trauernd doch zu Recht: Zwischen Berg und Meer sein Reiche, das letzte noch, das frei und gerecht. Sein Schwert war lang, die Lanze kühn. Seinen scheinender Helm war schon von Weitem gesehen. Die unzählbar Sterne am Himmelszelt, spiegelte sein Silberschild. Mal von rechtlichen Fragen ganz abgesehen - sei mir nicht böse Quintus, deine Übersetzung mag ja vielleicht wörtlicher sein, aber besser ist sie dadurch nicht. Ein Reim allein macht auch noch kein Gedicht. Im Gegenteil. Ein Gedicht entsteht durch eine in sich stringente Aussage und in vielen Fällen vorallem durch die Metrik. Dein Versmaß ist holprig oder nicht existent und deine Ausdrucksweise unbeholfen. Deine Sätze sind nicht logisch und in der zweiten Strophe sind ekklatante Fehler, was das Deutsch betrifft. Und die ästhetische Qualität, die Tolkiens leichten und eleganten Wortfluss auszeichnet, ist ganz und gar dabei baden gegangen. So ist das alles, aber ein Gedicht ist es nicht. Just my two cents. ;-) Bearbeitet 17. Februar 2009 von Avor Zitieren
viator Geschrieben 17. Februar 2009 Geschrieben 17. Februar 2009 (bearbeitet) Naja das stimmt schon, aber ich finde es ist schon ein Unterschied, ob die Harfner traurig singen oder ob die Harfen im Liede klagen, finde ich. Gedichte sind nicht einfach nur Prosa-Texte, die besonders viele Zeilenumbrüche enthalten. Gedichte folgen anderen Regeln als Prosa. Damit sind formale Strukturen wie Versmaß, Verse und Strophen gemeint, aber auch bestimmte Ausdrucksweisen wie Alliteration, Metaphern und Reime. (In der modernen Dichtung wird allerdings auf viele Regeln verzichtet, wobei die Gesetzmäßigkeiten in der Lyrik immer noch andere sind als in der Prosa.) In Gedichten sind ganz allgemein Bilder sehr wichtig und in Deinem Beispiel haben wir es mit einem Bild zu tun: Die Harfen, die im Liede klagen sind ein Bild für den traurigen Harfner und ein schönes und treffendes Bild obendrein. Bearbeitet 17. Februar 2009 von viator Zitieren
Quintus Geschrieben 17. Februar 2009 Autor Geschrieben 17. Februar 2009 Naja... Ich bin mir durchaus bewusst, dass mein Gedicht, dass ich mir schnell ausgedacht habe, niemals genug Qualität hätte, um es mit der alten Übersetzung aufzunehmen, aber ich würde mir natürlich mehr Zeit nehmen, es auf Fehler überprüfen und erst ein paar Bekannten vorsprechen. Helfer würde ich mir warscheinlich auch suchen. Ich war schon froh, dass mir vorhin überhaupt ein paar Reime auf die Schnelle einfielen. Nein es geht ja mehr um das Prinzip. Ich muss ja überhaupt nicht mitwirken, aber ich fände eine originalnähere Übersetzung schon ganz interessant als Projekt. Zitieren
Avor Geschrieben 17. Februar 2009 Geschrieben 17. Februar 2009 (bearbeitet) Naja, dann nur zu. Ich sehe keinen Grund, der dich abhalten sollte. Tolkiens Gedichte werden in alle möglichen Sprachen übersetzt. Der Tolkientrust hat sich noch nie beschwert, solange das auf der Basis von Fanaktivitäten passiert und kein Geld damit verdient werden soll. Sonst wären alle Sprachenforen, die sich mit Sindarin oder Quenya beschäftigen schon vor Jahren vor dem Kadi gelandet. Aber eine Bitte: Wenn du wörtlicher übersetzen möchtest, dann musst du auch sicher sein, dass du das englische Original tatsächlich richtig verstehst. Ein Beispiel: "Fair" ist in diesem Kontext keineswegs "gerecht", (das ist eine relativ neuzeitliche Bedeutung des Wortes,) sondern "schön". Tolkiens sprachliche Wendungen reichen nun mal deutlich über ein paar Jahre Schulenglisch eines normalen deutschen Schülers hinaus. Gutes Englisch (und mehr, als man bei uns meist bis zum Abi lernt,) ist immer die Voraussetzung für die anspruchsvolle Übertragung eines englischsprachigen Autors. Man sollte gründlich lesen und sich auch fragen, weshalb die bisherigen Übersetzer bestimmte Formulierungen gewählt haben. Meist haben sie sich was dabei gedacht. Und ob sein Reich ohne Joch zwischen Berg und Meer lag, ähh naja woher wissen wir das? the last whose realm was fair and free between the Mountains and the Sea. Ohne Joch = frei ;-) Bearbeitet 17. Februar 2009 von Avor Zitieren
viator Geschrieben 17. Februar 2009 Geschrieben 17. Februar 2009 Ich muss ja überhaupt nicht mitwirken, aber ich fände eine originalnähere Übersetzung schon ganz interessant als Projekt. Nun kommt es auch noch darauf an, was man denn unter Originalnähe versteht. Das ist leider überhaupt so ein Thema, wo viel missverstanden wird, am schlimmsten ist es bei religiösen Texten. Wenn dort nicht ganz exakt die Syntax der Sprache des Originals nachgebaut wird, gilt eine Übersetzung vielen Leuten als ungenau, ganz unabhängig davon, ob die Übersetzung dann überhaupt noch einen Sinn ergibt, geschweige denn den Sinn des Originals. Das ist dann Englisch/Griechisch/Hebräisch/... mit deutschen Vokabeln, aber leider nicht Deutsch. Obwohl diese Auffassung von Genauigkeit mehreren gravierenden Denkfehlern unterliegt und schlicht und ergreifend falsch ist, kann ich es bei religiösen Texten gerade noch nachvollziehen, weil die Angst vor Verfälschungen halt so groß ist und die Gläubigen Gottes Wort möglichst unverfälscht vor sich haben möchten. Es ist zwar immer noch irrational, aber die gefühlte Sicherheit kann ich zumindest nachempfinden. Bei literarischen Texten, die auch noch anderen, nämlich literarischen Kriterien genügen müssen, kann ich das nicht einmal ansatzweise nachvollziehen, davon abgesehen, dass übersetzungstechnisch die syntaktische Nachbildung sowieso nur in Ausnahmen die beste Wahl ist. Es ist so, dass unterschiedliche Sprachen unterschiedlich funktionieren. In der Lyrik kommt noch die Schwierigkeit hinzu, dass die Texte nicht nur denselben Sinn haben sollen, sondern auch in der Zielsprache den Regeln der Lyrik nach passen sollen. Das macht eine wörtliche Übersetzung von Haus aus nahezu unmöglich und bedingt eine größere Freiheit als in der Prosa, soll das Gedicht in der Übersetzung immer noch gut sein - und das ist es dann gerade nicht, wenn man merkt, dass es eine Übersetzung ist. Nun ist aber gerade Dein Beispiel nicht besonders frei übersetzt, sondern hält sich recht schön an das Original. Es ist kein Fehler und auch nicht ungenau, dass die Stilfiguren zuweilen andere sind, weil das nicht gänzlich vermieden werden kann, soll das Original treu übersetzt werden. Zitieren
Avor Geschrieben 18. Februar 2009 Geschrieben 18. Februar 2009 Wenn dort nicht ganz exakt die Syntax der Sprache des Originals nachgebaut wird, gilt eine Übersetzung vielen Leuten als ungenau, ganz unabhängig davon, ob die Übersetzung dann überhaupt noch einen Sinn ergibt, geschweige denn den Sinn des Originals. Nein, ganz recht, weil Sprache (außer in Ausnahmenfällen) mehr ist, als reine Weitergabe von Information. Jede Sprache funktioniert anders, wie du sagst viator, nicht nur, weil sich von der Grammatik oder der Idiomatik her individuell zusammensetzt, sondern weil Sprache immer auch Medium der Kultur ist, die sie verwendet. Man muss also nicht nur die Bedeutung der Worte und ihre für die jeweilige Sprache korrekte Verwendung kennen, sondern möglichst auch noch verstehen, welche Bilder und Assoziationen die Leute damit verbinden, deren Muttersprache sie bilden. Nur dann gelangt man über den reinen Austausch von schnöder, primärer Information hinaus. Kleines Beispiel, wie weit das letztlich gehen kann: Wenn ich einem Engländer den Satz zukommen lasse, "moon has risen" - ist das für ihn zunächst die Beschreibung eines Bildes: erfolgter Mondaufgang. Nachthimmel, Dunkelheit - der Mond, der langsam aufsteigt. Ein Deutscher wird vermutlich bei demselben Satz in der deutschen Version davon: "der Mond ist aufgegangen", aber eine Melodie im Kopf hören, an Poesie und an eine ganze Kette von Bildern denken, (Sterne, Himmel, Wald, Stille, Wiesen, Nebel) weil für uns dieser Satz mit Claudius besetzt ist. Ich als Deutscher werde also wohl etwas ganz anderes beim Lesen dieses Satzes empfinden als eine Engländer oder Franzose. Sie können erst nachempfinden, was ich dabei fühle, wenn sie selber mehr Information zu Gedicht und Lied erhalten haben. Ansonsten würden sie nicht verstehen, wie um alles in der Welt ich denn nun bei Mondaufgang an kranke Nachbarn denke. Ohne solch kulturelle Verknüpfungen ist es oft nur schwierig bis unmöglich - gerade wenn es nicht um reine Wissensvermittlung, sondern um Lyrik geht, die fremde Sprache nachzuvollziehen. Und je mehr ich über eine Kultur weiß, desto leichter wird es mir fallen, ihre Literatur zu verstehen. In der Lyrik kommt noch die Schwierigkeit hinzu, dass die Texte nicht nur denselben Sinn haben sollen, sondern auch in der Zielsprache den Regeln der Lyrik nach passen sollen. Das macht eine wörtliche Übersetzung von Haus aus nahezu unmöglich Das kommt noch hinzu. Deswegen bin ich auch immer voll Bewunderung für Leute, denen es gelingt, neben der -so gut als möglich erfassten - Bedeutung auch noch ein brauchbares metrisches oder Reimschema zu erstellen und dabei auch die Bildhaftigkeit der Sprache nicht aus den Augen zu verlieren. Zitieren
Quintus Geschrieben 20. Februar 2009 Autor Geschrieben 20. Februar 2009 Danke! Ich werde mich vielleicht demnächst mal dranmachen :) Zitieren
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