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FanFiction: Eowyn: Die Entführung im Auenland - Geschichte


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Erstes Kapitel: Die Rückkehr

Fast hätte man sagen können, daß es wieder wie früher war. Der Gärtner hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. Der Beginn des neuen Zeitalters hatte für die Bewohner des Auenlands doch etwas Gutes, denn sie fühlten sich wieder wohl in ihrer Heimat. Nicht zuletzt war das natürlich auch der Verdienst Samweis Gamdschies und seiner - zugegebenermaßen nicht nur seiner eigenen - Kenntnisse und Fähigkeiten als Gärtner.

Noch immer reiste er durch durch das Auenland, um die Früchte seiner Aussaat, gedüngt mit elbischer Erde der Frau Galadriel, zu betrachten und zu pflegen, was ihn schnell zu einer Bekanntheit werden ließ.

Zusammen mit seinem treuen vierhufigen Freund Lutz machte er sich eines späten Nachmittags auf den Heimweg. Er hatte es nicht mehr weit, nur noch einige wenige Meilen, und er würde wieder zuhause sein bei seiner Frau Rosie und seiner Tochter Elanor, auch genannt die Schöne.

Pfeifend trottete er über die Straße entlang der Wässer und dachte mit Vorfreude an das gute Abendessen, das ihn erwartete. Es war die letzte Sichtung der Pflanzungen in diesem Jahr gewesen, es ging schon stramm auf den Winter zu. Es war der wahrscheinlich letzte sonnige und einigermaßen warme Tag des Jahres, und niemand hätte erwartet, ihn Anfang des Blothmath (November) im Jahre 1421 der Auenland-Zeitrechnung zu erleben. Aber so war das nun mal: Vieles hatte sich geändert, doch die meisten Hobbits nahmen es kaum wahr oder maßen ihm keine Bedeutung bei, geschweige denn, daß sie geahnt hätten, warum alles so war.

Es war ein sehr schönes Jahr gewesen und Sam war glücklich über den schnellen Wuchs der neuen Pflanzen, gesetzt nach der Befreiung des Auenlandes, bevor es völlig zerstört wurde. Es war gerade rechtzeitig geschehen, doch nun hatten die Bewohner ihren Frieden wieder.

Nur drei der Hobbits widmeten sich immer wieder völlig Hobbit-untypischen Gedanken von Elben, Menschen, Königen und Kriegen. Einer von ihnen sang gerade auf seinem Heimweg eines der alten Wanderlieder, das Herr Bilbo Beutlin ihm beigebracht hatte, als er noch ein Hobbitkind war. Sam vermißte Frodo sehr, der nunmehr erst einen Monat zuvor Mittelerde zusammen mit Elben und Gandalf auf einem Schiff an den Grauen Anfurten im Westen verlassen hatte.

Niemals, so dachte Sam, könnte er hoffen, Frodo wiederzusehen, der ihm sein Haus hinterlassen hatte, damit er mit seiner Familie darin leben könne. Seine Familie, ja, das war jetzt sein Ein und Alles. Ein Heim! Wie sehr hatte er sich das gewünscht, als er mit Frodo auf dem Weg ins feindliche, trostlose Mordor gewesen war. Erst recht, als er Frodo verloren glaubte und allein auf der Suche nach ihm durch eine Orkfeste geirrt war. Letztendlich war ja alles gut gegangen, sie hatten ihren Auftrag erfüllt und den Frieden wiederhergestellt. Doch eines wußten sie nicht: Daß immer noch etwas Böses in Mittelerde existiere und keinen Frieden fand. Niemand ahnte das zu dieser Zeit.

Die Sonne neigte sich dem Horizont zu und färbte den wolkenlosen Abendhimmel tiefrot hinter den kahl werdenden Bäumen. Schnell wurde es kühler und Sam eilte sich, schnell nach Hause zu kommen. Schon waren die ersten Häuser von Hobbingen in Sicht und alles schien friedlich. Aus dem Gasthaus drang lautes Gelächter, die letzten spielenden Kinder wurden zu Tisch gerufen und die Lichter angezündet, denn die Dämmerung war nun schon sehr weit fortgeschritten.

Jetzt war es nicht mehr weit und er glaubte schon, der Geruch seines auf ihn wartenden Abendessens steige ihm in die Nase. Mit einem breiten Grinsen sagte er zu Lutz: „So, mein Guter, du freust dich bestimmt auch schon sehr auf ein feines Abendmahl in deinem warmen Stall, was? Ich will gleich mal sehen, was ich für dich tun kann, mein Freund!“

Er bog ab und als er gerade um die letzte Ecke war und in seinen Vorgarten blicke konnte, stockte ihm vor Überraschung der Atem. Da standen ein großes stolzes Pferd, das ihm auf seltsame Art und Weise bekannt vorkam, und ein kleineres Pony vor dem Stall, der für beide zu klein war, da er ausschließlich für den guten Lutz gebaut worden war.

„Sehr interessant“, dachte Sam bei sich und kratzte sich nachdenklich am Kopf.

„Wer kann das sein?“

Er beschleunigte seine Schritte und zähmte aber mühsam seine Neugier, denn zuerst wollte er Lutz in seinen Stall bringen und mit Futter versorgen, bevor er im Haus sehen wollte, wer zu Besuch war. Die beiden anderen Tiere waren notdürftig bereits mit Futter versorgt und als Sam den braven Lutz in den Stall brachte, fragte er sich, was eigentlich mit den beiden anderen Tieren in dieser Nacht passieren sollte.

„Ein Grund mehr, hineinzugehen und zu sehen, wer da ist. So habe ich gleich eine Frage, die ich stellen kann. Und woher kenne ich dieses Pferd? Es sieht ganz aus wie Schattenfell, ein klein wenig... jetzt gehe ich aber rein!“ sagte Sam zu sich und führte seinen Gedanken sofort aus. Er schritt zur Tür und trat ins Haus.

Es war behaglich warm darin und der Duft eines guten Essens stieg ihm verstärkt in die Nase.

„Ich bin wieder zurück! Meine liebste Rosie, was riecht so gut und wessen Pferde stehen vor unserem... Haus?“

Elanor war um die Ecke gelaufen und unterbrach ihren Vater kurz, indem sie ihm schwungvoll in die Arme fiel.

„Papa! Endlich bist du zurück!“ rief sie und lächelte ihn glücklich an.

Bevor Sam irgendetwas erwidern konnte, setzte sein Herzschlag für einen kurzen Moment aus, denn es folgte seiner Tochter jemand, den er nur allzugut kannte.

„Gandalf! Ich traue meinen Augen nicht, bist du es?“ stammelte Sam ungläubig.

Gandalf sah ihn gütig an. „Ja, mein lieber Junge, ich bin es tatsächlich. Da staunst du, was? Komm doch erst einmal in die gute Stube, bevor wir weitersprechen! Viel zu froh ist die Stunde, um im Flur verbracht zu werden!“

„Ja, aber, wieso bist du zurück? Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen, als das Schiff in den Grauen Anfurten ablegte! Was für eine Freude!“ Sam konnte nicht sagen, ob es tatsächlich Tränen waren, die ihm in die Augen stiegen, so glücklich war er.

Zusammen gingen sie in die Küche. Dort folgte eine zweite Überraschung, die Sam in seiner Verblüffung nicht im Entferntesten für möglich gehalten hätte.

Es war Frodo, der dort neben Rosie am Tisch saß.

Wortlos stand er auf und jetzt weinte Sam tatsächlich, überglücklich, und schloß Frodo in die Arme. Endlich brach Frodo das Schweigen.

„Wir sind wieder zurückgekommen, Gandalf und ich. Ich dachte, ich würde in Mittelerde nirgendwo je wieder Frieden finden, und doch, als das Schiff dann immer weiter aufs Meer hinausfuhr, war es mir, als würde mein Herz vor lauter Schmerz zerreißen. Mir wurde klar, wo ich eigentlich hingehöre. Ich bat und bettelte solange, man möge doch bitte nocheinmal umkehren, bis wir tatsächlich zurückfuhren. Es war die letzte Gelegenheit und es fiel mir zwar auch schwer, mich von Bilbo, Galadriel, Elrond und all den anderen Elben zu trennen, aber ich wußte genau, hier gehöre ich hin und es ist richtig, umzukehren.“

Frodo blickte Sam direkt an und Sam erkannte, daß auch er Tränen in den Augen stehen hatte. „Und Gandalf?“ fragte Sam.

„Nun“, begann dieser, „das kann ich dir selbst so genau nicht erklären. Eigentlich wollte ich tatsächlich zusammen mit den Elben Mittelerde verlassen. Jedoch schoß mir plötzlich der Gedanke durch den Kopf, daß ich ja auch hier, inmitten all meiner Freunde, ebenso friedlich die Zeitalter verleben könne, und in den Westen fahren, das kann ich immer noch. Also bin ich mit Frodo zusammen umgekehrt. Es war mehr so ein Gefühl und eine schnelle Entscheidung, aber ich bin zufrieden.“

Alle setzten sich, nur Rosie kümmerte sich um das Essen. Während sie alle ihren Appetit stillten, erzählten Frodo und Gandalf von ihrer Rückkehr.

Das Schiff war schon recht weit hinausgefahren, als Frodo plötzlich darum bat, zurückkehren zu dürfen, so mußten sie einige Stunden des Weges in Kauf nehmen, um schließlich wieder die Küsten Mittelerdes erblicken zu können. Für alle überraschend, ging Gandalf mit Frodo von Bord und sie winkten den Elben ein letztes Mal, als das Schiff sich dann endgültig auf den Weg in die Ferne machte. Weil die Nacht sich näherte, bereiteten die beiden Reisenden sich ein Lager und verbrachten die Nacht am Meer, was Frodo als unvergeßlich beschrieb. Sie machten sich mit den beiden Reittieren langsam am nächsten Morgen auf den Rückweg ins Auenland. Es war jedoch so, daß ihnen zwischendurch bei einem letzten Gewitter die Pferde davongelaufen waren. So waren sie nicht wenige Tage damit beschäftigt, diese wiederzufinden und sie kamen dabei weit vom direkten Weg ab, was tatsächlich dazu führte, daß sie erst wenige Stunden vor Sam bei seinem Zuhause angelangt waren.

Rosie kümmerte sich in der Zwischenzeit um die Unterbringung von Schattenfell und dem Pony bei den Nachbarn und ganz besonders die beiden Hobbits vertieften sich immer mehr ins Gespräch.

„Herr Frodo, ich dachte tatsächlich, dich nie mehr wiederzusehen und es brach mir das Herz. Dennoch konnte ich dich gut verstehen, aber das half mir auch nicht darüber hinweg. Also, willst du jetzt bei uns wohnen und Gandalf auch? Ihr seid bei uns immer willkommen!“

Frodo lächelte ihn an und sagte: „Es wäre mir das reinste Vergnügen und die wahre Freude! Ich bin so glücklich, wieder hier zu sein. Es war richtig, zurückzukommen. Dabei fühlte ich mich so lange unwohl hier! Das scheint mir jetzt völlig unbegreiflich.“

Gandalf setze die Pfeife ab und sagte: „Nun, mein guter Samweis, fürs Erste möchte ich auch gerne dein Gast in diesem freundlichen Haus sein, aber auf Dauer ist es mir einfach zu klein, denke ich!“ Dabei lachte er.

Es wurde ein sehr vergnüglicher und geselliger Abend. Sam war wirklich überglücklich, daß Frodo zurückgekehrt war, und obwohl sie alle recht müde waren, unterhielten sie sich noch lange. Spät am Abend legten sie sich dann alle schlafen.

Am nächsten Morgen wachten sie alle erfrischt und zufrieden auf und verlebten diesen Tag anfangs ganz unspektakulär. Am Vormittag saßen Frodo und Sam beisammen, während Gandalf in der Gegend unterwegs war, um sich eine für seine Größe angemessene Bleibe zu suchen, wo er wohnen konnte.

„Weißt du, Sam, es fiel mir sehr schwer, mich endgültig von Bilbo zu trennen, denn er bedeutet mir wirklich sehr viel. Ich freue mich so für ihn, daß er ein so glückliches und langes Leben erleben durfte. Wenn mir das doch auch vergönnt wäre!“

Sam erwiderte: „Aber Herr Frodo, warum denn nicht? Du machst einen so lebensfrohen und zufriedenen Eindruck auf mich, daß ich glauben könnte, du könntest ihn auch noch übertreffen!“

„Wieso meinst du das? Ich habe den Ring nicht lange besessen, also müßte es schon mit verrückten Dingen zugehen, wenn ich auch so ein hohes Alter erreichen würde.“

Eine beklemmende Stille trat in den Raum. Das hatte Sam verdrängt, doch Frodo konnte die Erinnerung an die Reise einfach nicht beiseite schieben.

„Meinst du, das wird mich immer verfolgen?“ brach Frodo schließlich die Stille und brachte etwas zur Sprache, das beide schon lange beschäftigte.

„Ich habe Bilbo immer so geliebt, doch warum mußte er diesen Ring finden und warum war ich dazu verdammt, ihn bis zum bitteren Ende tragen zu müssen?“ rief Frodo wütend.

„Aber das ist doch nicht Bilbos Schuld! Niemand kann etwas dafür!“ entgegnete Sam.

„Hätte ich ihn doch nur nie bekommen. Oder hätte ich ihn doch auf Elronds Rat einem anderen Träger übergeben! Es wäre doch bestimmt jemand dagewesen, der das getan hätte, jemand mit größerem Mut als ich, der darunter nie so leiden würde. Ich als kleiner Hobbit mußte so schlimme Verletzungen überstehen, die mich fast umgebracht hätten und mir immer noch heimlich zu schaffen machen.“

Frodo sagte nichts mehr. Sein Gesicht nahm einen sehr bekümmerten und traurigen Ausdruck an und Sam war bestürzt.

„Gandalf hat immer gesagt, du hast Kräfte in dir, die der stärkste Mann nicht aufbringen könnte. Du hast die Verletzung des Nazgûl überlebt und dich gegen Kankras Gift gewehrt. Das sind außergewöhnliche Fähigkeiten!“

Nach einer Pause sagte Frodo: „Ja, sicher. Ich denke, du warst nicht der einzige, der mich beschützt hat, und das hat du wirklich. Ohne dich wäre ich in Mordor verloren gewesen und wäre nie von dort entkommen. Irgendwann hätten sie mich sicher umgebracht. Du ahnst nicht, was ich dort ausgestanden habe. Und das schlimmste ist, was mich auch immer noch verfolgt...“

Er konnte nicht weitersprechen, denn es war wie ein Kloß im Hals, der ihm die Luft abschnürte. All die schrecklichen Gedanken ließen wieder Angst aufkommen, vor denen er in den Westen fliehen wollte, und er hatte es nicht getan, weil er ahnte, daß sie ihn auch dort nicht loslassen würden.

„Herr Frodo, was denn? Sag es mir doch, vielleicht kann ich dir irgendwie helfen!“

„Das wäre sehr schön, Sam. Ich denke, es war völlig nutzlos, daß wir uns so gequält haben, um den Ring zu zerstören. Wer oder was ist Sauron überhaupt gewesen? Ich habe so ein Gefühl, daß er nicht das letzte Böse ist. Ich kann das nicht erklären, aber ich denke immer, daß da noch etwas anderes, böses irgendwo ist, das auf uns herabschaut. Ich habe auch letzte Nacht schon wieder so etwas geträumt...“

Jetzt wandte er sich ab und starrte reglos aus dem Fenster. Erst rührte Sam sich vor lauter Ratlosigkeit nicht, er fühlte sich völlig hilflos, aber dann trat er neben Frodo und versuchte, ihm in die Augen zu sehen, seinen Blick einzufangen. Es wollte ihm nicht gelingen, denn Frodo schien ihn nicht einmal zu bemerken.

Tränen standen ihm in den Augen und liefen ihm über die Wangen herab. Sam spürte förmlich die seelischen Qualen, die Frodo aushalten mußte. Wortlos nahm er ihn einfach in die Arme und so standen sie ganz lange da. Frodo krallte sich an Sams Hemd fest und wollte ihn gar nicht mehr loslassen. Als Rosie kurz nach den beiden sah und einen Blick in das Zimmer warf, schaute sie zuerst sehr ratlos, aber Sam gab ihr zu verstehen, daß sie sich keine Gedanken um die beiden machen mußte.

Irgendwann kehrte Gandalf zurück und kam ins Zimmer. Er sah sehr geschäftig und zufrieden aus, aber als er die beiden Hobbits dort stehen sah, nahm seine Miene sofort einen sorgenvollen Ausdruck an.

„Was ist denn bei euch passiert?“ fragte er.

Erst reagierte Frodo nicht, dann schrak er auf und blickte Gandalf direkt an.

„Ich habe es noch niemandem erzählt, aber ich finde nicht einmal im Schlaf Frieden. Immer erscheint mir etwas Böses im Traum.“

Schweigend setzen sich die drei um den Tisch und erwartungsvoll schauten Gandalf und Sam Frodo an. Nach einem sichtlich nervenzehrenden Anlauf begann Frodo schließlich.

„So lange schon suchen diese Alpträume mich mittlerweile heim. Immer und immer kehren sie wieder. Es beginnt immer damit, daß... daß ich mich an die Nazgûl erinnere und oft werde ich dann vor lauter Schmerz in der Schulter wach. Dann glüht diese Narbe und ich schlafe dann zwar bald wieder ein, aber dann geht es jedesmal schlimmer weiter. Ich sehe wieder diese riesenhafte Spinne vor mir und renne weg. Doch sie holt mich ein, ich spüre einen Stich und dann nichts mehr. Dann sehe ich wieder etwas. Ich kann mich nicht bewegen. Um mich herum ist Finsternis. Ich sehe nichts, ich höre nur unheimliche Geräusche und rieche den Gestank, der immer stärker wird. Ich kann nichts tun. Dann sehe ich dich, Sam, geschäftig irgendwo in der Dunkelheit herumirren und dann, viel schlimmer noch, kann ich dich irgendwo gefangen sehen, gefesselt und allein. Überall sind... überall sind Spinnweben.“

Mit geschlossenen Augen saß Frodo da, zitternd und zeigte immer wieder mit den Händen in eine Richtung. Es kostete ihn viel Mühe, das konnten Sam und Gandalf sehen, aber dann schilderte er ihnen weiter, an was er sich erinnerte.

„Orks sind da, überall. Sie sprechen über etwas und ich höre immer ein Wort, das mein Herz ins elbische ungol übersetzt. Sie scheinen keine Angst zu haben. Um sie herum sind überall Spinnweben, und wo sie sind, ist Dunkelheit und Furcht. Ich suche Sam, ich will ihn finden, doch es scheint vergeblich. Plötzlich liegt er dann da und scheint tot. Dann weiß ich nichts mehr.“

Langsam schlug er die Augen wieder auf und Sam nahm seine Hände in seine eigenen. Er spürte, wie sehr Frodo zitterte und seine Hände waren ganz kalt.

Dann erst sah Sam Gandalf an, der sie beide mit wirklich großem Entsetzen anstarrte.

Er schüttelte immer wieder den Kopf und schien viel Schrecken zu empfinden.

„Du ahnst nicht im Entferntesten, Frodo, wovon du gesprochen hast. Aber ich gebe zu, ich kann mir darauf ebenfalls keinen Reim machen. Orks in Verbindung mit einer Spinne... das ist verrückt. Doch hast du dich jemals mit der Geschichtsschreibung Mittelerdes beschäftigt?“

„Nein, Gandalf, darüber weiß ich nichts. Wieso fragst du?“

„Einige Elemente deines Traums kommen mir bekannt vor, aber vielleicht hat das gar keine Bedeutung.“

„Was denn, Gandalf, was meinst du?“ rief Sam aufgeregt und Frodo sah Gandalf angstvoll an.

„Nun, ihr beiden, das ist eine sehr lange Geschichte. Ich will sie für euch kurz fassen. Damals, vor vielen Jahren, im Ersten Zeitalter war es. Es gab auch damals schon schreckliche Monster und ich meine eine Riesenspinne namens Ungolianth.“

Aufgeschreckt schauten die beiden Hobbits Gandalf an, welcher fortfuhr: „Sie ist so bösartig gewesen, daß sie alles mit Spinnweben verwob, und wo sie das tat, sank tiefe, furchterregende Finsternis herab. Und ich denke, ihr habt die Erfahrung gemacht, daß auch Ungolianths Nachkommen solch schreckliche Dunkelheit verbreiten können.“

Frodo dachte nach, dann sagte er: „Du meinst, Kankra stammt von ihr ab und... was hat das denn mit uns zu tun?“

„Ich kann es dir nicht genau sagen. Du hast Dinge geträumt, die geschehen sind, aber ob du auch Dinge geträumt hast, die noch geschehen können, weiß ich nicht. Ich verstehe nur nicht, daß du sowohl von einer Spinne, als auch von Orks geträumt hast. Es scheint fast so zu sein, daß die Orks, entgegen ihrer Natur, vor der Spinne keine Angst hatten. Auch Sam paßt da nicht ins Bild. War es wirklich so?“

„Ja, es war immer so, wie ich es euch jetzt erzählt habe. Was hat das zu bedeuten, Gandalf?“

Nach langem Zögern antwortete Gandalf: „Das kann ich dir nicht sagen. Ich weiß auch niemanden, den ich danach fragen kann. Ich weiß keinen Rat. Wahrscheinlich hat es gar nichts zu bedeuten. Beunruhigt euch nicht, ich bin sicher, das ist nur ein Spuk, der wieder vorbeigeht. Und denke daran, Frodo, du hast einen elbischen Edelstein an einer Kette. Man weiß nie, wozu das gut ist. Er kann dir Heilung bringen.“

Frodo griff nach der Kette und zog sie unter seinem Hemd hervor. Der Stein schein ein klein wenig zu leuchten, aber er konnte nicht sagen, ob er sich das einbildete. Er fragte die anderen nicht.

Für den Rest des Tages ließen die Gedanken an Frodos Traum Gandalf nicht mehr los. Er überlegte, wen er hätte fragen sollen, doch die meisten der weisesten Elben war doch gerade aus Mittelerde fortgegangen. Und ob die anderen Istari etwas wissen konnten? Er bezweifelte es, aber er wollte losziehen, um sich zu erkundigen.

Am Abend gab er seine Entscheidung bekannt.

„Also, ihr zwei, folgendes: Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber die anderen Mitglieder meines Ordens haben vielleicht doch einige kleine Ratschläge. Ich werde mich noch heute auf den Weg machen, sie zu suchen, denn sonst finde ich hier keinen Frieden.“

„Aber du sagtest doch, es wäre nichts schlimmes!“ warf Sam ein.

„Ich möchte mich nur davon überzeugen. Es wird nicht lange dauern, Schattenfell ist ein schnelles Pferd und es ist nicht sehr weit. Macht euch keine Sorgen.“

Es erinnerte Frodo stark an einen Tag vor Jahren, als Gandalf sich auch zu Erkundigungen auf den Weg machte und lange nicht zurückkehrte. Er sagte jedoch nichts.

Schattenfell war nach kurzer Zeit bereit und nachdem Gandalf sich Proviant eingepackt hatte, machte er sich auch schon auf den Weg und verschwand in der Dunkelheit des späten Herbstes.

Frodo, Sam und seine Familie blieben noch in der Tür stehen und sie sahen ihm nach, bis er nicht mehr zu sehen war. Auf eine merkwürdige Art und Weise war Frodo beruhigt. Die Nacht war für ihn voller ruhigem Schlaf und auch Sam schüttelte sämtliche Sorgen ab.

Am nächsten Morgen wachte Sam von Gelächter vor der Haustür auf. Er blickte aus dem Fenster und sah Frodo mit der kleinen Elanor durch den Garten tollen. Unwillkürlich mußte er erleichtert lächeln bei diesem Anblick, der ihn sehr erfreute. Draußen quietschte seine kleine Tochter vor Vergnügen, als Frodo sie durch die Luft wirbelte und plötzlich stand Rosie hinter Sam.

„Sei ehrlich, du hast Hunger. Ich habe ein gutes Frühstück bereitet! Beeil dich, dann sage ich den beiden draußen Bescheid und es gibt Essen.“

Nach dem Frühstück verschwanden Elanor und Frodo verschwörerisch wieder draußen und Sam setzte sich mit einem verschmitzten Grinsen vor den Kamin und steckte sich eine Pfeife an.

„Was für ein hervorragendes Kraut!“ dachte er und schaute ab und an aus dem Fenster, um den beiden im Vorgarten beim Versteckspiel zuzusehen. Nur das Mittagessen unterbrach Frodo und Elanor beim Kastaniensammeln, und am Nachmittag bastelten alle zusammen kleine Figuren aus den Früchten und kleinen Ästchen. Sam und Frodo erzählten dazu einige Abenteuer, halb zusammengesetzt aus ihren Erlebnissen im Ringkrieg und halb ausgedacht. Bis zum Abendessen waren sie damit beschäftigt und jeder, der draußen vorbeiging, hörte das kleine Hobbitmädchen laut lachen und wurde dadurch selbst erheitert.

So gingen zwei Tage durchs Land, in denen Merry zu Besuch vorbeikam und die Einladung, doch etwas länger zu bleiben, dankend annahm. Es wurde sehr vergnüglich in Beutelsend und die Tage wurden ihnen nicht lang, so daß sie nachts erschöpft ins Bett fielen und schliefen wie tot.

„Ich geh dann schonmal schlafen, Frodo, also sei bitte gleich nicht so laut, wenn du kommst“, sagte Merry und gähnte. In Frodos Zimmer hatten sie für Merry ein zweites Bett aufgestellt und Frodo saß an Elanors Bett und wollte ihr noch eine Geschichte zum Einschlafen erzählen, eine, die er auch von Bilbo immer gern gehört hatte.

„Und weißt du, da lag auf diesem prächtigen, riesengroßen Schatz dieser Drache und schlief. Wie der schnarchte! Du kannst es dir kaum vorstellen. Da saßen die Räuber dann, Zwerge und Hobbit, und bespitzelten das Monster. So gern wollten sie an den Schatz! ...“

Sam wandelte schlaftrunken durch den Flur und warf noch einen kurzen Blick in Elanors Zimmer, bevor er in sein Schlafzimmer trat. Dort fand er Frodo schlafend auf dem Schaukelstuhl und Elanor friedlich schlummernd in ihrem Bettchen. Er ging noch kurz hinein und löschte das Licht, dann ging auch er zu Bett.

Geschrieben

Man sah zuerst nur ihre kleinen Schatten, dann ihre schemenhaften Umrisse, die von Versteck zu Versteck huschten. Sie zischelten und flüsterten.

„Und wenn die nicht da sind? Bist du dir sicher, daß wir richtig sind?“ fragte der eine gedämpft.

„Natürlich bin ich mir sicher, du Dummkopf! Hat der Herr uns nicht gezeigt, wie es aussieht? Also, wenn du dir das nicht merken kannst, ich habe damit jedenfalls keine Schwierigkeiten!“ maulte der andere. Die anderen sagten gar nichts. Zusammen hockten sie alle hinter einem Gebüsch und schreckten nur eine Katze auf, die kreischend davonhuschte.

Natürlich hatte sie Angst. Es waren Orks.

„Schön, und was soll das Ganze überhaupt?“ fragte wiederum der eine.

„Wie oft habe ich dir das jetzt erklärt? Wir sollen da jetzt reingehen und diesen Kerl finden. Ich weiß zwar selber nicht genau, ob das jetzt ein hünenhafter Elb oder ein weiterer von diesen zu kurz geratenen Typen sein soll, die hier überall rumlaufen, aber...“

„Da hast du´s! Du hast also auch keine Ahnung.“

„Natürlich hab ich welche. Aber der Chef sagt, unser Feind ist klein, und andere, die es wirklich wissen müssen, haben mir einen als Hünen, als einen von diesen widerlichen Elben beschrieben, der rücksichtslos alles umbringt, was sich ihm in den Weg stellt!“

„Aber wir müssen doch wissen, nach wem wir zu suchen haben! Wenn da jetzt mehrere sind...“

„Der Chef hat doch Spitzel. Vor einigen Tagen erst hat man den wieder gesehen. Man weiß schon lange, daß er ein Kind hat, und letztens hat man die beiden wieder vor der Haustür gesehen. Beim Früchtesammeln. Der muß also zu finden sein!“

Mit einem Grummeln kommentierte der andere das Gesagte und alle zusammen pirschten Richtung Tür. Es dauerte nicht lange und ein Geschickter unter ihnen hatte sie geöffnet. Leise schlichen sie herein und lehnten die Tür hinter sich an. Es war dunkel im Haus, doch als Orks konnten sie nahezu alles erkennen.

„Wohin?“ fragte einer, der bisher noch gar nichts gesagt hatte. Der scheinbare Chef unter ihnen erwiderte: „Nacheinander überall rein. Die erste Tür da!“

Leider war es so, daß hinter dieser ersten Tür ausgerechnet Elanors Zimmer lag. Einer öffnete die Tür und lugte durch den Spalt.

„Leute! Da ist der Kerl. Und das Kind auch.“

„Das Kind bleibt hier. Nur der Kerl!“

Sie betraten alle das Zimmer, in dem Elanor und Frodo schliefen. Einer holte Stricke hervor, ein anderer schloß die Tür und dann ging alles sehr schnell. Die kleine Elanor schrak auf, als die Dielen knarrten und sah in ihrem kleinen Zimmer viele dunkle Gestalten stehen. Sofort schrie sie in Panik und Frodo wachte auf. Er sah nur einen Ork hämisch grinsend vor sich stehen und wurde aus dem Stuhl gerissen. Blitzschnell war hinter ihm einer und fesselte ihn, ein anderer steckte ihm einen Knebel in den Mund und er wurde hochgehoben und geschultert. In der Gruppe herrschte wegen des schreienden Kindes der größte Tumult, denn jetzt wurden sie nervös und wollten schon durch die Tür verschwinden, als sie vom Flur Gebrüll hörten.

„Da sind noch welche!“ brüllte einer der Orks und alle quetschten sich zusammen mit dem zappelnden und verzweifelten Frodo aus der Tür.

Sam war aufgewacht und fiel vor Schreck über den Lärm aus dem Bett. Als er verblüfft so dalag, fiel sein Blick auf Stich unter seinem Bett und instinktiv griff er danach. In der Zwischenzeit war Merry schon längst mitten im Geschehen und schlug wild auf dem Flur im Dunkeln um sich und erwischte ziemlich erfolgreich einige der Orks. Es herrschte ein lärmendes Getümmel und plötzlich war ein dumpfer Aufprall zu hören. Die Haustür war schon aufgerissen und die Hälfte der Einbrecher entkommen, und das Mondlicht schien auf den am Boden liegenden, sich verzweifelt herumwälzenden Frodo. Merry war entsetzt. Aus Leibeskräften brüllte er „Sam! Hilfe!!!!“ und prompt kam dieser auch um die Ecke gerannt. Doch Merry ließ Frodo einen kurzen Augenblick aus den Augen, bevor er zu ihm rennen und ihn retten wollte, und schon hatte einer der Orks ihn geschnappt und alle waren weg. Sam zischte an Merry vorbei mit Stich in der erhobenen Hand und mit Gebrüll zur Tür hinaus. Er hatte gerade noch gesehen, was passierte. Elanor hörte auf zu schreien, denn Rosie war zu ihr gelaufen und kam mit ihr auf dem Arm zu Merry in den Flur und sah ihn verängstigt an.

„Sie haben Frodo mitgenommen. Verdammt, ich war zu spät und die waren soviele!“ fluchte Merry und lief in den Vorgarten. Was er da saß, erschütterte ihn zutiefst.

Sie waren viel zu schnell für den armen kurzbeinigen Hobbit gewesen, hatten ihm noch irgendwas ins Gesicht geworfen und waren mitsamt Frodo entkommen.

In sich zusammengesunken kauerte Sam auf dem Weg, sich am Schwert festklammernd, und mit hängendem Kopf. Merry trat zu Sam und hörte ihn unter Schluchzen murmeln: „Nein, nein... warum... ich habe nicht auf ihn aufgepaßt... nein... nein...“

Merry legte Sam eine Hand auf die Schulter, doch Sam reagierte gar nicht. Rosie und Elanor kamen hinterher und Rosie fragte mit zitternder Stimme: „Wer waren die? Wieso waren die hier?“

Merry drehte sich um und sagte: „Ich weiß nur, wer die waren. Es waren Orks. Aber warum die hier waren, weiß ich nicht. Sie sahen fast aus die die Moria-Orks. Sam?“

Jetzt hob Sam den Kopf und sah Merry und seine Frau unter Tränen an. Plötzlich sprang er auf und Rosie ließ ihn die kleine Elanor auf den Arm nehmen, die immer noch weinte.

„Haben sie dir etwas getan, mein kleines Mädchen? Was haben sie gemacht?“ fragte Sam und fühlte, wie seine Tochter zitterte.

„Nein, Papa. Ich bin wachgeworden und da waren dunkle Gestalten, die haben Onkel Frodo gefesselt und weggetragen. Ich hatte fürchterliche Angst.“

Erleichtert drückte Sam sie und murmelte: „Frodo hat das gewußt. Er hat es geahnt. Warum haben wir nicht aufgepaßt? Warum, verdammt?“

Die ganze Nachbarschaft war inzwischen auf den Beinen und eine Menge versammelte sich um Beutelsend. Alle wollten wissen, was geschehen war. Sam ging wortlos zurück ins Haus, Rosie folgte ihm und Merry antwortete den Leuten nur kurz.

„Es waren Orks hier, die haben Herrn Beutlin entführt. Wir konnten nichts tun. Warum die das getan haben, weiß ich nicht.“

Jemand rief nach den Landbütteln und unter viel Geschwätz ging auch Merry vorerst zurück ins Haus. Er hörte die Leute Meinungen austauschen.

„Habe ich das nicht immer gesagt? Die Beutlins sind so umtriebig! Das mußte ja passieren!“

„Red doch nicht so dumm daher, der Herr Beutlin ist ein sehr intelligenter Hobbit und war auf einer großen Reise. Natürlich bleibt so etwas nicht ohne Folgen!“

Merry fand die Familie um den Tisch in der Küche versammelt, Sam lief ständig auf und ab und Rosie stellte Fragen über Fragen. Elanor war kurz vor dem Einschlafen, denn für sie war das Ganze viel zu aufregend gewesen. Ihre Mutter hielt sie im Arm und starrte Sam an, der völlig ratlos und aufgelöst herumlief.

Zuerst schaute Merry sich das vom Türrahmen aus an, ohne irgendetwas zu sagen oder sich sonstwie bemerkbar zu machen.

„Nein, Rosie, ich habe keine Ahnung! Was soll ich dir denn sagen? Ich habe mich schließlich nicht mit denen besprochen, um zu erfahren, was das soll!“

„Weißt du denn gar nichts? Frodo war doch vor einigen Tagen schonmal so komisch und da habt ihr beiden doch mit dem Zauberer Kriegsrat gehalten. Was sollte das? Du hast mir nie erzählt, wo ihr all die Monate wart, warum ihr weg wart und das alles!“

„Aber du hast doch nie gefragt!“ rief Sam. Er verlor völlig die Fassung.

„Dann tu ich es eben jetzt. Ich weiß, ihr seid im Süden gewesen mit dem Zauberer und einigen anderen Leuten, aber warum? Was macht Frodo so zu schaffen?“

„Meine Liebste, ich weiß gar nicht, ob du das hören willst. Aber gut...“ Mit einem langen Blick auf Merry, den er doch bemerkt hatte, setzte er sich und Merry tat das Gleiche.

„Frodo hat von Bilbo damals alles geerbt, das weißt du sicher noch. Und du erinnerst dich bestimmt noch an Bilbos rätselhaftes Verschwinden an seinem einundelfzigsten Geburtstag. Nun, das hat er mithilfe eines Zauberringes gemacht, und er hatte keine Ahnung, daß dieser Ring der Ring der Macht war. Der dunkle Herrscher Sauron hatte ihn erschaffen, um Mittelerde zu beherrschen und er hatte erfahren, daß der Ring sich im Auenland befand. Er schickte schwarze Reiter und wir mußten uns auf eine lange Reise machen, um den Ring zu zerstören.“

Rosie hatte große Augen und zur Überraschung aller betrat Bungo Boffin, einer der Büttel, die Küche.

„Die Tür war offen. Was ist denn hier los?“ fragte Bungo und Sam bedeutete ihm, sich zu setzen. „Einen Augenblick bitte, Bungo, ich muß Rosie noch etwas erklären.“

„Natürlich, ich warte.“

„Wo war ich? Ach ja, Ring zerstören. Wir machten uns mit Menschen, einem Elb und einem Zwerg auf den Weg nach Mordor. Die anderen Gefährten verloren wir zwischendurch aus den Augen. Frodo wurde einmal von einem der schwarzen Reiter verletzt, auf der Wetterspitze, und als wir an den Toren Mordors waren, ging er mir für einen Tag verloren. Gollum, ein hinterlistiger Mistkerl, hatte anscheinend mit einer Spinne, an der wir auf unserem Weg vorbeimußten, ein Komplott geschmiedet, denn der Kerl wollte den Ring haben. Die Spinne fiel über Frodo her und auch sie verletzte ihn. Da ich ihn zuerst für tot hielt, ließ ich ihn, wo er war, und nahm seinen Ring und wollte allein weiter zum Schicksalsberg. Doch dann kamen Orks und nahmen ihn mit in den Turm von Cirith Ungol, und ich habe ihn von dort gerettet. Das sind alles die Dinge, die ihm zu schaffen machen.“

Rosie schaute ihn ungläubig an und sagte nichts. Sam wandte sich dem Landbüttel zu und erzählte ihm, was geschehen war.

„Hat denn niemand die Orks noch gesehen?“ fragte er zum Schluß.

„Nein“, erwiderte Bungo, „niemand. Es tut mir leid. Wie die das angestellt haben, weiß ich nicht. Wahrscheinlich sind sie mitten über die Felder gerannt. Niemand in ganz Hobbingen kann etwas dazu sagen, es tut mir leid. Wie kann ich helfen?“

Erst nach einer Pause antwortete Sam: „Ich befürchte, gar nicht. Das sind Feinde, mit denen es die wenigsten von uns aufnehmen können. Ich mußte es schon einmal. Ich habe Herrn Frodo gegen einen verteidigt und dem Kerl die Hand abgeschlagen, bevor er sich das Genick brach.“

Der Landbüttel war starr vor Staunen. Merry grinste, denn er wußte um die Geschichte des „großen Elbenkriegers“.

„Das müssen wir schon selber machen, nicht wahr, Merry? Nur weiß ich nicht, wie.“

Sam blickte traurig auf den Tisch.

„Ich mache mir solche Vorwürfe. Und ich weiß nicht mal, wo ich nach ihm suchen soll.“

Der Aufruhr hatte sich inzwischen so im Dorf verbreitet, daß es nicht lange dauerte, und Pippin erschien in Beutelsend. Er hatte schon gehört, was passiert war.

Sam saß niedergeschlagen am Tisch, während Rosie mit Elanor ins Bett gegangen war. Merry und Sam schwiegen sich an, Bungo war gegangen nach vielen Erklärungen, warum er nichts würde ausrichten können.

„Wäre Gandalf doch hier!“ murmelte Merry. Mitten in dieses verzweifelte Schweigen platzte Pippin hinein und setzte sich stillschweigend mit an den Tisch. Sie alle waren völlig ratlos. Weil sie ohne weiteres ohnehin nichts ausrichten konnten, gingen sie ins Bett. Sam lag noch sehr lange wach und auch die anderen schliefen nicht viel schneller ein. Pippin hatte sich in Frodos leeres und immer noch fein säuberlich gemachtes Bett gelegt und Sam hörte auf den ruhigen, gleichmäßigen Atem seiner kleinen Tochter, die zwischen ihm und Rosie schlummerte. Er hatte die fürchterliche Ahnung, daß etwas ganz schreckliches seinen Anfang genommen hatte, wovon Frodo schon gewußt hatte, daß es passiert. Aber Sam wußte nicht, daß es sich um einen Irrtum handelte.

Sam fühlte sich sehr elend, als er am Morgen erwachte. Neben ihm lag seine Tochter, die sich an ihn geschmiegt hatte. Rosie war schon aufgestanden und er hörte, wie sie sich mit Pippin unterhielt. Er starrte gegen die Decke und hatte plötzlich eine Idee, die ihn hochschnellen ließ.

„Das ist es! Wenn uns auf die Schnelle jemand helfen kann, dann er!“

Er sprang aus dem Bett und wäre dabei fast auf Stich getreten, das er einfach so auf dem Boden hatte liegen lassen. Er schaute auf dem Weg in die Küche nach Merry, den er nicht mehr in seinem Bett vorfand. Auf dem Flur wäre er fast mit ihm zusammengeprallt.

„Daß man dich auch noch sieht!“ sagte Merry und klopfte ihm auf die Schulter.

„Es ist schon zehn Uhr. Komm, stärk dich mit Rosies gutem Frühstück!“

Sam fand, daß das eine gute Idee war und folgte Merry in die Küche. Rosie und Pippin frühstückten bereits und die beiden setzten sich zu ihnen. Erst einmal biß Sam in ein Brot, bevor er den anderen erzählte, was er sich überlegt hatte.

„Hört mir mal zu. Mir kam eben so ein Gedanke, wo wir jemanden finden könnten, der uns vielleicht helfen kann oder Rat geben. Ihr erinnert euch doch bestimmt noch an den alten Tom Bombadil im Alten Wald?“

„Sam, du bist wunderbar!“ rief Merry. „Natürlich, das ist es! Machen wir uns alle auf den Weg? Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn einer von uns hierbliebe, um Stellung zu halten für den Fall, daß Gandalf zurückkommt. Seine Hilfe brauchen wir doch unbedingt!“

„Die Idee ist gut“, sagte Pippin. „Ich werde hier durch die Gegend reisen und versuchen, etwas über Gandalfs Verbleib in Erfahrung zu bringen. Hier im Haus ist ja noch Rosie.“

Sie wußte übrigens genau, daß sie Sam unter keinen Umständen von seinem Vorhaben, Frodo zu retten, abhalten konnte. Das wollte auch nicht und versuchte es überhaupt nicht erst. Sie dachte außerdem, daß der Alte Wald, wo Bombadil lebte, noch nahe genug am Auenland lag, daß dort nichts wirklich Böses passierte so wie auf der großen Reise.

Also war es beschlossene Sache. Sie packten in aller Eile ihre Sachen, Sam und Merry, und Merry borgte sich ein Pony. Es sollte schließlich schnell gehen. Mit genügend Proviant, Waffen und warmer Kleidung sattelten sie schließlich auf und verabschiedeten sich von Pippin und Rosie. Nicht zuletzt sollte Pippin natürlich auch ein wenig acht auf Rosie geben, denn man wußte ja nie, was noch passieren konnte.

Einmal Richtung Wasserau auf der Straße, kamen sie zügig voran, erst recht auf der Oststraße, die irgendwann nach Bree führte, vorbei am Alten Wald, ihrem Ziel. Jetzt, wo sie wußten, wo Bombadil zu finden war und ohne große Gefahren bei der Benutzung der Wege, kamen sie recht schnell weiter und rechneten damit, am Ende des zweiten Tages dort zu sein, allerspätestens.

„Sam, was hast du denn dort wirklich vor? Meinst du, der alte Bombadil kann uns irgendwas über den Verbleib Frodos sagen?“ fragte Merry.

„Naja, ich weiß es nicht, um ehrlich zu sein. Aber wir müssen es versuchen, denn untätig herumsitzen ist überhaupt nicht gut. Und der gute Bombadil weiß viel, das ist klar. Vielleicht hat er ja etwas gesehen oder sonstwie erfahren. Ich hoffe wirklich sehr, daß wir das nicht umsonst machen. Gandalf ist jetzt etwa eine Woche weg und ich weiß wirklich nicht, wie lange es dauern kann, bis es wiederkehrt. Solange können wir nicht warten. Ich weiß nicht, was sie mit Frodo vorhaben, aber etwas Gutes kann es nicht sein. Wir müssen einfach schnell handeln! Ich hoffe nur, daß Gandalf bald zurückkommt.“

Sie unterhielten sich den ganzen Tag über recht wenig, denn sie waren voller geteilter Sorgen, die aber niemand aussprechen wollte. Orks und ein Hobbit, ganz alleine, das war wirklich schlimm. Merry wußte das nur allzu gut. Es war ein geplanter Angriff gewesen, und sie wußten genau, wonach sie suchten. Das machte Sam wirklich Angst.

Anfangs war der Tag noch freundlich mit ein wenig Sonne, aber zusehends zogen mehr und mehr Wolken auf, die mit ihrem tristen Grau jede Hoffnung und allen Mut schwächten. Es war nicht mehr warm, denn der Winter näherte sich unaufhaltsam, aber nicht das machte ihnen Sorgen. Es war vielmehr ein unbestimmte Gefühl, daß dies erst der Anfang einer ganz furchtbaren Geschichte war.

Gegen Abend kehrten sie in Weißfurchen ein und fanden ein Zimmer im Gasthaus. Dort fragten sie natürlich sofort nach Gandalf, aber alles, was die Leute wußten, war von Gandalfs Abreise und nicht etwa von einer Rückkehr. Die beiden Hobbits gesellten sich zu den anderen Gästen in den Schankraum und unterhielten sich dort mit ihnen. Es dauerte jedoch nicht lange, bis jemand hereinkam und von der Entführungsgeschichte in Hobbingen berichtete. Sofort richteten sich alle Augen auf Merry und Sam und sie wurden lange ausgefragt. Schnell hatten die Leute rausbekommen, daß die beiden darin verwickelt waren und auch, daß sie genau deswegen in Weißfurchen waren.

Plötzlich meldete sich aus der hintersten Ecke einer zu Wort, der bisher nur stumm dagesessen und Pfeife geraucht hatte.

„Nun, meine Freunde, ich kann euch vielleicht helfen. Wenn ihr sagt, ihr sucht nach einem Pack Orks, dann weiß ich was!“

Aufgeregt trat Sam an ihn heran und schaute ihn erwartungsvoll an.

„Was hast du zu berichten? Laß mal hören!“

„Es war so: Heute morgen kam ich vom Luch und sah in etwa einer halben Meile Entfernung ein paar finstere Gesellen vorbeiziehen. Den Gang fand ich seltsam. Überhaupt machten die einen schlechten Eindruck auf mich. Groß waren sie nicht, soviel steht fest, und zwischendurch hielten sie einmal kurz an und machten irgendwas, dann ging es weiter, immer auf den Wald zu, aber ganz klar in Richtung Alter Wald.“

„Das ist phantastisch!“ rief Sam und Merry sah ihn an.

„Wunderbar, genau da wollen wir hin. Sollten wir vielleicht nicht direkt hinterher, sonst wird ihr Vorsprung noch größer!“ sagte er, aber Sam schüttelte den Kopf.

„Ich denke, das können wir uns sparen, denn die sind sowieso schon viel zu weit. Die kriegen wir nicht. Dann ruhen wir uns lieber noch einmal aus. Ich möchte nur wissen, wo die hinwollen!“

Das war es dann auch schon, was er dazu noch sagen wollte, und wenig später verschwanden die beiden in ihrem Zimmer und legten sich zur Ruhe.

Hinter der Brandyweinbrücke wollten sie die Straße verlassen und auf den Alten Wald zuhalten, darauf hatten sie sich geeinigt. Die Straße führte in direkter Linie zu weit vom Wald weg. Zwar mußten sie fast bis zum Ende des Waldes, aber sie hatten es eilig. Sie brachen frühzeitig am nächsten Morgen auf und hatten die Brandyweinbrücke am Mittag überschritten, als sie zu einem Essen eine Pause einlegten. Sie sprachen auch an diesem Tag nicht viel miteinander, denn sie waren viel zu sehr mit ihren Gedanken beschäftigt. Sam fragte sich, mit welchen Dingen es hatte zugehen können, daß die Orks einfach so in sein Haus spaziert kamen und Frodo entführten, zielstrebig und schnell. Elanor hatten sie in Ruhe gelassen, obwohl sie furchtbar geschrien hatte, aber an ihr schienen sie überhaupt kein Interesse gehabt zu haben.

Warum Frodo? Was hatte er getan und für wen konnte er von Interesse sein? Für was überhaupt? Er hatte den Ring zum Schicksalsberg getragen und der Ring war in die Schicksalsklüfte gefallen und alles Böse in Mordor wurde ausgelöscht, auch Sauron. Orks gab es leider immer noch in Mittelerde, in Moria und an anderen schrecklichen Orten. Bilbo hatte mit ihnen im Nebelgebirge Bekanntschaft schließen müssen. Wo diese hergekommen waren, konnte Sam beim besten Willen nicht sagen. Er hatte sie kaum wahrnehmen können, geschweige denn erkennen und zuordnen.

Es war kaum vorstellbar, daß die Orks aus eigenem Antrieb einen so ordentlich geplanten Einbruch durchführten, also steckte irgendwer dahinter. Aber wer? Wer konnte ein Interesse daran haben, und warum?

Sam hatte nicht eine Idee. Frodo hatte niemandem etwas getan, der jetzt dafür Rache nehmen könnte. Was steckte wirklich hinter Frodos Traum? Von Orks war die Rede gewesen, und von Kankra. Nur konnte niemand eine Verbindung zwischen beiden herstellen und so konnte Sam sich nicht erklären, wie man es auf Frodo hatte absehen können.

Sam grübelte, er überlegte hin und her, aber nichts erschien ihm wirklich die passende Antwort auf seine Frage zu liefern. Am Ende war er noch ratloser als zuvor, als sie den Alten Wald in der Nähe von Tom Bombadils Haus betraten. Vorsorglich und skeptisch dem bedrückenden Wald gegenüber, rief Merry nach Tom und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis wieder sein Hut in Sicht kam und sie ihn singen hörten.

„Na bitte, wenigstens auf etwas ist hier Verlaß!“ sagte Sam.

Als Bombadil sie schließlich erkannte, war die Überraschung groß.

„Meine Freunde! Was treibt euch nach der kurzen Zeit wieder zu mir?“

Kurz nannte er diese Jahre! Für die Hobbits waren sie wie eine Ewigkeit gewesen, aber Tom empfand das ohnehin anders.

„Tom, wir sind so glücklich, daß wir dich gefunden haben!“ begann Sam. „Wir brauchen deine Hilfe.“

„Ich habe es mir bereits gedacht. Also folgt mir in die gute Stube und ich will sehen, was ich für euch tun kann. Ich denke, ich habe also eine richtige Nachricht über euch erhalten und vermute, daß ich euch sehr wohl helfen kann. Es ist gut, daß ihr gekommen seid!“

Sam nahm ihn mit auf sein Pony und es dauerte nicht lange, da kam sein Haus zum Vorschein und vor der Tür stand die wunderschöne Goldbeere und wartete auf sie. Sie versorgte ihre Ponys, während die Hobbits Tom ins Haus folgten und sich mit ihm um einen reichlich gedeckten Tisch setzten.

Tom begann zu sprechen: „Nun, ist es so, daß in eurer Heimat etwas schrecklich gerade passiert ist? Des Nachts wurde einer von euch gewaltsam seinem Heim entrissen von einem Pack Unwesen, einige Vögel zwitscherten mir das gestern zu. Die Unholde waren Orks, ist das richtig? Dann habe ich sie gesehen, denke ich, aber zu kurz, um handeln zu können. Gestern marschierten sie durch das Weidenwindental und verschwanden flink aus meinem Blickfeld. Sicherlich wollt ihr wissen, warum sie Frodo Beutlin entführt haben!“

Merry und Sam waren nicht sonderlich erstaunt über Toms Wissen, sie kannten ihn bereits zu gut, um sich noch zu wundern. Sie nickten stumm.

„Nun, ich hoffe, der gute alte Gandalf hat sich schon seine Gedanken gemacht! Wo steckt der Knabe eigentlich?“

„Das wissen wir selbst nicht genau, Tom. Vor mehr als einer Woche hat er sich auf den Weg gemacht zu den anderen Istari, um bei ihnen Rat zu holen. Frodo hatte einen schrecklichen Alptraum, den er allein nicht vollständig deuten konnte. Er hat was von einer Spinne und Orks erzählt.“

„Hat er das! Um was für einen Traum handelte es sich denn?“ fragte Tom.

Sam schilderte ihm Frodos Bericht und beobachtete, wie Toms Gesichtsausdruck dabei immer besorgter wurde.

Schließlich sagte er: „Das klingt ganz nach einem Problem. Ist es richtig, daß die Sache mit den Nazgûl und die mit der Spinne passiert sind? Dann kann ich das gut deuten. Es stellt den Bezug zum folgenden her, und das sind die Dunkelheit, die Orks und die Spinnweben. Gandalf hat euch hoffentlich gesagt, daß das alles etwas ist, das es schon einmal vor vielen tausend Jahren gegeben hat. Und es bleibt immer noch Kankra. Und daß du, Samweis, darin vorkommst... als scheinbar tot, das gibt mir zu denken. Ich stelle mir wirklich die Frage, was das heißen soll.“

Merry blieb der Bissen des nur allzu guten Brotes im Halse stecken. Sam konnte vor lauter Spannung sowieso nichts herunterbringen.

„Weißt du, warum sie Frodo entführt haben? Vielleicht bekommen wir so heraus, wer dahintersteckt!“

„Soso! Dann wollen wir dem Problem mal auf den Grund gehen. Wir müssen so vorgehen: Erst, wenn wir wissen, wer da wirklich hintersteckt, können wir uns überlegen, was die vorhaben. Fangen wir an mit der Spinne. Ich finde es erschreckend, daß Frodo geträumt hat, was passieren würde.“

„Also hat er es wirklich gewußt!“ fiel Sam ihm ins Wort.“

„Das hat er tatsächlich. Euer Frodo mußte schon einiges durchmachen, und das hat ihn sensibilisiert. Er konnte ahnen, was geschehen würde, einfach nur so. Und die Spinne taucht in irgendeiner Form ständig im Traum auf. Die Orks stellen nur ein kleines, aber wichtiges Element dar. Überlegen wir uns, wie Orks sich für gewöhnlich verhalten... sie sind Diener, sie sind Knechte. Und sie waren da. Also gehören sie dazu, aber sie sind nicht die treibende Kraft. Ich wage, zu behaupten, daß es ein nahezu undenkbares Bündnis zwischen Wesen gibt, die sich ursprünglich bis aufs Blut hassen würden. Die Orks sind die Handlanger der Spinne, aber warum, müßt ihr mir sagen. Ich habe nicht alles erfahren, was ich jetzt wissen muß.“

Zuerst sagte niemand etwas. Irgendwann murmelte Merry: „Warum kann die Spinne Interesse an Frodo haben? Wenn wir davon ausgehen, daß es Kankra ist, dann sehe ich keinen Grund. Denn daß er ihr als Mahl entgangen ist, ist doch eigentlich nicht sehr wichtig, oder?“

Sam schüttelte stumm den Kopf und grübelte verbissen über den Sinn nach.

„Ich habe keinen Anhaltspunkt. Frodo hat ihr nichts getan, wofür sie sich rächen könnte. Nur ich.“

Tom schrak aus seinen Überlegungen hoch.

„Natürlich, das ist es! Du bist derjenige, um den es eigentlich geht! Denn du tauchst in dem Traum auf, und bisher konnte ich mir das nicht erklären. Was hast du denn damals getan, Sam?“

„Ich habe mit Stich gegen sie gekämpft und sie verletzt, um Frodo zu retten. Du meinst, das war ein Irrtum, daß sie Frodo entführt haben?“

Tom nickte stumm.

„Das wird es wohl sein!“ sagte Merry. „Die Orks ließen sich von Kankra anheuern und weil sie nicht gerade die Klügsten sind, haben sie kurzerhand den Falschen entführt...“

Sam schwitzte. Sein Herz raste und ihm wurde schwindelig. Denn das hieße, daß sie wahrscheinlich irgendwann merken würden, wen sie tatsächlich entführt hatten. Also waren sie ab jetzt hinter ihm her und ihm wurde schlecht, wenn er daran dachte, was jetzt mit Frodo geschehen könnte, wenn der Irrtum bemerkt würde.

Der Kloß im Hals ließ ihn kaum atmen. Er konnte nichts dagegen tun, es stiegen ihm Tränen in die Augen und er ließ den Kopf auf die Arme sinken und weinte.

Merry legte wortlos den Arm um Sams Schultern und Tom stand auf, ging zum Fenster und starrte hinaus.

Sam war völlig verzweifelt. Frodo war an seiner Stelle entführt worden, er mußte wieder leiden für etwas, wofür er nicht im Geringsten verantwortlich war. Es war ein Racheakt Kankras, die Sam so schwer verletzt, aber nicht getötet zu haben schien. Wut keimte in ihm auf. Doch sie wurde von grenzenloser Angst um Frodo schnell im Keim erstickt und er sagte unter Tränen: „Gandalf muß kommen und etwas tun. Gandalf muß ihn retten. Ich war schon unfähig, wie soll ich das jemals schaffen? Wie soll ich ihn finden? Sie werden ihn töten. Nein, warum...“

Er konnte nicht weitersprechen. Tom trat zu den beiden und sah erst Merry in die Augen, der versuchte, Sam Trost zu spenden, und dann Sam.

„Hör mir zu, Samweis. Es war ein Irrtum, schierer Zufall, denn die Orks wußten es nicht besser. Niemand ist schuld, schon gar nicht du.“

„Doch, Tom, ich hätte ihn an dem Abend nur wecken müssen! Er saß in Elanors Zimmer, er hatte ihr eine Geschichte erzählt und war im Schaukelstuhl eingeschlafen. Sie mußten ihn einfach für mich, ihren Vater, halten. Sie haben bestimmt zuvor spioniert, wie sonst hätten sie so zielstrebig handeln können? Wäre er nur in seinem Bett gewesen, sie hätten mich zuerst gefunden. Jetzt muß er die Qualen aushalten, die mir zugedacht waren, und er mußte schon so viel ertragen! Tut doch was!“

Er schluchzte und konnte vor lauter Tränen Toms Gesicht kaum erkennen.

„Aber nein, wünsche dich doch nicht an seine Stelle, sondern konzentrier dich vielmehr darauf, ihn zu retten und alles wird gut sein. Du kannst das, und wir helfen dir.“

Merry nahm Sams Hand und sagte: „Wir finden die Kerle. Wir finden sie und Frodo werden wir retten. Keine Spinne dieser Welt wird ihn in ihre Fänge bekommen, dafür sorgen wir.“

„Wie sollen wir das machen? Allein die Orkbande, die nach Beutelsend spaziert kam, das waren schon doppelt so viele wie wir. Wir sind nur zwei kleine Hobbits! Aber wir müssen hinterher. Sofort aufbrechen, Merry, wir müssen hinterher!“

Sam sprang plötzlich auf, aber Merry zog ihn wieder herunter.

„Bleib ganz ruhig! Wir dürfen nichts überstürzen. Die sind weg, es bringt nichts, jetzt hinterherzulaufen. Wir versuchen lieber anders, herauszufinden, wo die jetzt stecken. Tom, wo könnten die hinmarschieren?“

Sam sah beide aufmerksam an und Tom dachte nach.

„Nun, der Düsterwald ist weit, noch weiter ist Kankras Höhle. Das halte ich für unwahrscheinlich, daß sie irgendwo dort hingehen, wo die ganzen Spinnen sind. Das ist zu weit, denn sie müssen damit rechnen, daß man sie unterwegs entdeckt. Nein, ich denke, sie werden irgendwo in der Nähe einen Schlupfwinkel haben. Aber wo?“

Sie grübelten lange vor sich hin und gingen in Gedanken jede mögliche Stelle durch, an der Orks sich verkriechen würden. Nur hatten sie ihren Entfernungsradius viel zu weit gesteckt. Sie dachten an die Nördlichen Höhen, die Wetterberge und die Wildnis dazwischen, doch plötzlich rief Merry: „Fürchten die sich von den Hügelgräberhöhen, was meint ihr?“

Erst sagte niemand etwas. Dann sagte Sam: „Perfekte Verstecke. Bestimmt denken die sich, wir würden uns da nicht hintrauen. Aber ob die da tatsächlich untergetaucht sind? Was könnten die dort wollen?“

Die letzte Feststellung des Tages war, daß die Bande sich auf jeden Fall bei ihnen bemerkbar machen würde, wenn sie den Irrtum bemerkte. Völlig fertig mit den Nerven waren die Hobbits am Abend, und auch Goldbeeres Bemühen um ihr Wohl verschaffte ihnen nicht viel Abhilfe. Weil sie wußten, daß es die einzig sinnvolle Beschäftigung sein würde, legten sie sich früh schlafen und merkten nicht, wie Tom später das Haus verließ.

Geschrieben

Aus einem unbestimmten Grund schreckte Gandalf hoch. Er befand sich bei Radagast, den er in den Nördlichen Höhen vermutet und auch gefunden hatte. Radagast war derjenige unter den Zauberern, dem er am meisten vertraute und zutraute. Sie hatten sich lange über Frodos Traum unterhalten und Radagast stellte schnell eine Handvoll Vermutungen auf, die Gandalf nie eingefallen wären, dabei war es tatsächlich so einfach.

Genau wie Bombadil stolperte Radagast sofort über die Rolle Sams in dem Traum und konnte sich erst keinen Reim darauf machen. Er hatte Gandalf nach dem Kampf der Hobbits gegen Kankra gefragt, was ihn schnell erkennen ließ, daß ein nahezu undenkbares Bündnis zwischen Spinne und Orks bestehen könnte. Es war für ihn dann ein leichtes gewesen, den geplanten Racheakt zu erkennen, der Sam galt.

Gandalf machte sich große Sorgen, als er sich am Abend zur Ruhe legte. Er wußte, daß Radagast Recht hatte. Der einzige Gedanke, der Gandalf noch verweilen ließ, war die Tatsache, daß Frodo den Traum schon seit langen hin und wieder gehabt hatte. Er hielt es für unwahrscheinlich, daß ausgerechnet während seiner Abwesenheit das, was ohnehin nur vermutet wurde, stattfinden könnte.

Es war ganz früh am Morgen, als Gandalf aus dem Schlaf hochfuhr. Radagast stand am Eingang der Höhle, in der beide sich befanden, und schaute über die weit vor ihm ausgebreiteten Lande, schwach erhellt vom trüben Morgenlicht der bald aufsteigenden Sonne. Nebel lag zwischen den Bäumen und Hügeln, es schien alles sehr friedlich zu sein, doch Gandalf ahnte sofort, daß dem nicht so war.

„Was ist passiert?“ fragte er, als er neben Radagast stand.

„Ich fürchte, es ist fast zu spät. Ich fürchte, unsere schlimmste Vermutung ist tatsächlich schon Wirklichkeit geworden. Vor einiger Zeit schrak ich aus dem Schlaf hoch mit dem unguten Gefühl, daß sie sich auf dem Weg befinden. Ich denke nicht, daß sie schon zum Zuge gekommen sind, aber sie scheinen losmarschiert zu sein. Ich weiß, wenn Orks sich irgendwo aufhalten, wo sie nicht im Geringsten hingehören. Jetzt kommt es darauf an, schnell zu sein. Ich werde meine Späher aussenden, aber du mußt sofort aufbrechen, bevor es zu spät ist.“

„Danke, mein Freund, für den Rat. Du hast vielleicht dazu beigetragen, das schlimmste zu verhindern!“ rief Gandalf und eilte zu Schattenfell. Im nächsten Augenblick saß er auf dem Pferd, das sich aufbäumte und wie ein Wirbelwind über die Ebene eilte.

Zum Glück war Schattenfell sehr schnell. Gandalf machte sich keine Sorgen, daß er nicht bis zum Abend in Hobbingen sein könnte. Allerdings verfluchte er die Tatsache, daß er so lange gebraucht hatte, um Radagast zu finden. Zwar hatte er Glück gehabt, daß Radagast sich in den Nördlichen Höhen befand und nicht wer weiß wo in Mittelerde, aber zuerst hatte Gandalf sich auf den Weg zu den Wetterbergen gemacht und sie innerhalb von zwei Tagen durchkämmt, bevor er sich dann zu den Nördlichen Höhen aufmachte und dort wiederum einen ganzen Tag gesucht hatte. Es hatte ihn eine Woche gekostet, aber er war froh, daß er zu wissen schien, was passieren konnte. Der direkte Weg nach Hobbingen sollte ihn kaum Zeit kosten, dachte er bei sich. Wenn es nur noch nicht zu spät war!

Am frühen Nachmittag hatten sie die Brandyweinbrücke erreicht, die sie leider überqueren mußten, obwohl es sie Zeit kostete. Aber es blieb ihnen nichts andere übrig.

Wie der Wind ritten sie weiter, Schattenfell und Gandalf, und tatsächlich, am Abend eines tristen, grau bewölkten Tages, stand Gandalf vor der Tür in Beutelsend. Er war überrascht, Lutz nicht im Stall vorzufinden, als er dort hineinschaute. Also stellte er Schattenfell dort unter und betrat das Haus.

„Sam? Frodo? Rosie? Ist jemand zu Hause?“ fragte er, im Flur stehend.

„Gandalf, bist du es?“ hörte er eine Stimme, die wie Pippins klang, fragen.

„Ja, ich bin es. Bist du in der Küche, Peregrin?“

Bevor er eine Antwort bekam, stand Pippin schon vor ihm und umarmte ihn.

„Ich bin so froh, dich zu sehen, Gandalf! Es ist so viel furchtbares passiert!“ klagte Pippin. Rosie erschien im Türrahmen und schaute Gandalf sorgenvoll an. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln, gingen sie in die Küche und setzten sich um den Tisch.

„Gandalf, daß du wieder zurück bist! Etwas besseres konnte uns in dieser Situation nicht passieren. Wie oft haben wir jetzt schon gesagt, es wäre ein Fluch, daß du weggegangen bist!“ sagte Rosie.

„Warum denn? Erzählt, was ist vorgefallen?“

„Gandalf, vor vier Tagen kamen nachts Orks und haben Frodo entführt. Wir konnten überhaupt nichts machen. Ich habe dich gesucht, die Leute gefragt, ob sie dich gesehen haben und war so ratlos. Heute dann kam einer von den Orks, am hellichten Tag, als Rosie allein hier war. Erzähl Gandalf, was er gesagt hat“, sagte Pippin.

„Es klopfte an der Tür und ich öffnete. Da stand so ein häßlicher und gemeiner Kerl und bat mich, mir erst anzuhören, was er wollte, bevor ich die Landbüttel rufen würde. Er hat mir nichts getan, sondern nur gesagt, daß sie ihren Gefangenen gut behandeln würden und zu Verhandlungen bereit sind, wenn Sam so schnell wie möglich zur Bockenburger Fähre käme. Ich sagte ihm, daß ich es Sam ausrichten würde, der zur Zeit nicht da sei. Weil ich so verblüfft war, fragte ich ihn weiter gar nichts, sondern ließ ihn ziehen und machte mich sofort auf den Weg, Pippin zu suchen, um ihm davon zu erzählen“, berichtete Rosie.

Gandalf saß da mit geschlossenen Augen, hörte genau zu und seufzte tief.

„Also bin ich zu spät gekommen. Es überrascht mich nicht, denn Radagast und ich haben gestern, als ich ihn endlich gefunden hatte, Frodos Traum eingehend besprochen und ich denke, wir haben ihn deuten können. Sag mir, Rosie, wie nannte der Ork Sam?“

„Nun ja, er nannte ihn den Vater des kleinen Hobbitmädchens, und ich wunderte mich etwas darüber. Gandalf, was weißt du?“

„Das habe ich mir gedacht. Sie haben euch schon lange bespitzelt, also stimmt auch unsere Vermutung über ihr Vorhaben. Wir denken, daß die Orks auf irgendeine uns unbekannte Art und Weise mit Kankra, der Spinne aus Mordor, ein Bündnis geschlossen haben und sie will sich an Sam rächen, der sie so schwer verletzt hat. Es lag scheinbar eine Verwechslung vor, aber wie hat das vor sich gegangen?“

Pippin erzählte Gandalf, was in der Nacht der Entführung geschehen war und Gandalf nickte bekümmert.

„Also war es ein dummer Zufall. Verdammt, das darf nicht wahr sein. Wie das Bündnis zustande gekommen ist, möchte ich gern wissen. Mit Sicherheit kann ich nur sagen, daß die Orks und Kankra Späher ausgesandt haben, um Mittelerde nach Kankras Peiniger zu durchkämmen. Sie hatten auch genug Zeit dafür. Es können Vögel gewesen sein, oder auch Menschen, und das Auenland ist klein. So konnten sie Sam gut finden und haben erfahren, daß er ein Kind hat. Also lag für die Orks der Schluß nahe, derjenige im Schaukelstuhl müsse der Gesuchte sein. Und jetzt hat jemand die Verwechslung bemerkt und sie wollen Sam in eine Falle locken. Wo zum Teufel steckt der überhaupt?“

Pippin sagte verlegen: „Naja, weil du nicht da warst, um uns Antworten zu geben, haben sich Sam und Merry auf den Weg in den Alten Wald zu Tom Bombadil gemacht. Das war direkt am Morgen nach der Entführung.“

„Rosie, kannst du uns Proviant einpacken? Wir müssen uns sofort auf den Weg zu dem alten Bombadil machen. Es eilt. Daß Orks uns versichern, Frodo würde gut behandelt, glaube ich nicht ohne weiteres, zumindest befürchte ich, daß sie irgendwann in einer Kurzschlußreaktion etwas furchtbares anstellen. Denn wenn sie schon wissen, daß sie den Falschen gefangen halten, werden sie unberechenbar. Pippin, am besten kommst du mit. Wir müssen sehen, daß wir uns mit den anderen einen Plan zur Befreiung Frodos ausdenken!“

Schnell hatten sie das nötigste beisammen und machten sich sogleich auf den Weg. Schattenfell mußte sie in dieser Nacht wieder einmal beide tragen, wie schon damals in Rohan auf dem Weg von Isengard nach Minas Tirith. Doch es machte dem schnellen Pferd nicht das Geringste aus und tatsächlich hatten sie bis Mitternacht längt die Brandyweinbrücke erreicht. Zur Sicherheit hatten sie Rosie und Elanor in Rosies Elternhaus geschickt, denn man konnte nie wissen, ob die Orks noch einmal zurück nach Beutelsend kommen würden mit ganz anderen Absichten als der einzelne Bote.

Pippin konnte kein Auge zutun vor lauter Gedanken, die durch seinen Kopf schwirrten. Es schockte ihn zutiefst, daß bei dieser an sich schon schrecklichen Geschichte auch noch eine Verwechslung vorliegen sollte. Und dennoch war er froh, denn die Orks dachten, sie alle hätten keine Ahnung von dem Irrtum, und so waren sie ihnen ein Stück voraus. Es war schließlich so, daß die Orks eine Falle zu stellen versuchten und wenn sie jemals Sam in die Finger bekommen hätten, wäre er mit Sicherheit sehr bald tot, wenn es sich tatsächlich um einen Racheakt Kankras handelte.

Beide schwiegen, während Schattenfell durch die Nacht schnellte und sich beeilte, Bombadils Haus zu erreichen. Irgendwann wurde Pippin doch noch schläfrig und erwachte überrascht, als Schattenfell im Morgengrauen langsamer wurde. Tom Bombadils Haus kam in Sicht und Gandalf atmete erleichtert auf.

„Komm, Pippin, genug geruht. Jetzt gibt es Denkarbeit!“

Sie stiegen ab, schritten zur Haustür und klopften. Es dauerte nur einen Augenblick, und Goldbeere öffnete ihnen.

„Guten Morgen, liebe Reisenden! Das ist aber eine Überraschung, euch hier zu sehen! Tretet ein, ich wecke sogleich die anderen. Setzt euch, wo es euch beliebt.“

Pippin und Gandalf gingen in die Küche, und es dauerte nur zwei Minuten, und zwei verschlafene Hobbits folgten Tom auf dem Fuß.

„Es ist wirklich Gandalf!“ jubelte Sam und fiel dem Zauberer um den Hals. Ihm standen die Tränen in den Augen vor Erleichterung. „Dich hier zu sehen, nimmt mir viele Sorgen. Jetzt können wir zuschlagen!“

Goldbeere bereitete ihnen allen ein großes, reichhaltiges Frühstück und alle saßen sie um den Tisch: Gandalf, Pippin, Sam, Merry und Tom.

Erst berichtete Gandalf von seinen Erlebnissen, von seiner Besprechung mit Radagast und dem ungewöhnlichen Besuch im Auenland. Als Sam und Merry das hörten, wurden ihre Augen groß vor Aufregung.

„Dann war das tatsächlich einer von denen, der Kerl von vorgestern! Bestimmt genau der, ich verwette mein Haus!“ rief Sam. Gandalf schaute ihn fragend an und Sam begann: „Tom verschwand nachts vor drei Tagen einfach, ohne uns etwas zu sagen, um Erkundigungen einzuziehen. Wir vermuteten, daß die Orks nicht weit gehen würden, und glaubten, sie in den Hügelgräberhöhen finden zu können. Tom sah direkt dort nach, ob irgendwas zu entdecken sei, und als er dann morgens zurückkehrte, berichtete er uns von einem Wachposten an einem der Gräber. Wir machten uns sofort auf, selber mal nachzusehen, und wir brauchten gar nicht weit zu gehen, als einer des Weges kam. Wir konnten uns gerade noch im Gebüsch verstecken und fragten uns, was der wohl allein im Alten Wald wollte. Dann gingen wir weiter und ließen uns von Tom zeigen, wo er den Wachposten entdeckt hatte. Der war tatsächlich noch da und bemerkte uns zum Glück nicht. Wir vermuten, ihr Versteck gefunden zu haben. Wir haben uns den ganzen restlichen Tag auf die Lauer gelegt und auch gestern noch, denn allein da reinspazieren wollten wir nicht und überhaupt wußten wir nicht, was wir außer Warten tun konnten. Wir hofften, von Pippin gegebenenfalls Nachricht zu erhalten, und jetzt seid ihr schon hier!“

„Tom, erzähl mir doch mal, was du von der Schilderung des Traumes hältst!“ sagte Gandalf und nickte immer wieder, während er gespannt Tom zuhörte. Schließlich sagte er: „Also hattest du genau dieselben Gedanken. Wären sie mir nur früher selbst gekommen, dann wäre ich dagewesen, als die Orks kamen. Aber laßt uns nun lieber überlegen, was wir tun können! Eines ist klar: Sam geht auf gar keinen Fall zur Bockenburger Fähre. Das ist offensichtlich eine Falle. Was habt ihr denn von euren Beobachtungen zu berichten?“

Tom sagte: „Ich vermute, es ist leider keines der Hügelgräber mit einem zweiten Eingang, in dem sie sich versteckt halten. Es bleibt uns wahrscheinlich nichts anderes übrig, als einfach so irgendwie dort hineinzumarschieren. Ich weiß nicht, wie wir das anstellen sollen. Wir haben sie die ganze Zeit beobachtet. Ab und zu steckten einige ihre häßlichen Nasen aus diesem Loch, aber wirklich etwas passiert ist da nicht. Wir haben uns nur überlegt, wieviele darin maximal hausen könnten, und kamen zu dem Schluß, daß es für uns drei allein leider doch zu viele wären. Wir hofften, bald von euch zu hören oder vielmehr, daß ihr uns zu Hilfe kämt, wie ihr es ja glücklicherweise wirklich getan habt. Denn so sind wir fünf: ein Zauberer, drei Hobbits und ich. Das könnte irgendwie funktionieren. Aber was wollen wir anstellen?“

Pippin schlug übermütig vor, einfach die Waffen zu ziehen und mit einem Mordsgebrüll auf das Pack loszustürmen. Tatsächlich überdachten sie den Vorschlag, aber entschieden sich dagegen, weil es für Frodo viel zu gefährlich wäre. Die Hobbits versuchten zu schätzen, wieviele Orks in Beutelsend gewesen waren und Bombadil zermarterte sich das Hirn, wieviele er im Wald gesehen hatte, und schließlich einigten sie sich auf acht bis zehn von ihnen.

„Wir müssen aber zwei abziehen. Einer muß ja zur Fähre, mindestens, und den komischen Wächter setzt man schnell außer Gefecht. Das sind aber immer noch genug. Einfach loszuschlagen kann gründlich schiefgehen. Ich wäre für die hinterlistige Methode“, überlegte Merry.

„Bestens, und welche Methode wäre das?“ fragte Pippin.

„Nun... ich weiß es nicht. Gandalf, was denkst du?“

Sam meldete sich zu Wort. „Wer geht denn zur Fähre? Geht überhaupt einer da hin?“

„Natürlich. Wenn da heute keiner auftaucht, wird der Kerl, der da ist, unruhig. Orks denken in ihren Maßstäben. Für den ist klar, daß heute einer kommen muß. Und wenn keiner kommt, ist der blitzschnell in ihrer Höhle und macht da viel Wind“, sagte Tom.

„Das ist noch nicht einmal das größte Problem“, warf Gandalf ein. „Vielmehr brauchen wir den Kerl. Der ist wahrscheinlich unsere einzige Möglichkeit, da irgendwie reinzukommen. Allerdings können wir nicht alle hin, schon mal gar nicht Sam, das wäre sein Tod. Wie kommen wir da nur rein? Einer kann nichts gegen die ausrichten. Der wird höchstens selbst gefangengesetzt. Zwei werden entweder nicht hältst oder sind ohnehin zu wenige. Drei kommen ganz bestimmt nicht rein. Aber wir müssen durch den einzigen Eingang, und das funktioniert wahrscheinlich nicht einmal, wenn wir den Wächter außer Gefecht setzen. So wie ich das Pack kenne, ist in der Nähe mindestens ein zweiter. Die tummeln sich alle in der Nähe des Eingangs.

Irgendwie müssen wir uns mithilfe des Kerls an der Fähre einschleusen.“

„Und wer geht da alles hin?“ fragte Sam.

„Du scheidest aus“, sagte Merry. „Soll ein anderer von uns das machen? Oder zwei?“

„Oder Gandalf? Was meinst du, lassen die dich rein?“ fragte Pippin.

„Ich weiß nicht... Ich denke, einen von euch oder sogar zwei allein gehen zu lassen, ist zu gefährlich. Wenn ihr einmal drin seid, kommt ihr nicht mehr raus. Aber mich lassen die bestimmt nicht rein.“

„Also müßt ihr alle rein“, folgerte Sam.

Die anderen sahen ihn erstaunt an. „Wie stellst du dir das vor?“ fragte Gandalf.

„Ganz einfach. Pippin oder Merry versteckt sich unter deinem Mantel, mitsamt Waffen!“

Niemand sagte etwas. Der Vorschlag gefiel ihnen wenig.

Irgendwann sagte Tom: „Wir locken sie raus. Wir gehen da nicht mal rein. Das wäre die Lösung!“

„Ob das funktioniert?“ zweifelte Gandalf.

„Ich denke immer noch, daß die bestimmt zwei Hobbits reinlassen, und Gandalf auch!“ sagte Sam. „Und dann versteckt Tom sich bei Gandalf. Das müssen wir versuchen, oder fällt euch was besseres ein?“

Es sah ziemlich hoffnungslos aus. Pippin stellte Tom die Frage, wie lange man graben müßte, um von hinten in das Hügelgrab einzudringen. Gandalf war sofort Feuer und Flamme für den Vorschlag.

„Ein Angriff von zwei Seiten ist gut. Während wir uns vorne mit denen beschäftigen, schleicht sich von hinten jemand an. Tom? Was denkst du?“

„Ich halte die Idee für gut. Im Allgemeinen sind die Wände und Decke der Hügelgräber nicht allzu dick.“

Schließlich hatte sie sich folgenden Plan zurechtgelegt: Tom und Sam sollten versuchen, sich von hinten ins das Grab zu schaufeln, während Gandalf, Merry und Pippin zu dem Boten an der Fähre gehen wollten. Es war riskant, aber die einzige Möglichkeit.

Vor lauter Übereifer wollte Sam sich sofort an die Arbeit machen und Gandalf nickte.

„Ihr müßt so bald wie möglich anfangen, damit das pünktlich fertig wird. Wir müssen bis an die Zähne bewaffnet sein, alle, damit das klar ist. Und wir müssen, bevor wir etwas anderes tun, Frodo in Sicherheit bringen. Also los! Und seid achtsam, ihr beiden!“

Sam und Tom nickten, besorgten sich Schaufeln und verschwanden. Pippin durfte erst noch ein kurzes Nickerchen machen, während Merry mit Gandalf sprach.

„Haben wir wirklich keine andere Möglichkeit? Wie wollen wir denn den Wächter ausschalten?“

„Das brauchen wir doch nicht, der bleibt ohnehin draußen. Wir brauchen jedoch den Boten nur ein bißchen mit dem Schwert zu kitzeln, und schon gehorcht er. Es ist der Mut der Verzweiflung, der mich zu diesem Plan treibt. Er ist wahnwitzig. Aber es sind nicht so viele Orks. Wenn ich mir überlege, daß wir zu neunt in Moria gegen eine Vielzahl von Feinden gekämpft haben, die uns allein zahlenmäßig weit überlegen waren, halte ich es für möglich, daß wir zu dritt, maximal zu fünft, mit doppelt so vielen Feinden fertig werden könnten. Ich hoffe, Bombadil schafft es dazu, denn wir beide zusammen sind mächtiger, als die meisten denken. Ich weiß nicht, ob ich tatsächlich etwas mit Zauberkräften gegen die Bösewichte ausrichten kann, aber ich muß es versuchen.“

„Du denkst, es kann funktionieren?“

„Ein wenig Hoffnung hat noch niemandem geschadet, Meriadoc.“

Am Mittag machten sie sich schließlich auf den Weg zur Fähre. Sie hofften inständig, daß Sam und Tom fertig würden, bis sie einträfen.

Größtenteils schweigend legten sie den Weg durch den Wald zurück und trafen am Nachmittag an der Fähre ein. Tatsächlich stand dort ein Ork an einen Baum gelehnt und wartete geduldig. Als er die drei Gefährten kommen hörte, schaute er sie sofort kritisch an und brummte: „Nach einem haben wir verlangt, aber es kommen drei. Wie soll ich das deuten? Und dann auch noch einer der Großen dabei. Versucht nur ja keine Tricks, es würde euch leid tun. Wir sind in der Überzahl und sie würden euch nie trauen.“

„Schon gut, schon gut!“ sagte Gandalf beschwichtigend. „Du brauchst nicht mißtrauisch zu sein. Hier habe ich natürlich auch denjenigen mitgebracht, nach dem ihr verlangt habt. Nicht wahr, Sam?“ Pippin trat hervor und starrte dem Ork fest in die Augen.

„In Ordnung, folgt mir. Aber verratet mir, wieso seid ihr nicht mit der Fähre über den Fluß gekommen?“

„Weißt du, wir scheuen das Wasser so sehr! Wir haben die Brücke vorgezogen“, erklärte Merry gelassen. Damit gab der Ork sich zufrieden und ging voran.

„Sag, wie geht es dem Halbling in eurer Gefangenschaft?“ fragte Gandalf.

„Ach, der. Er hat sich anfangs gewehrt wie ein Besessener, aber nach einigen Worten von Schagrat verhielt er sich ruhig und machte uns keinen Ärger. Wir ihm natürlich auch nicht. Es bekommt genug zu Essen und wird nicht schlecht behandelt. Man bewacht ihn, aber niemand legt Hand an ihn. Also: Vertraut uns, wir vertrauen euch auch!“ zischte der Ork, ohne sich umzudrehen. Pippin und Merry sahen sich vielsagend an. Sie wußten, wovon der Ork sprach und was Frodo mitmachte. Solange sie ihm keinen Orkschnaps einflößten, war alles halb so schlimm, hofften sie. Hoffentlich log dieser Kerl sie nicht an!

Auf ihrem Weg zeigten sich alle wortkarg, denn sie waren sehr nervös und grübelten über Sam und Tom nach. Wenn die sich nur nicht erwischen ließen!

Als die Dämmerung sich schon tief über sie herabgesenkt hatte und die Nacht sich immer weiter näherte, kamen die Höhen in Sicht und bald hatten sie den Wächter vor der Tür erspäht. Alles schien ruhig zu sein.

Sam und Tom huschten von Versteck zu Versteck und von Gebüsch zu Gebüsch. Von hinten, einen weitern Umweg machend, näherten sie sich dem Versteck des Orkpacks und schlichen sich an den Hügel heran. Tom flüsterte: „Wenn das Orks sind wie alle anderen, haben sie Frodo bestimmt genau gegenüber vom Eingang festgesetzt. Also müssen wir ihm mit unseren Schaufeln in den Rücken fallen, wenn wir uns durchgegraben haben!“

Sam nickte und los ging es. Sie wechselten sich ab. Tom fing an und grub einen halben Meter in die Erde, waagerecht zum Boden, während Sam in die Umgebung spähte und auf jede Bewegung achtete. Nichts geschah. Schließlich wechselten sie sich ab und Tom ermahnte ihn, vorsichtig zu sein, wenn er etwas auf der anderen Seite hören konnte.

Stumm grub Sam, aber fleißig und ohne zu ermüden. Währenddessen überwachte Tom die Gegend, aber auch jetzt war nichts und niemand zu sehen.

Auf einmal rief Sam leise nach ihm. „Tom! Ich höre sie laut und deutlich! Es kann nicht mehr lange dauern!“

Er kam aus dem Tunnel herausgekrochen, verschwitzt und mit einem roten Gesicht. Die Abenddämmerung näherte sich bereits und Tom schlängelte sich in den Tunnel hinein und lauschte angestrengt.

„Ich werde jetzt weitergraben, bis ich fast am anderen Ende herauskomme. Du gehst zur anderen Seite des Hügels, versteckst dich und wenn du die anderen kommen siehst, sagst du Bescheid!“

Sam verschwand blitzschnell und geräuschlos. Es legte sich einige Meter neben dem Wächter in ein Gebüsch. Der Ork hatte nichts gemerkt, aber die Pflanzen wuchsen dort auch sehr dicht und Sam war sehr leise. Er lugte durch die immergrünen Blätter hindurch und wartete geduldig. Etwa eine halbe Stunde später hörte er Schritte, die sich dem Hügel näherten, und Stimmen. Er stand vorsichtig und leise auf und pirschte zurück auf die andere Seite des Hügels. Tom saß neben dem Tunnel und wischte sich erschöpft über die Stirn.

„Wenn du jetzt da hineinkriechst, kannst du jedes Wort genau verstehen. Ich habe es getestet, es ist vielmehr nur noch ein Schlag gegen die Erde und du liegst auf der anderen Seite. Wenn das Ablenkungsmanöver nicht funktioniert, ist alles vorbei. Aber die anderen wissen Bescheid, sie sollen Frodo dort lassen, wo er ist und nicht nach ihm fragen. Ich vermute, sie sind da?“

Sam nickte und kroch in den Tunnel. Er wollte Frodo in wenigen Minuten herausziehen.

Stumm und aufgeregt lag er in der Dunkelheit und lauschte.

„Nun, wen sehe ich? Direkt drei Besucher? Aber wie mir scheint, ist der richtige dabei. Nun, tretet ein und wir wollen reden.“ Das war wohl einer der Orks.

Jetzt nahm Gandalf das Wort: „Bitte verratet uns, was ihr wollt. Wir werden mit euch darüber verhandeln.“

Die drei traten ein und Pippin dachte, das Herz würde ihm jeden Moment zerspringen. Wenn der Chef der Orks merkte, wer er wirklich war, würde es einen Tumult geben.

Eine rote Fackel brannte im inneren des Hügelgrabes, in dem außer Orks zuerst nichts zu sehen war. Pippin konzentrierte sich darauf, etwas zu erkennen. Ihm stockte der Atem.

Hinten rechts in der Ecke, neben einem Ork, lag zusammengekauert Frodo, gefesselt und geknebelt. Er hatte Pippin gesehen und starrte ihn mit großen Augen an. Pippin sah, das Frodo von Verzweiflung und Angst gekennzeichnet war. Er versuchte, die Fassung zu bewahren und fragte den Chef: „Darf ich einen kurzen Augenblick nach hinten zu meinem Freund gehen? Bitte, er hat furchtbare Angst und ich möchte nur kurz mit ihm sprechen!“

Der Ork würdigte ihn nur eines kurzen Blickes und nickte. Pippin ging sofort in die Ecke und Frodo versuchte, sich aufzusetzen. Ihm standen die Tränen in den Augen, als Pippin sich neben ihn setzte und in die Arme nahm.

„Du brauchst keine Angst mehr zu haben, Frodo, wir sind jetzt da. Irgendwie biegen wir das wieder hin!“

Frodo schluchzte und Pippin strich ihm über den Kopf. Der Ork, der als Wache für Frodo abgestellt war, beäugte die beiden mißtrauisch, sagte aber nichts. Alle hörten der Verhandlung zu.

„Also, ich bin zufrieden, daß ihr gekommen seid, auch wenn ich es seltsam finde, daß zwei mehr als verlangt hier sind. Aber ich denke, das tut nichts zur Sache.“ Der Ork ließ Merry nicht aus den Augen, der sich genauestens umschaute.

Sam im Tunnel platze schier vor Spannung und drehte sich um zu Tom, der hinter ihm lag und ebenfalls lauschte. „Wann?“ fragte er. „Noch einen Augenblick!“ war die Antwort.

Drinnen ging es weiter: „Wir wollen nichts von euch, was ihr nicht bezahlen könntet. Es geht uns nicht um Dinge von Wert, müßt ihr wissen. He, du da hinten, komm doch noch mal her, ich will dich nochmal genau betrachten!“

Frodo sah Pippin fragend an, und dieser machte eine ängstliche Miene, die er aber sogleich zu verstecken versuchte. Er stand auf und ging langsam rüber zu Gandalf, Merry und dem Ork in der Nähe des Eingangs. Dann ging alles sehr schnell.

In der Mitte der Höhle löste sich ein großes Stück Erde aus der Wand und Pippin zog sogleich sein Schwert, nach dem er zur Absicherung gerade noch getastet hatte. Gandalf und Merry taten es ihm gleich und sofort setzte ein wildes Gebrüll unter den Orks ein, die ebenfalls zu ihren Waffen griffen. Sam fiel hinten aus der Wand und fand sich auf dem Boden liegend in der schwach erleuchteten Höhle wieder. Sofort sprang er auf und blickte sich hastig um. Im nächsten Augenblick hatte er Frodo entdeckt und zog Stich aus der Scheide. Das Schwert leuchtete hellblau und zog damit die Aufmerksamkeit der gesamten Orkbande auf sich.

„Elbisches Werk!“ schrie einer und der Chef der Orks, der soeben noch Pippin eingehend betrachtet hatte, brüllte: „Das ist der Kerl! Das ist der richtige! Auf ihn!“

„NEIN!“ schrie Merry und stürzte sich mit seinem Schwert auf den Ork. Dieser wehrte ihn ab und Sam kämpfte sich durch in die Ecke zu Frodo. Doch sofort stürzten einige der Orks auf ihn zu und packten ihn, nachdem sie ihm das Elbenschwert aus den Hand geschlagen hatten. Sie waren einfach in der Überzahl. Vehement wehrte er sich und aufgeregt zappelte Frodo herum , aber er konnte nichts ausrichten. Merry versuchte, Sam zu Hilfe zu kommen und Tom kam aus dem Loch heraus, das er und Sam gegraben hatten. Tapfer stürzte er sich zu Gandalf und Pippin in den Tumult. Doch plötzlich hielten alle inne, als einer der Orks die Stimme erhob. Sie ließen die Waffen sinken, als sie sich umdrehten und sahen, wie jeweils ein Ork Frodo und Sam gepackt hatten und ihnen Dolche an die Kehlen hielten.

„Laßt uns durch, oder sie sind tot!“ rief einer der Orks und alle wichen zurück, bis auf Gandalf. Sam schrie in Angst: „Laß gut sein, Gandalf, gebt auf! Wir haben verloren.“

Gandalf ließ resignierend den Kopf hängen und der Chef der Orks lachte hämisch. Alle Orks rafften sich auf und nachdem die beiden Orks, die die Hobbits als Geiseln hatten, das Hügelgrab verlassen hatten, folgte der Rest und der Chef sagte: „Folgt uns und die beiden sind tot! Wenn ich auch nur den Verdacht habe, ihr wäret hinter uns, schneide ich ihnen höchstpersönlich die Kehle durch!“

Alle blieben in der Höhle stehen und sahen tatenlos zu, wie die Orks abzogen. Pippin stürzte schreiend hinterher, aber vor dem Eingang blieb er stehen und sah dem Trupp nach. Es konnte erkennen, wie Sam gefesselt wurde, und sank verzweifelt in sich zusammen.

Geschrieben

Ein Schrei riß Frodo aus dem Schlaf. Er zuckte erschrocken zusammen, öffnete die Augen und sah einen Ork, der vor ihm stand und ihn aus dem Schaukelstuhl hochriß. Zuerst wußte er nicht einmal, wo er überhaupt war. Er hörte nur Elanor schreien und es fiel ihm wieder ein. Bevor er jedoch reagieren konnte, wurden seine Arme nach hinten gerissen und während er spürte, wie er gefesselt wurde, knebelte ihn ein anderer Ork. Rasend vor Angst zappelte er und versuchte, sich loszureißen. Die Orks tobten kopflos durch den Raum und obwohl der Kerl klein war, hatte er keine Mühe, Frodo einfach auf den Armen aus dem Raum zu tragen.

Er war verzweifelt und verstand überhaupt nichts. Er erinnerte sich daran, daß er in Beutelsend war, aber wie kamen dort Orks hin? Plötzlich kam vom Flur hinter den Orks Geschrei und Frodo versuchte, etwas zu erkennen. Er sah nur einen Schatten heranrasen und einen der Orks brüllen. Der Schatten war Merry, das erkannte Frodo schnell. Wie von Sinnen drosch Merry auf die Orks ein und brüllte. Frodo faßte neuen Mut und versetze dem Ork, der ihn wegtragen wollte, einen Tritt gegen den Kopf, woraufhin er fallengelassen wurde. In diesem Augenblick schrie Merry nach Sam und dieser eilte sofort mit Stich in erhobener Hand herbei. Das Schwert erhellte den Flur leicht und Frodo, der gerade Hoffnung gefaßt hatte, wurde hochgezogen und ein Ork rannte mit ihm fort. Panik nahm Frodo in Beschlag. Er konnte kaum atmen und er gab es auf, sich zu wehren. Es hatte keinen Zweck. Er konnte im fahlen Mondlicht erkennen, daß Sam noch versucht hatte, ihnen hinterherzulaufen, aber er hatte nicht mit ihnen mithalten können und blieb hilflos zurück. Frodo schloß die Augen und verlor fast das Bewußtsein aufgrund des Schocks. Er konnte an nichts denken und er spürte, wie ihm Tränen in die Augen traten. Der Ork hielt ihn fest gepackt, unnachgiebig und mit ungeheurer Energie rannte der Trupp querfeldein und scherte sich um nichts.

Frodo verlor jeglichen Mut. Das einzige, was er fühlte, war die ihn ihm aufkeimende Todesangst. Der erste Gedanke, den er fassen konnte, galt seinem Alptraum. Schlagartig wurde ihm klar, daß er geahnt hatte, was nun geschehen war. Er wußte auf einen Schlag alles: Vom Bündnis mit Kankra und dem Plan, nämlich daß er der Falsche war und Sam an seiner Stelle hätte entführt werden sollen. Wie eine Eingebung war es, die ihn wie ein Blitz durchfuhr und ihm die Luft nahm. Es fiel ihm unsäglich schwer, zu atmen.

Im selben Augenblick wurden die Orks langsamer und er schlug die Augen wieder auf. Er fühlte absolut gar nichts, konnte wiederum keinen Gedanken fassen, außer den an die wachsende Angst. Fast befürchtete er, im nächsten Moment völlig durchzudrehen. Es war wie damals, als er im Turm von Cirith Ungol erwacht war und begriff, daß er gefangen war. Dieselbe Angst wurde größer und größer und er wollte am liebsten schreien, aber das hatten die Orks ihm unmöglich gemacht.

Sie waren im Wald hinter Hobbingen angelangt und das war der Grund für die Verlangsamung des Trupps. Wie in dichtem Nebel nahm er alles um sich herum wahr. Plötzlich hörte er die Orks, wie sie miteinander sprachen.

„Jungs, das war eine ordentliche Leistung. Gut gemacht. Ihr habt die Nerven behalten, ich bin sehr stolz auf euch! Sie wird es genauso sein und euch fürstlich belohnen, das glaube ich euch! Der Chef wird uns mit offenen Armen empfangen!“ sagte einer zufrieden.

„Du gibst einen viel besseren Chef ab, das glaube mir mal!“ sagte ein anderer.

Es folgten einige Ausrufe breiter Zustimmung und Frodo versuchte, sich auf die Diskussion zu konzentrieren, weil er sich ablenken wollte.

„Es war auch wirklich nicht schwer, die Mission erfolgreich zu erfüllen. Allerdings habe ich nicht damit gerechnet, daß da noch so viele von diesen kleinen Typen rumlaufen würden. Einer hat mich ganz schön erwischt!“ brummte ein dritter.

Der Kerl, der Frodo schleppte, zischte: „Und du kleine Ratte trittst mich gegen den Kopf? Was denkst du dir dabei?“

Die nackte Angst packte Frodo und mit geweiteten Augen starrte er dem Ork ins Gesicht. Keine Chance, sich zur Wehr zu setzen.

„Laß das! Wir sollen ihn nicht anrühren! Wenn du ihm ein Haar krümmst, wirft man dich ihr persönlich zum Fraß vor!“

Frodo atmete tief durch. Wer weiß, was hätte passieren können! Und tatsächlich, er hatte wohl Recht gehabt. Er vermutete, daß diese geheimnisvolle „sie“ Kankra sein mußte. Er hatte es schon einmal von Sam gehört, daß sie so genannt worden war.

Es mußte so sein, daß sie an Sam Rache nehmen wollte. Das konnte er sich vorstellen und es war die einzige Erklärung, die er hatte. Denn mit ihm hatte sie weiter nichts zu schaffen. Sein Traum schien sich fast wie von selbst zu erklären, was ihn verzweifeln ließ. Er hätte es wissen müssen. Die Orks zusammen mit Kankra und dann noch Sam - es ergab Sinn. Aber wie hatten die Orks ihn mit Sam verwechselt? Wenn sie spioniert hatten, und das mußte stattgefunden haben - es hätte ihnen auffallen können.

Inbrünstig hoffte er, daß den anderen in Beutelsend die gleichen Gedanken durch den Kopf gingen wie ihm. Doch was sollte er jetzt tun? Selbst wenn er es hätte tun wollen, er konnte seinen Entführern nicht mitteilen, daß hier ein Irrtum vorlag. Aber wenn er das tat, dann würden sie ihn ohnehin nicht laufen lassen, und der ahnungslose Sam war dem Tod geweiht.

Jedoch war er auch dem Tod geweiht, wenn ihnen die Verwechslung nicht auffiel.

Wo wollten sie nur mit ihm hin? Ob sie sich auf einen weiten Weg machen wollten? Sie mußten doch damit rechnen, daß sie zwischendurch gefunden und besiegt werden könnten. Weit konnte es nicht sein. Beim besten Willen jedoch fiel ihm kein mögliches Ziel ein. Er hob den Blick in den sternenklaren, vom Mond erhellten Himmel, der sich schon dem Horizont zuwandte. Verzweifelt war Frodo, hilflos und voller Angst. Sie raubte ihm sämtlich den Verstand und er konnte sich dann an nichts mehr erinnern.

Von einem leisen Wasserplätschern wurde er wieder wach und das Morgenlicht blendete ihn für einen kurzen Augenblick. Mühsam versuchte er, durch die einzelnen Orks hindurch auszumachen, wo sie sich befanden. Er sah nur Wasser und stellte fest, daß sie auf der Bockenburger Fähre zu sein schienen, etwas anderes konnte das schlecht sein. Was wollten die bloß hier?

Sie unterhielten sich untereinander. Aufmerksam hörte er zu.

„Wenn wir erst einmal im Versteck angekommen sind, gibt es für alle was zu beißen! Das haben wir uns auch verdient! Ich bin mal gespannt, wann es dann weitergeht. Die furchtbare Herrin möchte ich aber nur ungern kennenlernen!“ sagte einer.

Ein anderer erwiderte: „Das wird aber eine harte Wanderung! Wir müssen sehr aufpassen, daß niemand uns auf dem Weg in diesen Wald findet. Wenn wir den kleinen Kerl hier nicht wohlbehalten dort abliefern, blüht uns was!“

Frodo stellte fest, daß ein anderer ihn nun schleppen mußte. Er sah ihm erstaunt in die Augen und der Ork bemerkte erst jetzt, daß Frodo wach war.

„Moment, Ugreb, der Wicht ist aufgewacht! Darf ich ihn endlich absetzen?“

„Mach du nur, der kann auch selber laufen. Wenn er das nicht tut, wird er mich kennenlernen!“

Unsanft stellte der Ork Frodo auf die Füße und dieser schwankte benommen.

„He, der fällt gleich um! Was mach ich jetzt?“ fragte der Ork. Ugreb antwortete: „Was weiß ich! Warte einen Moment, vielleicht kann er dann von selber stehen!“

Der Ork probierte es aus, indem er die Hand von Frodos Schulter wegnahm und Frodo blieb stehen.

„Na bitte, geht doch!“ grinste Ugreb. „Komm mal zu mir rüber. Na mach schon! Ich werde dir verraten, was hier passiert, wenn du es nicht ohnehin schon weißt. Hast du eine Idee?“

Frodo nickte langsam und ohne Ugreb anzusehen, als er vor ihm stand.

„Nun, das finde ich erstaunlich! Ich verrate dir was: Du bist ein schlaues Kerlchen. Denn wer hätte es für möglich gehalten, daß sich einmal Erzfeinde verbünden? Ja, das gibt es auch. Du erinnerst dich doch bestimmt an diese alte fette Spinne an der Grenze nach Mordor? Kankra meine ich, die du unsanft aufgespießt hast. Überlebt hat sie es, und sie ist sehr wütend auf dich und will Rache. Eines Tages, nachdem das Reich unseres Herrn untergegangen war, kroch sie aus ihrer Höhle hervor, als ich mit unserem Chef, Schagrat, vorbeiging. Wir zogen unsere Waffen, denn wir mußten befürchten, als Kankras Imbiß zu enden, doch sie sagte nur zu uns, ob wir Interesse an einem Geschäft hätten. Wir sahen uns erstaunt an und hörten ihr zu. Sie berichtete von dir und einem anderen Kerl in deiner Größe. Ein seltsames froschähnliches Wesen hatte ihr den Hinweis gegeben, ihr würdet vorbeikommen und den anderen konnte sie als Imbiß haben, dich jedoch wollte der Kerl persönlich fertigmachen. Doch was ist passiert? Du bist dem Typ entwischt und hast so ein komisches Elbenschwert gehabt, womit du Kankra beinahe getötet hast. Damit erzähle ich dir nichts neues, vermute ich.“

Frodo nickte und das Floß der Fähre legte am anderen Ufer an. Sie gingen von Bord und marschierten weiter.

„Nun, sie hat es eben überlebt und hegt einen ungebrochenen Haß auf dich. Sie schlug uns vor, daß sie uns für immer in Frieden lassen wollte, wenn wir ihr helfen würden, dich zu finden. Erfreut ging Schagrat sofort ohne weitere Fragen darauf ein, denn er erinnerte sich an dich. Du hattest ihm auch Ärger bereitet und außerdem war es uns sehr willkommen, endlich einen sicheren Weg durch die Spalte von Cirith Ungol zu finden. Letztendlich verließen wir alle dieses Tal zusammen mit der Spinne, als wir zehn uns zusammengefunden hatten. Gelandet sind wir im Düsterwald bei ihren Nachkommen und sandten Boten aus. Vögel überflogen Mittelerde und wurden schließlich dort fündig, wo wir uns jetzt noch befinden, in diesem kleinen Land mit euch kurzen Kerls. Dann schickten wir Menschen dort hin, die mit uns im Bunde stehen, um sich nach dir zu erkundigen, und schließlich fanden sie dich und fanden alles über dich heraus. Es hat sehr lange gedauert, aber du siehst, wir waren nicht untätig.

Ich möchte dich nun wirklich nicht beunruhigen, aber wir halten unsere Versprechen. Auch einer fetten Spinne gegenüber. Wir liefern dich bei ihr ab und die Rache ist dann ihr Problem. Mir ist es egal, was sie tut. Allerdings würde ich mir gut überlegen, ob ich Schagrat reizen würde, denn der hat dich auch nicht vergessen und wartet nicht weit von hier in den Höhen auf uns! Der wird sich freuen!“

Das war zuviel für Frodo. Die Bestätigung zu hören, daß er von Kankra höchstwahrscheinlich gefoltert und getötet würde, ließ ihn völlig ausrasten. Er wußte, sie befanden sich im wuchernden Alten Wald, aber mit dem wollte er es lieber aufnehmen als mit Kankra. Es gab für ihn nichts schlimmeres und ohne weiter nachzudenken, stieß er den Ork zur Seite und rannte aufs Geratewohl ins Dickicht.

„Hinterher!“ kreischte Ugreb und schon brachte einer Frodo von hinten zu Fall. Er packte ihn und schleifte ihn zurück zu dem Trupp. Ugreb stand dort auf dem schmalen Weg und bedachte Frodo mit einem wütenden Blick, bevor er ihn an den Haaren packte und zischte: „Noch eine solche Aktion, und ich verantworte vor Kankra, daß du leider nicht unversehrt bei ihr angekommen bist!“

Frodo schüttelte hektisch den Kopf und versuchte, etwas zu sagen.

„Er meldet sich zu Wort! Oder er würde es gern! Aber nein, mein Freund, dein Gejammer muß ich mir wirklich nicht anhören. Nun mach schon, es muß weitergehen! Bis zum Abend müssen wir angekommen sein!“

Unsanft packte er Frodo am Arm und zerrte ihn neben sich her. Frodo konnte kaum Schritt halten. Ein furchtbarer Durst plagte ihn und er wollte so gern schlafen, aber er zwang sich, weiterhin einen Fuß vor den anderen zu setzen. Er hatte sich eine Schürfwunde auf der Stirn zugezogen bei dem Fall und er spürte, wie das Blut floß. Die Stricke schnitten in seine Handgelenke und er hatte kein Gefühl mehr in den Fingern. Mühsam stolperte er weiter durch das Unterholz, neben Ugreb her und inmitten einer Schar von stinkenden, schwitzenden und grimmigen Orks. Das war schlimmer als eine Folter. Er konnte sich keine Hoffnung machen, daß die anderen schnell genug herausfinden würden, wo er steckte.Tatsächlich war seine einzige Hoffnung Schagrat, der Sam zu kennen schien und den Irrtum feststellen würde. Er war sich jedoch nicht sicher, ob er sich das wirklich wünschte, denn einem tobenden Ork wollte er ungern zu nahe kommen.

Und was würde dann geschehen? Sie würden Sam eine Falle stellen oder ihn ebenfalls direkt entführen, er wollte es sich gar nicht vorstellen. Würden sie ihn jemals in die Finger bekommen, dann war das sein Todesurteil, da war Frodo sich sicher. Und ob er jemals lebend aus dieser Sache herauskam?

Das wäre doch alles zu schön gewesen. Der Alptraum hatte ihn nicht mehr heimgesucht und er hatte langsam wieder angefangen, sich im Auenland wohlzufühlen, doch nun sollte sein Leben ein jähes Ende finden. Wäre es eine Qual für ihn gewesen, dann hätte ihn der Gedanke überhaupt nicht gestört. So jedoch packte ihn eine unbezähmbare Todesangst. Er schwitzte und versuchte dauernd den Gedanken an die riesige Spinne zu verdrängen, der er schon einmal fast zum Opfer gefallen wäre. Bloß nicht in Ohnmacht fallen, mehr ging ihm nicht durch den Kopf, denn ihm wurde speiübel und er wollte sich am liebsten jetzt ruhig hinlegen und in Frieden sterben, keinen Schritt mehr tun. Doch es war hoffnungslos. Seine Füße trugen ihn weiter und er dachte immer nur an Kankra. Sein Herz raste und er dachte, es würde gleich zerspringen. Ein gewaltiger Kloß im Hals schnürte ihm die Luft ab und ihm war unglaublich warm. Mechanisch ging er immer weiter und weiter, denn Ugreb ließ ihn nicht los und wenn Frodo stolperte, zerrte der Ork ihn unnachgiebig hinterher. Die Zeit schien endlos langsam zu verrinnen und die Dämmerung nahm Frodo kaum wahr. Er bemerkte erst, wie spät es war und wo sie sich befanden, als es schon fast dunkel war. Sie hatten bereits den Alten Wald durchquert, es kam ihm unglaublich vor, daß er das geschafft hatte, aber er war ihm nichts übrig geblieben, als sich dem Tempo der Orks anzupassen. Die Hügelgräberhöhen erhoben sich vor ihnen und er hoffte innigst, es möge nicht mehr sehr weit sein, denn er war der völligen Erschöpfung nahe. Hunger plagte ihn, riesengroßer Hunger.

Nach wenigen Minuten wurden die Orks langsamer und er sah einen Ork vor dem Eingang eines Hügelgrabes stehen. Es schien ein Wächter zu sein. Nacheinander gingen die Orks in das Hügelgrab hinein und schwach schleppte er sich hinterher. Drinnen unterhielten die Orks sich untereinander und mit hängendem Kopf blieb Frodo stehen. Er hörte einen Ork ganz laut sprechen.

„Wirklich gut gemacht! Ihr habt auch gar nicht lange gebraucht, das ist bemerkenswert. Dann wollen wir mal sehen, wen ihr da mitgebracht habt!“

„Schagrat, wir hoffen, alles zu deiner Zufriedenheit erledigt zu haben!“ warf Ugreb ein.

„Nun, da haben wir ihn ja! Hat er Ärger gemacht?“

„Nichts erwähnenswertes, Chef.“

Schagrat näherte sich Frodo, der langsam den Kopf hob, um den großen Ork anzusehen, und dieser stieß einen Schrei aus.

„Das ist doch nicht möglich! Ihr Trottel, ihr blöden Idioten, ihr habt den falschen Halbling entführt! Das hier, das ist nicht der Kerl, den Kankra haben will! Wie konnte sowas passieren?“ Er brüllte Ugreb an, der sich duckte, denn er befürchtete einen Schlag.

„Es ist unmöglich! Der kleine Kerl, der hier steht, ist der Freund unseres Gesuchten! Ich und Gorbag, wir hielten den hier damals in Cirith Ungol gefangen und unser Feind kam, um den hier zu befreien, soviel weiß ich. Er wollte sich mit mir anlegen und ich weiß genau, wer der hier ist und daß es nicht der ist, den wir haben wollen! Wenn man nicht immer alles selber macht! Wie ist das passiert?“ fragte Schagrat aufgebracht in die Runde.

Einer der kleineren Orks trat vor und begann: „Es war so. Wir gingen in das erste Zimmer, das wir sahen, und darin war die kleine Tochter und der hier, im Stuhl eingeschlafen. Wir waren uns sicher, daß das natürlich der Vater sein mußte, den wir suchten...“

„Ihr unfähigen Dummköpfe! Was schlagt ihr vor, das jetzt zu tun ist? Ich höre!“

Leise fragte einer dazwischen: „Wieso hat der Gefangene denn nichts davon gesagt, als Ugreb mit ihm geredet hat?“

„Ist es möglich! Wie sollte er das wohl tun?“ brüllte Ugreb ihn an. Alle Augen richteten sich auf Frodo und Schagrat riß ihm den Knebel herunter.

„Versuch nicht erst, zu schreien! Es würde dir teuer zu stehen kommen!“ warnte er Frodo. Mit hängenden Schultern nickte Frodo.

„Eines möchte ich wissen: Warum zum Teufel warst du in dem Zimmer des Mädchens?“

Zuerst bekam Frodo keinen Ton heraus, antwortete dann aber mit zitternder Stimme: „Ich hatte ihr eine Geschichte erzählt und war eingeschlafen. Sam hatte mich dort schlafen lassen...“

„Sam? Wer ist das?“

„Sam ist mein Freund, derjenige, den du suchst“, sagte Frodo schwach.

„Gut, das ist interessant. Und einer von euch Deppen wird morgen folgendes machen: Er wird losmarschieren, zurück in das Dorf und zum Haus von dem Kerl und wird verlangen, daß der mitkommt zu Verhandlungen. Ist der nicht da, wird sofort zurückmarschiert und zwar bis zu der Fähre an dem Fluß. Da soll der Kerl dann hinkommen. Ist der nicht einen Tag später da, wird hier Meldung gemacht und wir denken uns was aus! In Ordnung? Und wer macht das... du!“ Schagrat zeigte auf einen Ork, der am Eingang stand und so tat, als wäre er gar nicht da. Im gleichen Moment sagte Frodo stimmlos: „Das dürft ihr nicht tun. Bitte, das wäre sein Tod! Ihr dürft ihm keine Falle stellen!“ Ihm liefen Tränen über die Wangen und Schagrat lachte böse.

„Natürlich dürfen wir das! Denkst du, du kannst uns das verbieten? Was bildest du dir ein? Und jetzt zu dir! Was mit dir geschieht, muß ich mir noch überlegen. Fürs erste wird Ugreb persönlich dich bewachen. Hat irgendjemand etwas zu essen für ihn? Und Wasser brauchen wir. Wenn er uns an Entkräftung stirbt, ist hier was los! Los, los, Beeilung! Er will heute noch etwas haben!“

Im gleichen Moment sah Frodo noch eine Chance gekommen. Es war ihm gleichgültig, was bei einem Fehlschlagen passieren würde. Zwischen zwei verblüfften Orks hechtete er Richtung Eingang, aber er kam nur bis zu dem Wächter draußen, der ihn mit einem Schwert stoppte, welches er ihm entgegenhielt.

„Nanu! Das möchte ich kein zweites Mal mehr sehen!“ brüllte Schagrat Frodo an, als er hinter ihm stand und schleifte ihn zurück in die Höhle. Er drückte Frodo an die Wand und starrte ihm fest in die Augen.

„Folgendes: Man wird dir gleich für eine kurze Zeit die Fesseln abnehmen, damit du essen kannst. Aber wir werden dich immer scharf bewachen und wenn du so etwas nochmal versuchst, wirst du sofort eine angemessene Strafe erhalten. Das wird nicht angenehm für dich, als überleg dir genau, was du tust! Du hast keine Chance, es geht nur da vorne raus, und zwar nicht für dich!“

Er stieß Frodo unsanft rechts in die Ecke und Ugreb baute sich vor ihm auf. Wenige Minuten später kam einer der Orks von draußen zurück. Alles, was er hatte, waren eine Handvoll Nüsse und ein Apfel. In der Nähe hatte er mit einem Gefäß Wasser geschöpft und setzte alles vor Frodo auf den Boden.

Ugreb durchschnitt achtlos die Fesseln an Frodos Händen und schnitt ihm dabei in die Hand. Vor Schmerz schrie Frodo auf, aber versuchte sogleich, die Nüsse zu knacken, aber es gelang ihm nicht. Für Ugreb war es ein leichtes, sie aufzudrücken und bis er das erledigt hatte, aß Frodo begierig den Apfel auf. Nicht, daß er besonders schmackhaft gewesen wäre, aber es war wenigstens etwas zu essen auf seinen leeren Magen. Er trank sofort das ganze Wasser und machte sich anschließend noch über die Nüsse her. Unmittelbar nachdem er die letzte Nuß im Mund hatte, packte Ugreb ihn und band ihm wiederum die Hände auf dem Rücken zusammen. Frodo ließ es willenlos mit sich machen, er war zu erschöpft, um noch irgendetwas zu versuchen. Ohne sich zu wehren, ließ er Ugreb sogar noch den Knebel richten, denn Schagrat hatte keine Lust, sich von Frodo noch irgendetwas anzuhören. Kurz darauf fiel Frodo in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Es war schon spät am nächsten Morgen, als er erwachte. Draußen schienen die meisten Orks sich etwas zu essen zu suchen, nur Ugreb und zwei weitere waren noch im Hügelgrab und bewachten Frodo. Sie hatten wieder etwas zu Essen für ihn gefunden, aber er blieb reglos liegen und starrte apathisch auf den Boden. Selbst als Ugreb ihn fragte, ob er nicht Hunger habe, schüttelte Frodo kaum sichtbar den Kopf und wandte sich ab. Er hatte jegliche Hoffnung aufgegeben und dachte nur an eines: Die Todesangst zu verdrängen. Er wußte aber auch genau, daß das ihm nicht gelingen würde. Er wußte schließlich genau, was auf ihn zukäme, wenn sie ihn Kankra ausliefern sollten. Und das würden sie mit Sicherheit tun.

Wenn sie nur Sam nicht erwischten! Insgeheim regte sich ein Fünkchen Hoffnung in ihm, daß Gandalf es rechtzeitig nach Hobbingen schaffen würde mit dem Wissen, was vor sich ging. Auf Rettung wagte Frodo nicht zu hoffen, nur darauf, daß sie Sam nicht erwischen würden.

Wie er der Tag hinter sich gebracht hatte und jede Minute, die folgte, konnte er später nicht mehr sagen. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren und hatte keine Vorstellung davon, wie lange er sich bei den Orks in Gefangenschaft befand. Ab und zu wollte er dann doch etwas essen und machte sich bei Ugreb bemerkbar, der immer sofort reagierte, wenn Frodo irgendetwas wollte. Niemand sprach mit ihm, aber sie taten ihm auch nichts. Allein dafür war er schon dankbar, auch wenn es für ihn die Hölle war, alleingelassen mit seinen Gedanken auf dem kalten Boden eines Hügelgrabs zu liegen. Zwar saßen meistens die Fesseln nicht so fest, daß sie ihm das Blut in den Händen abschnürten, aber er hatte vergessen, daß er welche hatte. Er hatte alles vergessen, nur nicht den furchtbaren Gestank Kankras und ihre riesenhafte Gestalt. Immer und immer wieder verfolgte sie ihn, fast bis in den Schlaf. Aber immer, wenn seine Angst ins Unermeßliche wachsen wollte, spürte er Wärme, die von dem Elbenstein ausging, der an einer Kette um seinen Hals hing.

Als sich wieder einmal Dämmerung herabsenkte, fing Schagrat an zu meckern und beklagte sich darüber, daß der fortgeschickte Bote nun schon so lange fort sei. Er vermutete alles mögliche über seinen Verbleib und fluchte vor sich hin, wollte schon einen zweiten Boten losschicken, aber dann plötzlich lauschten alle angestrengt und Schagrat wurde ruhig. Es schien sich jemand zu nähern. Frodo nahm das alles kaum wahr, sondern starrte nur regungslos Löcher in die Luft. Es war für ihn nur eine Vermutung, daß er noch lebte, denn er hatte jegliches Gefühl verloren. Alles war zu einer Qual geworden.

Die rote Fackel brannte wie jeden Abend und Schagrat bewegte sich in ihrem fahlen Schein Richtung Ausgang und erhob die Stimme.

„Nun, wen sehe ich? Direkt drei Besucher? Aber wie mir scheint, ist der richtige dabei. Nun, tretet ein und wir wollen reden.“

Frodo hörte eine andere Stimme sprechen: „Bitte verratet uns, was ihr wollt. Wir werden mit euch darüber verhandeln.“

Langsam drehte Frodo den Kopf und hob den Blick. Ihm stockte der Atem, als er erkannte, wer gesprochen hatte. Es war Gandalf.

Sein Herz raste vor Aufregung und plötzlich flammte neue Hoffnung ruckartig in ihm auf. Doch im gleichen Moment verlöschte sie wieder, denn wenn nun wirklich Sam dabei war?

Er versuchte, weiterhin etwas zu erkennen. Zu seiner Überraschung sah er Merry und plötzlich trat Pippin hinter Gandalf hervor. Er fragte Schagrat, ob er kurz nach hinten zu Frodo gehen könnte, und Schagrat erlaubte es ihm. Frodo versuchte, sich aufzurichten, als Pippin auf ihn zukam. Ihm traten Tränen in die Augen vor Erleichterung, er hatte nirgendwo Sam gesehen und Rettung war in Sicht. Pippin setzte sich neben Frodo nieder und nahm ihn tröstend in die Arme. Er versuchte, Frodo mit Worten zu beruhigen, aber die einzige Antwort Frodos war ein Schluchzen. Ugreb beobachtete die beiden aufmerksam, tat aber nichts. Es war wie ein Traum für Frodo, der fast zu schön war, um wahr zu sein. Er bekam nichts davon mit, was Gandalf mit Schagrat redete. Plötzlich regte Pippin sich und Frodo blickte ihn fragend an. Pippin stand auf und ging rüber zum Eingang. Im gleichen Moment löste sich einige Meter weiter neben Frodo ein Stück Erde aus der Wand und Sam kam dort herausgefallen. Verblüfft lag er für eine Sekunde auf dem Boden und sprang auf, rannte zu Frodo und zog Stich aus der Scheide. Die Orks brüllten und tobten, Merry kämpfte mit dem Mut der Verzweiflung und bevor Sam Frodo erreichen konnte, wurde Frodo emporgerissen und ein Ork entwaffnete Sam, dann packte er ihn und hielt ihm einen Dolch an den Hals. Die beiden Orks stoppten den Kampf und bahnten sich einen Weg durch den Tumult nach draußen. Zappelnd versuchte Frodo, irgendwas zu tun, aber es war zwecklos. Alle anderen Orks folgten ihnen und drohten Frodos und Sams Freunden, die Stück stehen blieben. Nur Gandalf gab nicht direkt auf, aber in Panik schrie Sam: „Laß gut sein, Gandalf, gib auf! Wir haben verloren.“

Die Orks rannten weg und Sam schrie und brüllte und versuchte, sich zu wehren. Unbemerkt konnte Frodo seinen Knebel abstreifen und sah in der Ferne Pippin auf dem Hügel stehen. Panisch schrie Frodo: „Gandalf!“ Aber nichts geschah. Die Orks fesselten Sam und rannten unerbittlich weiter. Sam protestierte unaufhörlich, aber sie schlugen ihn und er blutete aus der Nase, als er den Kopf zu Frodo drehte und unter Tränen sagte: „Es tut mir leid, wir haben es versucht. Jetzt ist alles aus.“

„Nein!“ schrie Frodo und die Orks lachten.

„Sam hat Recht“, kommentierte Schagrat, „es ist alles aus. Für ihn sowieso. Für Kankra ist er nur eine Zwischenmahlzeit!“

Sam trat den Ork, der ihn trug, wo er nur konnte. Noch hatte er nicht wie Frodo total aufgegeben und resigniert. Aber Frodo befürchtete, daß das nur eine Frage der Zeit war.

Geschrieben

Pippin schrie unaufhörlich. Merry versuchte vergeblich, ihn irgendwie zu beruhigen, aber Pippin reagierte überhaupt nicht auf Merrys Zureden. Erst Gandalf brachte Pippin dazu, mit dem Schreien aufzuhören.

„Peregrin! Es macht überhaupt gar keinen Sinn, wenn du jetzt hier sämtliche Waldbewohner zusammenbrüllst. Davon kommen weder Samweis noch Frodo zurück. Wir müssen versuchen, nachzudenken.“

„Nachdenken! Nachdenken! Toll, Gandalf, das haben wir schon einmal getan und das Ergebnis dessen haben wir jetzt! Sie sind ihnen jetzt beide in die Fänge geraten, und wenn euch vielleicht nicht klar ist, was das heißt, ich weiß es! Ich wurde schon einmal mit Merry zusammen von einem Trupp Orks verschleppt. Und außerdem: Es geht hier um Kankra! Wenn die beiden dort jemals ankommen, werden wir sie nie wiedersehen. Und du kommst mir mit Nachdenken!“

Fast hätte er weitergebrüllt, aber diesen Part übernahm jetzt Gandalf.

„Tom Bombadil! Hatten wir eigentlich nicht heute besprochen, daß Sam nicht in die Reichweite der Orks gelangen soll? Was ist vorgefallen?“

Bevor Tom antwortete, machte er ein sehr nachdenkliches Gesicht. Schließlich sagte er: „Wir haben abwechselnd gegraben. Schließlich sagte er Bescheid, als ihr kamt. Ich war schon fast durch und sagte ihm, er solle in den Tunnel kriechen und mal sehen, wie gut man so alles hören konnte, was drinnen besprochen wurde. Ich habe ganz einfach in der Aufregung nicht mehr dran gedacht, ihn da rauszuholen und Frodo selbst zu retten. Ich weiß nicht, wie mir das passieren konnte!“

„Das weiß ich allerdings auch nicht. Das durfte nicht passieren, aber jetzt ist es zu spät. Ich weiß nicht, ob es daran lag, daß wir die Orks unterschätzt haben, aber irgendwas ist fehlgeschlagen. Ich habe gesehen, daß ihr, wie besprochen, das Loch in der Mitte gegraben habt. Wir wußten natürlich nicht, daß sie plötzlich Frodo in der rechten Ecke versteckt hatten. Wäre das anders gewesen, hätte es gereicht, ihn zu packen und durch den Tunnel zu ziehen, aber so mußte ja jemand erst da durch! Ich verfluche alles!“ Gandalf war wirklich richtig wütend. Er machte sich die größten Vorwürfe, denn er wußte, die nun anstehende Jagd würde die reinste Knochenarbeit werden. Zuallererst machten sie sich auf den Rückweg zu Toms Haus, denn ohne ein einziges Pferd oder Pony konnten sie direkt aufgeben, und die hatten sie nun mal nicht mitgenommen. Die ganze Unternehmung war völlig fehlgeschlagen.

Auf dem Weg diskutierten sie heftig miteinander. Alle überlegten, wo die Orks hinwollen könnten.

„Bis nach Mordor, das ist doch möglich!“ grübelte Pippin laut.

Merry hingegen vermutete: „Das Nebelgebirge, da gibt es massenhaft Orks und viele Verstecke, auch für Kankra.“

Tom sagte gar nichts und Gandalf war sofort auf die Idee gekommen, daß es der Düsterwald sein könnte.

„Im Düsterwald lauern zahllose Nachkommen Kankras, und es wäre nicht unwahrscheinlich, sie dort auch zu finden. Nun, wenn die Orks das in Angriff nehmen wollen, haben wir alle ein weites Stück Weg vor uns. Ich habe keine Vorstellung, wie wir das jemals schaffen wollen, bevor wirklich der Winter hereinbricht. Aber wir müssen. Und wir brauchen ganz dringend sofort Hilfe, weil wir ihnen wirklich unterlegen sind. Sie dürfen nie bei Kankra ankommen, aber wir können eigentlich erst Hilfe anfordern, wenn wir wissen, wo sie hinwollen!“

„Auf wen können wir zählen?“ fragte Merry.

Niemand sagte ein Wort. Erst nach einigen Minuten antwortete Gandalf: „Wenn sie nach Mordor wollen, müßten wir Aragorn benachrichtigen. Wollen sie ins Nebelgebirge oder den Düsterwald, können uns nur die Elben helfen, die dort leben.“

„Und wie benachrichtigen wir sie?“ fragte Pippin.

„Nun, da gibt es eine Möglichkeit. Ich muß Gwaihir, den Adler, aus dem Nebelgebirge herbeirufen. Etwas anderes bleibt mir nicht übrig.“

„Und wie willst du das machen?“ wollte Pippin wissen. Aber Gandalf antwortete nicht. Er blieb stehen mit geschlossenen Augen und flüsterte leise etwas von sich hin. Es war Merry, als würde der Wind die Worte davontragen. Plötzlich sah Gandalf sie alle nacheinander an und sagte: „Das hat damals auf dem Orthanc nicht funktioniert, aber ich hoffe, daß es jetzt zu einem Ergebnis führt. Ich habe ihn gerufen und hoffe, daß er den Ruf bald vernimmt und zu uns kommt.“

„Aber hast du ihm denn nicht direkt gesagt, was er den Elben berichten soll?“ Pippin war immer neugierig.

„Doch, natürlich. Aber ich habe auch gesagt, daß nur einer zu den Elben fliegen soll und die anderen zu uns kommen sollen und uns entlang der Großen Oststraße suchen sollen. Stellt euch vor, sie kommen tatsächlich bald! Wir würden einen gigantischen Vorsprung haben. Ich bin damals auf dem Feld von Cormallen auf den Rücken Gwaihirs gestiegen, der mich so schnell zu Frodo und Samweis in Mordor trug, wie nur irgend möglich. Ich sagte in einem Moment, daß der Ringträger seine Mission erfüllt habe, und daraufhin riß in Mordor die Erde auf. Im nächsten Augenblick war ich schon bei unseren beiden Freunden.“

„Gandalf, du weißt immer, was zu tun ist. Ich denke, wenn ich dich so sprechen höre, daß noch nicht alles verloren ist!“ sagte Merry. Gandalf lächelte ihn an und sagte: „Nun, ich muß es versuchen. Dazu bin ich hier. Ich weiß nicht, wie wir ohne die Adler herausfinden sollen, wo die Orks sind, bevor es zu spät ist. Aber sie sind schnell genug.“

Zu dieser Zeit ahnte noch niemand, daß bereits Hilfe von unerwarteter Seite unterwegs war.

In Toms Haus angelangt, sprachen sie nur kurz mit Goldbeere und baten sie, ihnen genügend Verpflegung für den Weg mitzugeben. Dann stellte Pippin die Frage laut, die allen durch den Kopf ging: „Tom, kommst du mit?“

„Nun, ich denke, Gandalf wird es noch am besten von euch verstehen. Ich komme nicht mit, weil ich denke, daß ihr das alleine mit Hilfe der Adler und Elben schafft und ich bin von keiner großen Bedeutung. Außerdem habe ich nun seit eh und je hier gelebt und gedenke nicht, mein Heim zu verlassen, um in so weite Ferne zu reisen. Aber ich bin in Gedanken bei euch und wünsche euch Glück. Habt ihr genügend an warmer Kleidung, oder fehlt euch sonst etwas?“

Sie schüttelten die Köpfe und der Abschied nahte. Auch wenn es fast Nacht war, sie würden sowieso alle keine Ruhe finden und entschieden sich dafür, solange zu reiten, bis sie vor Erschöpfung nicht mehr weiterkonnten.

So geschah es dann auch. Gandalf schwang sich auf Schattenfell und die beiden Hobbits auf Sams und Merrys Pony. Pippin wurde ganz flau im Magen bei dem Gedanken daran, daß er nun auf dem guten Lutz reiten sollte, der Sam zueigen war. Aber so sollte es sein.

Tom und Goldbeere winkten ihnen noch lange nach, als sie sich durch den zur Nacht sehr feindseligen Alten Wald schlugen, um zur Oststraße zu gelangen.

Gandalf versicherte den Hobbits, daß die Elben ihnen mit Sicherheit zur Hilfe kommen würden und alles ihnen mögliche tun würden, um die Hobbits vor Kankra zu retten.

Erster Rauhreif legte sich auf die Wiesen, als Mitternacht vorbei war. Es war überhaupt kein Licht, denn dichte Wolken verdeckten den Mond, doch sie verhinderten, daß die Erde zu sehr abkühlte. Trotzdem fanden die Hobbits es nicht gerade angenehm, mitten im Blothmath nachts Richtung Bree zu reiten. Obwohl sie wußten, wie unwahrscheinlich es war, etwas zu vernehmen, lauschten sie alle genauestens darauf, ob nicht ein Geräusch zu vernehmen war, aber es war totenstill um sie herum.

Mit gemischten Gefühlen ritten sie, bis sie irgendwann im Laufe des nächsten Tages sich Bree näherten. Es hatte angefangen, wie aus Kübeln zu regnen und sie waren durchnäßt bis auf die Haut, hungrig und müde. Tropfen fielen Pippin aus den Haarsträhnen ins Gesicht und der Boden unter ihren Füßen löste unter den Himmelsfluten auf, bis er matschig war. Der Regen war kalt und prasselte ununterbrochen auf sie herab. In langen Fäden schien er zu fallen und alles Land um sie herum erschien ihnen in einem einzigen tristen Grau. Sie konnten auch nicht sehr weit sehen.

Merry klebten die Kleider am Leib und von Zeit zu Zeit ging er sich mit den Händen durch die Haare, um das Wasser herauszupressen.

Das Wetter entsprach ganz ihrer Stimmung. Ihnen war überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken, daß jetzt irgendwo in der Wildnis ein Pack Orks zwei wehrlose Hobbits mit sich zerrte, unerbittlich durch den wolkenbruchartigen Schauer. Sie hatten blanke Angst um ihre Freunde, ganz besonders Merry und Pippin, denn die beiden wußten genau, was Frodo und Sam durchmachen mußten. Immer noch hallte Pippin Sams Ausruf im Ohr nach: „Laßt gut sein, wir haben verloren.“

Ständig hörte Pippin Sams Stimme und Frodo aus der Distanz verzweifelt nach Gandalf rufen, der in diesem Augenblick mit schmerzverzerrtem Gesicht an der Wand im Hügelgrab gelehnt hatte, wie Merry sich erinnerte.

Gandalf dachte in diesem Moment nur daran, während ihm Regentropfen durch den langen grauen Bart rannen, daß er vielleicht doch etwas hätte tun können. Allerdings war seine Zauberkraft nicht allmächtig und in einer Situation, wo man zahlenmäßig einer Gruppe Orks unterlegen war, half auch Zauber nicht viel. Zauber war nur gegen einen einzelnen Gegner effektiv genug. Er hatte sie nicht einfach zu Stein verwandeln oder mit Licht blenden können. Die Gefahr wäre zu groß gewesen, daß dabei Frodo und Sam in einer Kurzschlußreaktion getötet worden wären.

Er war machtlos gewesen und es schmerzte ihn, sich das eingestehen zu müssen.

Weil es so stark regnete, konnten die beiden anderen nicht erkennen, wie Pippin weinte. Er saß auf Sams treuem Pony, das ihn zwar auch bereitwillig trug, aber seinen eigentlichen Herrn zu vermissen schien, als wüßte es von dem Vorfall.

Sie hatten alle nur eine furchtbare Angst davor, zu spät zu kommen. Gandalf betete darum, daß die Adler und Elben ihnen zu Hilfe kommen würden. Dann konnten sie hoffen. Die beiden Hobbits durften niemals in Reichweite Kankras gebracht werden. Es wäre das sichere, schreckliche Ende von Sam, und wie sollte man so etwas seiner Frau und seiner Tochter erklären?

Allein das war schon Grund genug, die beiden Gefangenen zu retten. Merry glaubte fest daran, daß jemand ihnen zu Hilfe kommen würde.

Die Laune von allen dreien besserte sich merklich, als Bree in Sicht kam.

„Ich will mich nun wirklich nicht beklagen, aber ich habe einen Bärenhunger!“ vermeldete Pippin und Merry nickte.

„Mir ist jedoch mehr kalt, als daß ich Hunger habe. Dieser Regen hört ja nie auf!“

Gandalf fragte: „Seid ihr müde? Wir könnten etwas länger im Gasthaus bleiben, der alte Butterblüm würde sich bestimmt freuen!“

Sie beschlossen, dort solange zu bleiben, bis ihre Kleider getrocknet waren und es hoffentlich aufhörte zu regnen. Sollte das nicht bald geschehen, würden sie im Regen wieder aufbrechen, aber mit der nassen Kleidung würden sie sich den Tod holen.

Positiv gestimmt ritten sie durchs Stadttor und wunderten sich über die allgemeine Aufregung unter Hobbits und Menschen. Kurzerhand hielt Gandalf einen der vorbeieilenden Hobbits an und fragte ihn, was der Grund für den Aufruhr sei.

„Habt ihr sie denn nicht gesehen? Vor zwei Stunden kamen Orks hier vorbei. Panik kam auf und die Leute verbarrikadieren alles. Das Schlimmste war jedoch, daß sie angeblich zwei gefangene Hobbits mit sich führten. Und außerdem kam eine Abordnung von zweien kurz in die Stadt und sie haben ein Pony gestohlen. Tut mir leid, ich muß weiter!“

Noch bevor Gandalf eine weitere Frage stellen konnte, war der Hobbit weitergerannt und sie sahen sich vielsagend an.

„Was soll das heißen, vor zwei Stunden? Wir holen sie ein!“ rief Merry aufgeregt.

„Sollen wir nicht direkt weiter?“

Gandalf schüttelte den Kopf. „Das geht nicht. Wir könnten schlimm krank werden, wenn wir uns nicht kurz vor ein offenes Feuer setzen und unsere Kleidung trocknen lassen. Das wäre schlimm, denn dann würden wir noch weiter zurückfallen. Aber das Pony...“

Damit gab Merry sich zufrieden und als sie das Gasthaus „Zum tänzelnden Pony“ schließlich erreichten, nachdem sie sich einen Weg durch die aufgebrachte Menge gebahnt hatten, saßen sie ab und banden die Pferde an unter einem Dach. Hintereinander betraten sie das Gasthaus und platzen mitten hinein in eine lebhafte Diskussion.

„Wenn sie nur die Vorboten von jemand viel schlimmerem waren? Wir müssen was tun!“ rief einer.

„Von wegen König! Von wegen Schutz! Nichts passiert! Wenn sogar schon Orks einfach frei im Auenland herumlaufen können, wo soll das hinführen?“ klagte ein anderer.

Ein dritter mischte sich ein: „Und zu allem Übel haben sie zwei von uns gefangengenommen! Wie kann so etwas nur passieren? Und stehlen in Bree!“

Gandalf trat zu Butterblüm und sagte: „Mein Freund! Hättest du vielleicht ein gutes Essen und ein warmes Plätzchen am Feuer für uns?“

„Na sowas! Das ist aber wirklich eine neue Überraschung! Da sieht man erst Orks, und dann kommt der gute Gandalf vorbei! Bevor du mir erzählst, was ihr mit denen zu schaffen habt, laß ich euch ein Essen bereiten. Margerite! Dreimal eine gute Portion des Tagesmenüs für drei hungrige Reisende!

Nun zu euch. Kommt, folgt mir, ich lasse euch am Kamin Platz machen.“

Die drei trotteten dem Wirt hinterher, der die bereits vor dem Feuer sitzenden Hobbits bat, ein Stück zur Seite zu rutschen. Die drei Gefährten nahmen auf der Bank Platz und Butterblüm holte sich einen Stuhl, den er neben sie stellte und sich setzte.

„Gandalf! Und ihr beiden, an euch kann ich mich ebenfalls noch gut erinnern. Euch hier zu sehen, ist wirklich verblüffend an einem solchen Tag. Oder sollte ich sagen, es liegt auf der Hand? Immer, wenn etwas los ist, sieht man euch! Sollte es dieses Mal nur ein Zufall sein?“

„Nein, guter Gerstenmann, genau hinter den besagten Orks sind wir her. Es ist eine lange Geschichte, aber ich versuche, sie für dich kurz zu fassen.“ Während Gandalf sprach, verstummten immer mehr Gäste und hörten aufmerksam seinem Bericht zu. Pippin und Merry schauten erstaunt um sich, denn sie waren zum Mittelpunkt des allgemeinen Interesses geworden. Es war ihnen ziemlich unangenehm, aber sie erduldeten es.

„Du erinnerst dich bestimmt an damals, wo die beiden hier mit zwei anderen einkehrten, von denen einer unter dem Namen Unterberg reiste.“

Butterblüm nickte.

„Nun, vor nunmehr etwa einer Woche brachen des Nachts diese Orks in Beutelsend in Hobbingen ein und entführten denjenigen, den du als Unterberg kennst, also in Wirklichkeit Frodo Beutlin. Wie wir mittlerweile erfahren haben, handelte es sich dabei um einen Irrtum. Eigentlich waren die Kerle hinter Samweis Gamdschie her, denn es handelt sich bei der Sache um einen Racheakt, der sich auf unsere große Reise von damals bezieht.“

Alle lauschten gespannt, nur einer mischte sich ein: „Aber ich habe den Herrn Samweis doch vorhin bei ihnen gesehen, ich bin mir sicher! Jetzt sagen Sie nicht, die Orks waren doch noch erfolgreich!“

„Genau das waren sie. Wir dachten, wir könnten sie überlisten und Frodo befreien, ohne daß jemand zu Schaden kommen würde. Doch der Versuch schlug fehl, denn die Orks waren zu zahlreich und dabei nahmen sie noch zusätzlich Samweis gefangen. Wir vermuten, daß sie Richtung Düsterwald wollen. Wahrscheinlich wollten sie ursprünglich noch eine zeitlang in ihrem Versteck in den Hügelgräberhöhen abwarten, so daß Verfolger ausgeschlossen werden konnten auf ihrem weiten Weg, doch wir haben sie dazu gezwungen, jetzt schon loszuziehen. Allerdings sind sie langsamer als angenommen, wenn ihr alle sagt, sie waren erst vor zwei Stunden hier! Das freut mich sehr.“

Niemand sagte ein Wort, so fassungslos waren sowohl Hobbits als auch Menschen über das soeben Gesagte. Irgendwann fragte einer: „Und was wollt ihr nun gegen sie tun, wie wollt ihr die beiden Hobbits befreien?“

„Das wissen wir selbst noch nicht. Wir haben die großen Adler aus dem Nebelgebirge bereits zu Hilfe gerufen und hoffen, daß uns die Elben des Düsterwaldes zur Seite stehen und das Schlimmste verhindern.“

Gandalf wurde kurz unterbrochen, denn man brachte den dreien eine gute, warme Mahlzeit, über die die beiden Hobbits herfielen wie hungrige Wölfe. Sie genossen die wohltuende Wärme des Kamins und konnten ihrer Kleidung beim Trocknen zusehen. Bald drehten sie sich um, damit auch ihr Rücken etwas von der Wärme erhaschen konnte und Gandalf erzählte weiter.

„Wir sind auch nur hier eingekehrt, um uns trocknen zu können und eine Mahlzeit zu bekommen. Ich hoffe, es regnet später nicht mehr, denn sonst war das Trocknen auch so gut wie umsonst. Denn wenn wir trocken sind, müssen wir umgehend weiter. Wir dürfen das Pack nicht verlieren. Zum Glück müssen wir nicht wie sie durch die Wildnis, das würde uns viel Zeit kosten im morastigen Unterholz. Wir verfolgen sie über die Straße.

Aber nun verratet mir, wie war das genau mit dem Pony?“

Von hinten meldete sich jemand zu Wort. „Ich habe es genau gesehen!“

Er kämpfte sich nach vorne durch zu Gandalf und sprach weiter: „Vor dem Stadttor stand der Trupp für einen kurzen Augenblick. Ich wollte gerade hier ins Gasthaus gehen, als zwei der Orks auf mich zukamen und mich überrannt hätten, wenn ich nicht zur Seite gesprungen wäre. Die Leute flohen unter Geschrei und ich sah mit an, wie sie in den ersten Stall gingen und mit einem scheuenden Pony wieder herauskamen. Ich sah ihnen nach und ich glaube, ich konnte einen ihrer Gefangenen erkennen, wie er versuchte, sich von einem Ork loszureißen und der andere wurde von einem Ork getragen. Das ist alles.“

Nachdenklich sah Merry Gandalf und Pippin an. Die beiden schwiegen.

Es war die reinste Sensation für das wißbegierige Bree-Volk und schürte das Feuer in der Gerüchteküche. Viele verließen kurz darauf die Gaststube, um nach Hause zu gehen, und das war den Neuankömmlingen gar nicht so unrecht.

Butterblüm wandte sich wieder seinen anderen Gästen zu und die drei Gefährten ließen sich geduldig vor dem Feuer trocknen, bis sie fanden, daß es genug war. Sie zahlten schnell für das Essen, das sie wirklich gestärkt hatte, und machten sich wieder auf den Weg, verfolgt von vielen neugierigen Blicken. Zuerst hatten sie noch eine weitere Lage Kleidung angezogen, denn es regnete noch immer unaufhörlich und sie wollten so lange wie möglich trocken bleiben.

Unter viel Geschwätz ritten sie fort aus Bree und wandten sich nach Osten auf der Großen Oststraße.

Nach einer Meile fragte Pippin unvermittelt: „Gandalf, was denkst du, warum die erst vor so kurzer Zeit an Bree vorbeigekommen sind?“

„Ich weiß es nicht, mein Junge. Sie hatten mindestens eine Stunde Vorsprung, als wir bei Bombadil am Haus angelangt sind, und sie sind direkt über die Höhen marschiert und wir haben demnach einen weiteren Weg zurücklegen müssen, auch wenn wir nicht unmittelbar auf die Oststraße gestoßen sind, sondern querfeldein für wenige Meilen, was kürzer war. Trotzdem hätte ich vermutet, daß die Orks selbst zu Fuß noch ein wenig schneller sind als wir zu Pferd. Aber so wie es scheint, schienen sie aus irgendeinem Grunde das Pony gebraucht zu haben und mußten erst nach Bree. Ich weiß nicht, was das bedeuten soll. Ich frage mich nur, warum entweder Frodo oder Sam getragen worden sein sollen. Vielleicht hat das etwas mit dem Pony zu tun.“

Er verstummte. Schweigend ritten sie weiter und plötzlich begann Merry wüst vor sich hin zu fluchen.

„Diese feigen Breeländer! Sie waren klar in der Überzahl und dachten nicht einmal daran, was zu tun, als sie Frodo und Sam gesehen haben. Das darf nicht wahr sein!“

Gandalf versuchte, ihn zu beschwichtigen.

„Natürlich ist das nicht gerade tapfer, da hast du recht. Aber die Breeländer kümmern sich von Natur aus nur um eigene Probleme und hatten ganz einfach nur Angst vor den Orks. Das ist nun einmal so bei denen.“

„Aber es wollte ja nicht mal jetzt jemand mitkommen! Diese Feiglinge!“

Fast hätte Merry seinen Unmut an seinem Pony ausgelassen, aber stattdessen fraß er ihn in sich hinein. Es folgte ein stundenlanges Schweigen, das einzige, was sie hörten, war der beständig herabrieselnde Regen und als der Abend sich durch die Dämmerung ankündigte, waren sie durchnäßt bis auf die Knochen und mußten sich langsam überlegen, wie sie übernachten wollten. Der Chetwald näherte sich bereits seinem Ende und Gandalf ließ sie anhalten.

„Besser, wir suchen uns Deckung und machen eine Rast, als mitten auf der ungeschützten Ebene. Allerdings sollten wir nicht zu lange bleiben!“

So machten sie es dann auch. Sie setzten sich auf den kalten Boden und lehnten sich an Bäume. Allerdings hielten die Bäume den Regen nicht ab, denn sie hatten bereits alle Blätter verloren und ungehindert fiel der Regen zu Boden und auf die drei müden Gefährten. Gandalf übernahm die Wache und ließ die beiden Hobbits schlafen. Sie hatten es nötiger als er.

Er lauschte in die Dunkelheit, ob wohl irgendwelche vielsagenden Geräusche wahrzunehmen seien, aber nichts geschah.

Einige Stunden später weckte er die Hobbits. Sie waren kaum ausgeruht, denn es war wirklich nicht sehr angenehm, im Freien und unter Dauerregen ein Nickerchen zu machen. Aber sie waren einfach eingeschlafen und es war ihnen dennoch nicht unrecht, sich wieder auf den Weg zu machen.

Immer noch grübelte Pippin über den Sinn des Ponys nach. Ein Lasttier? Sollte es Frodo oder Sam tragen? Was war vorgefallen? Und wann würden sie Hilfe erfahren? Er war sehr ungeduldig, das lag in seinem Wesen, und Ungewißheit war nicht sein Geschäft. Er wollte am liebsten völlig ausrasten, so sehr stand er unter Streß, aber stattdessen kramte er lieber einen Apfel aus seinem Rucksack und kaute lustlos an ihm herum.

Es war stockfinster um sie herum, aber Gandalf hatte seinen Zauberstab zum Leuchten gebracht, so daß sie den Weg erkennen konnten.

Merry war dankbar, daß sie sich wenigstens einmal kurz hatten trocknen und aufwärmen können. Sam und Frodo hatten diese Möglichkeit bestimmt nicht gehabt. Wenn die beiden nun nur nicht krank würden!

Es wurde eine lange Nacht. Der Regen quälte sie und trotz ihrer dicken Kleidung froren sie sehr. Gandalf drängte sie immer weiter und weiter. Als der Morgen sich endlich näherte, erreichten sie die Mückenwassermoore und der Regen wurde ganz langsam schwächer und schwächer. Dampfend präsentierte sich die Gegend im fahlen Grau des Morgenlichtes und kurz darauf riß die undurchdringliche Wolkendecke auf und die Sonne schien ihnen ins Gesicht. Dankbar lächelte Pippin, einfach so vor sich hin, und sie machten eine Pause, um zu frühstücken.

Gandalf spähte überallhin aus, denn er hoffte, ein Zeichen der Adler zu erhalten oder vielleicht sogar eine Spur der Orks zu finden. Aber nichts regte sich.

Mißmutig riß Merry Grashalme aus und warf sie herum. Als Pippin das bemerkte, lachte er unwillkürlich, denn auf so eine Idee würde er nie kommen, dachte er bei sich. Merry fand das überhaupt nicht komisch und stand auf, um sich aggressiv vor Pippin aufzubauen.

„Na, was seh ich denn da? Ihr werdet doch jetzt wohl nicht anfangen, zu streiten? Ich bitte euch! Sowas können wir jetzt wirklich nicht brauchen!“ sagte Gandalf.

Merry brüllte ihn frustriert an. „Was ich jetzt gebrauchen kann, ist ein Bett, eine warme Mahlzeit und Frodo und Sam neben mir! Aber triefnaß an den Mückenwassermooren zu stehen inmitten einer planlosen Jagd, ist nicht gerade das, was mir gefällt!“

Pippin sagte: „Komm, guck mich an. Mach schon! So. Du sprichst mir jetzt nach: Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Wir schaffen das. Komm schon!“

„Laß mich in Ruhe! Ich setze mich jetzt wieder hin und reiße Grashalme aus.“

„Tu das halt. Mir egal. Aber merk dir eins: Wir können auch nicht dafür!“

„Nein?“ fragte Merry bissig zurück. „Und warum hat Gandalf nichts getan? Warum hat er Frodo und Sam nicht denen entrissen? Stattdessen konnten die einfach so mit den beiden entkommen. Wunderbar!“

„Und was hast du dazu beigetragen? Du warst auch nicht erfolgreicher!“

„Komm mir nicht so!“ Merry ging auf Pippin los, doch er spürte plötzlich eine große Hand auf seiner Schulter, die ihn nicht losließ.

„Jetzt reicht es mir! Das ist jetzt keine Situation für einen Streit!“ sagte Gandalf streng und Merry ließ sich zu Boden sinken und brach in Tränen aus.

„Aber was... ich habe es doch nicht so gemeint!“ brachte Pippin stockend hervor.

„Es ist nicht deinetwegen“, sagte Merry leise. „Ich habe überreagiert. Ich bin mit den Nerven einfach am Ende. Ich bin naß, ich friere und ich habe Angst. Ich will zurück nach Hause, das ist alles. Ich wünschte, ich hätte Frodo schon in Beutelsend vor denen gerettet!“

Pippin reichte ihm die Hand und Merry zog sich hoch. Er rieb sich die Augen und sah Pippin an. Dann umarmte er ihn.

„Du bist ein toller Freund, und es tut mir leid. Du kannst ja auch nichts dafür.“

Kurz darauf machten sie sich wieder auf den Weg. Der Tag verlief ohne weitere Zwischenfälle. Sie begrüßten sehr die Sonne, die sich immer wieder zeigte und sie langsam trocknete. Abends legten sie wiederum eine kurze Pause ein und ritten dann die Nacht durch. Er wurde sehr kalt unter dem sternenklaren Himmel und es gab den ersten Frost. Pippin zitterte am ganzen Leib, so daß sie schließlich wiederum anhielten und Gandalf mit ein bißchen Nachhilfe ein Feuer in Gang brachte. Sie nahmen Pippin in die Mitte und setzten sich davor.

„Ich hoffe, du wirst mir nicht krank, mein Junge!“ sagte Gandalf. Pippin nickte. Merry stand auf und sah sich auf der Wiese, wo sie sich niedergelassen hatten, um. Es dauerte nicht lange und er hatte ein klein wenig Königskraut gefunden, das er mitbrachte und zu ein wenig Wasser in einen Becher gab. Mit einem Messer zerrieb und zerstampfte er die Blätter und hielt den Becher dann mit einem Ast über das Feuer. Nach einiger Zeit wickelte er Pippin ein Tuch um die Hand und hielt ihm den Becher hin. Dankbar nahm Pippin ihn und trank einige Schlucke. Sofort fühlte er, wie angenehme Wärme ihn durchströmte und er sagte: „Komm her, nimm auch einen Schluck!“

So teilten sie sich den improvisierten Tee, denn Gandalf wollte davon nichts. Er vertraute auf seine eigenen Kräfte und ließ das Elixier den beiden kleinen Hobbits.

Etwas später machten sie sich dann wieder auf, nachdem sie das Feuer gründlich gelöscht hatten. Es ging Pippin nun viel besser und auch Merry fühlte sich wohl und gestärkt.

Endlich näherte sich der Morgen und langsam wurde es ein wenig wärmer. Der Frost wich zurück und sie genossen die kalte, klare Morgenluft.

Noch immer gab es keine Spur von den Orks. Gandalf wußte nicht, auf welcher Seite der Straße sie sich durchschlugen. Er wollte auch nicht nachsehen. Er wartete geduldig auf ein Zeichen der Adler und hoffte insgeheim, ohne den Hobbits etwas zu sagen, daß er Weg schon richtig sei.

Die Mückenwassermoore hatten sie längst hinter sich gelassen und ritten auf die Wetterberge zu, die sich in einigen Meilen Entfernung vor ihnen erhoben. Unwillkürlich schauten die Hobbits sich immer wieder ängstlich um und zuckten bei jedem Geräusch zusammen. Sie verbanden in Gedanken diesen Weg mit den Nazgûl, die sie auf der Wetterspitze überfallen hatten.

Am Nachmittag legten sie eine erneute Essenspause ein, wie sie es immer dann taten, wenn sie Hunger hatten. Ihre Reittiere ließen sie überall grasen, wo noch Kräuter und Gräser zu finden waren, und in klaren Pfützen oder selten an kleinen Bächen trinken. Sie schlugen sich so durch und als die Abenddämmerung sich näherte, hob Gandalf unerwartet den Kopf und blickte in den Himmel. Jetzt hörten Merry und Pippin es auch: Der Schrei eines Adlers. Gandalf brachte seinen Zauberstab zum Glühen und schwang ihn hin und her. Der kleine Punkt, der oben kreiste, wurde langsam größer und größer und sank zu ihnen herab. Sie hielten neben der Straße an und warteten darauf, daß er landete.

Das tat Gwaihir dann schließlich auch und sah sie prüfend an.

„Endlich! Ich habe vor kurzem deine Botschaft empfangen, Gandalf. Ich berichtete meinen Freunden davon und wie du es gewünscht hast, hat sich einer sofort aufgemacht in den Düsterwald zu den Elben, um sie zu alarmieren und um Hilfe zu bitten. Ich selbst habe mich dann auf den Weg gemacht entlang der Großen Straße, um euch zu finden oder eine Spur von euren Feinden. Ich vermute, sie sind zur Zeit in den Wetterbergen. Ich habe sie kurz überflogen und dünn in der Ferne Rauch gesehen, aber weiter nichts erkennen können, selbst als ich dort nachgesehen habe. Irgendwo hatten sie sich wahrscheinlich versteckt. Ich habe mich nicht weiter damit aufgehalten, denn ich wollte euch finden. Zum Glück ist es mir endlich gelungen. Nun erzähl mir doch bitte einmal genau, was vorgefallen ist!“

Abwechselnd berichteten die drei Gefährten dem Adler alles, was sie erlebt hatten. Gwaihir nickte wissend und schließlich sprach er zu ihnen.

„Nun, viele meiner Verwandten und Freunde sind irgendwo unterwegs, ich weiß nicht, wo. Ab und an kommen sie zum Großen Hort zurück und berichten von ihren Streifzügen. Man hat mir vor längerer Zeit von einem Treck Orks berichtet, die eine Riesenspinne, vermutlich Kankra, im Schlepptau hatten. Das war in den Braunen Landen. Wir nahmen an, sie wollten in den Düsterwald. Normalerweise sind Spinnen und Orks mir noch gleichgültig, solange sie nichts schlimmes anrichten. Doch wunderte ich mich über dieses bemerkenswerte Bündnis zwischen Feinden. Sind sie keine Feinde mehr?

Die Spinnen im Düsterwald leben dort immer noch, das weiß ich. Ich halte es für sehr gut möglich, daß er das Ziel der Reise ist. Ich weiß nicht, wo sonst Kankra sich befinden sollte, es sei denn im Nebelgebirge. Aber seid versichert, das hätten wir erfahren. Nein, ich vermute, sie haust jetzt im undurchdringlichen Düsterwald. Was genau wollt ihr tun?“

„Nun, Gwaihir, ich dachte, du hättest uns vielleicht einen Vorschlag zu machen!“ erwiderte Gandalf.

„Wäre es dir möglich, die Orks anzugreifen, wenn du sie aufspüren könntest? Natürlich nur, wenn unseren beiden Freunden dadurch keine Gefahr droht. Aber es wird dir wahrscheinlich nicht möglich sein, sie zu retten, oder?“

„Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen. Ich denke, ich werde sie höchstens ausmachen können. Nur ist es so, daß sie mich kaum fürchten, schätze ich. Einschüchtern oder eure Freunde retten, das erscheint mir schwierig. Ich befürchte fast, wir müssen sie ganz bis in den Düsterwald verfolgen, denn sie einzuholen ist fast unmöglich. Orks sind zu schnell. Du allein mit Schattenfell, diesem wunderbaren Pferd, hättest sie sofort eingeholt. Aber wir sind nur vier, das ist schon zu wenig, und deshalb können wir ohne fremde Hilfe nicht über einen Angriff nachdenken. Mehr steht nicht in meiner Macht, leider.“

„Und deine Verwandten?“ fragte Pippin.

„Ich weiß nicht, wo sie sind. Sie zu suchen und alle herzuholen würde Monate dauern, fürchte ich. Wir können nur auf die Hilfe der Elben zählen. Bis dahin müssen wir den Orks nachlaufen, das ist die traurige Wahrheit. Vorausgesetzt, ich finde sie überhaupt. Ich werde dann sofort zu euch zurückkehren und wir überlegen, was ich den Elben in der Ferne berichten soll, damit sie sich vorbereiten können. Sie müssen unbedingt Kankra aufspüren, das habe ich ihnen ausrichten lassen. Nun, wenn das alles ist, werde ich mich sofort auf die Suche machen. Einverstanden?“

Sie nickten. Im nächsten Augenblick hörten sie die mächtigen Schwingen wieder rauschen und der königliche Adler erhob sich in die Lüfte.

Geschrieben

Ein Rebell. Das war Sam wirklich. Auch, als sie ihn schlugen, ihm die Nase blutig schlugen, trat er die Orks, versuchte wegzurennen und wehrte sich gegen jeglichen Übergriff aus Leibeskräften. Frodo versuchte immer wieder, ihn mit Worten zu besänftigen, weil er Angst hatte, daß sie ihn furchtbar bestrafen würden. Aber Sam antwortete ihm nie.

Irgendwann hatten die Orks die Nase gestrichen voll und streckten ihn zu Boden. Stinkig fauchte Sam den Ork an, der sich mit einem Strick in der Hand über ihn beugte.

„Mein Freund, wie bekommt man dich nur ruhig? Einen Knebel würdest du über kurz oder lang zerbeißen, da bin ich sicher. Lassen wir das. Außerdem trittst du nicht gerade mir Worten um dich. Nun, wie würdest du es finden, wenn ich dir die Beine zusammenschnüre und dich an einem Strick mitschleife, über den Boden, stundenlang? Würde dir das gefallen?“

Sam spuckte ihm als Antwort auf die Nase. Frodo zuckte vor Angst um ihn dabei zusammen und schrie: „Laß es doch endlich sein! Sie gewinnen sowieso!“

„Nein! Nicht mit mir!“ brüllte Sam in Rage.

Schagrat trat dazu. Er trat Sam ins Gesicht. Tränen traten Sam vor Schmerzen ins Gesicht, aber seinen grimmigen Gesichtsausdruck behielt er aus Trotz bei.

„Du kleiner Mistkerl! Du willst es ja nicht anders, sehe ich das richtig? Also, Ugreb, du bindest ihm die Beine zusammen. Und bitte unter den Armen einen Strick durch, damit man ihn ziehen kann, ja?“

Frodo schloß die Augen und wandte sich ab. Allein der Gedanke daran schmerzte ihn. Sam brüllte und schrie, trat Ugreb ins Gesicht und machte ihn rasend. Er war ohnehin schon zornerfüllt wegen Schagrat, der ihn als Handlanger abtat, und nun auch noch der Halbling! Er schlug Sam wieder und wieder, bis er endlich stillhielt.

Es war so, daß er die Schmerzen zuerst kaum spürte, oder sie waren ihm gleichgültig. So genau wußte er das selbst nicht. Doch plötzlich wurde ihm bewußt, was er provoziert hatte, und er ließ von der Gegenwehr ab. Tatenlos sah er Ugreb zu und wurde dann an dem Strick, der unter seinen Achseln durchlief, hochgezogen und weiter ging der Marsch. Über Stock und Stein, mit den Beinen auf dem Boden, wurde es für Sam ein sehr weiter Weg durch die Hügelgräberhöhen. Frodo blieb aus einem einzigen Grunde nicht bei ihm, obwohl er es gekonnt hätte: Er konnte den Anblick nicht ertragen.

Als sie spät in der Nacht von den Höhen herabstiegen, fing Sam an zu schreien und zu betteln. Seine Hose war an den Reibungspunkten durchgescheuert und seine Beine blutverschmiert.

„Bitte anhalten, ich mache keinen Ärger mehr, bestimmt nicht! Ich kann nicht mehr, es tut so weh! Bitte! Bitte!!“

Frodo wollte sich gern die Ohren zuhalten nach zwei Minuten, doch das war unmöglich. Schließlich warf er sich auf den Boden und kniete sich vor Schagrat hin. Verzweifelt sah er ihn an und sagte: „Bitte, meint ihr nicht, es sei genug? Tut ihm das nicht weiter an, er hat seine Lektion doch gelernt!“

Schagrat lachte ihn aus, riß ihn hoch und marschierte weiter. Frodo weinte. Sam schrie und schrie und wollte gar nicht aufhören. Als Ugreb ihn schließlich knebeln wollte, blieb Schagrat stehen und sagte: „In Ordnung, es reicht jetzt. Mach die Stricke los von seinen Beinen. Jetzt darf er wieder selbst marschieren!“

Frodo atmete auf. Er ging zu Sam und war entsetzt. Er hatte seinen Freund noch nie in einem so schlechten Zustand gesehen. Die Morgendämmerung hatte eingesetzt und Frodo bat um ein wenig Wasser und darum, daß man ihm die Fesseln abnahm. Erstaunlicherweise gestatte Schagrat es und einer der Orks ging an einem nahen Bach Wasser holen. Man gab Frodo ein Tuch, nachdem man seine Fesseln zerschnitten hatte und das Wasser. Er kniete sich neben Sam nieder und die Orks begrüßten die willkommene Pause, die Schagrat daraufhin erklärte.

Sam schluchzte unaufhörlich und ließ sich von Frodo auf den Bauch drehen. Sie wurden scharf bewacht, aber Frodo ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er tauchte das Tuch ins Wasser und wusch damit die großflächigen Abschürfungen an Sams Beinen aus. Seine Fersen waren ebenfalls wund und Sam schrie auf vor Schmerz bei jeder Berührung.

Frodo bat darum, mit Wachen auf die Suche nach Königskraut gehen zu dürfen und Schagrat erlaubte es ihm. Nach wenigen Minuten waren sie wieder zurück und Frodo zerrieb mit den Händen die Blätter. Er legte seine Hände auf Sams Wunden und Sam blieb ganz ruhig. Schagrat ging zu ihnen und sah Frodo zu.

„Interessant, was du da tust. Aber das wollte ich gar nicht sagen. Deinem Freund wollte ich etwas sagen. Ich hoffe, du hast deine Lektion jetzt gelernt und hältst dein Wort. Kein Ärger mehr, oder du machst das noch ein zweites Mal mit. Ich habe damit kein Problem. Hättest du mal auf deinen Freund gehört, dann wäre dir das erspart geblieben. Und er hätte nicht mitgelitten. Er ging eben mit hängendem Kopf neben mir her und hat geweint. Wolltest du das? Wenn ja, dann ist es dir gelungen.

Und zu dir“, er wandte sich Frodo zu, „du hast mein Vertrauen tatsächlich nicht mißbraucht. Ich habe dir alles gestattet, weil ich geahnt habe, daß du deinem Freund helfen willst und nie ohne ihn weglaufen würdest. Du hast bereits begriffen, wie ernst wir es meinen. Also erzähle ihm genau, was er zu tun und was zu lassen hat!“

Er ging wieder zurück an seinen alten Platz und Sam ließ sich von Frodo den kalten Schweiß von der Stirn wischen. Er zitterte und bebte. Immer noch sprach er kein Wort, sondern litt höllische Schmerzen und blieb dabei trotzdem stumm.

Dankbar sah er Frodo an und dieser legte seinen Arm um Sams Schultern.

„Es war tapfer, was du getan hast, aber es war sinnlos. Ich wußte das. Ich werde alles dafür tun, damit ich mich um dich kümmern kann. Aber versuche es gar nicht mehr, Widerstand zu leisten. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß es sinnlos ist.“

Ugreb grinste, als er das hörte. Frodo sah ihn an und bat ihn um zwei weitere Tücher. Ugreb schickte einen anderen Ork zu ihrem Gepäck, um welche zu holen. Sie hatten alles dabei: Waffen, Stricke, Tücher und andere Sachen. Der Ork, der die Sachen tragen mußte, war im Augenblick mit Schagrat in eine Diskussion verwickelt. Sie sprachen auf Orkisch miteinander und schließlich nickte Schagrat.

Frodo band die Tücher angefeuchtet und mit Königskraut darin um Sams Fersen und ging unter aufmerksamen Blicken mitten durch die Orks zu Schagrat.

„Darf ich um schärfere Bewachung bitten, denn ich würde Sam gerne stützen und das kann ich nur ohne Fesseln“, sagte er leise.

Schagrat blickte ihn scharf an und sagte: „Ist in Ordnung. Ich stelle dir zwei Wächter zur Seite und du kannst dem Aufrührer helfen. Anderenfalls würde er uns ohnehin nur behindern!“

Erleichtert lächelte Frodo, ging zurück zu Sam und Schagrat erteilte Befehle.

Staunend sah Sam ihn an und fragte: „Warum tust du das?“

„Du kannst Fragen stellen!“ war die knappe Antwort Frodos. Ein Ork warf ihm zwei Äpfel zu und die Orks brachten ein Feuer in Gang, über welchem sie für die Hobbits ein Kaninchen brieten. Hungrig aß Frodo den Apfel und gleichzeitig hielt er den anderen für Sam fest. Er wollte nicht noch darum bitten, daß man ihm ebenfalls die Fesseln abnahm.

Erschöpft lehnte Sam an einem Baum mit angezogenen Beinen. Willenlos ließ er alles mit sich machen, was Frodo vorhatte und er teilte auch das Kaninchen auf.

Währenddessen machten die Orks sich über rohes Fleisch her. Von Frodo wußten sie, daß Hobbits rohes Fleisch nicht herunterbekamen, und aus dem Grunde hatten sie extra eines gebraten.

Frodo besorgte für sie beide etwas Wasser, das Sam begierig hinunterstürzte. Er war völlig fertig und fühlte sich zu nichts mehr in der Lage. Diese Tatsache tat Frodo furchtbar weh, tief innendrin litt er fast genauso schlimm wie Sam. Er konnte ihm genau nachfühlen, was er durchmachte.

Sobald das Mahl beendet war, rief Schagrat zum Aufbruch und ließ die Hobbits zwischen sich und zwei anderen Orks gehen. Mühsam half Frodo Sam auf die Beine und steckte seinen Arm unter Sams gefesselten Armen durch, um ihn halten zu können. Zuerst tat Sam sich schwer mit dem Gehen, aber bald ging es besser und die Hobbits konnten das Tempo der Orks mithalten, obwohl sie immer noch sehr schnell waren.

Für Frodo war die Lage trotz der Aussichtslosigkeit erträglicher als die Einsamkeit und Resignation der letzten Tage. Sams Wille war vollständig gebrochen. Er sprach kein Wort und als im Laufe des Vormittages Regen einsetzte, hörte niemand von ihm Klagen oder Murren. Schagrat war es zufrieden und verlor kein Wort über sie. Er unterhielt sich mit Ugreb auf Orkisch, was für die Hobbits schrecklich klang und sie verstanden kein Wort.

Sam kämpfte um jeden Schritt. Ohne Frodo wäre er rettungslos verloren gewesen.

Die beiden begannen, sich zu unterhalten. Es war eine schleppende Unterhaltung, aber ab und zu wechselten sie doch einige Sätze. Über die vergangenen Tage erzählte Frodo, sofern es davon etwas zu berichten gab außer Verzweiflung und Angst. Schagrat duldete es.

Von den anderen war nicht die Rede, obwohl beide ständig über die anderen nachdachten. Wo die wohl steckten? Konnten sie sich Hoffnungen machen auf Hilfe?

Sam litt Höllenqualen. Er bereute nun zutiefst, sich so aufrührerisch verhalten zu haben. Mittlerweile fragte er sich, was er sich dabei gedacht hatte. Wie groß waren die Aussichten gewesen, damit Erfolg zu haben?

Das Ergebnis ließ ihn nur leiden, es war schlimm für ihn. Die großflächigen Schürfwunden an den Beinen brannten zwar nicht mehr durch das Königskraut, aber es schmerzte furchtbar. Dadurch, daß Frodo ihm Leinen um die Fersen gewickelt hatte, konnte er recht gut auftreten, aber es fiel ihm schwer, nicht vor Schmerz in Tränen auszubrechen. Das ließ sein Stolz jedoch nicht zu, denn genau darauf warteten die Orks bestimmt. Es war leider so: Sie hatten gewonnen.

Er fragte sich, wie Frodo das machte. Wie hielt er das schon so lange aus mit diesem Pack? Woher nahm er die Kraft? Es war Sam ein Rätsel. Das einzige, was ihm wirklich klar war, war der Gedanke daran, daß Frodo sich besser verhalten hatte als er. Er hatte genau gewußt, womit er bei den Orks zu rechnen hatte. Natürlich hatte auch Frodo die Erfahrung gemacht, daß Widerstand zwecklos war. Aber er hatte viel schneller aufgegeben als Sam.

War es Sams Anwesenheit? Das konnte es doch nicht sein. Frodo mußte schließlich für ihn sozusagen mitmarschieren, denn er konnte es nicht. Er zwang sich immer wieder dazu, einen Fuß vor den anderen zu setzen und den Schmerz zu ignorieren, aber das gelang ihm einfach nicht.

Im Laufe des Vormittages begann es dann, heftig zu regnen und es dauerte keine fünf Minuten, bis den Hobbits die Kleider am Leib klebten und Tropfen aus ihrem Haar fielen. Leider wusch der Regen alles aus Sams Wunden heraus, also auch das heilende Königskraut, und bald konnte er nicht anders, als zu weinen. Er hielt die Schmerzen nicht mehr aus und jammerte bald leise vor sich hin. Die Orks nahmen keine Notiz von ihm. Frodo ließ ihn nicht los, er zog ihn unnachgiebig mit sich, aber gleichzeitig hatte es eine beruhigende Wirkung auf Sam, daß Frodo seinen Arm um ihn gelegt hatte.

Den Regen ignorierten sie bald, denn damit konnte man noch leben.

Immer noch dachte Sam über Frodo nach. Was tat er nicht alles für ihn! Dabei war er sein Unglück doch selbst schuld. Nein, Frodo bemühte sich um ihn. Er bat die Orks um viele Dinge, man hatte ihm seine Fesseln erlassen und er hatte für Sam Königskraut aufgetrieben. Er hätte seine Dankbarkeit nie in Worten ausdrücken können.

Es war ungeheure Willenskraft, die Frodo auf dem Weg hielt. Ihm selbst war nicht ganz klar, wie er es fertigbrachte, nicht einfach aufzugeben. Der Regen löste den Boden auf und sie mußten sich ihren Weg durch die matschige Wildnis bahnen, während der kalte Regen auf sie niederprasselte. Frodo war erschöpft, er war müde und hungrig und frustriert. Doch er brachte nicht nur für sich viel Willenskraft auf, sondern auch für Sam. Während dieser nicht aufhörte, neben ihm verzweifelt zu schluchzen, stützte Frodo ihn, soweit es ihm möglich war, mit aller Kraft. Selbst dem Aufgeben nahe, verbrachte er viel auf diesem Höllenmarsch.

Eines spürte er jedoch ganz deutlich, während er fast jede andere Wahrnehmung ausgeschaltet hatte: Der Elbenstein unter seinem Hemd entfaltete eine ungeheure Wärme, er schien förmlich zu glühen und er hätte einfach so unwillkürlich danach gegriffen, doch im letzten Moment hielt der Gedanke an die Orks ihn zurück. Wenn ihnen das auffiel, wäre er den Stein mit Sicherheit los.

Wärme durchflutete seine Brust und auf unerklärliche Weise strömte sie weiter in seine Arme und es fiel ihm nicht sehr schwer, Sam zu stützen.

Dieser konnte Frodo nun genauestens das Leid nachfühlen, daß er während seiner einsamen Gefangenschaft erlebt hatte. Er konnte selber vor lauter Verzweiflung fast keinen klaren Gedanken fassen außer: Gandalf muß kommen und uns retten.

Vor Kankra fürchtete er sich nicht so sehr wie Frodo, und es war noch weit bis in den Düsterwald. Es konnte noch viel passieren.

Der Regen war irgendwann doch wie eine Folter für ihn und er hatte es gründlich satt, durch den Matsch laufen zu müssen.

Die Schmerzen wurden schlimmer und schlimmer und ihm wurde schwindelig. Plötzlich verlor er das Bewußtsein und fiel um. Frodo hatte ihn noch festhalten wollen, aber es traf ihn so überraschend, daß Sam ihm einfach wegrutschte. Der Trupp hielt kurz an und Ugreb bemühte sich, Sam aufzuheben. Mit einem kurzen Blick auf Frodo hatte Schagrat den Gedanken verworfen, Sam von Frodo tragen zu lassen. Er fand Frodos Zustand erbärmlich und traute ihm das nicht zu. Wer weiß, wenn Frodo umgefallen wäre, hätte er ihn vielleicht einfach liegengelassen, aber Sam brauchten sie.

Knurrend schleppte Ugreb Sam mit und Frodo trottete mit hängendem Kopf neben ihm er. Er sprach kein Wort, obwohl die Sorge um Sam ihn innerlich zerriß. Was war, wenn das mit seinen Wunden zusammenhing? Vielleicht war er deswegen so entkräftet?

Das hatte er noch nie erlebt, daß Sam einfach nicht mehr weiterkonnte. Es machte ihm Angst.

Unverhofft näherten sie sich Bree. Frodo hob sachte den Kopf und es traf ihn wie ein Blitz. Da waren Menschen, und Hobbits, vielleicht konnte er... wenn er sie mobilisieren konnte, dann konnte das das Ende ihres Martyriums bedeuten!

Zu seiner Überraschung schlugen die Orks sogar noch den Weg nach Bree ein und Frodo schöpfte neue Hoffnung. Immer näher kamen sie dem Stadttor und dann geschah etwas unglaubliches: Während alle Einwohner von Bree, die sich in der Nähe aufhielten, unter Panik und Geschrei die Flucht antraten, marschierte einer der Orks zielstrebig auf einen Stall zu und ging herein. Frodo machte unwillkürlich einen großen Schritt nach vorne und Schagrat reagierte sofort und packte ihn. Mit aller Kraft versuchte Frodo, sich loszureißen, aber Schagrat ließ ihm keine Chance.

Seine Hoffnung erlosch so schnell, wie sie aufgeflackert war. Der Ork kam aus der Stadt mit einem Pony zurück und der ganze Trupp setzte sich wieder in Bewegung. Mutlos ging Frodo weiter und beobachtete genau, was mit dem Pony geschah. Es hörte irgendwann auf, zu scheuen, man lud ihm das Gepäck auf und ein Ork führte es seelenruhig am Zaumzeug mit.

So liefen sie stundenlang durch den nicht enden wollenden Regen und Frodo dachte an nichts. Ugreb lief neben ihm her mit dem reglosen Sam auf den Armen. Ohne gesondert darauf geachtet zu haben, fielen Frodo die vielen großen Blutflecken an der zerfetzten Hose auf, die vom Regen verwaschen wurden, so daß nachher der ganze Stoff rot war. In diesem Wetter trocknete natürlich auch nichts.

„Furchtbar“, dachte Frodo, „wie konnten sie ihm das nur antun!“

Er wurde sehr wütend darüber, aber machte nichts. Schläfrig wurde er, doch dann schrak er plötzlich hoch. Sam schrie, er war wieder aufgewacht und wäre Ugreb fast von den Armen gefallen, so unvermittelt zuckte er zusammen.

Wiederum hielten alle kurz an und Ugreb setzte Sam ab. Frodo trat zu ihm und fragte: „Wie geht es dir? Ich hab mir große Sorgen gemacht!“

„Nun ja,“ sagte Sam benommen, „es geht schon. Mach dir keine Gedanken. Ich werde versuchen, selbst zu gehen, das muß doch funktionieren!“

Er machte einige schwache Schritte und als er Frodo den Rücken zudrehte, fiel diesem auf, daß Sams Hände ganz weiß waren. Die Fesseln schienen ihm das Blut abzuschnüren.

„Sam, beweg doch mal deine Finger!“ sagte Frodo mit einem kritischen Gesichtsausdruck.

„Was denn für Finger? Hab ich noch welche? Ich spüre sie gar nicht...“

Eine leichte Bewegung konnte Frodo zwar erkennen, aber er drehte sich um zu Schagrat und sagte: „Könnt ihr seine Fesseln nicht ein wenig lockern?“

Mißtrauisch sah Schagrat ihn an und sagte: „Du denkst also, ich soll ihm trauen?“

„Sam macht ganz bestimmt keinen Ärger, dazu ist er nicht mehr in der Lage“, antwortete Frodo.

„Jetzt, wo du es sagst... ich denke, du hast Recht. Schneidet die Stricke durch!“

Verblüfft über diese Reaktion sah Frodo Schagrat dankbar in die Augen. Nicht, daß er ihn nun mehr mochte, aber er fand es einfach unglaublich, daß er seinen Bitten in einem Maße nachgab, das er nie verlangen würde. Willenlos stand Sam da und ließ Ugreb machen. Unachtsam schnitt dieser die Stricke durch und Sam rieb sich sofort die Hände.

„Das tut gut. Vielen Dank!“ sagte er leise, aber Schagrat hörte das genau.

Sie setzten sich wieder in Bewegung, es ging auf den Chetwald zu. Eine zeitlang versuchte Sam tapfer, mitzuhalten, aber er schaffte es nicht. Schließlich nahm Frodo seinen Arm und legte ihn um seine Schultern.

„Das funktioniert hoffentlich besser!“ sagte er und er hielt Sams Hand, denn sonst wäre der Arm, kraftlos wie er war, wieder von seinen Schultern gerutscht.

Interessiert sah Schagrat sich an, was Frodo tat, und er wunderte sich immer wieder über ihn. Was dieser kleine Kerl für eine unbändige Energie aufbrachte! Ihm war sonnenklar, daß zwischen den beiden eine unzerstörbare Freundschaft bestand. Vor seinem geistigen Auge erschien das Bild des wimmernden, zusammengekauerten Hobbits, eingesperrt im hohen Turm von Cirith Ungol, angstvoll und verzweifelt. Ebenso sah er denselben Hobbit gefesselt im Hügelgrab vor sich, das war für ihn das gleiche Bild. Doch wenn er den neben ihm gehenden Frodo so ansah, sah er einen ganz anderen Hobbit.

Er verstand es nicht. Und genauso sah er den sich mit Kampfgebrüll auf ihn stürzenden Sam vor sich, hinter ihm her jagend über den Hof des Turmes in der Morgulstadt. Aber schaute er jetzt Sam an, so sah er nur einen geschwächten Hobbit mit gebrochenem Willen, der alleine keinen Fuß mehr vor den anderen setzen konnte.

Nicht, daß er ihm leid getan hätte, aber es wunderte ihn sehr. Er war sicher, daß die beiden sich gegenseitig nie im Stich ließen. Im Nachhinein wunderte es ihn nicht, daß Sam gekommen war, um Frodo zu retten.

Doch das alles zählte für ihn wenig. Er wollte nur seine Aufgabe pflichtgemäß erfüllen und die beiden bei Kankra abliefern, der Rest war ihm egal. Mitleid kannte er nicht.

Noch immer wollte der Regen nicht nachlassen und Sam verlor allen Mut. Sie streiften den Chetwald, der um diese Jahreszeit trostlos kahl war. Sam wähnte sich schon am Ende aller seiner Kräfte, doch unverhofft legten die Orks eine kleine Pause ein und erschöpft ließ er sich zu Boden fallen. Die Bewachung der beiden blieb unverändert verstärkt, denn man traute ihnen einfach nicht. Einer der kleineren Orks trat zu Schagrat und unterhielt sich mit ihm in der Gemeinsamen Sprache. Die beiden schienen nicht dieselbe Sprache zu beherrschen.

„Unsere beiden Gefangenen halten uns zu sehr auf! Ich wette, ihre Freunde verfolgen uns dennoch und holen uns bestimmt bald ein!“ merkte der kleine Ork an.

„Na und wenn schon! Hast du denn nicht gesehen, wieviele es waren? Das sind doch nur noch vier, die uns gefährlich werden können! Und selbst wenn die versuchen sollten, Freunde aus dieser Stadt auf unsere Fersen zu hetzen - du hast doch gesehen, wie groß ihre Angst uns gegenüber war! Wie wollen die uns bedrohen?“

„Nun, ich dachte eigentlich eher daran, daß man den einen Halbling, der verletzt ist, auf das Pony setzen könnte!“

„Wenn du versuchst, zu denken... und dann überleg dir mal, wie leicht der es hätte, das Tier dazu zu bringen, durchzugehen! Der ist dann einfach weg damit! Denn ein rennendes Pony kriegen selbst wir nicht eingeholt. Geh, verschwinde, und überdenke deine Vorschläge demnächst besser!“

Murrend ging der Ork zurück auf seinen Platz. Genau dieselben Gedanken hatte Frodo sich auch schon gemacht und war ebenfalls zu Schagrats Schlüssen gekommen, denn sonst hätte er selbst schon wegen dem Pony gefragt.

Sam atmete schwer neben ihm und als Frodo ihm einen der beiden Äpfel, die er von einem Ork bekommen hatte, reichen wollte, winkte Sam ab. Er hatte vergessen, was Hunger war. Alles war ihm gleichgültig geworden. Allerdings merkte Frodo das und setzte sich dicht neben ihm und nahm seine Hand.

„Sieh mich mal an, Sam“, sagte er und Sam drehte langsam den Kopf.

„Gut so. Ich sag dir jetzt was: Du darfst nicht aufgeben. Du darfst dich nicht unterkriegen lassen. Du darfst deine Kraft nicht verlieren und du mußt essen!“

Vieles ging Sam in diesem Moment durch den Kopf, während er Frodo ansah, der ihn unter Tränen anblickte. Allein schon, um ihm eine Freude zu machen, hätte er gerne getan, was Frodo ihm ans Herz legte. Aber er war dazu nicht in der Lage, nicht im Moment. Außerdem fragte er sich, wozu er das wirklich tun sollte. Durchhalten, um Kankra zum Fraß vorgeworfen zu werden. Denn Schagrat hatte wirklich recht: Es waren nur vier.

Wie sollten die etwas gegen all diese Orks ausrichten?

„Ich kann nicht und ich will nicht, Frodo. Wieso sollte ich denn? Damit man mich Kankra ausliefert, sehr schön! Dann sterbe ich lieber vorher in Frieden!“

Frodo ließ den Kopf sinken und verbarg sein Gesicht in den Händen. Natürlich hatte Sam irgendwo recht und er erinnerte ihn an die grausame Wahrheit, denn wohin waren sie wirklich unterwegs?

Jetzt war es zur Abwechslung an Sam, Frodo zu trösten. Der arme wurde von Heulkrämpfen geschüttelt und konnte sich gar nicht mehr beruhigen.

Er nahm Frodos Hand und drückte sie. Mit leerem Blick sah Frodo ihn an und sie nahmen sich gegenseitig in die Arme. In dieser aussichtslosen Situation war das ein gutes Gefühl.

Die Dämmerung war hereingebrochen und die unermüdlichen Orks machten sich wieder auf den Weg. Diesmal machte Sam sich daran, Frodo nicht weiter zur Last zu fallen. An die Schmerzen hatte er sich gewöhnt und nahm nur Frodos Hand.

Jetzt, wo ihm die Hände nicht mehr auf dem Rücken gefesselt waren, spürte er die Einschnitte der Stricke unter den Armen, woran man ihn stundenlang über den Boden geschleift hatte. Als er sich das Hemd ein wenig aufknöpfte, um darauf einen Blick zu werden, fielen ihm sofort die blutunterlaufenen Striemen ins Auge und mit einem Stoßseufzer wandte er seinen Blick ab. Immer mehr bereute er, was er heraufbeschwört hatte. Die Strafe war er selbst schuld, und deswegen sagte er auch nichts.

Weiter ging die hoffnungslose Reise Richtung Mückenwassermoore und es wurde Nacht.

Die Orks unterhielten sich untereinander, Frodo und Sam hingegen wechselten kein Wort.

Die Nacht wurde ihnen lang, aber nach Mitternacht hatten selbst die Orks keine Lust mehr, weiterzulaufen und hinter einem der zahlreichen Hügel legten sie sich zum Schlafen nieder mit wechselnden Wachen. Doch es war ihnen nur ein kurzer Schlaf bis zum Morgengrauen vergönnt, der jedoch angenehmerweise ohne Regen begann.

In der aufgehenden Morgensonne ließen die Hobbits ihre Kleidung trocknen und unterwegs suchten die Orks für sie etwas zu essen.

Es wurde ein sehr ereignisloser Tag, an dem sie die Mückenwassermoore hinter sich ließen und schon die halbe Wegstrecke bis zu den Wetterbergen zurücklegten.

Wie Sam und Frodo dieses mörderische Tempo durchhielten, war ihnen rätselhaft. Aber die Zeit lief gegen sie. Sie wußten nicht, daß ihre Verfolger mehr Pausen einlegten und Meilen hinter ihnen waren. Auch entdeckte Gwaihir, der Windfürst, sie nicht.

Während Sam insgeheim mit seinem Leben bereits abschloß und keine Hoffnung mehr hegte, gerettet zu werden vor Kankra, suchte Frodo die Gegend aufmerksam nach Zeichen von Rettern ab und gab die Hoffnung nicht auf. Er wußte, ihre Freunde würden alles ihnen mögliche versuchen, sie aufzuspüren und zu befreien.

Sam dachte traurig an seine Familie, denn er rechnete nicht damit, sie jemals wiederzusehen und warf sehnsüchtig einen Blick in die Ferne. Aber er war nicht wütend auf sich selbst, daß er sich unüberlegt in Gefahr gebracht hatte, um Frodo zu retten. Er mußte es einfach tun, und es war schiefgegangen. Damit hatte er rechnen müssen. Nur machte ihn der Gedanke verbissen, daß sein Leben dadurch auf dem Spiel stand und jetzt höchstwahrscheinlich als beendet zu betrachten war. Der einzige echte Vorwurf, den er sich machte, war, daß er die Entführung nicht im Vorfeld verhindert hatte, denn dann wäre alles ganz anders verlaufen.

Im gleichen Augenblick betete Frodo insgeheim, daß bald ein Wunder geschehen möge. Er spürte genau, wie hoffnungslos Sam war, und immer wieder drückte er seine Hand, in der Hoffnung, etwas von der Wärme des Elbensteins würde auf ihn übergehen.

Geschrieben

Der restliche Tag verlief ergebnislos. Gwaihir ließ sich nicht mehr sehen, sie fanden noch immer keine Spur der Orks, aber sie besprachen ihr weiteres Vorgehen.

Merry sagte: „Ich finde, wir müssen kurz in Bruchtal einkehren und uns vielleicht von dort Verstärkung holen. Das könnte doch funktionieren!“

„Ich weiß nicht genau... Verpflegung sollten wir uns von dort auf jeden Fall holen, soviel steht fest. Aber macht euch keine Hoffnungen, wir können nicht lange verweilen!“ mahnte Gandalf.

Sie ritten bis in die Nacht und erreichten nach Mitternacht die Wetterspitze. Aufmerksam schärften sie ihre Sinne, um vielleicht etwas zu vernehmen, das auf Orks schließen ließ, doch sie wurden enttäuscht. Gandalf schlug vor, eine Pause zum Schlafen einzulegen, aber Merry und Pippin war sehr unwohl bei dem Gedanken, an der Wetterspitze zu übernachten. Also ritten sie noch zwei Meilen und suchten sich dann ein geschütztes Plätzchen, wo sie sich alle niederlegten und in tiefen, aber kurzen Schlaf fielen.

Am nächsten Tag geschah erst wiederum so gut wie gar nichts, doch plötzlich ließ Gandalf Schattenfell anhalten und stieg ab. Er ging etwa zehn Meter weit von der Straße ab und bückte sich. In der Hand hielt er einen Leinenfetzen undrief die Hobbits herbei.

Pippin und Merry liefen zu ihm und sahen um sich. Es waren sehr viele Fußabdrücke zu erkennen, orkische. Dort, wo Gandalf den Fetzen aufgehoben hatte, waren deutlich Fußabdrücke eines Hobbits zu erkennen. Pippin jubelte vor Freude und Erleichterung. Merry jedoch ließ sich so leicht nicht begeistert, er ließ sich vielmehr von Gandalf den Leinenfetzen reichen und inspizierte ihn genauestens.

„Gandalf... ich sehe, da ist viel Dreck dran. Schon klar. Aber die anderen braunen Flecken, die scheinen im Stoff drin zu sein. Es sieht aus wie getrocknetes Blut, findest du nicht?“

Stumm nickte Gandalf. Das gefiel keinem der drei. Genauestens inspizierte Gandalf den Fetzen so, wie er ihn gefunden hatte. Zusammengefaltet und -geknotet, außen voller Schmutz und innen Blut. Außerdem entdeckte er einige trockene und zerkrümelte Blätter, die er herunterklaubte, um daran zu riechen.

„Athelas! Was hat das zu bedeuten?“ murmelte er.

„Das ist Königskraut, nicht?“ fragte Merry und Pippin nickte.

„Pippin, bitte setz dich mal und leihe mir mal kurz deinen Fuß!“ sagte Gandalf und verwundert machte Pippin, was Gandalf verlangt hatte. Gandalf hielt den Fetzen an Pippins Fuß und die Form, die der Lappen inzwischen angenommen hatte, paßte genau über seine Ferse. Auch die Knoten saßen am richtigen Platz, um Sinn zu machen.

„Nun, das erklärt sich leider nicht von selbst, aber zweifellos will es erklärt werden!“ überlegte Gandalf laut. Prüfend schaute er sich die Hobbitabdrücke an und stellte fest, daß an einem nicht dieselben Abdrücke an der Innenfläche zu vermerken waren wie an dem anderen.

„Seht! Tatsächlich hatte einer der beiden um die Fersen Leinen gewickelt und eines hier verloren. Das kann man gut sehen, denn die Falten haben sich beim anderen Abdruck sichtbar eingedrückt. Das ist erstaunlich...“ Gandalf war auf der richtigen Fährte.

„Wieso erstaunlich? Da ist eins verloren gegangen“, sagte Pippin.

„Natürlich, aber das meinte ich nicht. Ich frage mich, was vorgefallen ist, daß robuste Hobbitfüße so etwas brauchen und außerdem würde ich zu gern wissen, wo das Leinen überhaupt herkommt. Es stammt nicht von Frodos oder Sams Kleidung, denke ich.“

Grübelnd setzte er sich auf einen Stein. Pippin begutachtete die Fußabdrücke.

„Daneben sind kleinere. Ich weiß es! Sam hat die größeren Füße und dort finden sich die Abdrücke des Leinens. Also hatte er es um die Fersen gewickelt. Seltsam...“

Er folgte des Spuren ein klein wenig weiter und bat Merry, ihm zu helfen. Sie stellten sich in die Abdrücke von Frodo und Sam und versuchten, durch Nachahmen den Gang nachzuvollziehen, den die beiden an den Tag gelegt hatten. Dabei kamen sie zu einem überraschenden Schluß.

„Gandalf, sieh mal! Merry muß sich auf mich stützen, um so komisch gehen zu können, wie Sam es getan hat!“

Sie demonstrierten es ihm, indem sie den Spuren folgten. Gandalf war verblüfft.

„Ihr seid klasse, wißt ihr das? Also rekonstruieren wir: Sam hat Leinen um seine blutigen Fersen gewickelt gehabt und mußte sich auf Frodo stützen. Das klingt nicht gut. Aber was haben die Kerle mit ihm angestellt, daß er wunde Fersen hatte?“

Eine Zeitlang standen sie regungslos und stumm da und dachten nach. Schließlich hatte Merry eine Idee. „Pippin, ich probiere mal etwas mit dir aus!“

Pippin ließ es mit sich machen. Merry griff ihm, als sie Rücken an Rücken standen, unter die Arme und sagte: „Laß dich fallen, ich zieh dich hinter mir her und du sagst Bescheid, wenn dir was wehtut!“

Mit einem ziemlich verwirrten Gesichtsausdruck kommentierte Pippin Merrys Bemühungen und Gandalf lachte.

„Ihr zwei seht so lustig dabei aus!“

Es dauerte eine Minute, in der Merry mit Pippin im Schlepptau im Kreis herumlief und schließlich rief Pippin: „Laß das, stop, das tut weh!“

„Wo?“

„An den Fersen, du Blödmann!“

Gandalf verdrehte die Augen.

„Natürlich! Einer der Orks wird ihn hinter sich her geschleift haben, bis seine Fersen blutig waren!“

Entsetzt sahen die Hobbits erst sich, dann Gandalf an und Pippin sagte: „Du meinst, man hat Sam...?“

„Genau das hat man. Wo das Leinen herkommt, weiß ich nicht, aber es scheint so, als habe Frodo sich für Sam um Königskraut bemüht! Na so was...“

„Ein gutes hat die Sache: Wir wissen, daß sie noch leben“, versuchte Merry, die allgemeine Stimmung aufzuheitern.

„Natürlich, nur wie? Das scheint mir ein ganz furchtbares Zeugnis für die Brutalität von Orks zu sein. Ich vermute, Sam war ihnen zu frech und sie haben ihn bestraft, indem sie ihn hinter sich her über den Boden geschleift haben. Wahrscheinlich haben sie das so gemacht, daß auch seine Beine auf den Boden kamen, denn sonst wäre die Sache halb so schlimm. Ich kenne die Gemeinheit von Orks. Der arme Junge!“

Das erschien ihnen allen logisch und Gandalf packte den Fetzen ein.

„Also weiter, wir wissen, daß wir auf dem richtigen Weg sind! Ich habe vorhin im Augenwinkel nur etwas helles dort liegen sehen, das Leinentuch. So ein Zeichen hat uns bisher gefehlt, um die Spur zu finden. Ich habe mir die Spuren angesehen. Die Erde war nicht mehr sehr matschig, aber sie ist immer noch nicht trocken. So lange kann es nicht her sein, daß sie hier waren!“

Sie ritten weiter und nach einer Meile hielt nun Pippin an und rannte ins Feld. Er hatte das zweite Leinentuch gefunden. Dieses war plattgetreten, aber ohne Zweifel das Gegenstück zu dem, was sie bereits gefunden hatten.

Pippin regte sich darüber auf, wie Orks nur so dumm sein konnten, zehn Meter neben der Straße zu gehen. Aber ihnen sollte es recht sein.

In der Nacht ruhten sie sich wieder gut aus und in der Morgendämmerung entdeckten sie Gwaihir am Himmel, der zur Landung ansetzte.

„Nun, ihr Gefährten, wie geht es euch heute?“ fragte er sie. Sie nickten alle und Pippin zuckte mit den Schultern.

„Naja, wie soll es uns gehen? Wir sind genervt, geschlaucht, haben keine Lust mehr. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, denn gestern haben wir Spuren gefunden!“

Gwaihir war erstaunt und ließ sich das Leinen zeigen und man erzählte ihm, was sie sich überlegt hatten.

Er nickte wissend und sagte: „Nun zu meiner Entdeckung. Gestern bin ich endlich fündig geworden. In den Wetterbergen habe ich versucht, sie aufzuspüren, aber dort waren sie nie gewesen. Ich habe nur einen einsamen Waldläufer angetroffen, aber der konnte mir auch nicht weiterhelfen. Ich hielt mich entlang der Straße und flog etliche Meilen nach Osten, als ich plötzlich etwas entdeckte. Fast auf halber Strecke zur Letzten Brücke war das, also etwa 25 Meilen von hier. Ich ging in den Sinkflug, um näher heranzukommen und besser zu sehen, denn ich konnte zwar alle einzelnen Mitglieder des Trupps erkennen, aber nicht, was eure beiden Freunde taten. Das sah für mich sehr komisch aus. Ich habe tunlichst Wert darauf gelegt, nicht entdeckt zu werden, damit sie nicht schneller würden. Es scheint mir geglückt zu sein, denn niemand reagierte. Ich habe folgendes gesehen, was mit euren Vermutungen übereinstimmt: Der dunkelhaarige Halbling stützte den anderen. Den habe ich mir genauer angesehen und festgestellt, daß seine Hose an den Unterschenkeln völlig zerfetzt ist. Ich glaube, ich konnte Blutflecken erkennen, großflächige Wunden. Sie scheinen ihn sehr lange geschleift zu haben, die brutalen Orks. Außerdem, wie soll ich sagen, zuckte er mehrere Male zusammen und beugte sich nach vorne, als hätte er Husten. Das war in der Dämmerung und ich habe mich dann auf den Weg zurück zu euch gemacht, habe zuerst in den Wetterbergen Ausschau gehalten, als ich heute morgen das Licht der Dämmerung nutzen konnte, doch daß ihr schon hier seid, damit hätte ich nicht gerechnet. Gut, es ist bekannt, daß Orks sehr schnell sind. Es ist unglaublich, in welch kurzer Zeit sie diese weite Strecke zurückgelegt haben und sie hängen euch scheinbar ab. Aber laßt euch nicht entmutigen, ihr holt sie schon noch ein, denn wenn der eine Halbling krank und verletzt ist, können sie nicht so schnell laufen wie sonst.“

„Was wirst du als nächstes tun?“ fragte Gandalf, sichtlich besorgt.

„Ich werde Richtung Düsterwald fliegen, um mich nach den Elben zu erkundigen und werde euch dann wiederum Bericht erstatten!“ erklärte er.

„Kann ich euch sonst irgendwie helfen?“

Sie verneinten und schon schwang der Windfürst sich wieder in die Lüfte.

Erst nach einigen Minuten sprachen die Hobbits darüber, was sie soeben erfahren hatten.

„Das ist ja gut und schön, daß wir prima kombinieren können, aber das Ergebnis gefällt mir überhaupt nicht!“ maulte Pippin.

Gandalf nickte zustimmend. „Die Orks sind wirklich unglaublich brutal, das brockt ihnen aber nur selbst Ärger ein. Sam kann nicht zaubern, er wird sie aufhalten. Nur wird uns das nichts helfen, denn wir können sie nicht angreifen. Wir würden nur Gefahr laufen, selbst in ihre Fänge zu geraten. Das möchte ich nicht riskieren, ihr etwa? So leid es mir tut, die beiden noch länger der Qual und Folter auszusetzen, wir können nichts für sie tun, jedenfalls im Moment nicht.“

Das sahen sie ein und sie ritten schweigend weiter. Der Tag ging ohne weitere Zwischenfälle zuende, der nächste brachte auch keine neuen Erkenntnisse und ebensowenig der übernächste. Es war eine einzige Geduldsprobe für die drei, selbst Gandalf hatte manchmal große Lust, einfach aufzugeben, aber er wußte, daß er das nicht konnte. Sie zwangen sich dazu, weiterzureiten.

Ihre Gesundheit war kaum angeschlagen, nur die erste frostige Winterkälte machte ihnen ein wenig zu schaffen. Die Nächte waren besonders kalt und sie machten jedesmal ein Feuer, um nicht im Schlaf zu erfrieren. Ihre Vorräte wurden knapper und sie nutzten jede Wasserquelle, um ihre Behältnisse wieder aufzufüllen. Das Wetter war meistens nicht schlecht, es war bewölkt, aber trocken und sie waren willens genug, immer weiterzureisen.

Am folgenden Tag erreichten sie die Letzte Brücke und Gandalf war froh, daß die Hobbits so robuste und schnelle Ponys ritten, denn sie waren wirklich sehr weit gekommen in kurzer Zeit. Sie waren höchstens zwei Wochen unterwegs und nur noch hundert Meilen von Bruchtal entfernt. Sie passierten die Trollhöhen in den nächsten Tagen und vier Tage später fanden sie sich tatsächlich in Bruchtal wieder. Gerade als sie auf die Gebäude zuritten, kam wieder Gwaihir zu ihnen heruntergeschwebt.

„Meine Freunde! Ich habe gute Nachrichten für euch. Die Elben sind bereit und haben sich bereits auf den Weg gemacht, herauszufinden, wo Kankra sich im Düsterwald herumtreibt. Sie wissen, daß sie dort ist, nur nicht, wo sie ist. Aber sie werden es in Erfahrung bringen und sind willens, für euch und eure Freunde gegen bösartige Orks in den Kampf zu ziehen. Ich habe aber noch mehr erfahren: Ich habe die Orks und eure Freunde wieder erspäht. Es geht dem einen Halbling nicht schlechter als zuvor, denke ich, zumindest habe ich nichts gegenteiliges erkennen können. Zur Zeit befinden sie sich nicht weit von hier vor den Bergen und ich vermute, sie werden sich an den Aufstieg zum Hohen Paß wagen. Ich glaube kaum, daß sie einen der verborgenen Geheimwege unter der Erde kennen, denn sie sind keine Orks von hier. Außerdem dürften diese für Orks ohnehin nicht groß genug sein, denn sie wurden von keinen erschaffen.“

„Danke, du bist uns eine wirkliche Hilfe! Du verdienst den löblichen Titel Verteidiger des Friedens, mein Freund!“ bemerkte Gandalf.

„Nun, da ist noch etwas. Von Süden kam vor wenigen Stunden eine Gruppe Menschen zu Pferd, sie sahen aus wie Südländer, wie Menschen aus Gondor. Genauer habe ich sie mir nicht betrachtet, aber sie waren auf dem Weg nach Bruchtal und ich habe eine Elbin unter ihnen erkannt.“

Vor Freude schrien Gandalf und die Hobbits auf.

„Ist das wahr? Dann sind uns unverhofft Aragorn und sein Gefolge zu Hilfe gekommen!“ jubelte Merry. Die Freude war riesig und sobald Gwaihir sich wieder in die Lüfte erhoben hatte, um die Orks weiterhin auszuspionieren, ritten sie im Galopp Richtung des letzten heimischen Hauses.

Sie erreichten die elbische Zuflucht, die hinter der Grenze zur Wildnis lag, sehr schnell und tatsächlich herrschte dort ein reges Treiben, ein Kommen und Gehen. Prächtige Pferde aus Gondor wurden von Stalljungen herumgeführt und Pippin brach in Jubelschreie aus. Davon aufgestört traten Menschen an die Fenster und verschwanden sogleich wieder.

Die drei Gefährten saßen ab und übergaben die Zügel ihrer Tiere den Stallburschen, die sie sogleich wegführten. Gandalf ging voran und noch bevor sie die Tür erreichten, öffnete sie sich und da stand Aragorn, stolz und schön, der König von Gondor.

„Streicher!“ brüllte Merry, Pippin pflichtete ihm bei und sie sprangen Aragorn um den Hals.

„Nun“, begann dieser, „ich bin angenehm überrascht! Mit euch hätte ich hier am wenigsten gerechnet, aber es erfreut mich zutiefst! Endlich sehe ich meine Freunde wieder! Euch wollte ich im Auenland besuchen kommen, denn Arwen zog es zurück in ihr Heim zu einem Besuch, was wir mit einem Abstecher nach Hobbingen verbinden wollten. Ich freue mich ja so!“

Gandalf lächelte gütig und sagte: „Du bist eine unverhoffte Hilfe, du erleichterst mein Herz ungemein! Und natürlich freue ich mich auch so wirklich, dich wiederzusehen!“

Die beiden Hobbits grinsten bis über beide Ohren, als sie so neben Aragorn standen und zu ihm aufsahen in seiner noblen Garderobe, aber seine Augen zeigten immer noch das alte Feuer von damals.

Er führte sie ins Haus und sie setzten sich im Versammlungsraum um einen runden Tisch.

„Meine Freunde, ich habe euch berichtet, was mich hertrieb. Nun verratet mir, warum seid ihr hier und nur ihr?“

Es herrschte ein betretenes Schweigen. Sofort merkte Aragorn, daß etwas nicht stimmte.

„Was ist vorgefallen?“

Merry begann zu erzählen. „Gandalf und Frodo waren im Herbst mit Bilbo und den Elben zu den Grauen Anfurten gereist, um Mittelerde Richtung Westen zu verlassen. Wie du siehst, sind sie zurückgekommen, denn Frodo hatte es sich anders überlegt. Ich sah ihn in Beutelsend wieder, als ich zu Besuch kam, und war natürlich überglücklich. Doch dann kamen eines Nachts Orks und entführten ihn.“

Aragorn wurde bleich im Gesicht. Das brachte den so selbstsicher wirkenden Fürsten aus der Fassung.

Sie berichteten ihm also, was geschehen war und Aragorn reagierte sichtlich geschockt.

„Das ist wirklich schrecklich. Furchtbar, die beiden Kleinen allein mit Orks, die sie quälen und dem Tode ausliefern wollen! Wir werden so schnell wie möglich aufbrechen und ihnen mitsamt meines Gefolges folgen. Die werden uns nicht los, höchstens ihr Leben. Das werden sie mir teuer bezahlen! Aber ich wußte nicht, daß Kankra noch lebt!“

„Niemand wußte das. Sie ist das schlimmste Wesen, das in Mittelerde noch existiert. Sie darf Sam und Frodo niemals mehr zu Gesicht bekommen, das wäre ihr qualvolles Ende!“ sagte Gandalf.

Die Tür öffnete sich im gleichen Augenblick und Arwen trat ein, wunderschön wie eh und je und reagierte mit freudiger Überraschung auf die Neuankömmlinge.

Schnell wurde ihr ebenfalls erzählt, was sie hierhergeführt hatte, und auch sie verlor die Beherrschung.

„Das sind schlimme Neuigkeiten. Wir müssen sie auf jeden Fall retten!“ sprach sie mit wohlklingender Stimme und verzauberte die Hobbits damit aufs Neue.

Pippin war inzwischen eingeschlafen. Er hatte die Arme auf dem Tisch verschränkt und seinen Kopf darauf gebettet. Gleichzeitig gähnte Merry und Aragorn stand auf, hob Pippin sachte hoch und trug ihn aus dem Raum. Merry folgte ihm erschöpft und er führte die beiden in ein Zimmer, wo er Pippin ins Bett legte und zudeckte. Merry legte sich in ein anderes Bett und schlief im nächsten Augenblick ein.

Als Aragorn in den Versammlungsraum zurückkehrte, sagte er: „Sie brauchen die Ruhe, aber wir können nicht lange verweilen, fürchte ich. Ich werde Proviant bereiten lassen und mein Gefolge unterrichten. Wir werden sie retten, Gandalf, das verspreche ich dir, so wahr ich der König von Gondor bin!“

Ohne weiter nachzudenken, glaubte Gandalf es ihm. Er wußte, sie würden es schaffen. Wer hier zu ihm sprach, das hatte er immer gewußt, zeigte nun sein edles und stolzes Wesen in einer ehrbaren Art. Das hatte er schon immer an sich gehabt, aber nun kam es zur vollen Entfaltung und das machte Gandalf glücklich. Er wußte, für Gondor hatte das neue Zeitalter mit einem guten, einem wahrhaft gütigen König begonnen.

Er besorgte sich unbemerkt in der Küche etwas zu essen und nutzte die günstige Gelegenheit für eine Wäsche, doch dann suchte er die Hobbits und legte sich zu ihnen schlafen. Aragorn sah eine Stunde später nach ihnen und sagte zu Arwen: „Ich denke, als erstes muß ich bald die Kontrollen verstärken, die Boten müssen acht geben, daß alles Böse aus unserer Reichweite verschwindet!“

Sie nickte und beide ließen die erschöpften Reisenden noch eine Weile schlafen.

Merry wachte erfrischt auf. Es war Nacht, aber Hunger plagte ihn und er gab ihm nach. Pippin fand er im Bett liegend und selig schlafendund beschloß, ihm etwas aus der reichhaltigen Küche mitzubringen. Er schlich leise durchs Haus, dessen Gänge von Kerzen erhellt waren und er hörte Stimmen. Im Versammlungsraum war eine rege Diskussion im Gange. Er hörte Aragorns Stimme, aber der Hunger drängte ihn in die Küche und er räuberte alles, was er finden konnte. Was würde das für ein Festmahl werden!

Brot, Fleisch, Milch, Früchte, Käse und viele andere gute Dinge spürte er auf und packte sich damit seine geräumigen Taschen voll. Mit einem Apfel, den er genüßlich verspeiste, postierte er sich neben der Tür des Versammlungsraumes und lauschte.

„Die Waldelben kommen uns ebenfalls zu Hilfe und wir haben die Adler als Boten. Wir befinden uns also auf der sicheren Seite und schaffen es schon, diese wenigen Orks zu besiegen, um die Halblinge vor einem grausamen Tod zu retten. Ihr müßt nichts fürchten, nur die Kälte, aber dagegen kann man sich behelfen.“

Das mußte Aragorn sein.

Denjenigen, der jetzt sprach, konnte Merry nicht verstehen. Plötzlich tippte ihm eine Hand auf die Schulter. Es war Pippin.

„Du hast mich vielleicht erschreckt!“ entfuhr es Merry.

„Was tust du hier?“ fragte Pippin.

„Na was wohl, lauschen! Die bereden da den Angriff. Willst du auch was essen?“

Sie setzten sich glücklich schmausend auf den Boden und waren nachher so satt, daß sie nicht mehr Piep sagen konnten. Plötzlich näherte sich ein Schatten.

„Wer ist da?“ fragte Pippin frech und atmete auf, als es Arwen war. Ihr Nachtgewand war so schön wie ihr Kleid, das sie am Tage getragen hatte und sie setzte sich zu den beiden Hobbits auf den Boden.

„Ich sehe, euch beiden geht es gut. Es war in Ordnung, daß ihr in der Küche wart, denn wen solltet ihr auch fragen? Da würde ich jetzt nicht unbedingt reingehen, denn darin werden Schlachtpläne geschmiedet und sie brauchen ihre Ruhe. Zum Glück haben sie vorhin wenige Stunden geruht. Gandalf ist ebenfalls da und berät sich mit ihnen. Das ist wichtig. Wenn sie fertig sind, werdet ihr sofort aufbrechen.“

„Du kommst nicht mit?“ Arwen verneinte Merrys Frage.

„Ich bin gekommen, um euch etwas zu erzählen. Ihr wißt doch bestimmt von Frodos Edelstein, den ich ihm damals geschenkt habe.“

Die Hobbits nickten.

„In der letzten Zeit war es mir so, als würde ich große Not spüren und ich konnte sie nicht zuordnen. Jetzt ist mir klar, ich habe gespürt, wie Frodo gelitten hat. Ihr müßt wissen, dieser Stein hat ein wenig Macht und kann heilen. Er kann Kräfte verleihen, er spendet wohltuende Wärme in Stunden der Angst und ich bin froh, daß Frodo ihn trägt. So wie es scheint, stärkt der Stein zwei verlassene, ängstliche Hobbits, von denen einer sehr krank ist, befürchte ich. Aber dennoch bin ich zuversichtlich, daß man Kankra ein für allemal ein Ende bereiten und eure Freunde vor dem Tode retten kann. Allein die Kraft der Freundschaft hält die beiden noch am Leben, denke ich, und eure Freundschaft wird für sie zu einem sehr wichtigen Gut werden, also schenkt sie ihnen bedingungslos. Ich bin sicher, das würdet ihr auch ohne meine Worte tun, denn ihr kennt die Folter, die die beiden durchmachen. Laßt euch nie entmutigen, ihr seid stärker als jede Krise!“

Es war wie eine Erleuchtung für die Hobbits, es stärkte ihren Mut und ihren Willen und sie glaubten fest daran, was Arwen ihnen sagte.

Bald stand sie wieder auf und verließ die beiden Hobbits mit einem Wort des Abschiedes, das sie nur allzu gut kannten: „Namárie!“

Die beiden fühlten sich gut und gestärkt und warteten nur darauf, daß die Tür sich öffnete und man zum Kampf blies. Darauf hatten sie eine schiere Ewigkeit gewartet.

Bald war es soweit. Sie hatten sich in der Zwischenzeit auch eine Wäsche gegönnt und standen frisch und munter vor den vielen großen Menschen, die sie durchaus sehr ernst nahmen und in ihrer Mitte nach draußen führten, wo bereits die Pferde bereitstanden, beladen mit Gepäck und Waffen. Pippin freute sich riesig, als er Beregond erkannte, den er damals in der Weißen Stadt kennengelernt hatte. Er war es auch, der Pippin nun mit auf sein großes, kräftiges Pferd nahm und Merry sollte mit einem anderen Gefolgsmann Aragorns reiten.

Es war ein erfreuliches Wiedersehen zwischen alten Bekannten, die sich nicht vor Kälte noch Nach scheuten, sondern nur daran dachten, den Hobbits in Gefangenschaft das Leben zu retten.

Auf einen Ausruf hin setzten sich sofort alle Pferde in Bewegung. Besorgt fragte Merry: „Was wird aus Lutz und dem anderen Pony?“

Dunórin, der mit ihm ritt, antwortete: „Keine Sorge, mein kleiner Freund, man wird sich gut um sie kümmern bis zu eurer Rückkehr!“

Das beruhigte Merry ungemein und er war zufrieden und voller Tatendrang, als sie so durch die mondhelle Nacht ritten in die Richtung des Hohen Passes. Es blieb ihnen nichts anderen übrig, als ihn zu überqueren. Noch konnten sie es sich erlauben, denn es war nicht allzuviel Schnee dort oben zu erwarten und das Wetter war gut gewesen in den vergangenen Tagen.

Die Hoffnung hatte die Hobbits wieder und auch Gandalf schien voller Zuversicht zu sein. Die unerwartete Hilfe war genau das, was ihnen gefehlt hatte, und nun waren sie nämlich in der Überzahl.

Geschrieben

Sie hatten die Wetterspitze hinter sich gelassen und zumindest das Wetter quälte die Hobbits nicht weiter durch Regen, jedoch wurde es in den Nächten immer sehr kalt.

Als die Morgendämmerung hereinbrach, warf Frodo einen Blick auf Sam, der mühsam neben ihm herlief. Der Anblick entsetzte Frodo aus einem ganz bestimmten Grund: Sam war kreideweiß im Gesicht, ihm stand Schweiß auf der Stirn und er atmete schwer.

„Was ist mit dir? Geht es dir nicht gut?“ fragte Frodo besorgt.

„Es geht schon. Mir ist nur ein wenig flau im Magen und ich habe Kopfschmerzen. Um genau zu sein, tut mir eigentlich alles weh. Mach dir aber wegen mir keine Sorgen.“

„Wirst du krank? Du siehst schlecht aus!“

Sam schüttelte den Kopf und Frodo schwieg. Er glaubte ihm kein Wort und es dauerte keine Stunde, da legte Sam seinen Arm um Frodos Schultern und schleppte sich weiter.

Frodo hatte ihm zu Recht nicht geglaubt, denn er spürte genau, wie er krank wurde. Es breitete sich unaufhaltsam in ihm aus, er dachte schon, er hätte Fieber und fühlte sich schwach. Jedoch wollte er nicht, daß Frodo sich Sorgen machte, aber es gelang ihm nicht, das zu verhindern.

Während Sams Zustand sich den Tag über immer mehr verschlechterte, schien Frodo das genaue Gegenteil zu erleben: Es machte ihm nicht die geringste Mühe, Sam zu stützen, und das über viele Stunden hinweg. Inzwischen beherrschte er das Verdrängen der Angst, die Sam einfach nicht losließ, doch Frodo machte sie nicht mehr zu schaffen. Er fühlte sich in gewisser Weise für Sam verantwortlich und das gab ihm viel Kraft, weil er wußte, daß er sie brauchte. Und Sam brauchte ihn.

Weiter ging es durch die öden Wiesen neben der Großen Oststraße. Noch immer war der Boden vom Regen durchnäßt und zu seiner Freude stellte Frodo fest, daß sie viele Fußabdrücke im Boden hinterließen. Gleichzeitig sah er, daß Sam kein Wort darüber verloren hatte, daß er einen der um seine Fersen gewickelten Leinentücher verloren hatte.

„Hast du nicht gemerkt, daß du einen der Leinenwickel verloren hast?“ fragte Frodo.

Sam sah nach unten und schüttelte den Kopf. „Tatsächlich, ich habe einen verloren. Sowas!“ Er hustete. Frodo legte seine Hand auf Sams Stirn, sagte aber nichts. Für ihn schien klar: Sam bekam Fieber.

Wenig später hatte Sam auch noch das zweite Leinentuch verloren, die Knoten hatten sich einfach so gelöst. Aber inzwischen hatten die Wunden sich so gut geschlossen, daß es ihn gar nicht störte. Zumindest spürte er gar nichts.

Sehr schlecht ging es ihm, als sich der Abend näherte und er schaffte es auch nicht mehr, das zu verbergen. Immer wieder hustete er, wurde heiser und Schüttelfrost plagte ihn.

Irgendwann ließ er sich neben Frodo zu Boden fallen, weil er sich nicht mehr an ihm hatte festklammern können.

„Sam, steh auf. Komm schon, du kannst das!“ bettelte Frodo und zog Sam wieder hoch, was ihn einiges an Kraft kostete, denn Sam hatte nicht mal mehr dafür welche.

Frodo machte kurzen Prozeß und hob Sam auf seine Arme. Die Orks machten immerhin keinerlei Anstalten, einzugreifen. Schagrat gab ihnen keine Anweisungen dazu, weil er dachte, daß Sam es alleine schaffen müßte. Doch dazu war er einfach nicht mehr in der Lage.

Es strengte Frodo anfangs nicht einmal besonders an. Wo diese Kraft herkam, konnte er sich nicht erklären, aber ihm erschien es mühelos, Sam zu tragen, der reglos und mit glasigem Blick in seinen Armen lag und in den Himmel starrte, nichts fixierend.

Der Anblick machte Frodo Angst, aber als es spät am Abend war, legten die Orks endlich wieder eine Pause ein und brachten ein kleines Feuer in Gang. Daneben legte Frodo Sam ab und bat darum, Königskraut suchen zu dürfen.

In der Dunkelheit fiel es ihm schwer, etwas zu erkennen, und es gelang ihm auch nicht. Mit leeren Händen kehrte er zu Sam zurück, der zusammengerollt vor dem Feuer lag, aber soweit schien es ihm ein wenig besser dabei zu gehen.

Frodo setzte sich neben ihn und richtete Sam behutsam ein wenig auf, sodaß dieser in seinen Armen lag und sich verzweifelt daran festkrallte.

„Du hattest Recht, ich werde krank. Ich habe Fieber, Husten, alles tut mir weh und mir ist schlecht. Ich will nicht mehr weiter und dir falle ich nur zur Last.“

„Kein, das ist schon in Ordnung, Sam. Es macht mir keine Mühe, wirklich nicht.“

„Ich wünschte, die würden mich einfach nur hier liegenlassen!“

Bald darauf nickte Frodo ein, aber Sam fand lange keinen Schlaf. Es ging ihm miserabel, aber Frodo im Rücken zu spüren, spendete ihm ein wenig Trost in dieser Situation. Doch ein Gedanke ließ ihn einfach keine Ruhe finden: Eigentlich wollte Kankra sich nur an ihm alleine rächen, aber so wie es aussah, wollten sie Frodo auch keine Gnade schenken, sondern ebenfalls ihr ausliefern.

Er entschloß sich plötzlich dazu, Schagrat danach mal zu fragen.

„Darf ich eine Frage stellen?“

Schagrat bedachte ihn mit einem finsteren Blick, aber er nickte.

„Warum laßt ihr Frodo nicht gehen? Sie will ihn doch gar nicht, sie will nur mich und mich habt ihr! Er hat ihr nie etwas getan, warum schenkt ihr ihm nicht das Leben?“

Erst antwortete der Ork nicht, dann sagte er unvermittelt: „Würde er denn überhaupt gehen wollen?“

Das gab nun Sam zu denken. Schagrat war wirklich nicht gerade dumm. Er hatte genau gemerkt, wie groß die Freundschaft der beiden war.

„Aber anbieten könntet ihr es ihm doch!“

„Das ist wahr. Wir haben ihn anfangs nur als Druckmittel gebraucht, ihn, den Falschen, um den Richtigen zu bekommen. Danach war er für uns eigentlich unwichtig, aber es ergab sich so. Erst vor kurzem ist mir aufgefallen, was er alles für dich tut und ich denke, er würde nie gehen wollen. Aber fragen wir ihn, wenn er aufwacht!“

Nun schluckte Sam dennoch schwer. Der Gedanke, daß Frodo vielleicht trotzdem gehen und ihn allein mit diesen Unwesen ließ, machte ihm sehr zu schaffen.

Schließlich siegte aber die Erschöpfung und er fiel in einen fiebrigen Schlaf.

Mitten in der Nacht erwachte er, einfach so, wachte er wieder auf. Er stellte fest, daß Frodo ihn noch immer festhielt und in die Ferne blickte.

„Du bist noch da, was für ein Glück!“ entfuhr es Sam und Frodo sah ihn lange an, bevor er etwas sagte.

„Ja, Schagrat hat vorhin mit mir gesprochen und mir vorgeschlagen, was du ihn gefragt hattest. Aber ich kann dich nicht allein lassen und sei es, daß ich dir in den Tod folge! Ich könnte nie damit leben, dich allein im Stich gelassen zu haben. Und das will ich wirklich nicht tun, denn in deinem Zustand geht das einfach nicht. Du bist doch mein bester Freund! Wie könnte ich das jemals tun?“

„Doch, tu es. Du mußt doch nicht bleiben! Ich kann das doch verstehen!“

„Aber ich nicht. Warst es nicht du, der mir bis nach Mordor gefolgt ist in der Aussicht, nie mehr von dort zurückzukehren?“

Darauf wußte Sam nichts zu erwidern.

Die Lösung wäre gewesen, daß er geflohen wäre, aber das konnte er nicht. Er war einfach nicht dazu in der Lage.

Kurz darauf rief Schagrat zum Aufbruch und die meisten der Orks murrten lustlos.

Aber Schagrat nahm seine Pflichten sehr ernst.

Anfangs schaffte Sam es wieder, ohne Frodos Hilfe mitzuhalten, aber im Laufe des Vormittages stützte er sich wieder kraftlos auf ihn und Frodo half ihm aufopferungsvoll.

Sams Husten wurde immer schlimmer, aber erst bei einer Essenspause konnte Frodo auf die Suche nach Königskraut gehen. Diesmal wurde er zum Glück fündig und bereitete Sam daraus einen Tee.

Aufmerksam sah Sam ihm zu, wie er allein in der Nähe durch die Wiesen lief und schließlich mit einigen Blättern zurückkam. Er besorgte sich eifrig alles bei den Orks, was er brauchte, und innerhalb kurzer Zeit reichte er Sam einen wohlriechenden, aber bitter schmeckenden Trank. Begierig stürzte Sam sich darauf und lächelte Frodo zutiefst dankbar an.

Er war für ihn losgezogen, er war zurückgekommen und ihm lag etwas daran, daß er wieder zu Kräften kam. Bald schon spürte er die Wirkung des Königskrautes: Er faßte wieder Mut und er spürte neue Kraft in sich. Nicht genug, allein zu gehen, aber er würde mit Frodos Hilfe bis zum Ende des Welt gehen, dachte er bei sich.

Den ganzen Tag über hielt die heilende Wirkung der Pflanze an und Schagrat bewunderte heimlich immer wieder, was Frodo alles tat und fertigbrachte. Es ging ihm einfach nicht in den Kopf, daß jemand so viel für jemand anderen tun konnte. Fast überlegte er sich, - nein, das würde er nie tun, soviel stand fest. Manchmal taten sie ihm doch ein wenig leid, aber niemals würde er Sam woanders abliefern als bei Kankra.

Die Hobbits hielten weiterhin das Tempo der Orks mit und nach vielen Meilen, in denen Sams Erschöpfung wieder wuchs, überschritten sie die Letzte Brücke und Frodo dachte sehnsüchtig an Bruchtal, in dessen Nähe sie sich wohl begeben würden. Wie gern würde er jetzt dort einkehren!

Obwohl er immer wieder suchte, wann er nur konnte, fand Frodo kein Königskraut mehr für Sam. Es wurde immer kälter und Sams Zustand wurde wieder schlimmer. Sein trockener Husten begleitete den ganzen Trupp ständig, er konnte ohne Frodos Hilfe keinen Schritt mehr tun und hatte seit langem Fieber, das nur langsam zurückging.

Es zehrte an all seinen Reserven. Nicht nur Frodo suchte nach vitaminreicher Kost für ihn, sogar die Orks bemühten sich um reichhaltige Mahlzeiten für ihn auf Befehl von Schagrat. Daran mangelte es Sam nicht und er aß auch immer etwas, aber er hatte selten wirklich Hunger und Frodo glaubte, sehen zu können, daß Sam an Gewicht verlor.

Er wurde immer schwächer und schwächer, er sprach kein einziges Wort mehr und jeder Schritt war eine fürchterliche Qual für ihn.

Niemand scherte sich darum, sie hofften, ihn lebendig bis in den Düsterwald zu bringen und dann würde er sowieso sterben, dachten die Orks bei sich. Niemand außer Frodo. Er machte sich große Sorgen, er war verzweifelt und hilflos. Immer wieder fragte er Schagrat, ob der nicht irgendwas für Sam tun konnte, aber nichts geschah.

Kein Königskraut mehr, Frost, Erschöpfung und Angst. Es zehrte an Sam und an einem Nachmittag, an dem sie die Trollhöhen passierten, brach er schließlich entkräftet zusammen. Unter Tränen brachte er hervor: „Ich kann nicht mehr weiter. Es geht nicht, ich schaffe es nicht. Bitte, laßt mich doch in Frieden sterben! Quält mich nicht weiter.“

„Nein, Sam. Das lasse ich nicht zu. Ich werde dich wieder tragen.“

Schagrat war darüber sehr zufrieden, denn so mußte er sich wieder um nichts kümmern.

Während die Orks sich lebhaft unterhielten in ihrer fürchterlichen Sprache, lachten und grölten, schleppte Frodo Sam Meile um Meile weiter, doch es half Sam nicht. Er fiel in einen fiebrigen Schlaf und schließlich bat Frodo um eine Pause.

Er lehnte Sam an einen Baum und versuchte, ihn zu wecken. Keine Reaktion.

„Sam, komm schon, du mußt mir jetzt helfen, denn sonst kann ich nichts für dich tun! Bitte! Sprich mit mir!“

Sein Flehen blieb unerhört. Schließlich suchte er nach dem Verschluß der Kette, an der sein geliebter Elbenstein baumelte und legte sie Sam um den Hals. Dann steckte er den Stein unter Sams Hemd und sagte: „Gleich bin ich zurück. Einen Moment nur, ich versuche mein Glück allein!“

Aufmerksam beobachtete Schagrat ihn bei seiner Suche. Zu weit durfte Frodo sich trotz allem nicht entfernen, denn er war ihnen sehr nützlich im Bezug auf Sam.

Schließlich kam Frodo dann doch mit leeren Händen zurück, aber zu seiner Freude blickte Sam ihm schwach in die Augen.

„Kannst du mir helfen? Sag mir, wie sehen Pflanzen mit heilender Wirkung aus?“

„Frodo, ich muß dich enttäuschen. Königskraut wuchert fast überall, aber alle anderen Pflanzen sind nur spärlich zu finden und das nicht im Winter. Du wirst keinen Erfolg haben, es tut mir leid.“

Niedergeschlagen setzte Frodo sich neben ihn und merkte, wie Sam fror.

Also stand er wieder auf und besorgte ihm eine Decke, in die er ihn wickelte und er schmiegte sich an ihn, um ihn zu wärmen.

Wie im Traum nahm Sam das wahr und er bezweifelte, daß er es jemals lebendig in den Düsterwald schaffen sollte. Eigentlich war ihm das gar nicht so unrecht, aber er vermißte seine kleine Tochter und Rosie so sehr. Er wollte wieder gesund werden und nach Beutelsend zurückkehren, aber er machte sich keine Hoffnungen darauf. Einen schnellen, friedvollen Tod hätte er sich in dieser Situation wirklich gewünscht.

Doch sobald er nur einen kleinen Gedanken kurz daran verschwendete, fühlte er, wie angenehme Wärme seine Brust und bald seinen ganzen Körper durchflutete.

Während Frodo neben ihm vor Sorgen der Verzweiflung nahe war, griff Sam unter sein Hemd und fühlte den Elbenstein, seine Wärme und sah sein Leuchten.

„Du hast doch nicht etwa... Frodo? Warum hast du das getan? Das kannst du nicht!“

„Doch, ich kann es. Ich hoffe, daß er dich heilen kann. Du brauchst ihn jetzt nötiger als ich!“

Bald marschierten sie weiter und Frodo trug Sam. Es fiel ihm nun wirklich sehr schwer und er hielt es nicht sehr lange durch. Schließlich sagte er zu Sam: „Ich kann nicht weiter mit dir, ich muß dich absetzen. Es geht nicht mehr. Kannst du laufen?“

„Ich werde es versuchen“, sagte Sam und das tat er dann auch. Zwar mußte er sich wieder einmal auf Frodo stützen, aber er war in der Lage, weit zu laufen.

Erleichtert lächelte Frodo und weiter ging die Reise Richtung Bruchtal.

Sam wußte nicht, seit wievielen Tagen sie nun schon unterwegs waren. Das wollte er auch gar nicht wissen, es hätte ihn nur frustriert. Zu der Stunde, in der sie an Bruchtal vorbeimarschierten, versuchte er erstmals wieder, ohne Frodos Hilfe mitzumarschieren. Es gelang ihm unter Anstrengungen, aber er merkte genau, was für eine Last von Frodo abfiel und so bahnte er sich seinen Weg ganz allein.

Sie unterhielten sich wieder miteinander. Über belanglose Sachen redeten sie und erinnerten sich zurück an vergangene Tage, während die Orks unter sich in rege Diskussionen vertieft waren, die die beiden wieder einmal nicht verstehen konnten. Schagrat ließ sie immer noch keine Sekunde aus den Augen, denn jetzt wo Sam auf dem Wege der Besserung zu sein schien, wuchs die Fluchtgefahr seiner Meinung nach.

Unvermittelt ließ er eine Pause einlegen und gab Befehl, die beiden zu fesseln. Zwar nahm einer der kleinen Orks, der Lagdasch genannt wurde, ihre Hände nicht auf den Rücken, aber Frodo war trotzdem wütend und wußte ganz genau, was Schagrat sich dachte.

Als würde er nicht dennoch wegrennen können, wenn er wollte!

Es war eigentlich auch völlig egal, ob man ihnen die Hände nun vorne oder auf dem Rücken fesselte. Es störte ihn einfach nur sehr.

Das Nebelgebirge rückte unaufhaltsam näher und Frodo fragte Schagrat: „Müssen wir über den Paß? Ist der nicht bereits verschneit?“

„Nun, der Hohe Paß ist meines Wissens die einzige Möglichkeit, rüberzukommen und wir schaffen das auch irgendwie. Oder weißt du etwas besseres?“

Frodo schüttelte den Kopf und ließ es gut sein. Er vermutete zwar, daß die Orks darüber auch gekommen waren, aber er fürchtete den Hohen Paß.

Abends sah er wieder einmal nach Sams Wunden, wie gut sie verheilten war ihm ein ständiges Anliegen.

Es sah nicht schlecht um seinen Freund aus. Die Wunden verheilten gut und er war auch längst nicht mehr so krank wie noch einige Tage zuvor. Sie führten das ganz klar auf den Elbenstein zurück. Sam hatte sich immer noch nicht ganz auskuriert, der Husten hielt an und er fühlte sich noch immer schwach, also trug er den Elbenstein weiter, der anscheinend seine Selbstheilungskräfte angetrieben hatte.

Welch eine Erleichterung war das für Frodo!

Am nächsten Tag erreichten sie den Paß und machten sich an den beschwerlichen Aufstieg. Es war ein frostklarer, sonniger Tag und der Schnee, der auf den Hängen lag, blendete sie mit seinem leuchtenden Weiß. Unaufhaltsam stapften die Orks durch den Schnee und bald merkten sie, wie sehr die Hobbits sie aufhielten, die allein aufgrund ihrer Größe nicht weiterkamen, sondern immer bis über die Knie in der weißen Pracht versanken. Schließlich nahmen zwei Orks die beiden hoch und trugen sie den ganzen weiten Weg über den Hohen Paß.

Die Nacht wurde unerträglich kalt. Den Orks war das noch egal, die waren widerstandsfähig, aber die Hobbits wickelten sich bis über die Nasenspitze in Decken ein und es gab ein allgemeines Gemecker über das Fehlen von Brennholz. Das alles kümmerte Schagrat wenig. Im Kopf rechnete er nach, wie lange sie noch brauchen würden bis zu ihrem Ziel. Nun, da Sam sie nicht mehr aufhielt, konnten sie noch schneller marschieren, denn er hatte gesehen, daß die Hobbits das mitmachten. Wenn sie sich beeilten, konnten sie in knapp einer Woche am Ziel angelangt sein: Das Lager der Spinnen im Düsterwald.

Sie hatten ihren Sitz in den vielen Jahren, seit Bilbo auf seiner großen Fahrt mit den Zwergen mit ihnen Ärger gehabt hatte, weiter nach Süden verlagert, fast bis zur Alten Waldstraße. Die Elben, die weiter nördlich lebten, hatten sie zu sehr gestört.

Und nun lebte seit mehr als einem Jahr Kankra bei ihnen, von der sie abstammten. Sie alle waren der Gemeinsamen Sprache mächtig, aber wenn sie die wenigen Reisenden, die sich in den Düsterwald wagten, verspeisen wollten, sparten sie sich meistens vorherige Diskussionen.

Sie waren die reinste Plage, aber man konnte nicht viel gegen sie ausrichten. Doch Kankra, die noch immer an ihren Verletzungen litt, lebte etwas abseits von ihnen und pflegte ihren Haß in einer Höhle, denn darin fühlte sie sich am wohlsten. Sie hatte dort viele Netze gespannt, einfach nur so, um es zu einem Ort des Grauens werden zu lassen. Die anderen Spinnen hausten bevorzugt in den Bäumen, nicht jedoch Kankra, die zeigte sich selten vor dem Eingang ihrer Höhle.

Wenige Elben waren ihnen in all den Monaten in die Fänge geraten und sie mußten sich diese und die anderen Opfer, die sie gefangen und gefressen hatten, teilen. Neben Kankras Haß wuchs auch der allgemeine Hunger. Die Orks waren ihre Verbündeten, darüber hatte man sich geeinigt und die wurden nicht gefressen. Was die Orks allerdings im Schilde führten im Einvernehmen mit Kankra, wußten die anderen Spinnen nicht. Denn sie hätten etwas von Sam zugeteilt bekommen wollen, aber er sollte Kankra ganz allein gehören. Erst wollte sie sich in aller Form und ausführlich an ihm rächen, so daß er sich wünschen würde, schnell zu sterben, und irgendwann würde sie ihm dann den Gefallen tun, bevor er von selbst starb, würde sie ihn töten und genüßlich fressen.

Den Gedanken an Kankra hatten sowohl Frodo als auch Sam mittlerweile erfolgreich verdrängt. Sie suchten nur so nach Zeichen ihrer Freunde oder nach Gelegenheiten, zu fliehen, aber es war nichts zu sehen und keine Möglichkeit bot sich ihnen an, ihren Entführern davonzurennen. Das Ziel ihrer Reise war etwas, das für die beiden noch in weiter Ferne lag und sie hofften beharrlich auf rechtzeitige Rettung. Warum also sollten sie über Kankra, Folter und Tod nachdenken?

Obwohl der Hohen Paß nicht ohne war, war Sam schon fast wieder gesund, als sie sich an den Abstieg machten. Frodo schätze die Zeit ihrer Gefangenschaft auf drei Wochen, aber er konnte es nicht genau sagen. Es konnte auch weniger sein, doch es kam ihm wie eine Ewigkeit vor.

Manchmal dachte er darüber nach, daß vor vielen, vielen Jahren Bilbo sich ebenfalls der Alten Furt zusammen mit den Zwergen genähert hatte, allerdings auf einer ganz anderen Basis. Zwar war das auch alles nicht ganz freiwillig geschehen, wie Frodo wußte, aber diese Reise war für Bilbo immer unvergeßlich gewesen.

Eines Abends, als die Dämmerung hereinbrach und Kälte mitführte, meinte Frodo, hoch oben zwischen den Wolken einen Adler zu erkennen. Nicht, daß er etwas von dort gehört hätte, aber er nahm ihn einfach wahr.

Er stieß Sam an und dieser hob den Blick. Beide versuchten sie, so unauffällig wie möglich den Adler zu beobachten und schließlich sagte Sam: „Windfürst. Gwaihir. Oder?“

„Bestimmt!“ erwiderte Frodo kurz.

„Was meintet ihr gerade?“ fragte Schagrat. Frodo schüttelte den Kopf und sagte: „Windstill, fiel mir auf. Es ist windstill. Oder nicht?“

Überraschend traf ihn ein Schlag mitten ins Gesicht.

„Lüg mich nicht an! Ich habe das Wort Windfürst sehr wohl verstanden und den komischen Kauz auch schon zweimal vorher gesehen. Ich weiß genau, daß eure Freunde uns dicht auf den Fersen sind und Spione in ihrem Dienst haben. Deshalb beeilen wir uns ja auch so! Denn ihr braucht euch keine falschen Hoffnungen zu machen: Solange wir da sind, führen wir unsere Aufgabe auch aus!“

Frodo rieb sich entrüstet die Nase und entdeckte Blut an seinen Fingern. Wut entbrannte in ihm, aber er schaffte es, sich zu beherrschen und unterdrückte den Wunsch, Schagrat zu verprügeln. Der Gedanke brachte ihn unwillkürlich zum Grinsen, denn wie würde das aussehen? Er im Zweikampf mit diesem Riesen. Wunderbar, die Siegeschancen waren gleich Null.

Blut tropfte auf sein Hemd und er tat nichts dagegen. Warum sollte er auch. Er haßte diesen Ork, wie alle anderen auch, aber ausrichten konnte er nichts, absolut gar nichts gegen sie. Der Gedanke an irgendwelche Fluchtversuche war sehr verlockend, aber nicht zu realisieren. Es waren mehr und sie waren schneller. Man brauchte es gar nicht erst auszuprobieren.

Ebenso hatte Sam seine Lektion gelernt. Zwar brüllte er Schagrat an, als dieser Frodo schlug, aber dann beließ er es bei bösen Blicken und trat genervt kleine Kieselsteinchen vor sich her.

Irgendwann wollte er Frodo auf einmal seinen Elbenstein zurückgeben, aber Frodo winkte ab.

„Nein, behalt ihn. Er soll dir Kraft sein in hoffnungslosen Stunden.“

Fast hätte er hinzugefügt: „Ich werde ihn nicht so nötig brauchen wie du“, aber dann verwarf er den Gedanken und außerdem konnte er sich da auch nicht sicher sein.

Nun hatte die Angst ihn wieder. Schweiß trat auf seine Stirn und er atmete schwer. Sam bemerkte das sehr wohl, sagte aber nichts. Allerdings nahm er Frodos Hände und hielt sie einen kurzen Augenblick ganz fest. Das verschaffte ihnen beiden Erleichterung.

Die Todesangst wurde nur von einer einzigen Hoffnung erstickt: Die anderen waren da und würden kommen. Bestimmt würden sie es schaffen.

Der nächste Morgen begann mit einem Schneetreiben. Es war genauso wie strömender Regen: Es dauerte nicht lange, und alles war triefnaß. Mit hängenden Köpfen marschierten sie immer weiter auf die Alte Furt zu, die Kleidung klebte ihnen am Leib und sie froren bitterlich. Ihre hoffnungsvolle Stimmung wich dann doch noch der Angst, die wuchs, mit jedem Schritt, der sie dem Düsterwald näherbrachte.

Sie überquerten eine Hügelkuppe und da lag er vor ihnen, so weit das Auge reichte: der finstere, unheimliche und gefahrvolle Düsterwald, in dem sich nur Untiere und erstaunlicherweise Elben wohlfühlten. Sam bekam Herzrasen und Panik befiel ihn. Krampfhaft versuchte er sich zu beruhigen, dann sah er Frodo an, der am ganzen Leib zitterte. Er sah wieder das mordlüsterne Monstrum vor sich und blieb plötzlich einfach stehen.

Sofort versetzte Ugreb ihm einen unsanften Stoß, er fiel hin und schlug sich die Knie wund. Ellbogen und Hände bluteten dort, wo er aufgekommen war und er zwang sich, nicht vor Schmerz zu weinen.

Die Zeit lief wirklich gegen sie. Sie drängte, dringend brauchten sie Rettung. Immer näher brachte sie jeder einzelne kleine Schritt, dem Tode näher, der Qual und dem Vergehen.

Jetzt spürte Sam das warme Glühen des Elbensteines in dieser für ihn dunklen Stunde.

Unerwartet verfiel Frodo auf elbische Worte. Er hielt die Augen geschlossen, seine Lippen zitterten, als er sprach: „A Elbereth Gilthoniel...“ Natürlich fuhr Schagrat, dem die Worte gar nicht behagen, ihm sofort über den Mund und Frodo war ruhig. Sam nahm wieder seine Hände und versuchte, Frodo zu beruhigen. Doch dieser bewegte stumm die Lippen weiter und Sam übersetzte im Herzen, was Frodo sprechen wollte: „Elbereth und Gilthoniel, vom weitblickenden Himmel: Ich schreie unter Todesangst und wache für mich, Fanuilos!“

Andächtig gingen die beiden weiter, sie versuchten, nicht völlig auszurasten und sie überschritten schließlich die Alte Furt. Jetzt waren es höchstens noch fünfzig Meilen. Düster und bedrohlich ragten die undurchdringlichen, dichten Bäume des Düsterwaldes vor ihnen auf wie eine Mauer.

Wenn es noch Hilfe gab, mußte sie sehr schnell kommen!

Instinktiv drehte Frodo sich herum und spähte nach Verfolgern aus, aber seine Hoffnungen wurden zunichte gemacht. Nichts und niemand war zu sehen.

Es wurde Nacht, es wurde wieder Tag und wieder Nacht, nichts passierte, kein Verfolger näherte sich und Sam weinte. Rettung war fern, der Düsterwald nah und sein Ende nur noch eine Frage der Zeit.

Bitterlich weinte er, schleppte sich langsam weiter und ließ den Kopf hängen. Frodo ging es nicht viel besser. Immerzu dachte er an das abscheuliche achtbeinige Monster, willens zu töten und ihnen ein langsames Ende zu bereiten. Es half nichts, er konnte die Gedanken daran nicht mehr verdrängen, nein, sie wurden immer schlimmer. Er hielt Sams Hand und ein wenig Wärme schien er zu spüren, ein wenig Hoffnung schien noch immer zu bestehen und plötzlich bebte die Erden. Die Orks fuhren herum. Nur noch einige Schritte war die grüne Mauer aus Pflanzen von ihnen entfernt, als Reiter auf prächtigen, großen Pferden heraneilten. Menschen aus Gondor waren es, Sam erkannte sie sofort und ebenso Frodo und sie rannten zwischen den aufgemischten Orks hindurch und versuchten, zu ihren Rettern zu gelangen. Sie waren fast zwischen den Orks hindurch, als Ugreb und ein anderer sie packten und blitzschnell mit ihnen in den Wald rannten.

Die Menschen näherten sich unter Geschrei und die beiden Hobbits schrien wie im Wahn um Hilfe. Doch die Orks schlugen sich mit ihnen ins Unterholz und waren mit nichts eifriger beschäftigt als damit, die beiden wehrlosen Hobbits zu knebeln und weit von der Straße weg mit sich zu schleppen.

Hilflos mußten die Reiter ihnen nachsehen und blieben stehen.

Geschrieben

Merry erwachte am Morgen. Er war überrascht, wie nah das Nebelgebirge und der Hohe Paß schon gerückt waren. Sicherlich konnten sie am Abend des Aufstieg beginnen. Ganz aufgeregt war er, denn die Hilfe, die sie nun erhalten hatten, war eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Ritter aus Gondor in prächtiger Kleidung und auf schnellen Pferden! Sie waren nun sicherlich fünfzig Mann. Wenn das mal keine Überzahl war! Sollten die Orks doch kommen!

Überglücklich war er und voller Tatendrang und Hoffnung. Nun konnte er seine Freunde endlich den Fängen der Orks entreißen und zurückbringen ins Auenland, wo sie hingehörten. Wurde ja auch bald mal Zeit!

Alle anderen waren ebenso recht gut gelaunt und unterhielten sich. Sie spekulierten darüber, wann Gwaihir zurückkommen und ihnen berichten würde, wo Kankra sich befand und ob er die Orks noch einmal gesehen hatte. Aber leider brauchte selbst er eine gewisse Zeit, die Strecke zurückzulegen.

Beregond erzählte den beiden Hobbits vom Leben in Gondor. Aragorn gesellte sich zu ihnen und ergänzte die Ausführungen.

„Wir haben natürlich die ganze Stadt umgehend wieder aufgebaut und ihre Brandwunden beseitigt. Mittlerweile sieht man keine Spur mehr vom Ringkrieg. Es war viel Arbeit, aber alle haben mit angefaßt und später auch die, die als genesen aus den Häusern der Heilung entlassen worden sind.

Das ist eine gute Überleitung zu Faramir und Éowyn. Faramir bekleidet viele wichtige Ämter und nimmt unserem König viel Arbeit damit ab. Die beiden genießen nun als Eheleute natürlich ein sehr hohes Ansehen und sind sehr glücklich. Die Menschen sind stolz, daß eine so tugendhafte und wunderschöne Frau bei uns lebt und uns ihre Aufmerksamkeit schenkt. Sie ist wirklich ein Glück für die Stadt.

Immer noch sind alle tief betroffen über den Verlust unseres letzten Statthalters, Denethor, den Pippin ja sicher noch in Erinnerung hat!“

Pippin nickte. Aragorn fuhr fort: „Das ist wirklich wahr. Aber die Menschen haben mich, obwohl ich jetzt kein Truchseß, sondern der König selbst bin, sofort akzeptiert und dennoch war es schwierig für mich, die Gewöhnung daran zu finden. Viele Jahre bin ich im Exil gewesen, fernab jeglicher Herrschsucht oder ähnlichem, und habe mich dann doch noch dazu entschlossen, den mir irgendwann vorgezeichneten Weg einzuschlagen. Mit Arwen an meiner Seite ist das eine allzu angenehme Aufgabe!“

„Er ist ein sehr gütiger und gerechter König, das muß man wirklich sagen. Die Menschen leben im Wohlstand, jegliche Bedrohungen zählen nicht mehr und es herrscht wieder die richtige Ordnung. Und eines muß ich euch sagen: Euch haben wir nie vergessen, ganz besonders mein Sohn Bergil nicht!“ erzählte Beregond.

Merry und Pippin genossen diesen Tag in vollen Zügen. Sie fühlten sich sicher und dachten nicht mit Bedauern an Sam und Frodo, sondern mit Kampfeslust und erinnerten sich ihrer Freundschaft. Sie freuten sich auf die Aufgabe, die beiden zu befreien und zurück nach Beutelsend zu bringen. Außerdem wußten sie genau, daß sie sehr bald schon mit den schnellen Pferden die Orks einholen würden.

Am Abend machten sie sich dann tatsächlich bereits an den Aufstieg zum Hohen Paß, wo sie mitten in der Nacht ein ungestümes Schneetreiben überraschte. Gandalf leuchtete dem Gefolge voran und man versuchte stetig, die noch rechtzeitig angezündeten Fackeln im Gange zu halten und die Flammen nicht verlöschen zu lassen. Den Hobbits gab man Decken, damit die beiden kleinen Halblinge nicht in dem Frost Erfrierungen erleiden mußten, und sie waren sehr dankbar für das Ende des Schneesturmes am Morgen in der Dämmerung. Sie waren alle naß und hungrig und legten eine kurze Frühstückspause ein. Sie führten ihre Pferde noch den ganzen restlichen Tag über die Berge. Merry und Pippin waren erleichtert, ebenso Gandalf, daß ihre augenblickliche Paßüberquerung so problemlos verlaufen war. Mit Schrecken erinnerten sie sich an die grauenhaften Ereignisse ihrer Überquerung auf dem Weg in den Ringkrieg.

Den folgenden Tag, nach einer wenig geruhsamen Nacht, verbrachten sie mit dem Zurücklegen des letzten Stück Weges auf dem Paß und mit dem Abstieg, über den alle sehr erfreut waren.

In der Nacht, als sie am Fuß des Berges angelangt waren, legten sie sich erschöpft schlafen. Der Schnee war für die Menschen und die Pferde nicht allzu tief gewesen und die Hobbits hatte man drüber weggetragen. Sie waren schnell vorangekommen, denn das erste winterliche Schneetreiben ließ noch immer auf sich warten. Drei Tage hatten sie auf dem kalten, windumspielten Gebirge verbracht und waren nun froh, sich in der Ebene aufwärmen zu können. Sofern man Ende des Jahres, wo der Winter begann, von Aufwärmen sprechen konnte.

Den ganzen Tag über geschah überhaupt nichts bemerkenswertes. Man unterhielt sich über dieses und jenes und die Hobbits berichteten Aragorn von den Geschehnissen im Auenland, das ja auch unter seiner Obhut stand.

Sichtlich aufgewühlt vernahm Aragorn die Erzählung der beiden und den Bericht vom Tode Sarumans. Erfreut zeigte er sich über die Mitteilung, daß inzwischen alles seinen alten Gang wiedergefunden und der Frieden den Weg zurück beschritten hatte.

In aller Ausführlichkeit erzählten sie nun von ihrer bisherigen Jagd und auch den Ereignissen, die sich kurz vor der Entführung zugetragen hatten. So verbrachten sie Stunden, die für Aragorn sehr interessant waren.

Schließlich ergriff er wieder das Wort: „Ich warte ungeduldig auf Nachricht Gwaihirs, des Windfürsten. Noch immer sehen wir keinen Zipfel von den Orks und ich befürchte, daß der Abstand einfach nicht schrumpfen will. Unsere einzige Chance wäre dann das Wissen um Kankras Zuflucht und wir müssen hoffen, daß auch die Elben ihren Weg dorthin gefunden haben. Denn sie dürften besser wissen, wie man mit solchen Scheusalen umgeht!“

Gandalf nickte wissend und sagte: „Es kann nicht mehr lange dauern, bis der Adler eintrifft und ich denke, er wird uns Gutes zu berichten haben. Wir schaffen es auch bestimmt, die Orks rechtzeitig einzuholen. Laßt uns nicht aufgeben!“

So wurde es schließlich Abend und alle legten sich, als es auf Mitternacht zuging, für einige Stunden zur Ruhe.

Noch bevor die Morgendämmerung einsetzte, wurde das Feuer gelöscht, ein kurzes Frühstück eingenommen und weiter ging es. Es würde noch fast einen Tag dauern, bis sie die Alte Furt erreichen würden.

Es dauerte keine zehn Minuten, nachdem die Dämmerung begonnen hatte, daß überraschend Gwaihir sich zeigte. Achtsam landete er neben der wartenden Gruppe und teilte sofort Aragorn, Gandalf und den Hobbits an der Spitze des Zuges mit, was es zu berichten gab.

„Meine Freunde! Ich mußte die Nacht über eine Ruhepause einlegen, aber habe mich noch vor der Dämmerung auf den Weg zu euch gemacht. Endlich habe ich euch gefunden! Die Orks waren wenige Meilen von der Alten Furt entfernt, als ich sie zuletzt sah, mittlerweile haben sie sie bestimmt überschritten. Das habe ich auf meinem Rückweg erkennen können und außerdem, daß es dem kranken Halbling wieder besser zu gehen schien.

Nun, bevor ich sie alle sah, war ich bei den Elben gewesen. Ich hatte gehofft, den Spion bei ihnen anzutreffen, als ich sie in den Bergen des Düsterwaldes in der Nähe der Spinnenzuflucht besuchte. Sie warteten auf den Anstoß zum Aufbruch, denn noch war ja der Kundschafter nicht zurückgekehrt, der ausfindig machen sollte, wo Kankra sich aufhält. Man rechnete jeden Augenblick mit seiner Rückkehr, war bewaffnet bis unter die Zähne und hielt die Reittiere parat. Also habe ich den Düsterwald überflogen und es war mir fast unmöglich, etwas durch die Baumkronen zu erkennen. Aber ich habe die blonden Haare des Elben sehen können und habe mich in eine der Baumkronen gesetzt, um mit ihm zu sprechen. Er kam ein Stück weit zu mir hochgeklettert und beschrieb mir den Weg zu Kankras Höhle. Zum Glück hatte er es nicht mehr weit bis zu den Bergen, wo die anderen auf ihn warteten, und er berichtete mir folgendes, merkt es euch gut: Eine Wegstunde nördlich der Alten Waldstraße befindet sich das Versteck, er schätzte die genaue Position auf eine halbe Wegstunde östlich des Waldanfangs und eben diese eine Stunde nördlich. Er hatte sich einige markante Stellen in der Nähe gemerkt, und zwar waren das ein kleines Rinnsal, das in einen Weiher mündete, wenige Minuten östlich der Höhle. Sie ist unterirdisch und der Eingang liegt versteckt hinter vielen gefallenen Bäumen und großen Felsbrocken. Es ist kaum zu verfehlen, man kann die Spinnen dort förmlich riechen und je näher man der Höhle kommt, umso mehr Netze findet man vor, die immer größer werden.

Ihr werdet es also nicht allzu weit haben, aber ihr müßt euch sehr beeilen! Die Orks sind euch noch fast zwölf Wegstunden voraus, möchte ich behaupten. Die Elben werden aber nicht vor euch ankommen, befürchte ich. Wer hat eine Karte des Geländes?“

Einer aus Aragorns Gefolge griff in eine Tasche und zog eine vergilbte Karte hervor.

„Nun... ihr seid hier, etwa 20 Meilen von der Alten Furt entfernt. Die Orks befinden sich nun nach meiner Schätzung fast auf halber Strecke zwischen Düsterwald und Alter Furt. Die Elben können höchstens fünfzig Meilen von Kankras Zuflucht entfernt sein, näher sind sie bestimmt noch nicht. Nun liegt es an euch, ihr müßt galoppieren, um den Abstand zu verringern! Es könnte sehr knapp werden, denn niemand weiß, wie lange Kankra ihre Opfer am Leben lassen würde. Ich würde es nicht heraufbeschwören. Ihr müßt sie unbedingt retten, bevor sie in ihrer Höhle landen!“

„Das ist ein Wort!“ sagte Gandalf und wandte sich an den Adler. „Wir danken dir, sei dir dessen bewußt, denn ohne deine Hilfe wären wir jetzt nicht hier. Ich denke, im Moment kannst du uns nicht helfen. Wir müssen sofort los! Männer, eure Pferde müssen nun zeigen, wie schnell sie wirklich sind! Schnellen Trab, damit das auch auf Dauer noch anhält!“

Es dauerte keine fünf Sekunden und die Pferde sprengten über die Straße davon Richtung Osten und Gwaihir erhob sich auf mächtigen Schwingen in die Lüfte und flog ihnen in den Osten voraus.

Am Abend hatten sie die Alte Furt überschritten. Pippin rechnete eifrig, wie weit die Orks noch von ihnen entfernt sein konnten, aber er kam lange zu keinem Ergebnis. Schließlich fragte er Merry und dieser sagte: „Vielleicht haben wir inzwischen vier Wegstunden wettgemacht... das wäre... Die dürften jetzt noch fünfzehn Meilen vom Wald entfernt sein, um mal etwas festzulegen. Wir sind noch vierzig von ihm entfernt. Und müssen eine Pause einlegen. Also könnten wir sie morgen Nacht eingeholt haben. Das ist realistisch. Gandalf? Was denkst du?“

Gandalf sah Aragorn an und dieser schätze die Vermutung der Hobbits als möglich ein. Die Nachtruhe gestalteten sie so kurz wie möglich, aber so lang wie nötig und forderten dann wieder von ihrem Pferden, was diese schaffen konnten.

Wie der Wind ritten sie bis zum Mittag, gönnten sich und den Pferden dann eine Pause und sahen sich, je näher sie dem Düsterwald kamen, immer aufmerksamer um. Irgendwo mußten die Orks mitsamt Frodo und Sam doch stecken! Keine Spur weit und breit. Den Wind fegte auf einmal stärker über das Land und dichte graue Wolken zogen heran. Das unfreundliche Licht und die Kälte gingen schließlich über in die Abenddämmerung, aber sonst geschah noch immer nichts.

Merry malte sich im Geiste aus, was alles passieren könnte. Er würde hoch erhobenen Schwertes mitten in den Trupp hineinrasen, der tapfere Hobbit, gefolgt von ebenso mutigen Menschen und seinem tapferen Freund Pippin, er würde Sam und Frodo den Orks entreißen und sie von ihren Fesseln befreien, sie in die Arme schließen und alle Orks umbringen.

Das war die Möglichkeit, die ihm am besten gefiel. Innerlich grinste er bei diesem Gedanken, den er selbst nicht ganz ernst nahm, aber er bereitete ihm einige Freude, das mußte er zugeben.

Sie gönnten weder sich noch den Pferden eine Pause. Glücklicherweise hielten die Pferde die Hetzjagd durch, aber man führte sie auch in einem Tempo durch, das für die Tiere auf Dauer nicht zu schnell war.

Längst schon hatten sie die Hügelkuppe hinter sich gelassen, von der aus sich mit einem Schlag der Blick auf den unheimlichen Düsterwald öffnete. Es begann zu dämmern und Aragorn wurde nervös. Er selbst hatte nachgerechnet, wann sie die Orks hätten treffen müssen, und dieser Zeitpunkt war bereits überschritten.

Die Landschaft war, als die Nacht hereinbrach, von einem seltsamen fahlen Licht erhellt, und das war nicht der Mond, denn dieser zeigte sich nur selten, wenn die Wolken kurz aufrissen und ihn einen Blick auf die Jäger werfen ließ.

Es wurde so still um sie herum, daß ihr eigener Atem ihnen laut vorkam und sie befürchten mußten, daß die Orks sie lange bevor sie sie erreichen würden, bereits vernehmen könnten.

Es waren noch höchstens zwei Meilen bis zum Waldanfand und angestrengt starrten sie in die Dunkelheit, nach jeglicher Regung vor ihnen Ausschau haltend.

Die letzte Meile des Weges schließlich ließ die Zweifel wachsen, die Angst und sie fragten sich, wieviel zu spät sie wirklich kommen würden.

Unvermittelt brüllte plötzlich Pippin: „Da vorne, da sind sie! Keine halbe Meile ist es mehr! Beeilt euch, sie sind schon fast im Wald!“

Fast gleichzeitig hatte auch Aragorn sie entdeckt und gab seinem Pferd die Sporen.

Jetzt würde es sich entscheiden. Ihre letzten Energiereserven brachen die Pferde an, die spürten, wie wichtig sie nun für ihre Reiter waren.

Als sie schon fast glaubten, nach den Orks greifen zu können, obwohl sie noch weit genug entfernt waren, bemerkten diese sie plötzlich und rannten los.

Merry brüllte vor Wut und Dunórins Pferd überholte plötzlich alle anderen und eilte der Gruppe voraus. Mit einem Mordsgebrüll näherten sie sich und die Orks kreischten vor Entsetzen.

Plötzlich erblickte Pippin ihre beiden Freunde, wie sie versuchten, sich durch die herumirrenden Orks durchzukämpfen zu ihnen.

„Sam! Sam!!! Ich bin gleich da! Du schaffst es, du schaffst...“

Im gleichen Moment erkannte er, daß Sam und Frodo gepackt und mitgeschleppt wurden.

Es war für keinen der Verfolger schwer, aus dem Orktumult genau die Hilfeschreie der Hobbits herauszuhören, doch diese verstummten plötzlich und der Trupp verschwand im Unterholz.

Es waren keine fünfzig Meter mehr gewesen, doch sie kamen zu spät. Schnell hatte der finstere Wald alle Geräusche des flüchtenden Orkpacks verschlungen und sie stoppten ihre Pferde vor den ersten Bäumen.

Merry kletterte vom Pferd und wollte schon schreiend hinterherrennen, aber Aragorn packte ihn am Kragen und drehte ihn um

„Merry, das kannst du nicht! Es ist Nacht und allein darf da niemand rein! Wir müssen alle zusammen gehen, und die Pferde hierlassen. Los, macht schnell und bindet sie an! Packt die Waffen und kommt mit!“

Binnen zweier Minuten waren alle soweit und Aragorn griff zur Sicherheit noch einmal nach Anduril, dem neu geschmiedeten Schwert Elendils, das nur darauf zu warten schien, Orks bekämpfen zu dürfen.

„Gandalf, leuchte uns voran!“ gebot Aragorn und die beiden bildeten zusammen mit einigen Gefolgsmännern und dicht gefolgt von den Hobbits die Vorhut. Sie schlugen sich ins Dickicht und konnten einen schwachen Pfad ausmachen, erkennbar an zertretenen Pflanzen. Ob das der Weg war, den die Orks genommen hatten, vermochten sie nicht zu sagen.

„Beregond, wer hat die Karte? Schnell, wir brauchen sie!“ sagte Aragorn und im nächsten Moment reichte Beregond sie ihm auch schon. Gandalf vermochte annähernd ihre Richtung zu bestimmen und auf der Karte zu finden. Sie hatten den Punkt ausgemacht, an dem Kankras Höhle zu finden sein mußte und änderten ein wenig ihre Marschrichtung, sodaß sie nicht auch noch an der Höhle vorbeilaufen würden.

Es war stockfinster um sie herum und sie konnten nur durch das von Gandalf entflammte Licht einige Meter vorausblicken. Die Bäume schienen sie zu beobachten und Tiere starrten düster auf sie herab. Pippin fürchtete sich. Ansonsten vermochten sie noch nichts außergewöhnliches auszumachen. Kein Rinnsal, kein Weiher und nicht ein einziges Spinnennetz.

Die Hobbits waren rasend, sie regten sich furchtbar darüber auf, daß die Orks ihnen so kurz vorm Düsterwald entwischt waren. Leise fluchte Merry vor sich hin und Pippin schmiegte sich ängstlich an ihn.

Der Düsterwald selbst schien Augen zu haben, nicht nur die Bäume und Tiere. Etwas unheimliches lag in der Luft, das ihnen den Atem nahm. Das hier war schlimmer als der Alte Wald, da waren die Hobbits sich einig, aber sie trugen es mit Fassung.

Niemand sprach ein Wort. Die Vorhut versuchte, den Pfad nicht aus den Augen zu verlieren, den sie gerade wiedergefunden und dabei festgestellt hatten, daß er genau in die Richtung zu laufen schien, in die sie gehen mußten.

Die Zeit drängte immer mehr. Niemand konnte einen anderen Gedanken fassen als: Wir dürfen nicht zu spät kommen, wir müssen uns beeilen.

Doch die Orks waren natürlich viel schneller, weil sie genau wußten, wohin sie rennen mußten.

Plötzlich gab es ein glucksendes Geräusch. Unversehens waren sie doch vom Pfad abgekommen und einer der Männer steckte mit einem Fuß bis über den Knöchel im stinkenden Morast. Der Sumpf hatte etwas bösartiges an sich und er schien jegliches Licht zu ersticken, selbst über ihm. Gandalfs Licht erleuchtete ihn überhaupt nicht. Aragorn, der dem Mann am nächsten stand, half ihm heraus und alle blieben auf Gandalfs Befehl hin stehen. Er selbst entfernte sich ein wenig von ihnen, um den Pfad zu suchen und versuchte, dem Sumpf auszuweichen. Dabei wäre er fast in das erste Spinnennetz gelaufen. Ein dicker Faden klebte ihm am Hut, als er zurückkam, und die Hobbits ekelten sich.

„Ich hab den Pfad entdeckt! Da war auch das erste Netz. Folgt mir, es ist ungefährlich!“

Die Hobbits hatten Herzrasen und Aragorn konnte seine innere Aufruhr kaum verstecken. Er machte sich riesige Sorgen um Sam und Frodo. Die einzige Hoffnung, die ihn daran denken ließ, daß die beiden nicht sofort umgebracht würden, war diese: Die Orks konnten höchstens vermuten, daß ihre Verfolger das Ziel ebenfalls genau kannten. Vielleicht würde Kankra sich nicht im geringsten von ihnen drängen lassen, aber nun war es ja auch nicht mehr ihr Problem, was mit Sam und Frodo geschah.

Und Kankra würde sich nie von ihrer Rache abwenden in irgendeiner Form.

Trotzdem hasteten sie weiter durch die bedrohliche Finsternis, die jedes Geräusch und bald auch alles Licht verschluckte.

Wie konnten selbst die nachtsichtigen Orks sich hier zurechtfinden?

„Gandalf, was passiert, wenn die beiden schon bei Kankra sind?“ fragte Pippin leise.

Aragorn warf ihm einen flüchtigen Blick zu.

„Nun, mein Junge, dann muß ich mir etwas überlegen! Dieser Gegner ist auch für einen Zauberer wie mich ein mächtiger Feind. Ich weiß nicht, ob ich etwas gegen sie ausrichten kann, und wir alle zusammen sind vielleicht ebenfalls machtlos. Ich kann es dir nicht sagen, ich hoffe nur, daß wir die Orks vorher noch aufspüren!“

Um nicht jeglichen Mut im Keim zu ersticken, sparte Aragorn sich, seine Einschätzung den anderen mitzuteilen.

Die Orks konnten in jeglicher Dunkelheit mehr sehen als sie mit Gandalfs Licht, und sie kannten den Weg. Während sie noch keine halbe Stunde auf dem Weg waren, noch lange nicht, waren die Orks bestimmt in den nächsten fünfzehn Minuten bereits am Ziel.

Denn obwohl sie sich beeilten, hatte er im Gefühl, daß der Abstand wieder wuchs.

Plötzlich schrie Pippin entsetzt auf.

„Da waren Augen, ganz viele!“ rief er panisch und Gandalf hob den Kopf. Tatsächlich, über ihnen in einem Baum saß eine Riesenspinne. Sie war nicht so groß wie Kankra, aber groß genug, ihnen allen Respekt einzuflößen.

Sie warf klebrige Fäden nach ihnen, die die Männer mit den Schwertern zerschlugen, aber davon ließ sie sich nicht beeindrucken. Gemächlich machte sie sich an den Abstieg und ließ durch ihre ständigen Attacken mit den Fäden gar nicht erst den Gedanken an einfaches Weglaufen bei den Menschen aufkommen. Erst mußten die diesen Gegner loswerden!

Pippin schloß verzweifelt die Augen. Sie verloren Zeit, das war nicht gut. Das war, ganz im Gegenteil, schlimm.

Als die Spinne sich schließlich auf dem Boden vor ihnen aufbaute, trat Aragorn ihr mit Anduril in den Händen entgegen und sprach: „Wenn du nicht sofort weichst, werde ich dir dabei helfen!“

„So, wirst du das?“ krächzte sie mit ihrer häßlichen Stimme und lachte ihn aus.

Er machte einen weiteren Schritt auf sie zu und sie näherte sich ihm ebenfalls. Das ging so weiter, bis sie sich nah gegenüberstanden, Auge in Auge, uns sie wollte schon Gift auf ihn spucken, doch zuvor hieb er nach einem ihrer schier zahllosen Beine und ein fürchterlicher Schrei zerriß die Luft. Gerade noch rechtzeitig ging Aragorn vor ihrem Angriff in Deckung und holte sofort zu einem zweiten Schlag aus, der ihr tatsächlich sofort den Kopf abhieb. Die meisten wandten sich entsetzt ab, aber kommentarlos steckte Aragorn sein mächtiges Schwert wieder in die Scheide und ging an der toten Spinne vorbei. Sprachlos folgten ihm alle. Fast wäre einer, der weiter hinten in der Gruppe ein Stück neben dem Pfad ging, in ein weiteres Spinnennetz gelaufen, und diese Vorkommnisse häuften sich schließlich. Zuguterletzt ging einer buchstäblich dann doch ins Netz und klebte einfach fest.

„Hilfe! Ich kann mich nicht befreien!“ rief er und einige Männer hieben mit ihren Schwertern auf das Netz ein, aber das zeigte sich ergebnislos. Aragorn trat hervor, zog Anduril und mit einem einzigen Schnitt hatte er sofort viele Fäden zerteilt. Es war nur eine Frage von Minuten, bis er den Mann befreit hatte und dieser dankte ihm ergeben, doch der König winkte nur ab. Die Eile machte ihn nervös.

Minuten später vernahmen sie auf einmal das Plätschern von Wasser, während sie sich durch unzählige Netze und Spinnenfäden kämpfen mußten. Der Pfad folgte einem Wasserlauf, einem schmalen Rinnsal und sofort machte sich Aufregung in der Gruppe breit. Leise jubelte Pippin: „Wir haben den richtigen Weg gefunden!“ Niemand sagte etwas darauf, denn noch waren sie nicht angelangt, und wie lange würde das noch dauern?

Gandalf plagten riesige Sorgen. Von Elben war weit und breit keine Spur, keine von Orks und auch keine Spinnen mehr. Nichts rührte sich. Er versuchte, in Gedanken nachzurechnen, wie lange sie bereits in diesem unfreundlichen Wald unterwegs waren. Eigentlich hätten sie schon längst auf den Weiher treffen müssen, überlegte er sich schließlich und versuchte, die Richtung zu bestimmen, in die sie gerade liefen. Nach seiner Einschätzung war es Süden.

Er trat an Aragorn heran und sagte: „Wir sind falsch. Wir dürfen dem Wasserlauf nicht weiter folgen, ich fürchte, er ist falsch und der Pfad ist es ebenso! Irgendwo sind wir falsch gegangen und wir laufen in Richtung Süden. Wir müssen zurück!“

Sie machten kurz Halt und versuchten herauszufinden, wohin genau sie nun gehen mußten. Nordwestlich lautete ihre Schlußfolgerung, sie waren inwischen schon viel zu weit gelaufen und hatten einen großen Umweg gemacht, der sie bestimmt eine halbe Stunde kosten würde. Wütend verfluchte Gandalf sich selbst und daß es ihm erst jetzt aufgefallen war.

Die Hobbits wurden unruhig. Immerzu dachten sie an ihre Freunde und waren selbst schon zu dem Ergebnis gekommen, daß diese bestimmt schon an ihrem Ziel angelangt sein mußten. Dann brach Pippin das Schweigen: „Gandalf, kannst du denn nichts tun? Bitte, irgendwie müssen wir den beiden doch helfen können!“

„Nein, nicht von hier aus. Leider bin ich nicht allmächtig! Ich kann mich auch kaum gedulden, aber wir müssen es ertragen. Noch bleibt uns nichts anderes übrig.“

Die nächste halbe Stunde wurde sehr lang und quälend für sie, begleitet von Sorgen und Ängsten. Zwar wußte kaum jemand, wie man sich Kankra vorzustellen hatte, aber daß es schlimmer werden würde als ihre schlimmste Alpträume, war jedem klar.

Vor lauter Unmut wußte Pippin nicht, wohin mit sich. Es konnte ihm nicht schnell genug gehen, aber diese Finsternis und das dichte Unterholz machten es ihnen unmöglich, schnell genug zu sein für den Hobbit. Doch Gandalf beruhigte alle: Sie waren auf dem richtigen Weg.

Überall entdeckten sie Spinnennetze, aber nicht die Unwesen, die sie erschaffen hatten. Die Spinne, die Aragorn besiegt hatte, war bisher die einzige gewesen, die sie entdeckt hatte. Zwar suchten sie aufmerksam um sich herum jeden Winkel des Waldes ab, der sich auftat, aber tatsächlich war außer ihnen nichts dort. Zu groß war der Schrecken für alle Tiere und die Spinnen lebten ein Stück von ihrem augenblicklichen Aufenthaltsort entfernt. Bis auf eine. Sie rückten ihr immer näher.

Nach einigen Minuten stießen sie wiederum auf ein kleines Bächlein und diesmal war die Sache klar, sie folgten ihm ohne Umschweife. Die Minuten zogen sich ewig hin, nichts geschah und alle lauschten dem Plätschern des Wassers. Wenigstens froren sie in diesem Wald nicht.

Alle starrten klar fixiert auf Gandalfs Licht, das ihnen den Weg erleuchtete und übten sich in mühsam aufgebrachter Geduld. Die Zeit schien überhaupt nicht zu verrinnen, sie kam ihnen ewig vor und jeder Schritt machte es ihnen deutlich, daß nichts neues sich ergab.

Dann, völlig unerwartet, hielt Gandalf an und wies mit der Hand auf eine Lichtung. Dort war tatsächlich ein Weiher, und kein kleiner. Fast wären alle in Jubel ausgebrochen, aber sie wollten nichts aufschrecken.

Lange blieben sie stehen, zumindest kam es ihnen lange vor, und in diesen Minuten versuchte Gandalf auszumachen, wo sie hingehen sollten. Weiher, Spinnweben - alles war da, sie mußten einfach am richtigen Platz sein, aber wo sollten sie nun Felsblöcke und umgestürzte Bäume finden? Soviel stand fest: Die Höhle war nicht unmittelbar am Weiher, dem fast stehenden, stinkigen Gewässer.

Gandalf dachte angestrengt nach, was nun zu tun sei. Sie konnten es sich nicht erlauben, sich zu trennen, aber blieben sie zusammen, würden sie viel Zeit verschwenden. Zeit war doch so wertvoll. Wie ausführlich würde Kankra ihre Rache gestalten?

Doch, halt, da erinnerte Aragorn sich.

„Ich weiß es! Gwaihir sagte: wenige Minuten östlich des Weihers, war es nicht so? Wir müssen uns in östliche Richtung begeben! Laßt uns keine Zeit verlieren!“

Sofort reagierten alle, die sich kurz hingesetzt hatten, um sich eine Pause zu gönnen, und sprangen auf. Sie befanden sich noch immer auf einem kleinen Pfad, wenn man das überhaupt als einen solchen bezeichnen konnte und sie verfluchten die Dunkelheit.

Ein Vorschlag Gandalfs, den alle als vernünftig erachteten, war, einen abzweigenden Pfad nach Osten zu suchen und ihm zu folgen.

Sie liefen so weit nördlich am Weiher vorbei, bis er schließlich aufhörte, und sie hatten keinen Pfad gefunden. Desillusioniert rieb Gandalf sich den Kopf und sagte: „Also wieder zurück, wir müssen es auf gut Glück versuchen. Laßt uns ein wenig Richtung Südwesten gehen!“

Also verließen sie den Pfad, angespannt, nervlich strapaziert und höchst konzentriert. Blind folgten sie Gandalf, der auch nicht mehr wußte als sie, und sie fragten sich, ob sie jemals finden würden, was sie suchten, bevor es zu spät war. Es sah schlecht aus. Die Nacht wich nicht, es kamen einfach keine Felsblöcke in Sicht und sie verloren immer mehr die Hoffnung, ihr Ziel nicht zu finden, wo sie doch so kurz davor standen.

Konnte denn kein Zeichen kommen, das ihnen half?

Nichts regte sich, absolut gar nichts. Kein Wind, kein Laut, überhaupt nichts. Nur sie, die kontinuierlich marschierten und nicht aufgeben wollten.

Schließlich, als Gandalf das ungute Gefühl nicht loswurde, daß sie sich zu weit entfernten von der gewünschten Position, ließ er eine Pause machen und setzte sich hin zum Nachdenken.

Nervös rannte Pippin auf und ab und machte Merry damit wahnsinnig.

„Kannst du dich nicht einfach hinsetzen? Von deinem Rumgerenne wird es auch nicht besser!“ grummelte er.

„Gut, tu ich das. Da seh ich einen Stein, der scheint mir angemessen als Sitzgelegenheit.

Aragorn schrak aus seinen Gedanken auf.

„Hast du Stein gesagt? Hast du das wirklich gesagt? Ich habe in diesem ganzen verfluchten Wald noch keinen gesehen, das ist ein gutes Zeichen!“ rief er überrascht und im gleichen Moment hörten sie einen Schrei, der sie die Todesangst selbst spüren ließ. Die meisten sprangen sogleich auf und wandten sich in die Richtung, aus dem sie den Schrei hatten kommen hören.

Geschrieben

Sam zappelte und versuchte, sich loszureißen, ebenso Frodo. Beide waren sie der Verzweiflung nahe und nun wuchs die Todesangst auf ein bisher ungekanntes Maß an. Sie schnürte Sam die Kehle zu, er atmete schwer und sah nichts vor lauter Tränen und der Dunkelheit, die sie alle umschloß. Es schien ihm , als würde sein Herz manchmal aussetzen und es pochte so stark, daß er fast dachte, es würde im nächsten Moment zerspringen. Er wollte schreien, so gern schreien, aber es gelang ihm nicht. Die Verzweiflung wuchs so stark an, daß er schließlich versuchte, den Knebel abzustreifen, um die anderen um Hilfe zu rufen. Ob sie wohl wußten, wo er war?

Er wand sich in den unnachgiebigen Armen des Orks, der ihn trug, hin und her, aber es war sinnlos. Insgeheim schloß er bereits mit seinem Leben ab, denn er hielt es für sehr unwahrscheinlich, daß die anderen wußten, wohin sie ihnen folgen mußte.

Schließlich wehrte er sich nicht mehr, er wehrte sich auch nicht mehr gegen die Angst. Er wußte, Kankra würde ihm einen langsamen, qualvollen Tod bereiten, gnadenlos und bestimmt. Frodo tat ihm unglaublich leid, denn er hätte doch fliehen können, aber dafür war es nun bestimmt zu spät. Er mußte also ebenfalls sterben.

Vor lauter Panik bekam er keine Luft mehr. Ein dicker Kloß lag ihm im Hals und er verlor fast das Bewußtsein. Es wurde so schlimm, daß nicht einmal mehr der Elbenstein ihm Erleichterung zu verschaffen vermochte. War er überhaupt noch da, fragte Sam sich, denn er spürte gar nichts mehr von ihm.

Mit aller Kraft wehrte er sich gegen den Gedanken an den Tod, er wollte nicht sterben, er würde bis zum Schluß kämpfen und es bereitete ihm jetzt schon endlose Qualen, sich auszumalen, wie schrecklich das werden würde. Der Tod kam immer näher, Sam sträubte sich mit aller Macht dagegen und in einem letzten Schmerz würde es dann zuende sein.

Er verlor sich in entsetzlichen Gedanken und vermochte es nicht, sie wegzuschieben, jetzt nicht mehr. Jetzt war es dafür wirklich einfach zu spät. Mit jedem Schritt verrann seine Zeit.

Der Ork hielt seine Arme fest umklammert, sonst hätte er seinen Knebel einfach so abstreifen können. Das wäre zu schön gewesen. Aber würde es etwas nutzen?

Vorbei an Spinnenweben hetzten die Orks in einem mörderischen Tempo, das kein Verfolger in dieser dicken, undurchdringlichen Finsternis würde mithalten können.

Das Plätschern von Wasser drang an Sams Ohr und nach einer Ewigkeit, die ihm viel zu kurz vorkam, wurden die Orks langsamer und näherten sich einem aufgetürmten Berg umgefallener Bäume, wohinter dicke Felsbrocken lagen und im Boden tat sich ein gähnendes Loch auf, aus dem keinerlei Licht drang, nur ein entsetzlicher Gestank, von dem ihm nicht nur einfach so seine Sinne schwanden.

Er kannte diesen Gestank genau. Angsterfüllt schloß er die Augen und spürte nichts mehr, er hatte einfach jedes Gefühl ausgeschaltet und wurde ganz ruhig, während die Orks einen steilen Gang hinunterhasteten und irgendwann eine Fackel entzündeten. Sam schlug die Augen auf und fand sich in einem engen Gang wieder, seltsam erhellt von der glühenden Fackel. Von diesem Gang zweigten verschiedene finstere Gänge ab, doch dir Orks wußten genau, welchen Weg sie einschlagen mußten. Sie beeilten sich noch immer und zu Sam kehrten die Gedanken an Folter und Tod zurück, die ihn so sehr ängstigten, daß er wünschte, er wäre bereits tot.

Plötzlich hielten die Orks an und setzten die Hobbits ab. Aus der Finsternis drang ein Geräusch und Sam machte sich klein. Frodo neben ihm erging es nicht viel anders. Aber sofort nutzte er in einem Anflug von Geistesgegenwart die Gelegenheit und streifte den Knebel ab.

Schagrat begann zu sprechen: „Herrin, wir haben die Aufgabe erfüllt zu mehr als deiner vollen Zufriedenheit. Sieh, wir haben sogar noch einen zweiten Halbling mitgebracht, der dir ebenfalls bekannt sein müßte!“

Daß das aufgrund eines Irrtums so geschehen war, verschwieg er. Die unheimlichen Geräusche kamen näher und in den Lichtschein der Fackeln begab sie sich nun, die entsetzliche Spinne Kankra. Sie konnte tatsächlich sprechen, denn sie antwortete: „Nun, ich sehe, ihr habt eure Belohnung verdient. Kommt mit, ich habe es geschafft, für euch einen Elben zu fangen. Er wäre bestimmt eine willkommene Mahlzeit!“

Von Panikattacken geplagt, begann Sam, unaufhörlich zu zittern, während Frodo nur stumm und mit geschlossenen Augen an einer Wand lehnte.

In viel zu kurzer Zeit kehrte Kankra dann schließlich nur noch mit Schagrat zurück und dieser schickte die Orks, die Frodo und Sam bewacht hatten, den anderen Orks hinterher.

„Kommt und seht, wen ich mitgebracht habe!“

Schagrat trat mit der Fackel näher und Sam wich immer mehr zurück. Zuerst leuchtete Schagrat Frodo ins Gesicht, der ihn mit angstgeweiteten Augen anstarrte, aber sich nicht rührte.

„Du bist mir als Mahlzeit entgangen, aber man sieht sich wieder!“ zischte Kankra und folgte Schagrat schnell in die andere Ecke, ebenfalls weit vom vermeintlichen Ausgang entfernt, wo Sam sich verstecken wollte.

Es gab so viele von dieser Kammer abzweigenden Gänge, das hatte Sam sehen können, und er hatte vergessen, woher sie gekommen waren, sonst wäre er in Panik einfach geflohen.

Schagrat kam näher und näher, gefolgt von Kankra, und sie blickte Sam durch ihre vielen Augen an, von denen tatsächlich eines noch immer blind war und wohl immer bleiben würde.

Sam starrte sie an, blieb stumm, aber die Spinne fauchte ihn an.

„Mein Peiniger in meiner Gewalt! Das gefällt mir gut. Ich werde ein Netz für dich spinnen und dich da erst einmal drin aufhängen. Was hältst du davon?“

Zitternd starrte Sam sie noch immer an, tat aber nichts. Er war vor Todesangst wie gelähmt.

Sie waren am Ende ihrer Reise angekommen. Jede Hoffnung hatte er verloren, nichts war mehr da, kein Fünkchen. Er wollte sich nun einfach nur noch seinem Schicksal ergeben.

Es dauerte nicht lange, da kehrte Kankra zurück in den Lichtschein. Sie hatte den einzigen Ausgang mit einem Netz verschlossen, was Frodo zu seinem Entsetzen bemerkte, denn er hatte gerade den Beschluß gefaßt, dort hindurch fliehen zu wollen. So wußte er, daß es der richtige Weg gewesen wäre.

In einer anderen Öffnung hatte die Spinne ein weiteres Netz gesponnen und befahl Schagrat, Sam dorthin zu tragen. Wehrlos ließ Sam es mit sich machen, er hatte nun endgültig aufgegeben. Mit einigen zusätzlichen Fäden sponn Kankra ihn daran fest. Er hatte ihre ganze Aufmerksamkeit inne und Kankra ließ Schagrat nun zu den anderen gehen.

Für Frodo bestand keine Möglichkeit, zu fliehen. Er ließ sich in einer Ecke zu Boden sinken und hörte Sam leise wimmern. Das ertrug er nicht und er wollte sich die Ohren zuhalten. Dabei wurde er seines Knebels gewahr, der ihm die Luft ein wenig abschnürte und er riß ihn herunter. Ganz klein machte er sich, kauerte sich zusammen und rührte sich nicht. Er wartete.

Kankra indessen war in der Finsternis voll und ganz mit ihren Racheplänen beschäftigt. Sam hing reglos im Netz undwartete ebenso, genau wie Frodo. Auf sein Ende wartete er.

Noch konnte Kankra sich nicht entscheiden, was sie nun tun wollte.

Leise begann Sam zu murmeln.

A Elbereth Gilthoniel

o menel palan-diriel

le nallon sí di n´guruthos

a tiro nin, Fanuilos!

Er hatte gehofft, Kankra damit abzuschrecken, aber sie zeigte sich davon unbeeindruckt, denn sie reagierte gar nicht. Frodo hingegen sehr wohl. Die elbische Bitte hatte ihn aus seiner Angst gerissen, aus seiner Lethargie und der abwartenden Haltung und er tat nun das, was Sam gerade noch gemurmelt hatte: Er schrie unter Todesangst, er schrie, daß Kankra vor Schreck zusammenzuckte und aus dem hinteren Teil der Höhle Geflüster drang. Er schrie, wie er noch nie in seinem Leben geschrien hatte, all seine Angst und Verzweiflung lag in diesem Schrei, ausgelöst durch die Finsternis und Sams Flehen.

Vielleicht sollte es ein letzter Versuch sein, die Hoffnung wiederzubeleben, doch es kam keine Antwort.

Teilnahmslos sank er wieder in sich zusammen, während Kankra sich immer noch nicht um ihn, sondern nur um Sam scherte. Frodos Schrei hatte sie auf die Idee gebracht: Sie spritzte ihm durch ihren Stachel Gift in die Schulter und Sam wurde davon schlagartig benommen, aber war noch immer bei vollem Bewußtsein.

Darauf kam es Kankra auch an.

Die Minuten zogen sich endlos hin und Frodo zitterte nun in der Ecke kauernd, während er geduldig auf sein Ende wartete, denn etwas anderes war ihm nun nicht mehr geblieben. Zuerst war es nur die Erinnerung daran, aber dann wuchs der Schmerz erneut, den Kankra ihm damals zugefügt hatte, und er litt Höllenqualen. Er wand sich hilflos vor Schmerzen und konnte nichts tun.

Sam jedoch spürte plötzlich, wie enorme Wärme von Frodos Elbenstein ausging und er begann zu leuchten, der Stein, den er unter seinem Hemd umhängen hatte. Kankra schrak zurück und warf einen Faden darüber, der das Licht ein wenig einzudämmen vermochte.

Auf einmal vernahm Frodo Schritte, viele schnelle Schritte, die sich näherten und aufmerksam horchte er auf. Durch das Netz, das den Ausgang versperrte, drang von fern ein Licht, das immer heller wurde und er hörte Stimmen, zuerst leise, dann deutlicher.

Kankra schrak zusammen und ließ von Sam ab.

Frodo wandte seinen Blick zum Ausgang und er sah dort Aragorn stehen, den guten alten Streicher, und er fuhr hoch. Blitzschnell lief er zu diesem Netz und Aragorn streckte durch das Netz seine Arme nach ihm aus.

„Frodo! Schnell, lauf, wir werden dich retten! Wo ist Sam?“ fragte er und Frodo klammerte sich gedankenlos mit gefesselten Händen an seinen Armen fest.

„Sie hat ihn, da drüben ist her. Komm schnell!“ stammelte Frodo und Aragorn bat ihn, zurückzutreten. Er zog Anduril und hieb kraftvoll auf das Netz ein, das ihm sofort den Weg freigab und hinter ihm folgten Gandalf und viele Männer aus Gondor, alle mit hoch erhobenen Waffen in den Händen und bereit, anzugreifen.

Natürlich ließ Kankra nicht lange auf sich warten. Während Frodo sich einfach nur an Aragorn klammerte wie an einen Strohhalm, sorgte Gandalf für mehr Licht, das Kankra zuerst nicht herankommen ließ. Doch dann wagte sie einen Hechtsprung und versuchte, die Eindringlinge mit Fäden zu treffen, was ihr nicht gelang. Wie in Trance erlebte Frodo im Schutze Aragorns den Kampf mit. Die Spinne konzentrierte sich auf Aragorn, der sich ihr ohne nachzudenken mit Anduril entgegenstellte und sie oft traf. Giftiger Speichel troff aus ihrem Maul, Aragorn stach ihr Augen aus und verletzte sie sonst nur geringfügig, doch plötzlich holte er zum entscheidenden Schlag aus und hieb ihr problemlos den Kopf ab.

Im gleichen Augenblick ließen Frodos Schmerzen nach, er ließ Aragorn los und sank zu Boden.

Gandalf und Aragorn liefen zu Sam, den sie schnell in der Dunkelheit ausmachen konnten und befreiten ihn im Handumdrehen. Laut schluchzend fiel Sam Aragorn in die Arme, erlöst von seiner Angst und er war endlich frei. Alle Männer sahen bewegt zu, wie Sam sich an Aragorn festkrallte und nun trat Merry hervor, der zu Frodo ging und ihm aufhalf, bevor er seine Fesseln zerschnitt.

Pippin folgte ihm zusammen mit vielen Elben und die ganze finstere Kammer war bald voll von Menschen, Elben und Hobbits.

Sam rannte zu Frodo und schloß ihn weinend in die Arme.

Ihr Martyrium hatte endlich ein Ende gefunden. Überglücklich umarmten sich die Hobbits alle nacheinander und Aragorn lächelte erleichtert.

Sam fand zuerst seine Fassung wieder und sagte: „Dort hinten sind die Orks verschwunden, sie wollten zu einem gefangenen Elben. Vielleicht lebt er noch!“

Sofort huschten die Elben lautlos in die ihnen gewiesene Richtung mit erhobenen Schwertern und die Hälfte der Menschen folgte ihnen, die andere blieb bei Gandalf, Aragorn und den Hobbits.

Frodo und Sam weinten vor Glück, sie ließen einander gar nicht mehr los und im hellen Lichtschein neben der Leiche Kankras lächelte nun auch Gandalf.

Sie hatten es geschafft, die Freunde waren vor dem Tode gerettet worden.

Aus dem Gang, in dem Menschen und Elben verschwunden waren, drang Geschrei und Waffengeklirr, das bald verstummte und kurz darauf kamen alle zurück mit dem geretteten Elben, der sich in einem denkbar schlechten Zustand befand, aber ansonsten gesund war.

Die Orks waren tot, das war keine Frage, und so schnell sie konnten, traten alle den Rückzug an, so schnell sie konnten, denn auch ohne ein böses Wesen um sich herum fühlten sie sich dort furchtbar unwohl.

Sie eilten den bergauf führenden Gang hinauf und erst, als sie draußen standen und wieder klare Luft atmen konnten, setzten sich alle erschöpft nieder und die Elben schlossen ein weiteres Mal ihren Freund in die Arme, den sie gerade noch rechtzeitig vor den Orks gerettet hatten. Diese bestialischen Teufel wollten ihn töten und er sollte als Mahl für sie enden, aber die Elben, die in der Überzahl waren zusammen mit den Menschen, töteten die Orks nacheinander, die nicht weichen wollten.

Sam und Frodo konnten ihr Glück noch immer nicht begreifen. Aufgeregt fragten ihre Freunde Pippin und Merry sie, ob es ihnen gut ginge oder ob ihnen etwas fehlte, aber sie waren mit ihrer wiedergewonnenen Freiheit fürs Erste zufrieden.

Zu ihrer Überraschung trat aus der Mitte der Elben Legolas hervor und kniete sich vor den Hobbits nieder, um ihnen auf einer Höhe in die Augen zu sehen.

„Es freut mich sehr, euch alle wiederzusehen, wenn auch unter solchen Umständen. Sobald wir in unseren Hallen Nachricht von Gwaihir bekamen, daß unsere Hilfe dringend gebraucht würde und ich erfuhr, in welcher Angelegenheit, mobilisierte ich sofort alle, die nun auch hier sind. Wie hätte ich es zulassen können, daß euch etwas zustößt?“

Er machte Anstalten, sich zwischen Frodo und Sam in die Mitte setzen zu wollen, und die vier machten ihm Platz. Um die beiden Hobbits legte er seine Arme und sah sie nacheinander an.

„Ich sehe, ihr seid wohlbehalten wieder dort herausgekommen, wenn auch in letzter Sekunde. Nun, wir alle sind dem Flußlauf in die Richtung der Berge des Düsterwaldes gefolgt und schlugen dort ein Lager auf. Uns war bekannt, daß südwestlich nahe der Alten Waldstraße die Spinnen hausten und hatten auch von Kankras Anwesenheit erfahren, nur mußten wir noch ihr Versteck finden.

Für das Sinnvollste hielten wir es, einige Kundschafter auszusenden, denn alle zusammen hätten wir nur für Unruhe gesorgt. Die Spinnen sind wachsam.

Also warteten wir und nacheinander kehrten die Kundschafter zurück, ohne etwas gefunden zu haben. Nur zwei fehlten noch, von denen einer kurz darauf zurückkehrte und uns berichtete, Kankras Höhle gefunden und sein Wissen schon dem Windfürsten mitgeteilt zu haben. Doch es fehlte noch immer derjenige, den wir gerade befreit haben, unser lieber Celeríon.

Was bin ich glücklich, daß wir es zuguterletzt doch noch geschafft haben!“

Die Erleichterung war bei allen spürbar, sie stillten ihren Hunger und unterhielten sich. Die Morgendämmerung nahte und Legolas ergriff wieder das Wort.

„Mir und allen anderen war es immer so, als würden wir euer Leid genau spüren und als ihr euch dem Wald genähert habt, wurde es immer stärker. Sagt, habt ihr etwas Elbisches an euch? Das würde es erklären!“

Sam lächelte und griff nach dem Elbenstein.

„Den hat Frodo von Arwen doch damals geschenkt bekommen. Er hat ihn mir geliehen. Jetzt gebe ich ihn dir zurück!“ sagte Sam und Frodo stand auf, trat zu seinem Freund und schloß ihn in die Arme. Legolas freute sich sehr und nun traten Aragorn und Gandalf zu ihnen.

Die Hobbits sahen die beiden an und Frodo sagte: „Ich hatte jegliche Hoffnung bereits aufgegeben. Nicht daran hatte ich gezweifelt, daß ihr uns zu finden versucht, ich hatte nur nicht mehr gerechnet, daß ihr es rechtzeitig schafft. Mit allem hatte ich abgeschlossen und versuchte, die Tatsache zu ignorieren, daß Kankra Sam töten wollte, als ich in der Finsternis saß und wartete. Ich war so verzweifelt gewesen, als ihr es nicht bis an uns heran geschafft habt!“

Aragorn nickte und Sam sagte dann: „Ich hatte mich totgeglaubt. Ich kann euch nicht sagen, wie sehr die Angst mich gequält hat! Danke, daß ihr uns nicht allein gelassen habt.“

„Aber mein Junge“, schaltete Gandalf sich ein, „wie kannst du sowas nur denken? Wir haben alles versucht, was in unserer Macht stand. Der Windfürst hat uns geholfen, die Elben haben sich auf den Weg gemacht und durch Zufall trafen wir in Bruchtal auf Aragorn und seine Leute, die nicht zögerten, uns zu folgen auf dem Weg hinter den Orks her, die euch verschleppt hatten. Es verschafft mir riesige Erleichterung, euch gesund und wohlbehalten hier sitzen zu sehen! Sam, magst du mir einige Fragen beantworten?“

„Natürlich, alles, was du willst, aber hat jemand etwas zu essen?“

Frodo nickte zustimmend und sofort reichte man den beiden Brot und Früchte, alles, was sie begehrten, und sie fielen ausgehungert darüber her, konnte man fast sagen.

„Sam, was ist denn geschehen, daß ich dieses hier gefunden habe?“ fragte Gandalf und hielt die Leinenfetzen hoch, die Sam um die Fersen gewickelt hatte.

„Nun,“ begann Sam, glücklich schmausend, „ich habe mit den Orks einige Scherereien gehabt und diese brutalen Monster haben sich dann einfallen lassen, mich eine zeitlang über den Boden zu schleifen. Sieh nur, meine Hose ist dabei nicht ganz geblieben und“, er drehte die Beine, „das ist dann passiert.“

Entsetzt blickten alle auf die großen Wunden, die zwar inzwischen heilten, aber noch immer schrecklich aussahen.

„Und meine Fersen waren auch wund, wie ihr sehen könnt. Frodo hat sich um mich gekümmert, das war unglaublich, er hat Königskraut und Leinen besorgt und alles dafür getan, daß ich weitergehen konnte. Konnte ich es dann doch einmal nicht, hat er mich getragen über weite Strecken. Ich weiß nicht, wie du das gemacht hast!“

Er schaute Frodo an und dieser murmelte verlegen: „Das weiß ich auch nicht. Der Elbenstein vielleicht, etwas anderes fällt mir auch nicht ein. Aber was hätte ich tun sollen? Es war so furchtbar, wie Sam gelitten hat, und dann wurde er nach diesem schlimmen Regen auch noch krank und war der völligen Erschöpfung nahe, doch dann habe ich ihm meinen Elbenstein gegeben und er wurde wieder gesund. Nichts war so schlimm für mich wie die Angst um Sam!“

Sie berichteten abwechselnd erstaunlich gefaßt von ihren Erlebnissen und alle verstummten, geschockt von den schrecklichen Ausführungen. Die Menschen erkannten, wie widerstandsfähig diese kleinen Halblinge tatsächlich waren.

Bis kurz vor Mittag saßen alle einfach nur da und unterhielten sich. Aller Druck fiel von ihnen ab und irgendwann griff Merry an seinen Gürtel, an dem er Stich in seiner Scheide befestigt hatte und löste ihn, um ihn Sam zurückzugeben.

„Das habe ich aus dem Hügelgrab mitgenommen und ich muß dir auch sagen, daß es Lutz in Bruchtal ganz bestimmt sehr gut geht. Ich habe mich darum gekümmert. Du glaubst nicht, wie froh ich bin, euch beide hier sitzen zu sehen!“

Mitgenommen sahen sie zwar aus, Sam mit seiner zerrissenen Hose, Frodo mit dem blutigen Hemd, beide mit zerwühlten Haaren und Dreck im Gesicht, auf den Armen und der Kleidung. Aber sie waren gesund und am Leben, dafür waren Gandalf, Aragorn, die Hobbits und alle anderen dankbar.

Schließlich machten sie sich auf den Rückweg zu ihren Pferden und die Elben begleiteten sie noch bis dort. Allerdings folgte dann doch der unvermeidliche Abschied und Legolas versprach, die Hobbits irgendwann im Auenland zu besuchen. Nun brachen die Menschen mit den Hobbits wieder auf und machten sich auf den Rückweg nach Bruchtal im Westen. Gandalf nahm Frodo mit auf Schattenfell und Aragorns Pferd trug außer ihm noch Sam. Merry und Pippin ritten wieder bei Beregond und Dunórin mit.

Bis der Abend hereinbrach ritten sie, dann schlugen sie den beiden geretteten Hobbits zuliebe ein Lager auf und verbrachten dort die gesamte Nacht. Auf dem Ritt hatten sie sich untereinander noch viel unterhalten, doch die Erschöpfung war bei Frodo und Sam nicht mehr zu übersehen und man bettete sie neben das Lagerfeuer, wo sie sogleich einschliefen. Merry und Pippin wachten über sie und Aragorn verschwand in der Dunkelheit, um Königskraut zu suchen, das die Hobbits zur Stärkung gut gebrauchen könnten.

Schließlich legten sie sich alle zur Ruhe bis auf einige Wachen, als der König mit einigen Blättern zurückkehrte und schliefen tief und fest bis zum nächsten Morgen.

Sam erwachte vom wohltuenden Geruch des Königskrautes, das Aragorn gerade in heißes Wasser gelegt hatte, um einen stärkenden Trank zu bereiten. Die Morgendämmerung war längst vorbei und er fand sich unter einer Decke wieder, die ihn warm gehalten hatte. Frodo schlief noch tief und fest und Sam gesellte sich zu Aragorn. Die beiden waren einige der wenigen, die bereits erwacht waren.

„Sam! Was für eine Überraschung, dich schon auf den Beinen zu sehen! Sag, wie geht es dir?“ fragte Aragorn und sah ihn direkt aus seinen gütigen Augen an, die noch immer ganz die Augen des guten alten Streichers waren, wie Sam fand.

„Ich kann nicht klagen. Ich fühle mich gut, zwar noch erschöpft, aber glücklich. Was machst du? Du hast da etwas von der athelas-Pflanze, richtig?“

„Das ist für euch beide und ich habe bereits einige Blätter zerstampft für deine Wunden, damit sie schneller heilen. Dreh dich mal auf den Bauch!“

Sam lag auf dem Gras und schaute in die schlafende Runde. Die meisten der Lagefeuer waren inzwischen erloschen und er genoß, wie Aragorns Hände die zerriebenen Blätter auf seine Wunden auftrugen. Es war ihm, als würde er die heilende Wirkung sofort spüren.

„Das sieht wirklich schlimm aus. Du bist also vorlaut gewesen und das war die Strafe? Wie ich Orks doch hasse, daß sie jemandem so etwas antun können! Aber so sind sie nun mal. Aber ich bin froh, daß nun das böseste aller noch existierenden Wesen endlich aus Mittelerde verschwunden ist! Kankra wird sich nie an dir rächen können, wir haben es vereitelt.“

Sam blieb stumm. Er wußte nicht, was er sagen sollte. Aragorn fuhr schließlich fort: „Eure Freunde haben uns erzählt, daß du ein fleißiger Gärtner geworden bist! Das freut mich sehr, mußt du wissen, nach allem, was Saruman auch im Auenland angerichtet hat. Es war für mich eine angenehme Überraschung, zu erfahren, daß du im neu hergerichteten Auenland eine Familie gegründet hast! Die beiden warten bestimmt schon ungeduldig, aber es ist noch ein weiter Weg, der uns diesmal mehr Zeit kosten wird, denn wir müssen uns ja nicht so sehr beeilen. So, jetzt kannst du dich wieder herumdrehen, aber vorsichtig!“

Also setzte Sam sich hin und winkelte die Beine an. Die Wirkung der Pflanze war wirklich überaus angenehm. Es stimmte also tatsächlich: Die Hände eines Königs sind die Hände eines Heilers, das hatten die Menschen damals wohl gesagt, und es war tatsächlich noch wohltuender als bei Frodo.

Dieser schlief noch immer selig und fest und Sam war überglücklich, jetzt bei Aragorn im Sonnenschein zu sitzen, zwar mitten im kalten Vorjul (Dezember), aber auch das ließ sich aushalten.

Er legte sich hin und sein Blick verlor sich im klarblauen Winterhimmel. Völlig entspannt träumte er vor sich hin und ein Gedanke machte ihn glücklich.

Kankras Rache war auf ewig mißlungen. Nun konnte er zurückkehren zu seiner Familie und immer in Frieden im Auenland leben.

Geschrieben

Nach drei Tagen überquerten sie die Alte Furt. Nun ließen sie sich mit ihrer Reise viel Zeit, obwohl der Winter drängte und sie befürchteten, den Hohen Paß nun verschneit vorzufinden, aber darauf mußten sie es ankommen lassen. Einige weitere Tage später erreichten sie dann schließlich das Nebelgebirge und machten sich an den Aufstieg zum Hohen Paß. Tatsächlich war es so, wie sie befürchtet hatten: Er war hoch verschneit und sie brauchten lange, um voranzukommen. Einige Male mußten sie in der Eiseskälte übernachten und Gandalf mußte bei dem feuchten Holz nachhelfen, um es zu entflammen.

Sam wurde von Aragorn getragen, der außerdem noch sein Pferd führte. Ebenso nahmen sich die anderen Menschen und Gandalf der in ihrer Obhut befindlichen Hobbits an, welche nur unter größten Schwierigkeiten allein hätten vorankommen können.

Nach anstrengenden Stunden konnten sie die Berge endlich wieder verlassen und waren alle sehr erleichtert. Zwar war das Wetter zum Glück nicht schlecht gewesen, doch die schon vorhandenen Schneemassen reichten, um sie lange aufzuhalten.

Aragorn ließ sich in aller Ausführlichkeit über die vielfältigen Geschehnisse im Auenland unterrichten, die die vier Hobbits beschäftigten und erfuhr noch einiges über den Kampf gegen Saruman und seine Schergen. Außerdem erzählte er dann selbst vom Leben in Gondor und es wurden sehr unterhaltsame Stunden, über die sie schließlich Bruchtal erreichten und dort heißhungrig und frierend einkehrten.

Arwen erwartete sie und war überglücklich, Sam und Frodo unversehrt zu sehen. Sogleich betrachtete sie Frodo aufmerksam und den Elbenstein.

„Ich hoffe, er hat dir Kraft geschenkt in dunklen Stunden!“ sagte sie sanft und Frodo nickte.

„Sam hat ihm einiges zu verdanken“, sagte er dann und sie alle traten ins Haus, wo es unmittelbar nach ihrer Ankunft ein großes Essen gab. Nachdem sie es beendet hatten, verschwanden sogleich die Hobbits und legten sich schlafen. Die Menschen taten es ihnen bald gleich.

Nur Aragorn und Gandalf saßen noch lange beisammen und redeten über wichtige Dinge.

„War Kankra die letzte noch existierende Instanz des Bösen in Mittelerde? Um die Orks einmal nicht mit einzubeziehen, ich rede nur von etwas Bösem in Kankras Größenordnung, denn sie ist ja nun um einiges schlimmer als jede Horde Orks gewesen!“

Nach langem nachdenklichem Zögern antwortete Gandalf: „Nun, genau da liegt das Problem. Vielleicht weißt du, daß es einen Ursprung des Bösen gibt. Morgoth heißt er und wurde ausgestoßen aus unseren Sphären, in die finstere Leere jenseits von Arda, wo wir leben, von den mächtigen Valar. Das sind nun alles Namen, die dir nicht viel sagen werden und dir vielleicht dadurch einen Eindruck der Größenordnung vermitteln, in der sich das abspielt.

Morgoth war nicht immer schlecht und hieß zuerst auch Melkor. Doch er wurde machtgierig und wollte alles unterwerfen, was ihm in gewisser Hinsicht auch gelang. Er säte Böses auf Arda, das es vorher nicht gab, aber nun immer in irgendeiner Form geben wird. Er verbündete sich mit einer Riesenspinne namens Ungolianth, von der Kankra in direkter Linie abstammt, doch Ungolianth war schlimmer als Kankra es je hätte sein können, und genauso sind Kankras Nachkommen weniger gefährlich als sie.

Nun, das alles spielte sich vor einigen Zeitaltern ab und so wurde das Böse in die Welt eingebracht. Melkor bzw. Morgoth setzte Sauron als seinen Stellvertreter ein.

Streichen wir also Morgoth weg, der bis in alle Ewigkeit verbannt ist und bewacht wird. Von ihm wird kaum noch etwas ausgehen, doch was vor seiner Verbannung entstand, existiert noch und wird immer existieren, wenn auch in anderer Form. Bösartigkeit jeder Form.

Gut, also Morgoth zählt nicht mehr und Sauron ist vernichtet, Ungolianth ist längst verschwunden und auch Kankra ist nun tot. Bleiben nur die Orks und die anderen Spinnen, Wölfe und andere Wesen in unserer Größenordnung, mit denen wir es aufnehmen können.

Ansonsten sind da nur noch die Balrogs und einige andere Dämonen, die zwar gefährlich sind, aber sich nie zeigen, wenn man sie nicht dazu herausfordert.

Man kann also sagen, daß tatsächlich nur noch Böses existiert, daß mehr als Kankra in unserer Größenordnung liegt, denn sie war eigentlich zuviel für uns. Aber was jetzt noch übrig ist, kann kontrolliert werden und man kann von einem dauerhaften Frieden in Mittelerde ausgehen, um nun wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren.“

Gespannt hatte Aragorn Gandalfs Ausführungen gelauscht und nickte nun.

„Das war schwierig zu verstehen, aber ich habe begriffen, was du meinst, denn du hast meine Frage klar beantwortet. Ich hatte mich gefragt, ob vielleicht noch ein zweiter Sauron existieren könnte, aber da dem nicht so ist...“

„Das elementar Böse, das über alle Maßen gefährlich ist, ist hier nicht mehr existent. Das ist doch eine beruhigende Erkenntnis, was? Du wirst eine ruhige Amtszeit als König verleben, verglichen mit dem, was wir erlebt haben.“

Arwen hatte den beiden vom Türrahmen aus aufmerksam zugehört, das bemerkten sie erst jetzt.

„Es ist gut, zu wissen, daß du Recht hast, Gandalf“, sagte sie. „Es ist gut, daß die Halblinge sich nun nie mehr um Dinge kümmern müssen, die sie kaum bewältigen können, und doch ist es unglaublich, was sie zu leisten imstande sind. Doch ich denke nicht, daß sie die Tragweite dessen auch nur ansatzweise begriffen haben, worüber ihr euch unterhalten habt. Außer... ja, vielleicht außer Frodo, er ist sehr weitblickend. Sein Onkel war es ebenfalls. Der gute Samweis hat vielleicht auch eine Ahnung, welche Geschicke in Mittelerde maßgeblich sind, aber es ist gut, daß sie sich damit nicht allzu sehr belasten müssen. Für sie ist es gut, wenn sie nun in Frieden in ihre Heimat zurückkehren können und dort ihr Leben leben. Ein glückliches Volk sind sie, das muß man sagen.“

Aragorn nickte.

„Welches Wissen über die Zeitalter verbirgt sich in dir, meine Liebste? Du weißt so vieles!“

Arwen setzte sich zu ihnen und stumm blickten sie in den sternenklaren Himmel und bekamen eine leichte Vorstellung dessen, was die wenigsten tatsächlich wußten. Doch die elementaren Mächte waren tatsächlich jenseits ihrer Erlebniswelt und für ihr Leben von keiner Bedeutung, deshalb dachten sie nicht weiter darüber nach. Ebenso hielten es die Hobbits: Sie schliefen tief und fest und ungestört.

Noch einen weiteren erholsamen Tag verlebten alle zusammen in Bruchtal und Sam besuchte sofort seinen treuen Lutz im Stall. Als sie am folgenden Tag dann Richtung Auenland aufbrachen, nahm man die Ponys einfach so mit, ohne ihnen Lasten aufzubürden, denn sonst würden sie die schnelleren Pferde nur aufhalten, von denen dann einige als Lasttiere dienten.

Ein seltsam anmutender Zug von Reitern verließ am Morgen Bruchtal: ein König, gefolgt von einem Zauberer und zwei Menschen, alle vier mit einem Halbling vor sich auf dem Pferd, außerdem eine Elbin und ein großes Gefolge von Menschen.

Für Gandalf war es gut, erfahren zu haben, daß Aragorn sich schnell an sein Dasein als König gewöhnt hatte und endlich den Platz gefunden hatte, an den er gehörte. An Arwens Seite mußte das mehr als angenehm sein. Sam freute sich sichtlich darauf, zu seiner Familie zurückzukehren und Frodo ebenso. Bei beiden wuchs die Vorfreude auf Beutelsend. Auch Merry und Pippin wußten genau, wo ihr Zuhause war.

Und er selbst? Er fühlte sich dem Auenland aus einem ihm unbekannten Grunde tief verbunden und er wollte die Suche nach einem Haus für sich umgehend fortsetzen, sobald sie in Hobbingen anlangten.

Was er nie für möglich gehalten hatte, sah er vor sich: Sam hatte die Todesangst erfolgreich und sehr schnell überwunden, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil sein Todfeind ihm nicht mehr gefährlich werden konnte. Ebenso war Frodo befreit und, was sich erst später herausstellen würde: Er spürte nie mehr Schmerzen am Jahrestag der Verwundung durch Kankra. Ebenso ließen mit der Zeit die Schmerzen am Jahrestag der Konfrontation mit den Nazgûl nach.

Er würde seinen Frieden finden, der Ringträger, seinen wohlverdienten Frieden. Fast hätte er deswegen Mittelerde verlassen, das ging Gandalf die ganze Zeit im Kopf herum, wie Frodo auf diese Idee hatte kommen können. Natürlich lag es bei einem Hobbit wie ihm nicht allzu fern, daß er an so etwas hatte denken können, doch für Gandalf stand fest, daß Frodos Heim im Auenland und nirgendwo sonst lag. Frodo war nicht Bilbo. Diesem würde es auf seine alten Tage im fernen Westen besser gehen als unter Hobbits.

Gandalf war es zufrieden. Die Tage verstrichen ruhig, nur gestört durch Frost und schlechtes Wetter, doch als sie erst einmal die Letzte Brücke passiert hatten, besserte sich auch das vorübergehend.

Tage und Nächte verstrichen voll vergnüglichem Beisammensein, denn die Hobbits kosteten Aragorns Anwesenheit voll aus. Sie hatten ihn liebgewonnen, als er mit ihnen als Streicher durch die Lande gezogen war, die sie auch jetzt durchquerten. Er war ihnen ein wertvoller Freund geworden und auch wenn sein Auftreten als König Elessar, wie er gemeinhin genannt wurde, anders war, so war er für sie immer der gute alte Freund, der nicht schlechter und nicht besser war als sie selbst.

So wunderte es niemanden, als Aragorn scherzhaft darum bat, man möge ihm einen abgetragenen Umhang reichen, den er über seine ansehnliche Königsrobe zog und diese darunter dann vollständig versteckte. Außerdem gehörte dazu ein wenig Wasser in die Haare, um sie strähnig zu machen, und schon sahen die Hobbits Streicher vor sich, wie sie ihn damals kennengelernt hatten.

Vergnügt grinste Aragorn. Er wollte sich mit den Einwohnern Brees einen Scherz erlauben. Sie würden nie glauben, daß ihr Streicher König in Gondor war, unter dessen Schutz sie standen, wenn sie es nicht selbst sehen würden. Und ob sie den König als Streicher identifizieren könnten ohne Hilfe, schien sehr fragwürdig. Frodo bat darum, mitgehen zu dürfen, und das tat er dann schließlich auch.

Sie durchschritten das Stadttor und niemand kümmerte sich um sie. Das allein bereitete Aragorn schon einen Riesenspaß. Für Frodo war das eine bisher an ihm ungekannte Seite. Schien er nun als König den Humor entdeckt zu haben? Eine Entwicklung, die zu begrüßen war.

Sie beobachteten aufmerksam jeden, der ihren Weg kreuzte, aber nichts geschah. Also kehrten sie bald im Gasthaus ein, um Butterblüm zu überraschen. Denn der würde vielleicht den vermißten Herrn Unterberg wiedererkennen, und plötzlich dachte Aragorn sich den passenden Plan dazu aus. Er würde erzählen, daß er als König Gondors den entführten Halbling gerettet hätte.

Frodo konnte sich das Grinsen gerade noch verkneifen, als sie die Gaststube betraten, an diesem Tag mit frostigen Temperaturen gut besucht. Sie gesellten sich zum Ausschank dazu und Frodo wartete, daß Butterblüm reagierte. Es dauerte eine Weile, in der der Wirt ihn immer wieder aufmerksam betrachtete, und schließlich fragte er Frodo dann nach seinem Namen

„Beutlin heiße ich, für einige hier auch Unterberg“, antwortete er todernst und Butterblüm erschrak.

„Na wenn das nicht der vermißte Hobbit ist! Sag, wo ist denn der Herr Gamdschie? Lebt der auch noch?“

„Ja, natürlich, der kommt nach.“ Das stimmte sogar. „Nun, habt ihr einen Augenblick, um einer kuriosen Geschichte zu lauschen?“

Butterblüm nickte und wieder einmal horchten alle Neugierigen unter den Gästen auf, also bis auf zwei alle Anwesenden.

„Ihr seht den König Gondors vor euch, der mich vor dem Tode entrissen hat.“

Lautes Gelächter war die Folge von Frodos Behauptung und Butterblüm grinste wohlwollend.

„Soso, der gute Streicher also ist ein König? Von Gondor, sagtest du? Ich habe davon gehört, daß dort nun wieder einer herrschen soll, aber den nennt man Elbenstein, und so sieht der hier mir nicht aus, tut mir leid.“

Alle lachten wiederum und Frodo spielte das Spiel mit.

„Warum denn nicht? Nur, weil ihr einige Gerüchte über Streicher gehört habt? Ich werde euch etwas erzählen. Streicher, das ist der Mann, der jahrelang im Exil gelebt hat und euch als Waldläufer bekannt ist, so wahr er hier sitzt. Doch später ist er seiner Berufung gefolgt und hat den Thron bestiegen.“

„Stimmt das?“ fragte ein Hobbit, der neben ihnen saß. „Und warum hat er dann Lumpen an?“

„Gute Frage“, erwiderte Aragorn. „Vielleicht, um nicht erkannt zu werden von Strolchen in der Wildnis, wäre doch möglich!“

Niemand glaubte ihm ein Wort. Zu sehr glaubten sie alle an die Gerüchte, die man sich über Waldläufer anhören konnte.

„Ich sage euch, was er für mich getan hat, mutiger als ihr alle hier: Er ist den Orks, bei denen ich und der Herr Gamdschie uns befanden, bis in den Düsterwald gefolgt, wo die Spinnen sind. Vor diesen hat er uns gerettet, indem er ihnen einfach den Kopf abhieb! Ich finde, das ist eines Liedes wert, oder?“

Kichern war die Antwort. Streicher? Nie im Leben, das dachten sie sich. Dabei machte Aragorn auch noch ein todernstes Gesicht, was sie alle zur Genüge kannten, und lieferte ein perfektes Schauspiel ab.

„Er ist bei Elben aufgewachsen und mit einer von ihnen verheiratet, die seinetwegen ihr unsterbliches Dasein aufgegeben hat! Im Ringkrieg hat er Heldentaten vollbracht und kümmert sich dennoch ebenfalls um die Belange kleiner Hobbits wie mir. Ich finde, das ist doch etwas, womit ein guter König sich rühmen kann!“

Einige fragten sich inzwischen, ob vielleicht an der beharrlich aufgetischten Geschichte nicht doch etwas wahres sein konnte, aber das klang alles sehr seltsam und unglaubwürdig für ihre Ohren. Dabei war es die reine Wahrheit.

Schließlich beendete Aragorn den Spaß dann plötzlich, indem er den Umhang abnahm, sich flüchtig durch die Haare fuhr und an sein Schwert Anduril griff. Wortloses Staunen machte sich breit und alle starrten ihn verblüfft an.

„Herr Beutlin, also war alles wahr, was sie uns erzählt haben?“

„So wahr ich hier stehe, ja. Hier steht der König Gondors!“

Im gleichen Augenblick hörten sie Hufgetrappel vor dem Gasthaus und alle drängten hinaus, um das wundersame, bewundernswerte Gefolge betrachten zu können.

Nun begriff auch der letzte, daß sie alle den wirklichen König Gondors vor sich stehen hatten. Doch er und alle, die ihn begleiteten, blieben nur kurz und verkündeten, daß verstärkt Boten und Wachposten in die Gegend geschickt werden sollten, um sämtliche Unholde zu verjagen, die eventuell noch existierten.

Bald verließen alle die Stadt Bree wieder, denn sie konnten an diesem Tag noch einen weiten Weg zurücklegen.

Einige Meilen vor dem Alten Wald schlugen sie ihr Nachtlager auf und am nächsten Tag statteten sie Tom Bombadil einen Besuch ab, der erleichtert Sam und Frodo in die Arme nahm.

Beobachtet wurden sie alle dabei, das entdeckte Gandalf, von Gwaihir, der beruhigt zu seinem Horst im Gebirge zurückkehrte.

Bis zum Abend hatten sie die Brandyweinbrücke überschritten und legten sich zu einer letzten Nachtruhe im Freien, bevor sie Hobbingen erreichen würden. Sam konnte es kaum erwarten, aber auch er brauchte Schlaf und sie legten sich unter Bäume, um dem Schneefall zu entgehen, der sie zum Jahreswechsel hin überraschte. Doch sie waren alle widerstandsfähig und die Menschen waren professionell im Errichten eines wintertauglichen Nachtlagers.

Früh am nächsten Morgen waren die Hobbits bereits auf den Beinen und drängten ihre Mitreisenden zum Aufbruch. Schnell räumte man alles zusammen und war nach einem Frühstück bereit zur letzten Etappe der Reise.

Sie durchquerten Weißfurchen unter vielen neugierigen Blicken, ebenso am Mittag Froschmoorstetten und am Nachmittag erreichten sie bei gemächlichem Tempo schließlich Wasserau, wo viele Hobbits fast ängstlich auf die vielen Menschen reagierten, aber durch den Anblick der Hobbits bei ihnen beruhigt wurden. Viele riefen den Hobbits etwas zu und einige tuschelten miteinander. Andere schrien ganz offen: „Da ist Frodo Beutlin! Er ist wieder zurück und Menschen sind dabei!“

Viele Hobbits folgten den Reisenden bis nach Hobbingen, wo Sam schließlich Aragorn mit seiner Unruhe sogar noch ansteckte. Als sie dem Hofe der Kattuns immer näher rückten und nachher alle Hobbits draußen auf den Straßen waren, sprang Sam vom Pferd und rannte nach zum Hof von Rosies Vater. Gandalf schmunzelte und alle stiegen nun von den Pferden, um den Hobbits nicht allzu groß zu erscheinen. Die meisten Männer reagierten genauso verwundert auf die Hobbits wie diese auf sie. Man sah sich mit gebührendem Respekt und unbändiger Neugier an.

„Rosie! Rosie! Wir sind zurück! Rosie! Alles ist in Ordnung!“ schrie Sam und rannte keuchend auf den Hof. Eine Tür öffnete sich und heraus trat Rosie mit Elanor auf dem Arm. Als sie Sam kommen sah, lief sie auf ihn zu und fiel ihm mit einem Stoßseufzer in die Arme.

„Papa ist wieder da!“ rief Elanor und freute sich riesig. Schnell waren unzählige Hobbits auf dem Hof versammelt und die Menschen mit ihren Pferden versperrten die ganze Straße. Bevor Aragorn irgendetwas anderes tat, schickte er sie alle auf eine dem Hofe zugehörige Wiese und widmete sich erst dann dem hocherfreuten Wiedersehen.

Gut war nur, daß Rosie noch keine Ahnung hatte, was Sam alles durchgemacht hatte.

Frodo trat hinzu, ebenso Merry und Pippin, und Elanor umarmte Frodo mit den Worten: „Endlich ist Onkel Frodo wieder da! Es war soooo langweilig ohne dich!“

Merry grinste und Aragorn gesellte sich zusammen mit Arwen und Gandalf dazu. So standen sie da alle in einer Runde und Rosie widmete sich nun Frodo.

„Wie geht es dir? Bist du gesund? Bin ich froh, daß du wohlbehalten wieder zurück bist! Und ihr beiden, euch geht es auch gut? Ich bin ja so froh! Aber ihr... Gandalf kenne ich nun noch, aber der Mensch... wer seid Ihr?“

„Liebe Rosie! Es freut mich, endlich die Frau meines guten Freundes Samweis kennenzulernen und seine süße Tochter. Lange habe ich darauf gewartet. Ich bin Aragorn, ich bin der König von Gondor.“

Rosie schrak zusammen, aber er sagte nur: „Nein, bekomm keinen Schrecken. Ich war viele Jahre lang in der Gegend als Waldläufer im Exil unterwegs und niemand braucht übertriebene Ehrfurcht zu haben. Ich bin schließlich mit allen vieren befreundet, und ich muß sagen, sie sind begeisterte Abenteurer!“

Zuerst kümmerte Aragorn sich darum, daß seine Männer irgendwo unterkommen konnten. Der Bauer Kattun bot sich sogleich an, seine große Scheune herrichten zu lassen, und dort fanden tatsächlich alle im Heu Platz. Es gefiel ihnen gut dort, es war warm und ihre Pferde wußten sie auf der Wiese nebenan versorgt.

Nachdem dieses Problem gelöst war, gingen alle in die Küche des Bauernhofes und setzten sich zu einem ausführlichen Bericht bei einem Abendessen um den Tisch.

„Wo wart ihr denn so lange?“ fragte die kleine Elanor, die auf Sams Schoß saß und neugierig in die Runde blickte.

„Das ist eine lange Geschichte. Den Anfang wirst du wohl noch wissen, aber was dann geschah... es gibt viel zu erzählen!“

Alle zusammen taten sie das dann auch während des Essens und Sam war froh, daß Elanor zwischendurch eingeschlafen war und so den unschönen Teil mit Orks und Spinnen nicht hören mußte. Rosie ängstigte sich noch im Nachhinein, doch sie spürte genau, Aragorn war mächtig genug, daß es ihm wenige Schwierigkeiten bereitet hatte, Sam und Frodo aus Todesgefahr zu retten.

Zuguterletzt stand sie auf und umarmte ihn, den König von Gondor, und sagte: „Ich hatte ja keine Ahnung! Doch was du getan hast, werde ich nie vergessen. Und auch alle anderen - wäret ihr nicht gewesen, dann säßen wir jetzt nicht hier und, ich mag gar nicht daran denken, ich hätte Sam nie wiedergesehen... schrecklich!“

So ganz war ihr scheinbar nicht bewußt, wovon gesprochen worden war, aber das war nun auch völlig egal.

Fasziniert zeigte sie sich von Arwen, der Elbin, und sie waren sich sofort sympathisch.

Nach einer langen Zeit des gemütlichen Beisammenseins machten sie sich schließlich auf nach Beutelsend: Sam, Rosie, Elanor, Frodo, Merry und Pippin, aber auch Gandalf und Aragorn. Im dichten Schneetreiben sah Aragorn noch ein letztes Mal an diesem Tage nach seinen Männern, denen es in der großen Scheune gut erging, und folgte dann den anderen.

Für Sam ging ein Traum in Erfüllung: Endlich näherte er sich wieder seinem Heim. Überglücklich betrat er den Flur und Rosie kümmerte sich indes um die Unterbringung der Gäste. Für Gandalf, Arwen und Aragorn, die aufgrund ihrer Größe natürlich nicht in ein Hobbitbett paßten, mußte sie sich etwas ausdenken, aber sie war erfinderisch und schließlich sanken beide zufrieden in einem Zimmer in viele weiche Kissen und Decken, wo sie bald darauf einschliefen.

Merry und Pippin taten es ihnen gleich in einem Gästezimmer direkt nebenan. Sam, der seine schlafende Tochter auf den Armen trug, legte sie in ihrem Zimmer sanft ins Bett und deckte sie behutsam zu. Es war so wunderschön für ihn, endlich wieder zu Hause zu sein, daß er erst gar nicht glauben wollte, daß es tatsächlich so war. Frodo stand auf einmal hinter ihm und sagte: „Bist du auch so glücklich? Ich kann das gar nicht in Worten ausdrücken!“

„So geht es mir auch. Ich bin endlich wieder hier. Es kommt mir so vor, als wäre die schreckliche Zeit schon ewig her!“

Frodo nickte undverschwand müde in seinem Zimmer.

Rosie und Sam umarmten sich und sie sagte: „Endlich bist du wieder hier!“

„Das freut mich auch so sehr. Ich habe es lange vermißt.“

Sie waren die letzten, die sich schlafen legten an diesem Tag.

Am nächsten Morgen wachte Frodo von Elanors Lachen auf. Sie war mit Pippin in den Garten gegangen und die beiden bauten einen Schneemann. Merry schlich über die Flure, ungeduldig auf die anderen wartend, damit endlich gefrühstückt werden konnte. Frodo gesellte sich zu ihm und sie fanden Rosie und Arwen in der Küche vor, wo sie einen Tee kochten. Sam schlief noch, ebenso Aragorn und Gandalf.

Rosie sah Frodo an und fragte: „Und er ist wirklich der König? Er hat zwar etwas majestätisches an sich, aber er ist wirklich sehr sympathisch!“

Mit einem Lächeln nickte Frodo.

„Wenn wir ihn nicht hätten, ich wüßte nicht, was wäre!“

Sie setzen sich um den Tisch und irgendwann kam Aragorn dann dazu, munter und ausgeruht, auf dem Weg zu seinen Männern. Er berichtete, daß Gandalf ebenfalls wach war und in ihrem Zimmer saß, aber bald kommen würde.

Vorher tauchte noch Sam auf, verschlafen, aber sichtlich zufrieden. Als Aragorn dann zurückkehrte und die beiden aus dem Garten mitbrachte, frühstückten sie endlich.

Es wurde ein sehr vergnüglicher Tag, und das auch für Aragorns Gefolgsleute, die mit den um sie herumlungernden Hobbits Freundschaft schlossen.

Die ganze Zeit ihres Aufenthaltes in Hobbingen wurde unvergeßlich für sie, die sich gut mit den Hobbits standen. Aragorn und Arwen gefiel es gut in Beutelsend und Gandalf erzählte Sams kleiner Tochter viele spannende Geschichte.

Es sah so aus, als hätten Sam und Frodo vergessen, was geschehen war; Merry und Pippin sowieso. Nur in einer Nacht schrak Frodo plötzlich aus einem Alptraum hoch, in dem er geträumt hatte, Sam wäre an seinen Verletzungen gestorben. Doch als er diesen daraufhin beunruhigt weckte, konnte er sich davon überzeugen, daß seine Wunden gut verheilt waren und nie kehrte ein Alptraum des Nachts wieder.

Nach einer Woche verabschiedeten Pippin und Merry sich, die es beide in ihr Heim zurückzog, aber sie kamen zwischendurch noch einmal kurz vorbei, und einen guten Monat später stand bei den Menschen aus Gondor die Rückreise an. Gandalf hatte sich in der Zwischenzeit ein eigenes Heim in der Nähe von Beutelsend eingerichtet und verabschiedete gemeinsam mit den Hobbits Aragorn, Arwen und die Männer im Gefolge. „Ich verspreche euch, wir waren nicht zum letzten Male hier und wir erwarten euch in Gondor. Kommt, wann es euch beliebt. Wir werden immer Freunde sein und euer Land steht unter unserem Schutz! Lebt wohl!“ sprach Aragorn zum Abschied und die Menschen ritten davon.

Lange sahen Sam und Frodo ihnen nach und blickten sich dann gegenseitig an.

„Jetzt hat der Alltag uns endgültig wieder. Ich habe mich so sehr nach diesem Frieden gesehnt!“ sagte Sam.

„Ich mich auch. Du glaubst nicht, wie froh ich bin, daß die Dinge zum Schluß eine solche Wendung nahmen! Wenn ich dich nicht gehabt hätte, was wäre dann gewesen?“ fragte Frodo und sie gingen über den Gartenweg zurück in Richtung Tür.

„Weißt du was? Das ist mir egal. Mich beschäftigt vielmehr ein Gedanke: Für ein Kind ist Beutelsend zu groß. Eines weiß ich: Meinen ersten Sohn nenne ich nach dir!“

„Sam, du bist wunderbar“, sagte Frodo und schloß die Tür hinter ihnen beiden.

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