Elladan Geschrieben 5. Januar 2012 Geschrieben 5. Januar 2012 Hallo , Ich bin gerade über einen Artikel gestolpert, der mich an eine Frage erinnert hat, über die ich schon länger nachgedacht habe. Anscheinend wurden alte Archive des Literaturnobelpreikomitees geöffnet, wo unveröffentliche Protokolle über die Preisverleihungen enthalten sind: Aus den Protokollen geht auch hervor, dass 1961 der Name J.R.R. Tolkien auf der Liste stand, vorgeschlagen von dem irischen Schriftsteller C.S. Lewis. Die Akademie sei aber der Meinung gewesen, Tolkiens Trilogie "Der Herr der Ringe" habe keinen ausreichenden literarischen Wert. http://diepresse.com...lpreis-erhalten Soweit ich das beurteilen kann, sind viele Literaturkritiker der Meinung dass Fantasy Trivialliteratur oder zweitrangige Literatur ist. Mir ist jedenfalls kein Fantasyautor bekannt, der je den Literaturnobelpreis erhalten hätte. Damit komme ich auch gleich zu meinen Fragen: - Was ist eurer Meinung nach der "Wert" von Literatur? Ist "wertlose" Literatur überhaupt lesenswert? - Welchen literarischen Wert besitzt für euch Fantasy (oder speziell DHdR)? mfg, Elladan Zitieren
Gast Dunderklumpen Geschrieben 5. Januar 2012 Geschrieben 5. Januar 2012 Sehr interessantes Thema, Elladan. Und toll, was Du da rausgefischt hast. Hab das noch nie gehört, was die schwedische Zeitung da schreibt. Ich möchte nur erst mal dazu sagen: Es mag durch Tolkien das Genre "Fantasy-Literatur" entstanden sein, aber das heißt noch lange nicht, dass Tolkien selber ein Fantasy-Autor ist. Ich selber sehe letzteres bislang nicht. Und als das Nobelpreis-Kommittee 1961 entschieden hat -, dann kannte dieses Komittee das Genre "Fantasy" ebenfalls überhaupt nicht, es gab ihn wohl zu der Zeit noch gar nicht. Wohl aber gab es Phantastik, und da bekam zum Beispiel Gabriel José García Márquez http://de.wikipedia....l_Garc%C3%ADa_M %C3%A1rquez 1982 den Literaturnobelpreis. Sein Werk wird mitunter eingeordnet in "magischen Realismus", und in der Gegend sehe ich auch Tolkien. Hermann Hesse hat auch den Literaturnobelpreis bekommen, und seine Werke werden, stilistisch gesehen, auch nicht gerade als hochwertig angesehen. Hesse ist mit Tolkien insofern verwandt, als beiden Weltflucht vorgeworfen wird. Aber bei Hesse ist das Ethische deutlich sichtbar, während Tolkien allzu verliebt in Krieg und Mord und Schlachten war. Das zählt natürlich nicht als hochliterarisch, weil der Krieg im LotR in seiner Notwendigkeit nicht wirklich angezweifelt wird. Insofern gilt das dann als Unterhaltungsliteratur, weil das Publikum gerne Schlachten sieht. Den literarischen Wert von Tolkien würde ich auch nie am LotR festmachen wollen. Und anderes kannte das Nobelpreis-Kommitte ja nicht, höchstens noch den "Hobbit". Das "Silmarillion" kam erst nach Tolkiens Tod heraus, und erst da konnte man ahnen, worum es um Tolkien überhaupt ging. Und unsere deutsche Presse bekam erst Respekt vor Tolkien, als seine Bearbeitung der Sigurd-Legende herauskam. Da staunten die Rezensenten, dass Tolkein schreiben konnte und dramatischen Instinkt besaß. Das wussten die Fans aber schon lange - da sie das "Silmarillion" und die HoMe studierten - ab 1977, Und da sieht man auch, dass Tolkien keine Fantasy schrieb, sondern Kunstsagen, die ein neues Weltbild entwarfen. Dass seine Kunstssagen neues Potential boten, nicht einfach Nachäffung von alten Sagen waren, sondern eine Kritik an der Gegenwart, wissen wir erst heute. Und es wissen immer noch wenige, glaube ich. Die Crux ist aber, a. dass alle diese Sagen unvollenedet sind und dass b. diese nicht unbedingt von vielen gelesen werden, da man sich durch lauter kommentierte Fragmente durchfressen muss. Zitieren
mathias Geschrieben 6. Januar 2012 Geschrieben 6. Januar 2012 (bearbeitet) Im schwedischen Original wird übrigens gesagt, dass Tolkiens Werk keine Fiktion auf höchster Klasse sei ("resultatet har dock icke i något avseende blivit diktning av högsta klass"). Der verlinkte Artikel enthält also eine ungenaue Übersetzung, wenn dort steht "habe keinen ausreichenden literarischen Wert". Wenigstens hat man dort die Website verlinkt, von der sie falsch abgeschrieben haben. (da findet sich auch das von mir genannte schwedische Zitat). Leider erfahren wir nicht, wie die Kriterien der Akademieangehörigen für die verschiedenen "Klassen" sind, in denen sie Werke einsortieren. Es kann also durchaus sein, dass sie Tolkiens Werk schätzten, aber es hat einfach nicht für die oberste Liga gereicht. Ist "wertlose" Literatur überhaupt lesenswert? Wenn jemand ein Buch als wertlos einstuft, ohne seine Entscheidungsgrundlagen detailiert darzulegen, dann kann ich damit wenig anfangen. Ob ein Buch lesenswert ist oder nicht, kann der Einzelne letztlich nur an konkreten Kritikpunkten im Abgleich mit seinen eigenen Vorlieben festmachen. Hat man sich hinreichend genau mit dem Werk auseinandergesetzt und ist selbst zu der Einschätzung gelangt, dass es gemäß der eigenen Bewertungsmaßstäbe wertlos ist, bzw. den Mindestanforderung nicht genügt, dann ist es wohl auch nicht lesenswert. Allerdings finde ich ohnehin deutlich mehr Bücher, die ich unbedingt lesen möchte, als ich mir kaufen könnte, so dass es überhaupt nicht in Frage kommt, ein Buch zu besorgen, welches ich als "nicht lesenswert" einstufen würde oder wo ich auch nur geringe Zweifel habe, dass es mir gefallen würde. Bearbeitet 6. Januar 2012 von mathias Zitieren
Weiser von Rhudaur Geschrieben 6. Januar 2012 Geschrieben 6. Januar 2012 Hey Dunderklumpen, ich würde gerne wissen wo Tolkien mit seinen Werken Kritik an der Gegenwart liefert. Ich persönlich sehe eigentlich, ähnlich wohl wie das Literaturnobelpreiskomitee es wohl sah, auch jetzt keinen großen literarischen Wert, wie er Beispielsweise in sehr vielen Werken von Márquez unschwer zu finden ist, in Tolkiens Hobbit und Lotr. (mit dem Silmarillion bin ich leider noch nicht ganz durch, bzw. ich steh noch recht weit am Anfang, kann mir jedoch auch nicht vorstellen, dass sich aus diesem eine Kritik an der Gegenwart heraus kristallisieren soll). Es ist Fernab von jeglicher Realität und um es provokant auszudrücken kann man wohl tatsächlich sagen, dass Tolkien eine Art Sagen-Nachäffung ist, wenn man bedenk wieviel er sich mit den nordischen sagen befasst hat. Die Entscheidung des Komitees ist meiner Meinung nach also völlig gerechtfertigt zumal, wie du ja auch bereits geschrieben hast, damals die Unterteilung Fantasy nicht bekannt oder anerkannt war. Ich hoffe du kannst mir da ein wenig helfen und mir den tieferen Sinn seiner Werke aufweisen, Dunderklumpen, sodass ich mich im Kreise der jenigen bewege die die Kritik bereits kennen ;) Um noch auf die obere Frage Elladans zu antworten, muss ich sagen das für mich nicht unbedingt ein kritisches Thema oder der gleichen aufgegriffen werden muss, um einen Literarischen Wert in einem Buch zu vermitteln. Für mich sind es eher der Schreibstil und eine packende Story, welche den Leser in sein Universum ziehen, und welche eine die ein Buch lesenswert macht und damit einen Wert vermittelt. Nicht nur ein heikles Thema. In Lotr und dem Hobbit sind diese Werte geliefert. Tolkien schafft eine Komplette Welt um seine Bücher und das fasziniert. Lernen kann man daraus wohl nicht soviel und es findet sich auch keine Kritik in seinen Werken ( bis jetzt für mich zumindest nicht und ich hoffe Dunder ändert das), doch für mich ist das nicht entscheident sondern die Atmosphäre die um das Buch herum geschaffen wird. Damit ist für mich jedes Buch lesenswert in das ein Autor Herzblut gesteckt hat, wenn auch nur das eine geringe Ziel erkennbar ist den Leser zu fesseln und zu faszinieren( gering deshalb da ja jeder Autor seinen Leser fesseln will außer vlt. Matheschulbuch-Autoren ) Zitieren
Elladan Geschrieben 6. Januar 2012 Autor Geschrieben 6. Januar 2012 (bearbeitet) Wenn jemand ein Buch als wertlos einstuft, ohne seine Entscheidungsgrundlagen detailiert darzulegen, dann kann ich damit wenig anfangen. Ob ein Buch lesenswert ist oder nicht, kann der Einzelne letztlich nur an konkreten Kritikpunkten im Abgleich mit seinen eigenen Vorlieben festmachen. Hat man sich hinreichend genau mit dem Werk auseinandergesetzt und ist selbst zu der Einschätzung gelangt, dass es gemäß der eigenen Bewertungsmaßstäbe wertlos ist, bzw. den Mindestanforderung nicht genügt, dann ist es wohl auch nicht lesenswert. Allerdings finde ich ohnehin deutlich mehr Bücher, die ich unbedingt lesen möchte, als ich mir kaufen könnte, so dass es überhaupt nicht in Frage kommt, ein Buch zu besorgen, welches ich als "nicht lesenswert" einstufen würde oder wo ich auch nur geringe Zweifel habe, dass es mir gefallen würde. Ich bezog mich mit "wertloser Literatur" allgemein auf Unterhaltungsliteratur, die keine höhere Bedeutung anstrebt. In der Musik gibt es ja ebenso die Unterteilung in E-Musik (ernste) und U-Musik (unterhaltende). In dem Sinne war meine Frage eher schlecht formuliert: Worin liegt der Wert von Unterhaltungsliteratur im Vergleich zu ernster Literatur? Und wenn man zum Schluss kommen sollte, dass Unterhaltungsliteratur (in ihrer reinsten Form) keinen literarischen Wert besitzt, ist dann eine solche Form der Literatur überhaupt lesenswert? Um ein reales Beispiel zu nennen: Mein Deutschlehrer (ein sehr gebildeter Mann) liest eigentlich ausschlieslich E-Literatur. Fantasy bezeichnet er hingegen als Trivialliteratur. WIe würdest du (und alle Fantasy-Fans hier) mit ihm argumentieren? @Weiser von Rhudaur: Deine Antwort habe ich erst nach dem Verfassen gelesen, sie beantwortet dieses Kommentar großteils. Bearbeitet 6. Januar 2012 von Elladan Zitieren
Orald Geschrieben 6. Januar 2012 Geschrieben 6. Januar 2012 Worin liegt der Wert von Unterhaltungsliteratur im Vergleich zu ernster Literatur? Ich kann mit diesen allgemeinen Kriterien wenig anfangen. So auf den Punkt gebracht sehe ich aber in der Bezeichnung die Antwort schon gegeben: Unterhaltungsliteratur will unterhalten, ernste Literatur will ernst genommen werden. Konkreter: Unterhaltungsliteratur ist für den Adressaten geschrieben, sie will diesem die tägliche Langeweile vertreiben, aufheitern bzw. das allgemeine Interesse auf sich lenken. Ernste Literatur hat ihren Zweck in sich selbst. Ihr geht es darum, etwas darzustellen, was Teil der Wirklichkeit ist. Der Aspekt in Bezug auf den Adressaten ist hinweisender Art (wenn überhaupt). Meistens will ein Autor durch ein solches Werk etwas zum Ausdruck bringen, von dem er ausgeht, dass es Viele nicht in der rechten Weise (oder überhaupt nicht) wahrnehmen, er aber für wichtig hält. Kurz gesagt: Tolkiens Werk zählt für mich also zur E-Literatur. Zitieren
Gast Dunderklumpen Geschrieben 6. Januar 2012 Geschrieben 6. Januar 2012 (mit dem Silmarillion bin ich leider noch nicht ganz durch, bzw. ich steh noch recht weit am Anfang, Dann warten wir vielleicht doch so lange, bis Du das Silmarillion studiert hast? kann mir jedoch auch nicht vorstellen, dass sich aus diesem eine Kritik an der Gegenwart heraus kristallisieren soll). Du kannst Dir das nicht vorstellen, obwohl Du das Silmarillion gar nicht kennst? Seltsames Vorurteil. Es ist Fernab von jeglicher Realität und um es provokant auszudrücken kann man wohl tatsächlich sagen, dass Tolkien eine Art Sagen-Nachäffung ist, wenn man bedenk wieviel er sich mit den nordischen sagen befasst hat. Also: Deine Argumentation lautet so: Wer sich mit nordischen Sagen befasst, kann, falls er selber Kunstsagen schreibt, nur die nordischen Sagen nachäffen? Wie würde wohl ein Deutschlehrer solch eine "Argumentation" bewerten? Die Entscheidung des Komitees ist meiner Meinung nach also völlig gerechtfertigt Das Silmarillion stand bei dem Kommittee nicht zur Debatte, da es da noch gar nicht existierte. Das sagte ich doch aber schon. Ich hoffe du kannst mir da ein wenig helfen und mir den tieferen Sinn seiner Werke aufweisen, Dunderklumpen, sodass ich mich im Kreise der jenigen bewege die die Kritik bereits kennen ;) Ich versteh nicht ganz Deine Aussage. In welchen Kreisen möchtest Du Dich gerne bewegen? Mein Rat: selber lesen, genau lesen, nachdenken, erneut nachdenken. Und dann sich selbständig ein Urteil bilden, sein Urteil gut begründen. Lernen kann man daraus wohl nicht soviel und es findet sich auch keine Kritik in seinen Werken ( bis jetzt für mich zumindest nicht und ich hoffe Dunder ändert das), Das klingt ja sehr sympathisch, was Du schreibst. Aber ich bin der Meinung, es darf verschiedene Meinungen geben. Doof finde ich nur, wenn man von einer Sache kaum Ahnung hat und trotzdem urteilt. Also bleib bei Deinem Urteil, aber begründe es. Und verwechsele nicht das Silmarillion mit dem "Herrn der Ringe". Und: Ich habe in den Foren gelernt, dass Menschen, die zu Vorurteilen neigen, dabei auch bleiben werden. Insofern ist es verschwendete Zeit, dagegenzuhalten. Zitieren
Gast Dunderklumpen Geschrieben 6. Januar 2012 Geschrieben 6. Januar 2012 - 2 - Im schwedischen Original wird übrigens gesagt, dass Tolkiens Werk keine Fiktion auf höchster Klasse sei ("resultatet har dock icke i något avseende blivit diktning av högsta klass"). Das ist jetzt aber auch keine korrekte Übersetzung, oder? Korrekt übersetzt heißt es nach meinem Verständnis: "ES (gemeint ist vermutlich The Lord of the Rings) ist jedoch in keinerlei Hinsicht (icke i något avseende) eine Dichtung höchster Klasse." .-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-. Allgemein zu der Frage, wie man literarische Werke beurteilt: Ich würde da immer zwei Stränge sehen: a. Wie beurteile ich persönlich ein Werk, was gibt es mir, welchen Maßstab habe ich? b. Wie wurden durch die Jahrhunderte hindurch in verschiedenen Epochen Werke kollektiv beurteilt? Aus Punkt b. entstehen u.a. die Literaturgeschichten. Werke werden als "klassisch" eingestuft, und diese Einstufung geschieht durch einen sehr komplizierten Prozess. Und als Konsequenz dieser Einstufung werden diese Werke immer wieder durch die Verlage veröffentlicht, bleiben also leicht greifbar und auf diese Weise bekannt. a. und b. sind ständig in Streit miteinander, beeinflussen einander aber. Ich selber finde mich durch hochwertige Literatur sehr viel mehr unterhalten als durch schlechte. Ist ungefähr so wie mit Kreuzworträtseln: Die einen mögen einfache Kreuzworträtsel, andere knobeln gerne und mögen hochkomplizierte Rätsel. Und das meine ich nicht als Wertung. Diesen Unterschied gibt es aber nun einmal. So wie manche froh sind, wenn sie einen einfachen Schal gestrickt haben, andere hochkomplizierte Muster in ihre Pullover stricken. Insofern ist "Unterhaltung" nicht objektivierbar. Die Kutur einer Epoche aber schält Werke heraus, die sie für wertvoll erachtet und die dann auch in den Schulen gelesen werden. Und das kann in der nächsten Epoche wieder anders aussehen. Dennoch gibt es wohl Werke, die immer als Schund angesehen wurden und nie "hochgestuft" wurden zu wertvoller Literatur. Selbst wenn sie von einem hohen Prozentanteil der Leser verschlungen werden. Dazu gehören zum Beispiel reine Pornowerke, reine Horrorwerke. Zitieren
Weiser von Rhudaur Geschrieben 6. Januar 2012 Geschrieben 6. Januar 2012 Ich glaub du hast mich ein wenig Missverstanden obs an Meinem Ausdruck lag oder an dir kann ich leider nicht sagen, was ich aber sagen kann ist, dass das Silmarillion im Vergleich zum lotr. eher als Verständniswerk und Ausdengung rund um Tolkiens Universum zu werten ist. Da wirst du mir doch sichlich zustimmen oder? Jedefalls glaube ich nicht, dass mir eine Gesellschaftskritik in so einem Werk eher geläufig wird aus im lotr. wo ja schließlich auf die Charaktere im einzelnen und auf ihr handeln eingegangen wird(sollte ichm ich dann doch irren und soetwas im weiteren Verlauf des Lesens vom Silmarillions vesstellen nehme ich mir gerne deinen Tipp zu Herzen und studiere das buch erst zuende ehe ich hier weiter poste). Des weiteren hast du mich wohl wieder Missverstanden, obwohl das Wort kann in dem Zusammenhang doch eigentlich recht eindeutig ist, oder? Man kann es so interpretieren muss aber natürlich nicht. Mit der Vorgeschichte das sich jemand intensivst mit nordischen Sagen beschäftigt ist es auch recht wahrscheinlich, zumal das Silmarillion ja noch nicht veröffentlich war( ein weiteres Missverständnis zwischen uns, denn mir ist sehr wohl klar wann es veröffentlicht wurde). Man kann es wohl gleichsetzten mit einem Naturwissenschaftler: Dieser würde vermutlich eher ein Buch auf seinem Bereich schreiben, als ein z.B. geistenwissenschaftliches Buch, obwohl er es natütlich, auch wenn sehr unwahrscheinlich, kann. Vondaher ist es nichts weiter als eine bloße Vermutung und kein Argument, denn da würde ich auch immer mind. ein Beispiel mit anführen. Das mit dem Kreise jener die die Kritik bereit kennen, da muss ich mir wohl eingestehen den satz recht verquer und nicht ganz verständlich formuliert zu haben. Daher hole ich das jetzt wohl besser nach: Also Du hast in deiner Vorletzten Zeile geschrieben Wir wüssten heute erst das der lotr. keinesfalls eine Sagen-Nachäffung war sondern eine Kritik an der Gegenwart. Doch diese Kritik weißt sich mir gegenüber an keiner Stelle auf. Bitte zeig du sie mir daher doch, denn ich kenne diese wie viele andere nicht. Und im Moment bin ich auch viel zu beschäftigt um im lotr. nach solch einer Kritik genaustens zu suchen. Wo ich die Meinung anderer unterschlage ( dein letzter Punkt, bisherh ab ich die Zitier funktion noch nicht ganz entschlüsselt ich hoffe du kannst mir trotzdem folgen, wenns auch schwer fallen mag) ist mir unklar. In der Frage Elladans ist nach meiner eigenen Meinung gefragt. Die habe ich zum ausdruck gebracht, wenn auch nicht ganz detailiert begründet. Mit dem letzten Satz fühle ich mich ein wenig angegriffen, obgleich ich es jodoch kompensieren kann. Mich als Menschen darzustellen der zu Vorurteilen neigt finde ich ein Frechheit. ich kenne mich sehr gut und ob es nun ein Vorurteil ist das ich keine Kritiken im Sillmarillion finden werde ist jawohl erst erwiesen, wenn ich damit durch bin und tatsächlich nichts gefunden haben sollte. Daher werde ich es auch unterlassen so einen abertollen Spruch zu hinterlassen ;) MfG Der Weise von Rhudaur Zitieren
Gast Dunderklumpen Geschrieben 6. Januar 2012 Geschrieben 6. Januar 2012 Mit dem letzten Satz fühle ich mich ein wenig angegriffen, obgleich ich es jodoch kompensieren kann. Mich als Menschen darzustellen der zu Vorurteilen neigt finde ich ein Frechheit. Schau mal. Weiser von Rhudaur: Das hier hast Du geschrieben: Es ist Fernab von jeglicher Realität und um es provokant auszudrücken kann man wohl tatsächlich sagen, dass Tolkien eine Art Sagen-Nachäffung ist, wenn man bedenk wieviel er sich mit den nordischen sagen befasst hat. Das ist sozusagen das großte Vorurteil, das Du in Deinem vorausgehenden post formuliert hast: dass Tolkien nachgeäfft hat. Du hast noch mehrere formuliert, und es ist mein Recht, die Dinge bei Namen zu nennen. Das ist keine Frechheit. Ich habe ja ebenfalls Deine Beleidigungen Tolkein gegenüber nicht als Frechheit bezeichnet, sondern auf Deine Neigung zu unüberlegtem Urteilen geschoben. Ein Vorurteil ist ein Urteil, das man abgibt, bevor man zum wahren Urteilen gekommen ist. Und davon hast Du mehrere Proben abgelegt. Aber ich nehm Dir das weiter nicht übel, es war auch nicht weiter bös von mir gemeint. Ich neige nur zu Klartext. Bitte nimm auch Du mir das nicht übel. was ich aber sagen kann ist, dass das Silmarillion im Vergleich zum lotr. eher als Verständniswerk und Ausdengung rund um Tolkiens Universum zu werten ist. Da wirst du mir doch sichlich zustimmen oder? Tolkien begann mit dem gesamten Silmarillion-Komplex um 1916, kurz bevor er in den Krieg musste. Eventuell hat er noch früher damit begonnen, in seinen Gedichten und Bildern, aber das weiß ich zur Zeit noch nicht so genau. Den Herrn der Ringe begann Tolkien Ende 1937, also 21 Jahre später, und es war ein Auftragswerk. Sein Herzblut lag im Silmarillion-Komplex, darin sah er seine Lebensaufgabe. Der HdR, mit dem er bis 1955 zu tun hatte, unterbrach die Arbeit an den Kunstsagen. Sobald der HdR veröffentlicht war, arbeitete Tolkien weiter an diesen Kunstsagen. Da Tolkien aber nicht in der Lage war, seine Arbeit am Silmarillion aus dem Kopf zu verbannen, ist sie in den HdR mit eingeflossen. Und umgekehrt: die Arbeit am HdR hat seinen Silmarillion-Komplex mit beeinflusst. Für mich selber liegt Tolkiens Bedeutung in der Schaffung der Mythen, die u.a. im Silmarillion-Komplex fragmentarisch vorliegen. Hier liegt ein Gegenentwurf zu unserer verkopften und technisierten Welt vor. Es liegt auch ein Gegenentwurf zum vernaturwissenschaftlichten Realitäts-Begriff vor. Du kannst diesen Gegenentwurf ablehnen, dennoch ist das Tolkiens Lebensarbeit gewesen. Allte großen Kulturschaffenden wussten, dass "Realität" nicht das ist, was an der Oberfläche liegt. Tolkien bohrte tiefer. Und in der Figur des Feanor zum Beispiel kannst Du ablesen, wie Tolkien sich den Ursprung von Gewalt erklärt hat. So, wie Tolkien diese Sagen geschildert hat, sind sie der antiken Tragik - in den griechischen Tragödien - so nah wie sonst niemand, den ich kenne, gekommen. Tolkein hat die menschliche Tragik schlechthin beschrieben: aus der Liebe zu den Dingen, zu dem Geschaffenen, und aus dem Bedürfnis nach Erkenntnis (vergleiche auch Gollum) kann die Zerrüttung des Menschen entstehen. Entsteht sie vermutlich auch. Hier liegt eine Zivilisationskritik in hohem Maße vor, die aber die Wurzel freigeschaufelt hat. Das Beste am Menschen kann ihn in den Ruin führen. Das ist ziemlich einmalig, in meinen Augen. Ich kenne - fast - niemanden sonst, der das so tief erfasst hat wie Tolkien - in Westeuropa. Ausnahme ist Goethe. Und selbst wenn Tolkien stilistisch Goethe natürlich nicht das Wasser reichen kann, so ist die Erkenntnistiefe oft sehr ähnlich. Das mit dem Kreise jener die die Kritik bereit kennen, da muss ich mir wohl eingestehen den satz recht verquer und nicht ganz verständlich formuliert zu haben. Daher hole ich das jetzt wohl besser nach: Also Du hast in deiner Vorletzten Zeile geschrieben Wir wüssten heute erst das der lotr. keinesfalls eine Sagen-Nachäffung war sondern eine Kritik an der Gegenwart. Doch diese Kritik weißt sich mir gegenüber an keiner Stelle auf. Bitte zeig du sie mir daher doch, denn ich kenne diese wie viele andere nicht. Und im Moment bin ich auch viel zu beschäftigt um im lotr. nach solch einer Kritik genaustens zu suchen. Ich kann mich im Moment nicht erinnern, dass ich das über den LotR geschrieben habe. Aber egal: Auch er ist zivilisationskritisch. Er zeigt ganze Volkergruppen auf, die sich mental versklaven lassen und vollkommen verhunzt sind. Sauron ist der, der die Gedanken der Menschen durchleuchten und steuern will. Keinerlei Assoziation an unsere heutige Zeit? Wo ich die Meinung anderer unterschlage ( dein letzter Punkt, bisherh ab ich die Zitier funktion noch nicht ganz entschlüsselt ich hoffe du kannst mir trotzdem folgen, wenns auch schwer fallen mag) ist mir unklar. Oh, das hast Du falsch verstanden. Du unterschlägst keine Meinung. Ich wollte sagen: Ich akzeptiere Deine Meinung, und ich möchte sie nicht umpolen. Insofern kann es verschiedene Meinungen nebeneinander geben, und beide haben aus unterschiedlichen Perspektiven Recht. Nur müssen sie eben gut begründet sein. Was aber natürlich auch nicht immer gleich geht, weil man sich ja erst rantasten will. Zitieren
Gast hugo Geschrieben 6. Januar 2012 Geschrieben 6. Januar 2012 Und in der Figur des Feanor zum Beispiel kannst Du ablesen, wie Tolkien sich den Ursprung von Gewalt erklärt hat. So, wie Tolkien diese Sagen geschildert hat, sind sie der antiken Tragik - in den griechischen Tragödien - so nah wie sonst niemand, den ich kenne, gekommen. Tolkein hat die menschliche Tragik schlechthin beschrieben: aus der Liebe zu den Dingen, zu dem Geschaffenen, und aus dem Bedürfnis nach Erkenntnis (vergleiche auch Gollum) kann die Zerrüttung des Menschen entstehen. Entsteht sie vermutlich auch. Hier liegt eine Zivilisationskritik in hohem Maße vor, die aber die Wurzel freigeschaufelt hat. Das Beste am Menschen kann ihn in den Ruin führen. Auch er ist zivilisationskritisch. Er zeigt ganze Volkergruppen auf, die sich mental versklaven lassen und vollkommen verhunzt sind. Sauron ist der, der die Gedanken der Menschen durchleuchten und steuern will. Keinerlei Assoziation an unsere heutige Zeit? Meiner Meinung nach kann man in ein Buch auch zu viel hineininterpretieren. Wenn du all diese Interpretationen belegen kannst, gebe ich dir gerne recht. Ansonsten finde ichs sehr weit hergeholt. In fast jeder Geschichte hast du einen Antagonisten, den kann man immer auf irgendetwas umlegen. Es gibt ganze Bücher von Interpretationen eines Werkes, dass grade einmal ein paar Seiten lang ist. Interpretationen haben ihre Berechtigung, aber man kann immer irgendwo etwas hineininterpretieren. Der Autor hatte eine schwere Kindheit, der Charakter muss schwierige Situationen bewältigen --> Zusammenhang Der Autor hatte eine schwere Kindheit, der Charakter muss keine schwierige Situationen bewältigen --> Zusammenhang, da er Kindheit darstellt, wie er sie gerne gehabt hätte... Zusammenfassend: Interpretationen sind überschätzt, auch Tolkien kann geschrieben haben, ohne dauernd tiefgründige Gedanken gehabt zu haben. Zitieren
Gast Dunderklumpen Geschrieben 7. Januar 2012 Geschrieben 7. Januar 2012 (bearbeitet) Meiner Meinung nach kann man in ein Buch auch zu viel hineininterpretieren. Man kann sich zu warm anziehen, man kann zu viel essen, man kann zu wenig lesen, man kann zu wenig nachdenken, man kann zu viel nachdenken, man kann zu viel Grau tragen, man kann zu viel Rot tragen, man kann zu viele Foren besuchen, man kann zu wenig Foren besuchen, man kann zu wenig trinken, man kann zu viel trinken, man kann zu viel Sinnloses schreiben, man kann zu wenig Sinnloeses schreiben, man kann einen Autor zu wenig verstehen, man kann einen Autor zu viel verstehen. auch Tolkien kann geschrieben haben, ohne dauernd tiefgründige Gedanken gehabt zu haben. Auch Tolkien kann betrunken geschrieben haben, auch Tolkien kann von anderen abgeschrieben haben, auch Tolkien kann genial gewesen sein, auch Tolkien kann grunddämlich gewesen sein, Ist heute Vollmond? Jedenfalls bald. Gute Zeit, um mal das Silmarillion zu lesen. Bearbeitet 7. Januar 2012 von Dunderklumpen Zitieren
Gast hugo Geschrieben 7. Januar 2012 Geschrieben 7. Januar 2012 (bearbeitet) @Dunderklumpen Respekt für deine Freizeit und gebliebene Kindlichkeit. Inwiefern bist du auf meine Meinung eingegangen? Du vertrittst u.a. die Meinung das Tolkien zivilsationskritisch ist. Kannst du das mir bitte belegen? Oder du sagst, Tolkien ist für dich ein Vertreter des magischen Realismus. Wie Terry Pratchett so schön sagte: Magischer Realismus ist "a polite way of saying you write fantasy". Tolkien ist ein Fantasy-Autor. Es ist ohne Zweifel verdammt gute Fantasy, das ändert jedoch nichts daran. Zu deiner Information: ich habe das Silmarillion gelesen, ja, und auch verstanden, stell dir vor. Bearbeitet 7. Januar 2012 von hugo Zitieren
Gast Dunderklumpen Geschrieben 7. Januar 2012 Geschrieben 7. Januar 2012 @Dunderklumpen Du vertrittst u.a. die Meinung das Tolkien zivilsationskritisch ist. Kannst du das mir bitte belegen? Nein. Tut mir Leid. Viel zu aufwendig. Dieses Forum ist auch nicht der passende Ort, dreißigseitige Essays zu veröffentlichen. Hier können nur Splittergedanken geäußert werden. Ein Forum ist ein Platz, um kleine Gedanken und Überlegungen auszutauschen. Oder du sagst, Tolkien ist für dich ein Vertreter des magischen Realismus. Wie Terry Pratchett so schön sagte: Magischer Realismus ist "a polite way of saying you write fantasy". Tolkien ist ein Fantasy-Autor. Es ist ohne Zweifel verdammt gute Fantasy, das ändert jedoch nichts daran. *zitter*. Ich falle vor Dir nieder und wage nicht mehr, anders zu denken als Du. Du und Pratchett haben das Oberrecht, Ihr müsst auch nichts belegen, Ihr dürft einfach behaupten, und das ist dann unfehlbares Gesetz. Ich bin eingeschüchtert und renne weg. Gute Nacht, Hugo. Hab zwar nicht verstanden, was Du mir überhaupt sagen willst, aber Du bist ein guter Kerl. Zitieren
mathias Geschrieben 7. Januar 2012 Geschrieben 7. Januar 2012 Worin liegt der Wert von Unterhaltungsliteratur im Vergleich zu ernster Literatur? Und wenn man zum Schluss kommen sollte, dass Unterhaltungsliteratur (in ihrer reinsten Form) keinen literarischen Wert besitzt, ist dann eine solche Form der Literatur überhaupt lesenswert? Nunja, wie ich in meinem Post andeutete, ist die Einstufung äußerst subjektiv, und auch Dunderklumpen meint ja, dass " 'Unterhaltung' nicht objektivierbar ist". Angenommen du magst Goethe nicht, wirst aber gut bei der Lektüre eines Krimis von Håkan Nesser unterhalten, dann findest du doch Nessers Werk sicher lesenswerter als Faust, oder? Ein Germanist sieht das vielleicht wiederrum anders. Wenn Unterhaltungsliteratur den Primär-Zweck hat zu unterhalten, dann ist sie beliebig durch zukünftige Unterhaltungsliteratur austauschbar. Ein Einzelnes Werk hat hier häufig keinen unverwechselbaren Charakter und man verpasst nichts, wenn man es nicht liest. Aber die gesamte Gruppe als nicht lesenswert einzustufen ist sicherlich falsch, weil Unterhaltungsliteratur ja einen Nutzen hat und was nützlich ist, besitzt auch einen Wert. Um ein reales Beispiel zu nennen: Mein Deutschlehrer (ein sehr gebildeter Mann) liest eigentlich ausschlieslich E-Literatur. Fantasy bezeichnet er hingegen als Trivialliteratur. WIe würdest du (und alle Fantasy-Fans hier) mit ihm argumentieren? Hat er das wirklich so gesagt? Wenn er ein ganzes Genre als Trivialliteratur abstempelt, dann er hat entweder zumindest einige hundert Werke dieses Genres auf die Merkmale der Trivialliteratur hin untersucht und seine Vermutung bestätigt gefunden oder er lehnt sich mit der Aussage zu weit aus dem Fenster. Oder aber: Es kann gut sein, dass ihm die Thematik einfach nicht interessiert. Ich lese beispielsweise kein Science-Fiction - reizt mich nicht. Reine Geschmackssache, in dem Fall. Wenn er Fantasy nicht mag, ist das so - Argumentieren überflüssig. @Dunderklumpen Wegen dem Schwedischen: Mir waren hauptsächlich die letzten Worte ("höchster Klasse") wichtig. Deswegen gebrauchte ich in meinem Satz Konjuktiv I um sinngemäße Wiedergabe anzudeuten. Aber danke, dass du es nochmal exakt übersetzt hast, meine Schwedisch-Kenntnisse sind doch ziemlich limitiert. Zitieren
Gast Dunderklumpen Geschrieben 8. Januar 2012 Geschrieben 8. Januar 2012 Vielleicht noch mal etwas allgemeiner zu der Einstufung des literarischen Wertes von Tolkien und damit dann auch zu der Frage von "Interpretation", gegen die man durchaus zu Recht allergisch sein kann. Ich muss da noch einmal wiederholen: Es gibt zwei Ebenen, auf deren Basis wir werten: - auf der persönlichen Ebene - auf einer kulturell-kollektiven Ebene. Wenn man also zum Beispiel sagt: das Werk sei fern aller Realität, es sei auch nicht gesellschafskritisch: dann folgt man den Normen unserer Gesellschaft. Die Gesellschaft hat diese Normen geprägt, und der Einzelne übernimmt sie, oft blind. Unsere Kultur ist, seit der Industrialisierung und der Aufklärung (also seit rund 250 Jahren), sehr nutzenorientiert. Das Individuum habe der Wirtschaft zu dienen, und daran wird es gemessen. Wer nicht funktioniert, fliegt raus. Und das übernimmt man nicht selten auch in der Bewertung von Literatur oder Kunst überhaupt. Wenn Literatur über Psyche oder Innenleben reflektiert, dann wird das als "Weltflucht" erklärt, das der Gesellschaft nicht nütze. Zu dieser Haltung gab es aber immer auch eine Gegenbewegung. Diese kann man vereinfacht als "die der Romantik" oder der "Neuromantik" bezeichnen. Dazu gehört auch Tolkien. Und diese Gegenbewegung ist per se zivilisationskritisch, da sie gegen die Vereinnahmung durch Wirtschaft und Technik angeht. Wer eine solche Literatur grundsätzlich ablehnt, weil sie "der Realität" entfliehe, sollte sich also bewusst sein, dass er damit einem uralten Interpretationsschema folgt. Seine Meinung ist kollektiv geprägt, wir wachsen so auf. Die Gegenbewegung ist aber - als Revolte gegen die eben geschilderte Ansicht - oft auch kollektiv geprägt. Sie lehnt Verwirtschaftlichung und komplette Technisierung grundsätzlich ab. Darum werden dann auch blind literarische Werke, die das tun - wie die von Tolkien - blind über allen Klee gelobt. Ob Tolkien nun überhaupt mittels seiner Werke antimodern ist, kann man nur durch Analyse herausfinden. Da er viel geschrieben hat, muss man dazu viel lesen, viel vergleichen. Hier im Thread wurde dergleichen verächtlich behandelt, weil man eben seine Meinung schon fest hat. Dass man diese feste Meinung mitunter eigentlich nicht selber gebildet hat, sondern von anderen übernommen - dem Mainstream folgend und glaubend -, wird da zu wenig berücksichtigt. Solange es literarische Werke gibt - und das sind in unserem Kulturkreis rund 1000 Jahre -, gibt es Analyse und Bewertung dieser literarischen Werke. Das ist keine Erfindung doofer Deutschlehrer. Literarische Werke - selbst die schlechtesten - sind Ausdruck ihrer Zeit und gleichzeitig persönlicher Ausdruck des Autors. An diesen Werken kann man wunderbar ablesen, wie die Zeit so drauf ist. Ein Wertmaßstab, der sich aber erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts herausgebildet hat, ist: Bedient der Autor die handelsüblichen Werte der gerade modernen Zeit, oder ist er fähig, innovativ zu sein, also gegen diese üblichen Werte anzuschreiben und neue Modelle zu entwerfen Bezogen auf Tolkien: Wird Tolkien so gesehen, dass er die modernen geltenden Werte - alles muss nützlich sein, der Wirtschaft und der wirtschaftlichen Realität diesen - bedient, oder widerspricht er ihnen? In den erwähnten letzten 1000 Jahren wurde mit allen Kunstwerken genauso verfahren. Kultur entsteht gar nicht hauptsächlich durch die Schaffung der Werke, sondern durch die Bewertung dieser Werke durch die Bevölkerung. Ich nehme mal als Beispiel die heutige Theaterszene. Wird ein neu geschriebenes Stück aufgeführt, gibt es im Zuschauerrum Buh-Rufe und Bravo-Rufe, die Zeitungen machen Verrisse oder Belobigung, und die Zuschauer diskutieren heftig darüber. So entsteht Kultur. Sie wird mit den Füßen abgestimmt. Solange Tolkien noch bejubelt und geschmäht wird, solange ist er noch nicht tot. Solange ist er noch Teil des kulturellen Prozesses. Noch ein Wort zur Interpretation: Ich teile die Allergie gegen Interpretation insofern, als Interpretation in den Gymnasien oft zu Tode geritten wird. Deutschleherer sind wirklich oft doof. Sie können die Liebe zu dem Werk nicht wecken, nicht aufzeigen, dass es mit uns Menschen und unserer Realität zu tun hat. Sie reiten oft auf ganz unwichtigen Sachen rum. Das bedeutet aber nicht, dass eine Analyse überflüssig sei für die, die - wie in den letzten 1000 Jahren - herausfinden wollen, welchen Beitrag für unsere Zeit ein Werk geleistet hat. Im Grunde ist es wie mit einem Gemälde. Man geht ins Museum, und die einen stehen vor einem Bild und sagen: "Igitt" oder "Wahnsinn". Andere aber wollen wissen, welche Farben der Künstler benutzt hat, wie er das Bild komponiert hat, was neu an seiner Komposition ist und was nicht, welche Realität er abspiegelt. Und damit bin ich dann beim letzten, was ich sagen wollte: mythisch-kollektive Figuren sind ebenfalls Teil unserer Realität. Wir werden - wie ich schon erwähnt habe -, oft kollektiv gelenkt. Der Staat benutzt oft diese kollektiven Normen, wenn er seine Bürger dazu kriegen will, z.B. einen Krieg zu akzeptieren. Er benutzt "Heimatliebe", "gut-böse-Schema" u.ä. - alles kollektive Normen, auf die der Einzelne gerne anspringt. Werke der Phantastik benutzen die Kunst dazu, diese unsichtbaren, aber sehr wirksamen Normen, sichtbar zu machen. Natürlich gibt es keinen "Sauron". Aber dennoch werden wir von sauronartigen Normen gelenkt, gesteuert. Was in unserer "realen" Welt unsichtbar, aber stark wirksam vohanden ist, wird in phantastischen Werken durch Figuren sichtbar gemacht. Das ist die Grundfunktion von Kunst, und diese Grundfunktion ist uns nicht nur seit 1000 Jahren überliefert, sondern seit vielen tausend Jahren. Zitieren
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