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Mythopoeia I [lines 1-8]


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Geschrieben

 Leider ist es allgemein noch eher unbekannt...

 

Vielleicht würde eine zweisprachige Ausgabe bei Klett- Cotta seiner Verbreitung gut tun. Der Versuch schien mir mit 'Die Legende von Sigurd und Gudrun' doch geglückt zu sein. Allgemein fände ich eine zweisprachige Ausgabe von Tolkiens Gedichten ganz wunderbar.

Geschrieben

Ja, das denke ich auch. Zumal ich sowieso ein großer Bewunderer der Gedichte Tolkiens bin. "Sigurd und Gudrún" ist wunderbar gelungen. Warum nicht die "Lays of Beleriand", "Mythopoeia" und all die unbekannten Gedichte in zweisprachiger Ausgabe herausgeben? Was gäbe ich darum!

  • 7 Monate später...
Geschrieben (bearbeitet)

1 Du schaust auf Bäume und etikettierst sie genau damit.

2 (Denn Bäume sind 'Bäume' und wachsen ist 'Wachsen'.)

3 Du wandelst auf Erden und beschreitest feierlichen Gangs

4 einen der vielen unbedeutenden Globen des Weltalls:

5 Ein Stern is'n Stern, eine Angelegenheit des Balls

6 mathematisch in Bahnen gezwungen

7 inmitten der Regiementierten, Kälte, Leer

8 wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

 

zum Beispiel: "Auf Erden wandeln" (ist aus dem Sprachgebrauch verschwunden; Es gibt z. B. noch Schlafwandeln und Lebenswandel)

 

 1 You look at trees and label them just so,
2 (for trees are 'trees,' and growing is 'to grow');
3 you walk the earth and tread with solemn pace
4 one of the many minor globes of Space:
5 a star's a star, some matter in a ball
6 compelled to courses mathematical
7 amid the regimented, cold, Inane,
8 where destined atoms are each moment slain.

Bearbeitet von Arien
Geschrieben

Nun, dann hier nochmal:

 

Ich denke nicht, dass man "some matter in a ball" übersetzen kann mit "irgendeine Angelegenheit des Balls". Die vorangegangene Übersetzung ist treffender, denn "matter" bezeichnet hier die "Materie", die in Form eines Balls einen Planeten bildet.

Ebenso ist "regimented, cold, Inane" nich ganz treffend übersetzt, auch da passt die vorhergehende Übersetzung besser. "Inane" beginnt mit einem Großbuchstaben. Ich würde annehmen, es beziehen sich die beiden vorangehenden Wörter als Adjektive darauf ("das reglementierte, kalte Sinnentleerte"). Aber auch die alte Übersetzung weiter oben passt.

Geschrieben (bearbeitet)

 

Ich denke nicht, dass man "some matter in a ball" übersetzen kann mit "irgendeine Angelegenheit des Balls". Die vorangegangene Übersetzung ist treffender, denn "matter" bezeichnet hier die "Materie", die in Form eines Balls einen Planeten bildet.

 

 

Dem Widerspreche ich . Es "kann" so übersetzt werden:

 

ein Stern ist ein Stern, etwas Ballähnliches

 

 

So Oralds Übersetzung am Ausgang. Matter: Angelegenheit: Etwas (andererm) angelegt/ (angelehnt, ähnlich). matter in im Gegensatz zu matter of: z.B. wie: matter (of the woth) in a thing/ matter in thingwort. So gesehen (von der grammatikalischen Seite her) ist Oralds Übersetzung präziser als meine, weswegen ich das "des" bemühen muss (was eine höhere Wortgenauigkeit bewirkt).

Das "some" zeigt eine Ungenauigkeit (bzw. Unsicherheit an). "etwas" drückt diese Ungenauigkeit auch aus (print a dint fällt mir gerade ein), während "irgendeine" eine gewertete Ungenauigkeit (Beliebigkeit) ausdrückt. Bei Orald rückt die Wertung des Ungenauen in das Wort "Ballähnlich" (Ein Stern ist ballahnlich) hinen.  "etwas Materie in einem Ball" drückt ebenfalls Ungenauigkeit aus. Die Wertung kommt zustande, wenn dieser Ausdruck mit Erde oder Stern assoziiert (im Gegensatz zu abstrahiert) wird. Die Wertung ist immer negativ, weil der Vergleich von Stern, Erde = Ball "subjektiv" unser (aller?) Empfinden kränkt. Diese Subjektivität wird in der Sprache transportiert (meine Behauptung). Um ihr zu entgehen, muss eine völlig abstrahierte Sprache, wie z. B. die Mathematik benutzt werden.

Überlege in welchen Zusammenhängen das Wort "Materie" im deutschen Sprachgebrauch noch benutzt wird.

 

Auf den anderen Einwand komme ich später zurück.  

 

P.S.: Von "Planet" ist z.B. weder bei Tolkien oder in diesem Thema (Tread) an einer anderen Stelle die Rede. Das Wort Planet entschäft die Unsicherheit (Unbestimmtheit), weil er von Erde in Richtung Ball rückt. Genau wie Globe/Globus.

Bearbeitet von Arien
Geschrieben (bearbeitet)

Ich habe mich nicht auf Oralds Übersetzung bezogen, sondern auf die finale Übersetzung: "ein Stern ist ein Stern, ein wenig Materie in einem Ball, zu mathematischen Abläufen gezwungen". Leider ist dieser Zusammenhang zerrissen, nachdem du mit deinem Beitrag den Thread gewechselt hast.

 

Diese Übersetzung halte ich nach wie vor für die bessere. Der Zusammenhang ist doch Folgender: Tolkien beschreibt in dieser Strophe die Sicht des "Misomythus" (denn der Philomythus spricht den Misomythus mit "you" an und legt dessen Sichtweise dar), der Sprache in rein naturwissenschaftlicher Taxonomie auf empirisch nachweisbarer Basis benutzt. Ein Stern ist für ihn eben nur etwas Materie, die sich, zu einem Klumen geformt, in mathematischen Bahnen bewegt. Und eben dagegen richtet sich der folgende Verlauf des Gedichts.

 

Den "Planeten" habe ich lediglich der Umschreibung wegen erwähnt, genausogut hätte ich "Himmelskörper" sagen können.

Bearbeitet von Berenfox
  • 1 Monat später...
Geschrieben (bearbeitet)

Der Zusammenhang ist doch Folgender: Tolkien beschreibt in dieser Strophe die Sicht des "Misomythus" (denn der Philomythus spricht den Misomythus mit "you" an und legt dessen Sichtweise dar), der Sprache in rein naturwissenschaftlicher Taxonomie auf empirisch nachweisbarer Basis benutzt. Ein Stern ist für ihn eben nur etwas Materie, die sich, zu einem Klumen geformt, in mathematischen Bahnen bewegt. Und eben dagegen richtet sich der folgende Verlauf des Gedichts.

 

 

Der Witz bei der ganzen Sache ist doch, dass Tolkien in jedem Aspekt beide Sichtweisen gleichzeitig darstellt. Er beschreibt ihr Verhalten zueinander. Sie stehen sich gegenüber, nähern sich an, kreuzen sich (genau an der umstrittenen Stelle), prallen aufeinander und trennen sich je nach unterschiedlicher Sichtweise wieder.

Jeder kann sich seine Sicht darin frei kombinieren.

 

Diese (Ver)dichtung auch in einer Übersetzung so hinzubekommen, ist die Quatratur des Kreises. Allerdings wird viel, was in Zeile 2, 5 und 7 verloren geht, in Zeile 8 wieder aufgefangen.

 

 

1 Du schaust auf Bäume und etikettierst sie genau damit.

2 (Denn Bäume sind 'Bäume' und wachsen ist 'Wachsen'.)

3 Du wandelst auf Erden und beschreitest feierlichen Gangs

4 einen der vielen unbedeutenden Globen des Weltalls:

5 Ein Stern is'n Stern, etwas Materie in einem Ball

6 mathematisch in Bahnen gezwungen

7 inmitten der Regiementierten, Kälte, Leer

8 wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

 

Ebenso ist "regimented, cold, Inane" nich ganz treffend übersetzt, auch da passt die vorhergehende Übersetzung besser. "Inane" beginnt mit einem Großbuchstaben. Ich würde annehmen, es beziehen sich die beiden vorangehenden Wörter als Adjektive darauf ("das reglementierte, kalte Sinnentleerte"). Aber auch die alte Übersetzung weiter oben passt.

 

In dieser Übersetzung wird das 2. Komma weggelassen. Im Original handelt es sich um eine reine Aufzählung, also ohne Bezüge der einzelnen Wörter untereinander.

 

Ein Substantiv entsteht aus dem englischen 'inane' nur nach der deutschen Grammatik. Nach der englischen entsteht ein Eigenname, das heißt Tolkien "benennt" (bzw. etikettiert der Übersetzung folgend) inane > Inane. So ist Inane genau bestimmt, während 'some matter in a ball' wischi-waschi, nicht naturwissenschaftlich taxonomiert ist.

 

Das Weltall kann in naturwissenschaftlicher Taxonomie sinnleer, aber nicht sinnentleert sein. (Da zeigt sich der Philo)

 

Es handelt sich darüber hinaus um ein Wortspiel im Vergleich zum lateinischen inane. Im Latein handelt es sich hierbei tatsächlich um ein Substantiv mit der Bedeutung: leerer Raum, das Unwesendliche, die Nichtigkeiten (Plural).

Deutsch: im 8. Jahrhundert substantiviert von mittelhochdeutsch wesen "sein (Verb)", althochdeutsch wesan[1]

 

 

Auf der grammatikalischen Ebene setzt sich die Erstarrung von growing is 'to grow'  aus Satz 2  fort:

 

Erläuterung:

(1.) Das englische growing ist ein sehr "flexibler/heißer" Ausdruck . Er kann sich, je nach Zusammenhang, in ein Adjektiv, Substantiv, Gerundium oder als Verlaufsform wandeln (also in 4 verschiedene Wortarten mit entsprechend mainnigfaltigen Beziehungen) im Gegensatz zum unkommunikativeren Grundverb, Infinitiv 'to grow'. 

 

'the regimented, cold, Inane' spiegelt methodisch eine schrittweise Erstarrung (Abkühlung) der Begriffsbeziehungen wieder:

 

(2.) The regimented wäre demnach ein substantiviertes Adjektiv des Nomens regiment; Verb (Infinitiv): to regiment. Es ergibt sich ein Gerundium und eine Verlausfsform: regimenting.

 

(3.) cold ist sowohl Substantiv als Adjektiv. Aber es fehlt ein Verb! Es gibt zu cold kein(e) Gerundium oder Verlaufsform. Das Wort findet dadurch selten eine personenbezogene Verwendung, und wenn, dann hat es eine negative Konnotation (gefühlskalt). Z.B. in cold blood: skrupellos; Kalter Krieg: cold war, aber niemals! cool war.

Als Verb wird nur cool (kühl, abkühlen) verwendet, das eine positive Konnotation besitzt (gelassen, ruhig).

 

(4.) Inane als Eigenname ist noch starrer/kälter. Es ist die benannte, ultimative Leere, -270C°. Nicht das Sinnentleerte, sondern "Seinsleere". Der Ort, an dem sich Iluvatar so langweilt. Der richtige Ausdruck hierfür wäre eigentlich: void. Aber der wäre methodisch nicht so wissenschaftlich wie eine eindeutige Benennung und es fehlt bei void eine Beziehung (Resonanz) zwischen Objekt und Subjekt. Musik, einen Chor, zur Erzeugung von "Resonanz" ist da eine gute Idee.

 

Ganz kurz: From 'to walk the earth' to 'Inane' beschreibt eine räumliche (äussere), wie  inhaltliche (innere) Verlaufsform. 

 

Auffällig ist, dass Tolkien hier auf alte Sprachausdrücke zurückgreift, wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob die Wendung 'to walk the earth' zu Tolkiens Zeiten bereits veraltet war. Er bricht die Regeln der Rechtschreibung, um sich ausdrücken zu können. Als Poet ist ihm das erlaubt, aber es handelt sich nicht um eine Neuschöpfung, sondern eher um eine Ausgrabung aus der Antike.

Bearbeitet von Arien
Geschrieben

Ich antworte später detailliert. Allerdings empfinde ich es als nicht sonderlich hilfreich, dass du deine alte Übersetzung gerade bearbeitet hast. Wie soll ich bzw. ein anderer Leser des Threads denn noch meine Kritik daran nachvollziehen, wenn du den Text einfach nachträglich veränderst?

Geschrieben (bearbeitet)

1 Du schaust auf Bäume und benennst sie genau damit.

2 (Denn Bäume sind 'Bäume' und wachsen ist 'Wachsen'.)

3 Du wandelst auf Erden und beschreitest feierlichen Gangs

4 einen der vielen unbedeutenden Globen des Weltalls:

5 Ein Stern is'n Stern, etwas Materie in einem Ball

6 mathematisch in Bahnen gezwungen

7 inmitten der Regiementierten, Kälte, Leer

8 wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

 

Ich habe mich nicht auf Oralds Übersetzung bezogen, sondern auf die finale Übersetzung:

 

Na ja, die "finale" Übersetzung wurde mir ja auch nicht gerade auf einem Silbertablett präsentiert, jedenfalls nicht in einer 8-Zeiligen oder anderen Form. Aber der Verweis auf die Allgemeinheit hat natürlich Bestand.



Auf der grammatikalischen Ebene setzt sich die Erstarrung von growing is 'to grow'  aus Satz 2  fort:

 


Mir ist aufgefallen, dass sich das Folgende viel einfacher darstellen lässt, wenn die Brücke zu Satz 2 nicht mehr benötigt wird:

 

the regimented ist ein substantiviertes Adjektiv.

cold ist ein Substantiv oder Adjektiv.

Inane ist ein Eigenname, gebildet aus dem englischem Adjektiv 'inane' und dem lateinischen Substantiv 'inane'.

 

Das englische inane als Adjektiv mit betont subjektivem Charakter wird mit dem lateinischen inane als Subjektiv mit betont objektiven Charakter zum Objekt Inane verbunden, das den subjektiven Charakter nun in sich trägt. Es ist ein individualisiertes Objekt. Nicht irgendeine Leere oder Sinn-/Gehaltlosigkeit. Ein Objekt, dem ein sich abgrenzender Symbolcharakter verliehen wurde.

Bearbeitet von Arien
Geschrieben (bearbeitet)

1 Du schaust auf Bäume und benennst sie genau damit.

2 (Denn Bäume sind 'Bäume' und wachsen ist 'Wachsen'.)

3 Du wandelst auf Erden und beschreitest feierlichen Gangs

4 einen der vielen unbedeutenden Globen des Weltalls:

5 Ein Stern is'n Stern, etwas Materie in einem Ball

6 mathematisch in Bahnen gezwungen

7 inmitten der Regiementierten, kalt, 'Leer'

8 wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

 

Grammatikalisch (gesetzmäßig) sieht eine Aufzählung aus 3 Substantiven besser aus, aber nach dem zuvor Beschriebenen, halte ich dies zum einen besser für eine Übersetzung, da es hier ja um Subjekt und Objekt geht (bzw. Stubstantiv und Adjektiv), zum anderen, weil es mir ästhetischer erscheint. 'Leer' in dieser Form zeigt (wenn auch schwach) wenigstens noch die Beugung der Rechtschreibung an. Sinn-/bzw. Seinsleer empfinde ich 'subjektiv' zu eindeutig (philomytisch).

 

Tatsächlich war meine erste Assoziation zum Wort 'cold' in diesem Satz: Topfschlagen.

 

P.S.: Ich verweise auf  >Post 32. Hier schiebe ich das Subjekt im Vergleich schon zwischen Orlands, meiner und Berenfox Übersetzungsversuchen herum. Es ist eine Darstellung der möglichen "Positionen" vom Subjekt fällt mir gerade auf. Damals habe ich's noch Behauptung genannt. Es zeigt ganz gut worin der Unterschied zwischen dem Philo- und Misomythus liegt und wie schwierig es hier ist, diesen in einer Übersetzung darzustellen.

 

Bearbeitet von Arien
  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Hallo Arien und Berenfox (und wer vielleicht sonst noch mitliest),

 

habt ihr vor, die Diskussion, auch für die anderen Strophen, noch fortzuführen? Ich hätte nämlich nicht schlecht Lust, mich daran zu beteiligen. Ich wälze die Mythopoeia nun schon sehr lange in meinem Kopf hin und her, aber es gibt immernoch Stellen, die mir unklar sind - und andere Stellen, in die ich inzwischen sehr viel reininterpretiert habe. Auch die Gruppe um Orald scheint ja nicht alle Probleme gelöst zu haben.

 

Heute schreibe ich nicht mehr, es ist schon zu spät, aber wenn noch Interesse besteht, schreib ich in den nächsten Tagen mal meine Gedanken auf.

Geschrieben

Willkommen Morwinyon und schön, dass dich das Thema hier interessiert. Die Besprechung bzw. Übersetzung von Mythopoeia ist Teil des größeren Projekts "Gemeinsam Tolkien Lesen" (GTL), dessen Grundkonzept vorgibt, dass wir in den meisten Besprechungen einem Zeitplan folgen und ein Werk chronologisch durcharbeiten. Die Diskussion rund um Mythopoeia ist in der Hinsicht "abgeschlossen" und wahrscheinlich hast du die folgende Übersicht auch schon gefunden. Nichtsdestotrotz bleiben alte Threads immer geöffnet, damit neue Fragen und Anregungen hinzugefügt werden können und einer weiteren Diksussion der Themen steht nichts im Wege. Wir freuen uns immer über neue "Mitstreiter". :-)

Da in den Threads an sich allerdings nur inhaltliche Dinge diskutiert werden sollten, würde ich dich bitten, weitere Fragen zur Mythopoeia Diskussion hier oder allgemein zu GTL in diesem Thread zu stellen.

Geschrieben

Hallo Alatariel,

 

vielen Dank für die Erklärung. Die Übersicht hatte ich zwar schon über die Suche gefunden, aber den Zusammenhang mit dem GTL-Projekt hatte ich nicht erkannt. Ich hatte nur gesehen, dass in diesem Thread die Diskussion relativ aktuell neu begonnen wurde und dachte, ich könnte mich vielleicht drangängen.

 

Ich werde mal in den verlinkten Threads vorbeischauen.

Geschrieben (bearbeitet)

[Edit Alatariel: Dies hier ist die Fortsetzung einer Diskussion, die im allgemeinen GTL Thread begonnen hat und die ich nun hier hin verschoben habe. Morwinyon schrieb : "Mein größtes Problem in dieser Strophe ist die letzte Zeile. Ich krieg da einfach kein Bild in meinen Kopf. Was will Tolkien mit den "vorbestimmten(?) Atomen", die "erschlagen werden", sagen?"]


 

Mein größtes Problem in dieser Strophe ist die letzte ZEile. Ich krieg da einfach kein Bild in meinen Kopf. Was will Tolkien mit den "vorbestimmten(?) Atomen", die "erschlagen werden", sagen?

 
Ein Ansatz: Zeit (jeden Moment/ Summe aller Momente) totschlagen. Das gibt's doch auch im Deutschen.
Die Uhr schlägt selbstverständlich (?)
Was macht das "slain" in dem Satz also so merkwürdig?
 
Mir ist im Tread aufgefallen, dass es keine großen Diskussionen hier über die Übersetzung der letzten Zeile gab. Gut: das "slain" ist scheinbar ein sonderbares Wort im Zusammenhang. Zerschlagen oder Erschlagen? (Nicht-sein oder nicht-sein? Wo ist da der Unterschied?) Orland hinterfragt einen Zusammenhang bzw. erkennt eine Entwicklung.* Jemand anderes erkennt die "Willkür" in der Quantenmechanik.
 
(* Hier im GTL gabs dann eine "Auseinandersetzung", habe ich erst später entdeckt.)
 
Aber: "Wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden"
       
Diese Übersetzung wurde direkt von keinem heftik kritisiert oder ernsthaft umgestaltet. (?)
 
Egal, wie der Einzelne sie liest, er/sie kommt im übertragenen Sinne zu diesem Ergebnis: klick!!!
 
Der Satz ist eine "verbaloptische" Täuschung. Wenn ich die eine Hand red-seh (denke), verschwindet die andere.
 
Ich muss mich entscheiden, z.B.:
 
"Wo vorbestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden".
 
Also: bestimmt-bestimmte Atome
wie bestimmt?: zeitlich durch "vor"; Hier wird eine zeitliche Abfolge impliziert: wenn...Atome...(sind), dann...Moment...(war)
Klar: 2 Objekte (Atom/Moment) können zeitlich nicht am gleichen Ort sein.
Wenn ich bestimme, an welchem "Ort" (mein Ich) ich mich befinde, dann bestimme ich automatisch auch die Zeit.
Das Wort "erschlagen" wird aufgeheizt, wenn ich mich nicht am gleichen Ort zur gleichen Zeit (im gleichen ZeitRaum) wie die andere Leute befinde oder wenn ich gerade nicht da sein will, wo andere Leute sind (in der gleichen RaumZeit).
 
War ich ein friedliches unter vielen Atomen oder lebe ich jetzt lieber "trotzig" an meinem Ort (besser meiner Ortszeit).
Warum bedrohen mich die vielen Atome in Überzahl?
Immerhin sind sie Vergangenheit. Oder  bin ich also allein zur gleichen Zeit? > Ein Atom? Das macht natürlich keinen Sinn.
 
Where destined atoms are each moment slain. (patizip II: slay, slew, slain: erschlagen sein wird oder: schagen war sein wird)
 
Dieser Satz ist grammatikalisch weitaus komplexer als die gefundene Übersetzung.
 
Er beschreibt einen Verlauf und ergibt nur Sinn, wenn ich "mitgehe" von destined ( . . . .) nach are (. . . .), nach slain/Partizip II(. . . .) und meinen Weg danach rückblichend betrachte (. . . [:] ). Ich schreite und wandle gleichzeitig. Schritt für Schritt von Ort zu Ort und Moment zu Moment.
 
Bis es mir so selbstversändlich ist, dass ich einen Baum benennen "kann". Ich kann ihn dann "bezeichnen". Es ist ein Baum, den alle sehen können, aber es ist trotzdem (gleichzeitig) mein Baum. Vielleicht nich ganz so akkurat scharf(sichtig), aber auch nicht so unkenntlich individuell, dass ich ihm nicht die gleiche Benennung geben könnte, wie alle anderen.
 
1 You look at trees and label them just so,
 
1 Du schaust auf Bäume und bezeichnest sie als solche,
2 (Denn Bäume sind 'Bäume' und wachsen ist 'Wachsen'.)
3 Du wandelst auf Erden und beschreitest feierlichen Gangs
4 einen der vielen unbedeutenden Globen des Weltalls:
5 Ein Stern is'n Stern, etwas Materie in einem Ball
6 mathematisch in Bahnen gezwungen
7 inmitten der Regiementierten, kalt, 'Leer'
8 wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.
 
Fortsetzung folgt...

Bearbeitet von Alatariel
Geschrieben

 

Ein Ansatz: Zeit (jeden Moment/ Summe aller Momente) totschlagen. Das gibt's doch auch im Deutschen.

Die Uhr schlägt selbstverständlich (?)

Was macht das "slain" in dem Satz also so merkwürdig?

 

Ich glaube, das "slain" ist deshalb so merkwürdig, weil es nicht zu der "nüchternen" Sichtweise in der restlichen Strophe passt und (für mich zumindest) in direktem Konflikt zu den "Atomen" steht. Man kann Atome nicht töten. Wobei du natürlich Recht hat, "Zeit totschlagen" macht im Deutschen strenggenommen auch nicht mehr Sinn.

 

 

8 wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

 

Das mag schon eine gute Übersetzung sein, ergibt aber für mich genauso wenig ein schlüssiges Bild wie das englische Original. Ich weiß einfach nicht, was ich mir darunter vorstellen soll.

 

 

Egal, wie der Einzelne sie liest, er/sie kommt im übertragenen Sinne zu diesem Ergebnis: klick!!!

 

Der Satz ist eine "verbaloptische" Täuschung. Wenn ich die eine Hand red-seh (denke), verschwindet die andere.

 

Damit mag ich mich noch nicht ganz zufrieden geben. Ich hoffe noch, dass sich dieser "Kreis" auflösen lässt.

 

 

"Wo vorbestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden".

 

Also: bestimmt-bestimmte Atome

wie bestimmt?: zeitlich durch "vor"; Hier wird eine zeitliche Abfolge impliziert: wenn...Atome...(sind), dann...Moment...(war)

Klar: 2 Objekte (Atom/Moment) können zeitlich nicht am gleichen Ort sein.

Wenn ich bestimme, an welchem "Ort" (mein Ich) ich mich befinde, dann bestimme ich automatisch auch die Zeit.

Das Wort "erschlagen" wird aufgeheizt, wenn ich mich nicht am gleichen Ort zur gleichen Zeit (im gleichen ZeitRaum) wie die andere Leute befinde oder wenn ich gerade nicht da sein will, wo andere Leute sind (in der gleichen RaumZeit).

 

Was den Ort angeht, beziehe ich das "where" auf die Zeile davor, also der Raum zwischen dem "regimented, cold, Inane", wo auch die "Sterne" auf ihren "mathematischen Bahnen" keisen.

 

Zeitlich finde ich hier "each moment", also jederzeit, auch gerade jetzt und "are ... slain" - präsens passiv - "werden erschlagen", also auch gerade jetzt. "Destined" war vorher, ja, diese Eigenschaft haben die Atome jetzt schon.

 

(1) "atoms are slain" ... Atome werden erschlagen.  -> da geht's schon los - wie? warum?

(2) "atoms are each moment slain" ... Atome werden jederzeit, ständig, zu jedem beliebigen Zeitpunkt erschlagen. -> es gibt kein Entkommen für die Atome, ständig erwischt es welche von ihnen

(3) "destined atoms are each moment slain" ... ausersehene, dazu bestimmte Atome werden jederzeit erschlagen. -> das "destined" fügt sich gut in die Überlegung zu (2) ein.

(4) "where destined atoms are each moment slain" -> das "where" rückt das ganze Geschehen in den Zusamenhang der vorangegangenen Zeilen.

 

 

War ich ein friedliches unter vielen Atomen oder lebe ich jetzt lieber "trotzig" an meinem Ort (besser meiner Ortszeit).

Warum bedrohen mich die vielen Atome in Überzahl?

Immerhin sind sie Vergangenheit. Oder  bin ich also allein zur gleichen Zeit? > Ein Atom? Das macht natürlich keinen Sinn.

 

Where destained atoms are each moment slain. (patizip II: slay, slew, slain: erschlagen sein wird oder: schagen war sein wird)

 

Dieser Satz ist grammatikalisch weitaus komplexer als die gefundene Übersetzung.

 

Er beschreibt einen Verlauf und ergibt nur Sinn, wenn ich "mitgehe" von destined ( . . . .) nach are (. . . .), nach slain/Partizip II(. . . .) und meinen Weg danach rückblichend betrachte (. . . [:] ). Ich schreite und wandle gleichzeitig. Schritt für Schritt von Ort zu Ort und Moment zu Moment.

 

Ich fürchte, hier kann ich dir nicht ganz folgen. Zumindest erhellt das für mich nichts...

Geschrieben

 

 

 

8 wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

 

 

 

Egal, wie der Einzelne sie liest, er/sie kommt im übertragenen Sinne zu diesem Ergebnis: klick!!!

 

Der Satz ist eine "verbaloptische" Täuschung. Wenn ich die eine Hand red-seh (denke), verschwindet die andere.

 

Damit mag ich mich noch nicht ganz zufrieden geben. Ich hoffe noch, dass sich dieser "Kreis" auflösen lässt.

 

 

8 wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

 

Der Satz enthält 2 Objekte: Die Atome und den (bzw. jeden) Moment. Wenn wir uns im Präsens Passiv befinden, muss eine Entscheidung getroffen und ein Objekt als "Passiv" bestimmt werden. Entweder werden jeden Moment bestimmte Atome erschlagen. (Atome sind passiv) Oder bestimmte Atome werden jeden Moment erschlagen. (z. B. Zeit totschlagen; jeder Moment ist passiv).

Offenbar gibt es einen Ort, wo beides gleichzeitig stattfindet.

 

Ergo: Es ist kein richtiger oder regelrechter Präsens Passiv, da unklar ist, was hier im Passiv steht. Es ist eher ein doppelter oder Pirouetten-Passiv.

 

Es kommen weitere Hürden dazu:

bestimmte Atome: die Gesamtheit der Atome wird auf Atome pro Moment reduziert: jedes existierende Atom bekommt einen Moment zugewiesen bzw. hält sich zu einem bestimmten Moment an einem bestimmten Ort auf. Das macht z.B. Sinn.

 

Im Gegensatz dazu, um es gleich wieder zu relativieren, geht es gar nicht um einen sondern um jeden Moment. Each moment ist eine Umschreibung der "Zeit" schlechthin. Lassen wir das "erschlagen" mal weg, dann ergibt sich eine Bewegung, ein Verlauf. Wie z.B. bei einem Daumenkino von Bild zu Bild. Von Moment zu Moment, fließend, bewegen sich die Atome.

 

Es vergeht sowohl die Zeit (Momente werden erschlagen), als die Materie sich wandelt. (Atome werden erschlagen).

 

Um diesen Wandel zu wissen, ist vielleicht die Essenz des Bewußtseins.

Beinhaltet allerdings auch das Wissen um die Vergänglichkeit.

 

Fortsetzung folgt...

Geschrieben

Da ich am WE nicht da bin, antworte ich jetzt noch schnell.

 

8 wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

 

Der Satz enthält 2 Objekte: Die Atome und den (bzw. jeden) Moment. Wenn wir uns im Präsens Passiv befinden, muss eine Entscheidung getroffen und ein Objekt als "Passiv" bestimmt werden. Entweder werden jeden Moment bestimmte Atome erschlagen. (Atome sind passiv) Oder bestimmte Atome werden jeden Moment erschlagen. (z. B. Zeit totschlagen; jeder Moment ist passiv).

Offenbar gibt es einen Ort, wo beides gleichzeitig stattfindet.

 

Ergo: Es ist kein richtiger oder regelrechter Präsens Passiv, da unklar ist, was hier im Passiv steht. Es ist eher ein doppelter oder Pirouetten-Passiv.

 

Du meinst in der zweiten Variante "Jeder Moment wird von bestimmten Atomen erschlagen"? Und das passiert gleichzeitig? Also dass die sich gegenseitig erschlagen?

 

 

 

Es kommen weitere Hürden dazu:

bestimmte Atome: die Gesamtheit der Atome wird auf Atome pro Moment reduziert: jedes existierende Atom bekommt einen Moment zugewiesen bzw. hält sich zu einem bestimmten Moment an einem bestimmten Ort auf. Das macht z.B. Sinn.

 

Im Gegensatz dazu, um es gleich wieder zu relativieren, geht es gar nicht um einen sondern um jeden Moment. Each moment ist eine Umschreibung der "Zeit" schlechthin. Lassen wir das "erschlagen" mal weg, dann ergibt sich eine Bewegung, ein Verlauf. Wie z.B. bei einem Daumenkino von Bild zu Bild. Von Moment zu Moment, fließend, bewegen sich die Atome.

 

Es vergeht sowohl die Zeit (Momente werden erschlagen), als die Materie sich wandelt. (Atome werden erschlagen).

 

Um diesen Wandel zu wissen, ist vielleicht die Essenz des Bewußtseins.

Beinhaltet allerdings auch das Wissen um die Vergänglichkeit.

 

Das hast du schön gesagt!

 

Nächste Woche mehr...

Geschrieben

Ich hab nochmal über den "Pirouetten-Passiv" nachgedacht und ich bin der Meinung, das funktioniert nicht. "are slain" ist Plural, kann sich also nur auf die "atoms" beziehen. "each moment" ist Singular, das müsste also heißen "each moment is slain". Also ich blaib dabei, nur die Atome werden erschlagen.

Geschrieben (bearbeitet)

Ich hab nochmal über den "Pirouetten-Passiv" nachgedacht und ich bin der Meinung, das funktioniert nicht. "are slain" ist Plural, kann sich also nur auf die "atoms" beziehen. "each moment" ist Singular, das müsste also heißen "each moment is slain". Also ich blaib dabei, nur die Atome werden erschlagen.

 

Wow, kazong!

 

8 Wo (vor)bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

 

Also bist Du mit der Übersetzung doch nicht zufrieden?

 

Wo (vor)bestimmte Atome jeden Moment erschlagen (sein) werden.

Das entspräche Deiner Ansicht: Die Atome sind passiv (Objekt), jeder Moment ist aktiv (Subjekt).

 

Wo (vor)bestimmte Atome jeden Moment erschlagen (haben) werden. 

Ginge Deiner Ansicht nach nicht: Jeder Moment ist passiv (Objekt). Die Atome aktiv (Subjekt).

 

 

Where each moment is destined atoms slain.

Würde jetzt jeder Moment erschlagen werden? (Each moment is slain) Und nicht die Atome?

 

Where destined atoms are each creature slain. (Destined atoms are slain) Von each creature?

(Ich habe hier die Dimension "Zeit" (each moment) ersetzt.)

 

Also, ich finde, der Satz bleibt sehr komplex.

 

Man kann es durchaus so lassen:

 

8 Wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

 

Und darin 2 mögliche Lesarten erkennen, je nach Zuweisung von Subjekt und Objekt. Du hast davon eine Lesart ausgewählt.

 

Oder wie ich's in Post 43 gemacht habe. Es (das Original) als eine Art Spirale lesen, die unendlich endliche Kreise zieht.

 

Unendlich endliche Kreise ziehen auch die Sterne. Ob mathematisch berechenbar oder von der Erde aus beobachtbar.

Bearbeitet von Arien
Geschrieben

8 Wo (vor)bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

 

Doch, die Übersetzung finde ich ok so. Allerdings sehe ich darin wirklich nur das eine:

 

 

Wo (vor)bestimmte Atome jeden Moment erschlagen (sein) werden.

 

Vielleicht würde ich das so Übersetzen, um die zweite Interpreatation auszuschließen:

 

8 Wo (vor)bestimmte Atome in jedem Moment erschlagen werden.

 

--

 

Destined atoms are each moment slain.

Die Atome werden erschlagen, von wem wird nicht gesagt (each moment ist hier nicht der Täter).

 

Each moment is slain by destined atoms.

Jeder Moment wird von den Atomen erschlagen.

 

Destined atoms are slain by each creature.

(oder von mir aus: Destined atoms are by each creature slain.)

Jetzt werden die Atome von den Wesen getötet. Auf jeden Fall brauchst du das "by" um den Täter anzugeben.

 

 

Wie gesagt, von mir aus kann das so stehenbleiben

 

8 where destined atoms are each moment slain.

 

8 wo bestimmte Atome jeden Moment erschlagen werden.

Geschrieben

Es bleibt offen. Tolkien hat weder 'by' benutzt, um Objekt von Subjekt zu unterscheiden, noch 'in', noch den present continious passiv: Where destined atoms are being each moment slain. bzw. Where destined atoms are having each moment slain.

 

Zu Deiner ursprünglichen Frage gehört es, was es mit dem "slain" auf sich hat. In dem vorliegenden Satz scheint es keinen Zusammenhang zu haben.

 

Wenn ich nochmal auf das "Zeit totschlagen" zurück kommen kann: Das hat, wie Du sagst "streng genommen" bzw. wörtlich genommen keinen Sinn. Es ist aber eine bekannte Redewendung und hat von daher für jeden (deutschprachigen) einen verständlichen Sinn als solche. In ihrem eigenen Zusammenhang bezogen auf den Aussprechenden, der damit eine Erfahrung bzw. eine Empfindung teilt.

 

Ähnlich ist es vielleicht mit diesem Satz 8, nur dass Tolkien hier, wie für einen Dichter üblich, keine allgemein bekannte Redewendung verwendet.

Was er damit aussagen will, bleibt so jedem Leser überlassen. Das 'slain' würde ich aber als eine Metapher sehen.

z.B. im Sinne von: Existenz beenden (bei Übertragung auf leblose Dinge).

 

In den Zusammenhang mit den vorhergehenden Sätzen, kann ich mir z. B. folgendes vorstellen: Ein Stern, 'Materie' in einem Ball, in dem Wasserstoffatome zu Heliumatomen fusionieren. Die Wasserstoffatome verlieren ihre Existenz und gehen in einer anderen Existenz (Heliumatome) auf. Das ist ein Vorgang, ein Prozess, für den Zeit notwendig ist. Dieser Prozess setzt Energie frei. Diese Energie spiegelt das Wort 'erschlagen' wieder. Es nimmt die Energie auf. Ob es als bedrohlich bzw. aggressiv empfunden wird, liegt im Auge des Betrachters bzw. hängt von seiner räumlichen Entfernung von dieser Fusion ab.

 

Da uns Tolkien in den Weltraum entführt hat, mag die Bedrohlichkeit relevant werden.

 

1 You look at trees and label them just so,
2 (for trees are 'trees,' and growing is 'to grow');
3 you walk the earth and tread with solemn pace
4 one of the many minor globes of Space:
5 a star's a star, some matter in a ball
6 compelled to courses mathematical
7 amid the regimented, cold, Inane,
8 where destined atoms are each moment slain.

 

Ich sehe hier auch noch etwas anderes, auch wenn ich es nicht rational erklären kann:

 

Vor '(are) slain' ist, wenn ich mich nicht täusche, 'tread' das letzte Verb. Die Sätze 3-7 beschreiben Zustände, keine Vorgänge. Es passiert (niedergeschrieben) gar nichts. Jedoch gibt es eine (bzw. 2 unausgesprochene) Bewegung(en), weg von der Erde in das Weltall (und das Kreisen der Sterne auf Umlaufbahnen). Ich glaube das gibt dem Wort slain ein zusätzliches Gewicht. So wie das Schnappen nach Luft , wenn man sie (zwangsweise) lange anhalten musste.

Geschrieben

Nur eine kleine Einmischung (habe gerade weder Zeit noch Energie um den ganzen Thread nachzulesen):

 

 

Where destined atoms are having each moment slain.

 

Wieso das denn? Im Text steht doch ganz klar ein Passiv. Atome (oder evtl Teilchen) werden zu jedem beliebigen Zeitpunkt getötet. Was du daraus machst ist "Gerade eben lassen die Atome jeden Moment töten". Das ist ein völlig anderer Sinn: die Atome heuern quasi jemanden an um jeden Moment töten zu lassen.

 

Interpretieren macht Spass und ich will niemanden bremsen, aber das steht da einfach nicht.

 

 

"slain" kann meiner Meinung nach hier außerdem überhaupt nicht auf Zeit totschlagen anspielen, weil die entsprechende englische Wendung "to kill time" ist.

 

Für mich ist das ganze eine Kritik der naturwissenschaftlichen Weltsicht: der Mensch glaubt alles benennen und kategorisieren zu können, er fühlt sich ganz ernst und wichtig wie er so auf der Erde umherwandert und es stört ihn nicht weiter, dass die Erde nur einer von vielen gar nicht mal so wichtigen Himmelskörpern ist*, und noch viel unwichtiger sind die einzelnen kleinen Atome, die in diesem großen Universum entstehen und zerstört werden.

 

 

*oder wie Douglas Adams es ausgedrückt hat:

 

Weit draußen in den unerforschten Einöden eines total aus der Mode gekommenen Ausläufers des westlichen Spiralarms der Galaxis leuchtet unbeachtet eine kleine gelbe Sonne. Um sie kreist in einer Entfernung von ungefähr achtundneunzig Millionen Meilen ein absolut unbedeutender, kleiner blaugrüner Planet ...

Geschrieben (bearbeitet)

Für mich ist das ganze eine Kritik der naturwissenschaftlichen Weltsicht: der Mensch glaubt alles benennen und kategorisieren zu können, er fühlt sich ganz ernst und wichtig wie er so auf der Erde umherwandert und es stört ihn nicht weiter, dass die Erde nur einer von vielen gar nicht mal so wichtigen Himmelskörpern ist, und noch viel unwichtiger sind die einzelnen kleinen Atome, die in diesem großen Universum entstehen und zerstört werden.

 

Mit der Kritik an der naturwissenschaftlichen Weltsicht hast du recht, aber bei der Folgerung hast du es quasi genau umgedreht: Es ist in Tolkiens Augen die naturwissenschaftliche Weltsicht, die sowohl die Welt als auch den Menschen als etwas völlig Profanes und Unwichtiges, wenn nicht gar Bedeutungsloses hinstellt. Sie ist es, die in der Welt nur "one of the many minor globes of Space" sieht, die im Stern nur "some matter in a ball / compelled to courses mathematical" sieht, die im Himmelsgewölbe nur das "regimented, cold, Inane" sieht. Später, in Strophe vier, nimmt Tolkien diese drei Bilder wieder auf, Stern, Firmament und Erde, und macht klar:

 

He sees no stars who does not see them first

of living silver made that sudden burst

to flame like flowers beneath an ancient song,

whose very echo after-music long

has since pursued. There is no firmament,

only a void, unless a jewelled tent

myth-woven and elf-patterned; and no earth,

unless the mother's womb whence all have birth.

 

Auch das Benennen und Kategorisieren an sich ist für Tolkien nichts Schlimmes, im Gegenteil: Wie er später feststellt, manifestiert sich darin die Schöpferkraft des Menschen. Es ist das rein taxonomische "denoting this and that by this and that" der Naturwissenschaft, das Tolkien so scharf kritisiert.

 

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um noch einmal ganz klar herauszustellen, dass Tolkien in den ersten beiden Strophen nicht seine eigene Sicht der Dinge darlegt, auch nicht zwischen den Zeilen (abgesehen davon, dass er diese Sicht kritisiert), sondern eindeutig die des Misomythus. Wenn man sich die Evolution des Gedichts anschaut, wird einem folgendes auffallen: Es existiert in sieben Versionen, und die ersten vier Versuche Tolkiens beginnen ohne den Subtitel "Philomythus to Misomythus" und mit "He looks at trees..." statt "you look...", inklusive eines anderen Titels:

 

Nisomythus: A Long Answer to Short Nonsense

 

To one who said that myths were lies and therefore worthless, even though 'breathed through silver.'

He looks at trees and labels them just so...

 

Durch das "he" wird, anders als beim "you", ganz klar der Adressat des Gedichts identifiziert und verhindert, dass sich ein unbedarfter Leser mit dem "you" identifiziert. Der Adressat ist jener "Nisomythus", der hier bereits im Titel auftaucht, und der den "nonsensical" Satz über Mythen vom Stapel gelassen hat, auf den das Gedicht antwortet, in dem es damit beginnt, die Weltsicht eben dieses Nisomythus zu beschreiben.

 

Diese klare Struktur wollte Tolkien auch nicht aufgeben, als er in der fünften Fassung des Gedichts das "he" in "you" umgewandelt hat. Denn um Missverständnissen vorzubeugen hat er gleichzeitig einen mehr als eindeutigen Subtitel hinzugefügt, nämlich:

 

J.R.R.T. for C.S.L.

 

Damit ist noch eindeutiger identifiziert, wer mit dem "you" gemeint ist, nämlich Clive Staples Lewis; er war es, der behauptet hatte, dass Mythen nur schön verpackte Lügen seien.

 

In der sechsten, vorletzten, Stufe der Entwicklung fügte Tolkien dann noch einen weiteren Subtitel hinzu: "Philomythus Misomytho", so dass der Beginn nun wie folgt aussah:

 

To one who said that myths were lies and therefore worthless, even though 'breathed through silver.'

 

J.R.R.T. for C.S.L.

 

Philomythus Misomytho

 

You look at trees and label them just so...

 

Dieses Gedicht war explizit an C.S. Lewis gerichtet. Das sollte man unter keinen Umständen vergessen. Entsprechend geben die ersten beiden Strophen des Gedichts auch ausschließlich Lewis' mythenfeindliche Weltsicht wieder, nicht Tolkiens. Tolkiens Entgegnung beginnt erst mit dem "But" in der dritten Strophe, ab hier bekommen wir seine Sicht der Dinge zu lesen.

 

Für die finale Fassung des Gedichts hat Tolkien schließlich die explizite Widmung an C.S. Lewis gestrichen. Dennoch sollte man sich nicht durch das "you" in Versuchung führen lassen. Es ist nach wie vor an den Misomythus gerichtet, umschreibt erst dessen Weltsicht und antwortet schließlich - ab Strophe drei - darauf.

Bearbeitet von Berenfox

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