Orald Geschrieben 13. Mai 2012 Autor Geschrieben 13. Mai 2012 Ich will dich nicht missionieren, das solltest du langsam wissen. Ich denke hingegen, dass man über religiöse Texte auch dann sprechen kann, wenn man deren religiöse Grundlage selbst nicht teilt. Mein Anliegen war es, auf den Bruch hin, den du mit deinem Ansatz im Gedicht verortest und der dir wohl die Lust am Ganzen nimmt (wie du schreibst) auszuführen, dass es eine Perspektive gibt, aus der es keinen Bruch gibt, sondern einen durchaus nachvollziebaren Aufbau. Mit Mission hat das überhaupt nichts zu tun, auch wenn ich denke, dass dieses Gedicht das eines religiösen Autoren ist und dass sich hier zeigt, dass der Autor feste Vorbedingungen hat auf denen er steht. Der Anspruch, jedes literarische Werk müsse weltanschaulich neutral sein, ist in sich auch schon Ideologie und ich glaube auch nicht, dass du das wirklich so siehst - so etwas kann es letztlich nicht geben, denn Menschen und all ihre Werke sind subjektiv und auch die Wissenschaft ist dem unterworfen. Ob einem der katholische Schlüssel nun zum Verständnis hilft oder nicht, ist die eine Frage. Zu behaupten, der Autor hätte diesen nicht im Sinn, eine andere. Ihn zu disqualifizieren falls es so ist, finde ich ungerecht, vor allem da er mitnichten einfach nur religiöse Phrasen drischt. Ich habe gar nichts dagegen, wenn man mir schlüssig zeigt, wie das Gedicht aus z.B. buddhistischer oder atheistischer Perspektive aufgefasst werden kann, allerdings scheint das ja nicht so ohne weiteres zu gehen. Nun wie auch immer. Mir würde es gefallen, wenn wir uns weiterhin keine gegenseitigen Missionsabsichten unterstellen und wir dennoch beide frei über das sprechen können, was uns betrifft: du, dass der Autor (salopp gesagt) sein Handwerk nicht versteht (und auch warum) und ich, dass mir der Text etwas sagt und vor allem einmal gesagt hat, was mir bis heute viel bedeutet. 1 Zitieren
Gast Dunderklumpen Geschrieben 13. Mai 2012 Geschrieben 13. Mai 2012 Offanber gibt es hier eine große Anzahl an Missversändnissen zu dem, was ich gesagt habe. Ich werde das aber jetzt nicht ausräumen, das führt viel zu weit. Nur zu einem Punkt, da der zu unserer Arbeit hier gehört, möchte ich etwas hinzufügen: dass der Autor (salopp gesagt) sein Handwerk nicht versteht (und auch warum) Ich schrieb, dass ich davon ausgehen muss, dass ein Autor sein Handwerk versteht. Darum müsse also "the evil" entweder in dem Text hergeleitet sein, oder es liege hier kein dichterisches Handwerk vor. Ich habe dann aber selber folgenden Bezug entdeckt: Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, um "the evil" zu erklären: dass Tolkien damit das meint, was er in der 6. Strophe als "the ugly Fakt" bezeichnet. Dann ist nicht "das Böse" gemeint, sondern das, was wir als übel emfpinden: also der Tod und anderes, womit wir nicht klar kommen. Ich habe ja auch "the evil" nicht als "das Böse" übersetzt. In dem Falle ist eben "the ugly Fakt" das, was uns die Realität beschert und in dem wir gefangen sind. Ich bin ganz einfach gewohnt, dass ein Schriftsteller - und gerade der von Gedichten - in seinem Werk die Worte kontextuell benutzt: ich bin komplett darauf angewiesen, dass Tolkien sein Handwerk versteht und weiß, wie man schreibt. Wenn er in einem Gedicht völlig unvermittelt schreibt: "the evil is" - dann ist das entweder aus seinem Gedicht heraus verständlich, oder er versteht sein Handwerk nicht. Und genauso muss "ugly facts" aus dem Kontext seines eigenen Gedichtes heraus verständlich sein. Ist es für mich auch, da er ja von Phantasien spricht, die diese überdecken sollen. Mir ist da also - aus dem Kontext - klar, dass das, womit ein Mensch nicht klar kommt, durch diese Phantasien Hilfestellung bekommt. Da Tolkien die Ängstlichkeit mit beiden Begriffen assoziiert hat, besteht für mich - bezüglich des Textgewebes - da eine Verbindung, eine Brücke. Keine Identität, aber eine sprachmotivische Brücke. Auf dieser Stufe der Textanalyse ist für mich nichts anderes möglich als das "close reading". Ein Dichter webt - oder komponiert - mit den Worten, und damit erzeugt er Sinn.. Dieses Gewebe suche ich zu verstehen. Außerliterarische Bezüge helfen mir nicht. Mein momentanes Verstehen dieser Stelle "the evil is" bezieht sich also - so wie für mich das ganze Gedicht bisher - im Nicht-Moralischen, also in der Beschreibung von Zusammenhängen, die der Schreiber nicht bewertet. Ich werde aber, Orald, in Zukunft, eventuelle (inhaltliche) Schwierigkeiten mit dem Text besser nicht mehr formulieren. Mir ist ein reibungsfreies Ablaufen unserer Arbeit lieber, als dass ich mich hier mitteile. Ich bitte um Entschuldigung, dass ich so emotional meine Enttäuschung ausgedrückt habe. Ich sollte alt genug geworden sein, um so was mit mir selber ausmachen zu können. Zitieren
Alatariel Geschrieben 13. Mai 2012 Geschrieben 13. Mai 2012 Ich möchte mich jetzt nicht in die vorangegangene Diskussion einmischen, aber ich fände es schade wenn du, Dunderklumpen, dich nun in Zukunft bewusst mit inhaltlichen Fragen zurückhalten würdest. Ich kann nur Positives in unserem Austausch erkennen, auch wenn man einmal verschiedener Meinung ist. Wir bleiben hier doch alle konstruktiv. Dann habe ich das vielleicht unklar ausgedrückt. Nicht die Naturwissenschaft ist die Zweitschöpfung. Sondern der Trieb, die Dinge zu erkunden - der auch zur Naturwissenschaft geführt hat -, ist der, der auch zur Zweitschöpfung führt. Für mich erfüllt die Zweitschöpfung in dieser Strophe einen ganz anderen Sinn. Sie ist das Mittel für den Eskapismus, die Lösung für die 'timid hearts' mit den ugly fact fertig zu werden. Genausowenig sehe ich allerdings in dieser Strophe, dass die Naturwissenschaften per se böse sind so wie du das in dem vorigen Post formuliert hast. Fakten sind ja nicht mit den Prinzipien der Forschung und Wissenschaft gleichzusetzen. Oder missverstehe ich dich da? Zitieren
Gast Dunderklumpen Geschrieben 13. Mai 2012 Geschrieben 13. Mai 2012 Dann habe ich das vielleicht unklar ausgedrückt. Nicht die Naturwissenschaft ist die Zweitschöpfung. Sondern der Trieb, die Dinge zu erkunden - der auch zur Naturwissenschaft geführt hat -, ist der, der auch zur Zweitschöpfung führt. Für mich erfüllt die Zweitschöpfung in dieser Strophe einen ganz anderen Sinn. Sie ist das Mittel für den Eskapismus, die Lösung für die 'timid hearts' mit den ugly fact fertig zu werden. Genau das meinte ich ja. Obwohl "Eskapismus" ein Begriff ist, der hier nicht vorkommt, glaube ich, und vielleicht auch nicht genau trifft. Die Zweitschöpfung ist, genaugenommen, für mich auch nicht das Mittel, sondern das Ergebnis der schöpferischen Kraft. Aber das meint vielleicht das Gleiche. Genausowenig sehe ich allerdings in dieser Strophe, dass die Naturwissenschaften per se böse sind so wie du das in dem vorigen Post formuliert hast. Fakten sind ja nicht mit den Prinzipien der Forschung und Wissenschaft gleichzusetzen. Oder missverstehe ich dich da? Um Himmels willen, das habe ich nie gemeint. Ich schrieb ja gerade, dass die "ugly facts" Dinge wie der Tod sein können, die den Menschen in die Verzweiflung treiben können, aber überhaupt nichts Böses an sich haben. Und im Grunde ist in dem ganzen Gedicht auch von Naturwissenschaft nicht die Rede. In dem Gedicht lese ich bisher auch nicht ein Wort von unmoralischem oder bösem Verhalten. Alles, so wie ich es verstehe, geschieht auf der Basis des - notwendigen - Menschseins, der angeborenen Schöpferkraft. Zitieren
Gast Dunderklumpen Geschrieben 1. Juli 2012 Geschrieben 1. Juli 2012 Zusammnenfassung meines ersten Übersetzungsversuchs von Strophe VII. Was im Thread an Offenem, Problematischem und Unklarem erwähnt wurde, werde ich später sammeln und hier anfügen. 81 Gesegnet sind die ängstlichen Herzen, die Böses hassen, 82 die in seinem Schatten den Mut sinken lassen und dennoch das Tor schließen; 83 die keine Friedensverhandlungen suchen, und in bewachtem Raum, 84 obwohl klein und kahl, auf einem klobigen Webstuhl 85 Papiertücher weben, die von einem weit entfernten Tag vergoldet sind, 86 auf den unter dem Weg des Schattens gehofft und an ihn geglaubt wird. 81 Blessed are the timid hearts that evil hate, 82 that quail in its shadow, and yet shut the gate; 83 that seek no parley, and in guarded room, 84 though small and bare, upon a clumsy loom 85 weave tissues gilded by the far-off day 86 hoped and believed in under Shadow's sway. Den englischen Text habe ich überprüft. Zitieren
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