Usul Geschrieben 8. Februar 2013 Geschrieben 8. Februar 2013 Wie Ihr wißt, gibt es viele der altertümlichen Geschichten, Mythologien, Sagen usw. wenn überhaupt nur noch bruchstückhaft. Über Beowulf z.B. werden zwar auch heutzutage noch unzählige wissenschaftliche Traktate verfasst, aber es gibt ja keine Neufunde altertümlicher Texte in Alt-Englisch. Oder die nordische Götterwelt: Ich habe gerade ein bisschen in der Edda gelesen, aber es scheint mir häufig, dass viele zum Verständnis relevante Informationen nicht mehr existieren und verschollen sind und bleiben. Aber vielleicht stimmt das ja gar nicht. Es gibt ja immer mal wieder Fälle, wo in Bibliotheken mit Beständen alter Manuskripte auch altertümliche Texte "wiederentdeckt" werden. Ich meine mich z.B. daran zu erinnern, dass erst kürzlich noch ein weiterer alter Text des Nibellungeliedes gefunden worden wäre.(??) Was mich also interessieren würde: Gibt es Hoffnung, dass eines Tages vielleicht weitere Textfragmente zu altertümlichen Texten wie z.B. Beowulf, nordischen Sage oder Ähnliches gefunden werden? Oder ist das Gebiet "abgegrast"? Ich hoffe ich konnte mich etwas verständlich machen, es geht mir darum, ob man davon ausgehen muß, dass es keine "neuen" alten Codices, Textfragmente oder Aufzeichnungen mehr gibt, und von nun an alle wissenschaftliche Arbeit nurmehr ein Aufguss des Alten ist. Sorry, dass es so schwammig ist. Zitieren
raukothaur Geschrieben 8. Februar 2013 Geschrieben 8. Februar 2013 Hallo, Usul. Wüsste nicht, was in der Edda und der Snorra-Edda, dem Nibelungenlied und dem Beowulf fehlt. Ich denke, die sind vollständig. Es gibt jedoch natürlich Unmengen an mythologischer Literatur. Beziehst Du Dich also auf jegliche Mythologie? Ich habe gerade ein bisschen in der Edda gelesen, aber es scheint mir häufig, dass viele zum Verständnis relevante Informationen nicht mehr existieren und verschollen sind und bleiben. Das zum Beispiel verstehe ich nicht. Was fehlt da? Und zum Textverständnis gibt es ja genug Experten, die den ganzes Schmonzes für uns Dilettanten interpretiert haben - oder meinst Du was anderes? Zitieren
mathias Geschrieben 10. Februar 2013 Geschrieben 10. Februar 2013 (bearbeitet) Wenn man kommentierte Ausgaben der Edda liest, dann wird sehr schnell deutlich, dass eine Menge unklar ist. Folglich gab es mit Sicherheit weitere Sagen, die die offene Fragen damals beantwortet haben. @seregthaur Beispielsweise kann ich die Reclam-Hefte empfehlen, die sind sehr preiswert und enthalten eben Kommentare. Lies einfach mal die Ältere Edda, Götterlieder. Dort findest du schon einige Unklarheiten in den Kommentaren. Das sind zwar Kleinigkeiten, aber dennoch es gibt definitv Wissenslücken: Beispiele: 1. Aufzählung von Zwergennamen, darunter auch Loki. Der passt aber nicht in die Aufzählung hinein. (Fjölswid, Strophe 34) 2. "er kam zu einer Halle, die Tür war am Türpfosten" mit der Anmerkung: "Eine Variation des Tür-Motives in Str.2, deren genauere Bedeutung unklar ist." (Merkgedicht von Rig, Strophe 14) Ansonsten ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwann etwas gefunden wird größer 0 für die nächsten Jahrzehnte bis Jahrhunderte, man darf also hoffen. Papierniederschriften halten sich aber nicht ewig. Pergament wäre beständiger. Die Tinte verblasst mit der Zeit. Folglich sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass man was brauchbares findet mehr und mehr. Ebenfalls problematisch: Die Mythologie und Sagen wurden mündlich verbreitet und es wird nur sehr wenige Niederschriften gegeben haben, insbesondere Niederschriften die unverfälscht sind. Manchmal finden sich nämlich christliche Motive in der Edda, was nahe legt, dass die Niederschriften nicht mit den ehemals mündlich verbreiteten Varianten übereinstimmen. Bearbeitet 10. Februar 2013 von mathias Zitieren
raukothaur Geschrieben 12. Februar 2013 Geschrieben 12. Februar 2013 Die Edda, der Beowulf, das Nibelungenlied und der Ring des Nibelungen sind auch auf meiner Leseliste vorgemerkt. Zu 1: Das stimmt, Loki steht dort an letzter Stelle, bei mir heißt es nur "Fiölswidr". Zu 2: Bei mir steht da: "Kam an ein Haus, | halboffen die Tür." und es heißt bei mir "Rîgsmâl" (das Lied von Rigr). Manchmal finden sich nämlich christliche Motive in der Edda, was nahe legt, dass die Niederschriften nicht mit den ehemals mündlich verbreiteten Varianten übereinstimmen. Wann wurde die Edda denn das erste Mal schriftlich festgehalten? Das Germanentum und der Anfang des Christentums überschneiden sich ja. Könnte ja auch sein, dass die nordischen Stämme selbst da schon vom Christentum beeinflusst wurden, sodass hier und dort christliche Motive auftauchen. Zitieren
mathias Geschrieben 12. Februar 2013 Geschrieben 12. Februar 2013 Die ältere Edda könnte vor oder nach der Christianisierung geschrieben worden sein. Das Problem ist, dass zwar christliche Motive erkennbar sind, aber nicht klar ist, ob die Parellen zwischen nordischer Mythologie und Christentum zufällig entstanden sind, ob man sich einfach inspiriert hat lassen (durch Handelsunternehmungen dürften sicherlich auch Erzählung aus dem Mittelmeerraum nach Norden gelangt sein), oder ob bestimmte Sagen eben aus kirchenpolitischen Gründen gefärbt worden sind. Aber eigentlich ist der Grund eher nebensächlich, ich wollte vielmehr nur zum Ausdruck bringen, dass sich die Sagen natürlich über die Zeit entwickelt und verändert haben und vielleicht existieren/existierten auch Aufzeichnungen der ursprünglichen oder gänzlich anderer Varianten, die man dann entdecken könnte. Laut Wikipedia wurde ja mal ein Runenversfragment gefunden, dass um 1200 datiert wurde, was von Einigen als Edda-Zitat angesehen wird. Manche Forscher meinen, dass die Sagen in dieser Form (jedoch nicht die gesamte Mythologie) kaum älter als deren Niederschrift sind. D.h. sie wurden vielleicht gar nicht mündlich verbreitet, sondern von einem Autor erfunden. Zitieren
raukothaur Geschrieben 16. Februar 2013 Geschrieben 16. Februar 2013 (bearbeitet) Zum ersten Abschnitt: Ich vermute, alle drei Möglichkeiten treffen mehr oder weniger zu, nur das zu beweisen, wird wohl ziemlich schwierig sein. Natürlich entwickeln sich Sagen über die Generationen, fragt sich, wann z.B. die ältere Edda festgehalten wurde. Sie scheint ja, eine der wichtigsten Sagen nordisch-germanischer Mythologie überhaupt zu sein und ist demnach Kanon. Zu meiner Edda-Ausgabe (übersetzt von Karl Simrock) steht nur, dass sie im 13. Jahrhundert (also schon relativ spät, da nach der nordisch-germanischen Kultur) zusammengetragen wurde. Schade übrigens, dass sich Usul nicht mehr hier meldet. Denn was genau Usul wollte, weiß ich immer noch nicht. Vielleicht bzw. hoffentlich kommt noch was... Bearbeitet 16. Februar 2013 von seregthaur Zitieren
Usul Geschrieben 18. Februar 2013 Autor Geschrieben 18. Februar 2013 Ich bin noch da und verfolge interessiert. Wollte in letzter Zeit auch mal was schreiben, hatte aber, wie auch heute, noch nicht die nötige Ruhe dazu. Ich habe bereits viel von den Beiträgen gelernt, zum Beispiel, dass nicht unumstritten ist, ob der existierende Beowulf-Text lediglich eine Realisation der oralen Traditition ist. Ich dachte immer, es wäre klar, dass es Beowulf im 4./5. Jahrhundert eigentlich ein rein müdliche Überlieferung sei, die dann später von einem unbekannten Autoren ein einziges mal niedergeschrieben wurde. So einfach ist es offenbar nicht. Vo der EDDA habe ich eine etwas ältere mit Kommentaren versehene Version aus der Bücherei. Ich weiß aber nicht, ob es DIE kommentierte Version ist. Jedenfalls sind mir alle Geschichten der Edda, und im Prinzip die germanische Göttersage, sehr rätselhaft. Daher wünschte ich mir, der bestehende historische Textkorpus wäre umfangreicher, als das, was derzeit vorliegt. Also im Prinzip: Mehr Beowulf-Texte, mehr altenglische Texte, mehr Quellen, mehr historische Niederschriften der germanischen Göttersagen. Sorry, das es so wirr ist. Ich wünschte ich hätte mehr Zeit. Zitieren
raukothaur Geschrieben 20. Februar 2013 Geschrieben 20. Februar 2013 (bearbeitet) Ohne Witz, ich verstehe nicht, was Du möchtest. Daher wünschte ich mir, der bestehende historische Textkorpus wäre umfangreicher, als das, was derzeit vorliegt. Also im Prinzip: Mehr Beowulf-Texte, mehr altenglische Texte, mehr Quellen, mehr historische Niederschriften der germanischen Göttersagen. Beziehst Du Dich hiermit auf den Inhalt der Sagen, dass sie Dir nicht umfangreich genug sind, oder geht es Dir hier um das historische Erarbeiten der Sagen, also dass Dir da von 'Experten' zu wenig zu gemacht wurde? Und noch eine andere Frage: hast Du die Edda, den Beowulf und das Nibelungenlied gelesen? Bearbeitet 20. Februar 2013 von seregthaur Zitieren
Gast Dunderklumpen Geschrieben 20. Februar 2013 Geschrieben 20. Februar 2013 (bearbeitet) Usul hat im ersten Beitrag eigentlich geschrieben, worum es ihm/ihr geht -> aber es gibt ja keine Neufunde altertümlicher Texte in Alt-Englisch. Aber vielleicht stimmt das ja gar nicht. Es gibt ja immer mal wieder Fälle, wo in Bibliotheken mit Beständen alter Manuskripte auch altertümliche Texte "wiederentdeckt" werden. Ich meine mich z.B. daran zu erinnern, dass erst kürzlich noch ein weiterer alter Text des Nibellungeliedes gefunden worden wäre.(??) Was mich also interessieren würde: Gibt es Hoffnung, dass eines Tages vielleicht weitere Textfragmente zu altertümlichen Texten wie z.B. Beowulf, nordischen Sage oder Ähnliches gefunden werden? Oder ist das Gebiet "abgegrast"? Ich bin in der Materie leider überhaupt nicht drin, sodass ich keine Antwort geben kann. Aber die Hoffnung, dass man neue Skripte findet, kann man sicher immer haben. Bei den Edda-Sagen scheint allerdings vieles ganz bewusst vernichtet zu sein - ich kann das aber nicht belegen, erinnere mich nur aus der Schulzeit daran, das erzählt bekommen zu haben -, sodass die Hoffnung dann doch eher klein ist, auf Skripte zu stoßen, die noch nicht christianisiert worden sind. Und auch solche, die christianisiert worden sind - wie die Edda und "Beowulf" es ja sind - können nur durch einen sehr großen Zufall irgendwo gefunden werden. Ob in den letzten fünfzig Jahren sich da etwas getan hat - also neue Fragmente aufgetaucht sind -, weiß ein Fach-Altgermanist und Fach-Altanglist mit Sicherheit auf Knopfdruck; nur offenbar niemand, der hier mitschreibt. Das aber zu recherchieren, ist nicht sonderlich schwer. Man kann im Netz mit der Recherche beginnen und auch im Netz weitermachen, indem man - wenn man schon mal Anhaltspunkte gefunden hat -, in einschlägigen Universitätskatalogen - die in der Regel heute ebenfalls online sind - nach Autoren und Titeln sucht, die sich genau mit der Frage befassen, die man hat. Ich hoffe ich konnte mich etwas verständlich machen, es geht mir darum, ob man davon ausgehen muß, dass es keine "neuen" alten Codices, Textfragmente oder Aufzeichnungen mehr gibt, und von nun an alle wissenschaftliche Arbeit nurmehr ein Aufguss des Alten ist. Selbst wenn man keine neuen Textfassungen mehr gefunden hat, ist die Forschung ja dennoch lebendig. Es werden immer neue und verbesserte Methoden entwickelt, die verschiedenen Textschichten zu erkennen und so auch zu neuen Erkenntnissen zu kommen. Beispie dafür sind die Bibeltexte, die ungefähr so untersucht werden, wie ich eben geschrieben habe. Vielleicht noch ein Tipp: Es gibt Forschungsberichte, die zusammentragen, was in den letzten Jahren oder Jahrzehnten über ein bestimmtes Gebiet erforscht worden ist. Bearbeitet 20. Februar 2013 von Dunderklumpen Zitieren
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